Da das von Frau Sorge und Herrn Grumbach immer wieder vermengt wird, möchte ich in dem Zusammenhang auf etwas hinweisen: Man müsste langsam gemerkt haben, dass es in Hessen keine doppelten Abiturjahrgänge, sondern nur die auf drei Jahre verteilten gibt. Außerdem haben wir den Wegfall des Wehrdienstes.
Frau Kollegin Sorge, auf drei Jahre, nicht auf zwei Jahre. Die auf zwei Jahre verteilten Abiturjahrgänge gibt es nur in anderen Bundesländern, nicht aber in Hessen. Wie oft soll ich das hier noch sagen? Das kann man irgendwann einmal zur Kenntnis nehmen.
Was den Wegfall der Wehrpflicht betrifft, habe ich von der Bundeswehr gehört, dass alle Plätze im freiwilligen Wehrdienst besetzt sein werden. Ich glaube daher, dass diese Effekte am Ende keine Rolle spielen.
Der wichtigste Grund aber, der dazu führt, dass wir mehr Studierende haben, ist die gestiegene Studierneigung der Abiturienten. Die Studierneigung der Abiturienten hat
sich wesentlich erhöht. Es freut uns, dass immer mehr Abiturienten studieren. Das heißt, aufgrund der erhöhten Studierneigung gibt es nach den Berechnungen der KMK einen Anstieg der Studierendenzahlen bis zum Jahr 2013, und dann wird es bis zum Jahr 2025 dauern, bis sie wieder den Stand von 2009 erreicht haben.
Ich komme zu der LOMZ, der sogenannten leistungsorientierten Mittelzuweisung. Im Hochschulpakt sind nach einem neuen Modus Mittel für zusätzliche Studienanfänger vereinbart worden, die gesondert abzurechnen sind und die die dauerhafte Belastung der jeweiligen Hochschule nach Studierenden in Fachsemestern berücksichtigen. Frau Kollegin Sorge, was Punkt 9 Ihres Antrags betrifft, in dem Sie fordern, dass die Landesregierung gemeinsam mit den Hochschulen die leistungsorientierte Mittelzuweisung überarbeitet, kann ich nur sagen: Haben Sie eigentlich mitbekommen, dass die Überarbeitung bereits im Rahmen des Hochschulpakts stattgefunden hat? Das ist erledigt; das kann man jetzt nicht mehr fordern.
Im Übrigen sind die Effekte, die die Frauenförderung betreffen, längst eingearbeitet worden. Dies ist eine gute Gelegenheit, das noch einmal darzustellen; denn Sie haben anscheinend auch das nicht gemerkt: Die Zahl der Punkte für die Berufung von Frauen wurde z. B. bei den Buchwissenschaften von 30.000 auf 125.000 und bei den experimentellen Wissenschaften von 60.000 auf 250.000 erhöht. Ebenso ist – das muss ich für diejenigen sagen, die keine Hochschulpolitik betreiben; das ist eine absolute Fachwissenschaft in Zusammenarbeit mit den Hochschulen – in der leistungsorientierten Mittelzuweisung die Zahl der Punkte für die Nachwuchswissenschaftler bei Promotionen, Habilitationen und Juniorprofessuren erhöht worden. Wenn jetzt gefordert wird, das zu machen, muss ich Sie fragen: Haben Sie eigentlich nicht mitbekommen, dass das im Hochschulpakt längst beschlossen worden ist?
Es geht bei der SPD auch um die leistungsorientierte Mittelzuweisung. Ich will noch auf eines hinweisen: Wenn man Anträge zu komplizierten Themen schreibt, sollte man nicht alles vermischen. In dem Antrag der SPD-Fraktion steht die Zahl der hessischen Studierenden insgesamt der Leistungszahl gemäß der LOMZ gegenüber, und es sind dort auch die Studierenden an nicht staatlichen Hochschulen und an Verwaltungsfachhochschulen enthalten, die gar nicht im Hochschulpakt berücksichtigt sind und daher das ganze Bild verzerren.
Man muss die richtigen Zahlen nehmen und darf nicht unkommentiert die hinzurechnen, die gar nicht berechnet werden.
