Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein wenig mehr Ruhe bitte. Ich konnte Herrn Bartelt jetzt nicht mehr verstehen. – Bitte.
Das sei eine Empfehlung, die bei den Pauschalen berücksichtigt werden müsse. So haben Sie sich hier ausgedrückt.
Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf, umgehend gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden und kommunaler Ebene Verhandlungen über einheitliche Standards in der Flüchtlingsunterbringung aufzunehmen.
Dann steht da, die und die Standards werden gesetzt. Im Sinne der Konnexität werden sie dann auch bezahlt.
(Gerhard Merz (SPD): Die müssen sowieso bezahlt werden! – Michael Siebel (SPD): Sie haben es verstanden! Das ist gut!)
Das heißt, wenn die Standards nicht gesetzt werden, können auch keine Flüchtlinge mehr aufgenommen werden. Das ist nämlich die Schlussfolgerung: Wer bei der Unterbringung die Standards nicht einhält, kann keine Flüchtlinge mehr aufnehmen.
Dazu sagen wir Nein. Hier setzen wir eine Priorität: Wir wollen die Flüchtlinge aufnehmen, die zu uns kommen.
Meine Damen und Herren, das Bekenntnis dazu fehlt bei Ihnen. Uns lassen die Bilder von Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten und vom Horn von Afrika nicht kalt. Wir sagen, diese Menschen müssen hierherkommen, und wir wissen, dass sie dauerhaft hierbleiben.
Wir hoffen, dass wir künftig einmal über Standards diskutieren und sie auch seriös finanzieren können. Aber jetzt haben wir hier andere Probleme und andere Sorgen, und die müssen wir als Regierungsfraktionen berücksichtigen. Sie brauchen das nicht, Sie sind nicht in der Regierung. Daher nehme ich es Ihnen auch nicht übel, dass Sie so handeln.
Aber wir müssen wenigstens analysieren, über welche Alternativen wir hier debattieren: Aufnahme von Menschen oder Setzung von Standards. Wir sagen eindeutig: Wir heißen die Menschen willkommen, die zu uns kommen wollen, die in Not sind und die hierbleiben werden. Hier setzen wir die Priorität. Ich bin ganz sicher: Wenn die Menschen hier integriert sind und die nächste Generation ihren Beitrag in dieser Gesellschaft leistet, wird unsere Politik besser bewertet werden. Dieses Selbstbewusstsein haben wir. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Bartelt. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Rock von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Rock, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will noch etwas zu dem Thema Pauschale sagen. Eine Pauschale fällt nicht vom Himmel. Eine Pauschale muss ermittelt werden, und um eine Pauschale zu ermitteln, muss man Grundlagen haben.
Wenn man solche Grundlagen nicht hat, hat man keine gerichtsfeste Pauschale, und dann wird man, wie es oft auch bei anderen Themen der Fall ist, vor Gericht verlieren. Wir müssen uns also über die Frage unterhalten: Welche Leistungen erwarten wir vor Ort? Darüber müssen wir uns im Hessischen Landtag verständigen. Darum müssen wir diese Debatte führen. Ob wir es dann vor Ort verbindlich vorschreiben oder nicht – wir müssen zumindest wissen, was dort vorgehalten werden soll und was das Land dafür zahlen muss. Darüber müssen wir uns verständigen.
Ich habe gehört, was die Redner der CDU gesagt haben, und stelle fest, sie haben das nicht grundsätzlich bestritten. Da müssen Sie jetzt auch liefern, und das ist es, was wehtut; denn man muss es bezahlen. Das ist uns allen klar. Dann gibt es Debatten darüber, woher das Geld kommen soll. Trotzdem müssen wir uns darüber im Klaren sein, ei
ne gerichtsfeste Pauschale wird es nur geben, wenn wir dem Gericht erklären können, wofür diese Pauschale ausreicht und wofür nicht.
Ich möchte noch auf den Kollegen Wagner eingehen, der sich hier – nicht typisch – zu dem Thema Flüchtlinge geäußert hat. Lieber Herr Wagner, das parteipolitische KleinKlein ist sicherlich nicht von der SPD und auch nicht von uns hineingetragen worden.
Das wurde zuallererst von Ihrer Rednerin hineingebracht. Die Vergleiche zwischen den Bundesländern wurden von anderen Rednern gezogen. In einer Debatte muss man ein bisschen bei den Fakten bleiben. Man kann sich die Welt nicht so hinbiegen, wie sie einem gefällt.
Lieber Herr Wagner, diese kleinteilige politische Debatte wollen wir nicht. Wir wollen eine sachliche Debatte über Fakten führen. Wenn man die Anträge vergleicht, stellt man fest, dass es eine Auseinandersetzung darüber gibt, welche Fakten man gegeneinander abwägen muss.