Ich möchte etwas zu den breit kommentierten Bewerberund Anfängerzahlen sagen. Das sind in der Tat sehr viele. Da wir eine Onlinebewerbung haben, ist die Zahl der Bewerbungen sprunghaft gestiegen. 15 und mehr Bewerbungen pro Kopf sind keine Seltenheit. Die Bewerberzahlen haben mittlerweile Größenordnungen erreicht, die viele Hochschulen an die Grenzen ihrer Verwaltungskapazitäten bringen. Um diesem Problem zu begegnen und die Wartezeiten für die Bewerberinnen und Bewerber annehmbar zu machen, führt kein Weg an einem serviceorientierten Verteilverfahren vorbei
Frau Kollegin Sorge, hören Sie erst einmal zu; Sie wissen das genauso gut wie ich –, an dem die Bundesländer im Moment deswegen nicht teilnehmen können, weil das Computerverfahren auf der Bundesebene noch abgestimmt werden muss. Solange das nicht vorhanden ist, werden die Onlinebewerbungen mit 15 Bewerbungen Minimum pro Bewerber die Normalität darstellen.
Lassen Sie mich auf die bauliche Infrastruktur der Hochschulen zu sprechen kommen. Bereits im Jahr 2007 haben wir ein einzigartiges Hochschulbauinvestitionsprogramm festgelegt. Wir haben da viel investiert. Bis zum Jahr 2020 werden es 3 Milliarden € sein. Wenn die Hochschulbauten erfolgt sind, wird sich die Situation für die Studierenden hinsichtlich der Räumlichkeiten an den Hochschulen auch entspannen.
Nun komme ich auf die Aussagen zu sprechen, die ich noch zum Studentenwerk machen will. Das Studentenwerk – es ist unverdächtig – hat in einer Pressemitteilung festgestellt, dass das Land Hessen neben Bayern, BadenWürttemberg und Thüringen eines derjenigen Länder ist, die für Studierende zusätzliche Wohnheimplätze schaffen. Das heißt, am Ende kann ich sagen, dass wir nicht nur den zweithöchsten Etat für Hochschulen haben, den es je in Hessen gab. Weiterhin haben wir das Bauprogramm HEUREKA. Wir haben die sogenannten QSL-Mittel. Das sind Mittel zur Qualitätssicherung der Lehre in Höhe von 82 Millionen €. Wir haben das LOEWE-Forschungsförderungsprogramm, das mit 410 Millionen € ausgestattet ist. Wir haben noch nie so viele Studierende gehabt, für die es zusätzliches Geld aus den Mittel des Hochschulpaktes 2020 gibt.
Wir haben eine Situation, in der sich die Hochschulen in Hessen glücklich schätzen können. Denn sie sind die Einzigen, die mit dem Land einen Hochschulpakt abgeschlossen haben. Das gibt ihnen fünf Jahre Planungssicherung. Das hat kein anderes Land.
Den Mitgliedern der Opposition fällt es natürlich schwer, gegen solche Zahlen anzugehen. Sie verrennen sich dann in irgendwelche speziellen Abrechnungen der LOMZ.
Ich finde, der Antrag der Fraktion der SPD, aber auch der Dringliche Antrag der Fraktion der GRÜNEN beweist, welche Unkenntnis bei der Hochschulpolitik existiert.
Mit dem von der SPD-Fraktion geforderten Notprogramm würden unsere Hochschulen Not leidend. Das werden wir nicht zulassen.
Zur weiteren Aussprache hat sich jetzt Herr Grumbach zu Wort gemeldet. Herr Grumbach, es stehen fünf Minuten Redezeit zur Verfügung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das wird relativ schnell gehen. Ich möchte drei simple Sachverhalte ansprechen.
Erstens. Frau Ministerin, Sie haben aufgezählt, was Sie alles machen. Glauben Sie, wir wüssten das nicht?
Wir sagen: Das, was Sie machen, reicht angesichts der Zahl der Studierenden nicht aus. Wir brauchen obendrauf ein Notprogramm, damit die Hochschulen das bewältigen können, was bei ihnen ansteht.
Das ist unsere Forderung. Da können Sie nicht hinterher wieder das abziehen, was ohnehin schon eingepreist ist. Das alles steht den Hochschulen zur Verfügung. Trotzdem reicht es nicht. Darüber reden wir. Dafür müssen Sie sich verantworten.
Zweitens. Ich finde das ganz faszinierend. Sie beklagen die Onlinebewerbungen. Den Zustand haben Sie doch selbst herbeigeführt. Sie haben doch die ZVS ohne eine Übergangslösung abgeschafft. Hinterher wundern Sie sich darüber, dass das dann nicht mehr zu verwalten ist. Die Verantwortung nicht nur hinsichtlich der Kosten, sondern auch für die Folgen müssen diejenigen übernehmen, die diese Regelung geschaffen haben. Das waren unter anderem Sie und niemand anders.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen, Janine Wissler (DIE LINKE) und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))
Drittens. Das ist das Gefährlichste von allem. Sie haben leichtfertig den Satz gesagt, diese Zahl an Studienplätzen würde langfristig nicht benötigt. Das haben Sie gesagt.
Was heißt das? – Das ist der Abschied von der Sonntagsrede. Das war der Abschied von der Aussage: Wir steigern die Zahl der Absolventen in Deutschland. – Das ist die nette Idee der alten Märchenstunde, die alle Landesregierungen in Hessen schon einmal hatten – alle. Sie haben gesagt: Na ja, es ist doch so, dass wir jetzt die geburtenstarken Jahrgänge haben. Diese Zeit müssen wir überbrücken oder untertunneln, welches Wort da auch immer gewählt wurde. Danach wird alles besser.
Wer sich die Zahl der in Hessen Studierenden anschaut, weiß, dass es nie besser geworden ist. Denn die Absolventen sind klüger als Sie. Sie sagen: Wir legen auf unsere Qualifikation Wert. – Mit jedem Geburtenrückgang hat der Anteil der Studierenden an dem Jahrgang zugenommen.
Das heißt, wenn Sie jetzt sagen, die Zahlen werden zurückgehen, ist das eine politische Willensentscheidung gegen die Wahl der Absolventen, zu studieren. Genau das ist die Politik, die wir nicht wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Herr Grumbach, danke. – Rechtzeitig, um das Wort ergreifen zu können, hat sich Frau Sorge zu Wort gemeldet. Frau Sorge, bitte.
Frau Ministerin, Ihre Äußerungen zu dem Dialogorientierten Serviceverfahren waren schon wirklich der blanke Hohn. Ich glaube, wir haben darüber auch letzte Woche in der Ausschusssitzung gesprochen.
Ich will noch einmal versuchen, das für die große Mehrheit der Öffentlichkeit zu erklären. Es ist so, dass das Zulassungsverfahren bei den zulassungsbeschränkten Studiengängen inzwischen nicht mehr, wie es zuvor üblich war, über die ZVS geregelt wird. Diese Regelung wurde vielmehr erst einmal einfach abgeschafft.
Die Studierenden, die sich beworben haben, wurden ins totale Chaos geführt. Denn sie mussten sich an jeder einzelnen Hochschule bewerben. Sie erhielten dann Absage über Absage.
Die Hochschulen hatten auch nicht den Überblick. Das Chaos war groß, weil die Hochschulen überhaupt nicht wussten, ob diejenigen, denen sie für einen Studienplatz eine Zusage gegeben hatten, überhaupt an ihrer Hochschule studieren würden oder ob sie nicht zufälligerweise noch von drei anderen Hochschulen eine Zusage erhalten haben.
In einer Zeit, in der wir einen riesigen Ansturm der Studierenden an die Hochschulen haben und in der so viele Menschen wie noch nie studieren wollen, haben wir die Situation, dass über mehrere Semester hinweg an den Hochschulen die Studienplätze teilweise erst Monate nach dem eigentlich Beginn des Studiums besetzt werden konnten.
Dazu wurde hier gesagt: Frau Sorge, ach, Sie wissen doch, dass es da ein paar Probleme gibt. – Das ist wirklich lächerlich. Es geht hier um ein Computerprogramm, das seit Jahren nicht geschaffen werden kann. Inzwischen hat das bundesweit 15 Millionen € gekostet. Das betraf also nicht das Land Hessen, das war vielmehr bundesweit.
Da zeigt sich doch die Hochschulpolitik des Bundes und auch der Länder. Da zeigt sich, worin das Problem besteht. Man kann doch nicht erst einmal, ohne nachzudenken, einen funktionierenden Mechanismus abschaffen. Die Hochschulen wurden damit ins Chaos entlassen. Nachdem man das Chaos erkannt hat, hat man es noch nicht einmal richtig in den Griff bekommen. Spätestens diese Probleme sind hausgemacht. Zumindest diese Probleme müssen gelöst werden.