Jetzt sage ich Ihnen, was für mich das Perfideste an Ihrer Äußerung war. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn hier vorne ein GRÜNER stehen und man ihm erklären würde: Wissen Sie, lieber Kollege von den GRÜNEN, wir können die Bürger leider nicht in die Kommunikation einbinden, denn die sind so mit Arbeit überlastet, dass sie sich bestimmt nicht dazu einbringen wollen, was die beste Methode ist, um in Hessen Probleme zu lösen. – Es war unglaublich, hier vorne eine solche Äußerung zu machen.
Herr Wagner, an Sie persönlich gerichtet: Mich ärgert es ungemein, dass Flüchtlingskinder, die lange auf der Flucht waren oder aus irgendwelchen Gründen mehrere Jahre lang keine Schule besuchen konnten, in Hessen nicht dauerhaft beschult werden können. Sie sind Schulpolitiker. Seit einem Dreivierteljahr ist das in Hessen ungelöst.
Herr Wagner, wenn Sie, statt hier vorne Worthülsen zu äußern, etwas dazu beitragen wollen, dass es den Flüchtlingen in Hessen besser geht, setzen Sie sich in Ihrer Landesregierung dafür ein, dass wir für dieses Problem endlich eine vernünftige Lösung bekommen. Wahrscheinlich könnte man das auf dem Verordnungsweg regeln. Herr Wagner, tun Sie es einfach.
Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Wissler, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich es nicht richtig finde, wie hier von Herrn Bartelt, aber auch von Herrn Wagner der Versuch gemacht wird, Mindeststandards gegen die Aufnahme von mehr Flüchtlingen auszuspielen. Das ist nicht in Ordnung.
Herr Bartelt, wenn Sie sich hierhin stellen und sagen, die Bilder von den ertrunkenen Flüchtlingen im Mittelmeer lassen Sie nicht kalt – was ein bisschen impliziert, sie würden den Rest des Hauses kalt lassen –, dann finde ich das nicht in Ordnung.
Wir haben gestern und auch heute in der Debatte sehr deutlich gemacht, dass wir über diese Bilder erschüttert sind, dass wir diese Menschen hier aufnehmen müssen und dass wir legale Fluchtmöglichkeiten schaffen müssen. Flüchtlinge in Hessen willkommen zu heißen bedeutet aber auch, dass die Bedingungen einigermaßen stimmen müssen und dass man auch genau dazu Mindeststandards braucht, um eine menschenwürdige Unterbringung in Hessen zu garantieren.
Ich finde es nicht in Ordnung, das gegeneinander auszuspielen und damit quasi den Vorwurf zu erheben: „Ihr wollt höhere Mindeststandards – das heißt, ihr wollt weniger Flüchtlinge aufnehmen“. Das ist überhaupt nicht der Punkt.
Das Ziel von Mindeststandards ist nicht, weniger Flüchtlinge aufzunehmen, sondern das Ziel von Mindeststandards ist, eine menschenwürdige Unterbringung zu garantieren. Herr Minister, das Ziel von Mindeststandards ist, dass das Land Hessen die Flüchtlingsunterbringung endlich ausreichend finanziert. Hier liegt das Problem. Es sagt nicht die Opposition – das hören wir von den Kommunen, das hören wir von den Menschen, die tagtäglich in diesem Bereich arbeiten –, dass wir eine völlige Unterfinanzierung der Flüchtlingsunterbringung haben und dass die Erhöhung der Pauschalen daran im Grundsatz auch nichts geändert hat. Ein Mindeststandard wäre auch wichtig, weil das Land Hessen dann wirklich die Unterbringung finanzieren muss und die Kommunen nicht einfach im Regen stehen lassen kann.
Deshalb: Mindeststandards sind nicht in erster Linie die Forderung der Opposition hier im Landtag – zwar auch –, sondern sie sind zuerst einmal eine Forderung der Menschen, die tagtäglich mit Flüchtlingen arbeiten, eine Forderung der Liga, eine Forderung von Verbänden. Ich finde es wichtig, das hier hereinzutragen. Wie gesagt, ich finde es nicht redlich, das gegeneinander auszuspielen und zu sagen: „Ihr wollt Mindeststandards, und das bedeutet, dass wir weniger Flüchtlinge aufnehmen können“. Hessen ist ein reiches Land, und die Bundesrepublik ist ein reiches Land.
Deswegen braucht man mehr Geld für die Flüchtlingsunterbringung und kann sich hier nicht hinstellen und sagen, Mindeststandards würden die Aufnahme von mehr Flüchtlingen gefährden.
Es wurde vereinbart, dass alle Anträge zur weiteren Diskussion an den Sozial- und Integrationsausschuss überwiesen werden. – Dann machen wir das so.