Protocol of the Session on April 14, 2011

den politisch Verantwortlichen danken, die die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt haben, um einen international so beachtlichen Erfolg zu erzielen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke, Herr Lenders. – Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Kollegin Wissler zu Wort gemeldet.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Wir hatten uns einmal darauf verständigt, dass vor Beginn einer Rede solche Zwischenrufe unterbleiben sollen. Ich bitte, das zu beherzigen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Lannert, Herr Lenders, nach so viel Selbstbeweihräucherung sollten wir wieder auf die Realität zu sprechen kommen. Zur Realität gehört, dass der Wirtschaftsaufschwung, für den Sie sich hier feiern lassen wollen, für die große Mehrheit der Menschen in diesem Land schlicht nicht stattfindet.

(Judith Lannert (CDU): Das stimmt doch gar nicht!)

Zwar scheint die schwerste Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik vorerst überstanden zu sein, aber das Vorkrisenniveau ist noch nicht wieder erreicht.

(Judith Lannert (CDU): Sie haben nicht zugehört!)

Frau Lannert, dass es nicht schlimmer gekommen ist, liegt daran, dass Sie in der Krise Ihr Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Marktes aufgegeben haben und entgegen Ihrer Ideologie milliardenschwere Konjunktur- und Rettungspakete sowohl im Bund als auch in Hessen aufgelegt haben.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Aber statt jetzt die Verursacher dieser Krise zur Kasse zu bitten, werden die Kosten auf die Teile der Bevölkerung abgewälzt, die überhaupt keine Verantwortung für die Exzesse an den Börsen tragen. Walter Eucken, einer der Vordenker der sozialen Marktwirtschaft, hat einmal gesagt: „Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen.“ Man kann nicht jahrelang hohe Gewinne einfahren und das gesamte Risiko auf den Staat bzw. die Allgemeinheit verlagern.

Es wurden überhaupt keine Konsequenzen aus der Krise gezogen, die notwendige Regulierung der Finanzmärkte ist ausgeblieben. An den Börsen wird weiter gezockt wie zuvor. Statt die Börsen und die Banken an die Kette zu legen, was dringend notwendig wäre, beschließen Sie eine Schuldenbremse für die öffentliche Hand, als ob hier das Problem gelegen hätte. Der Staat musste die Banken retten und nicht umgekehrt. Deshalb müssen die Staatsschulden denen in Rechnung gestellt werden, die sie verursacht haben.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Das Wachstum, das wir aktuell in Deutschland und in Hessen erleben, steht auf einem wackeligen Fundament. Sie wissen es, es fußt fast ausschließlich auf dem Export

und erhöhten Staatsausgaben. Beides wird sich so nicht dauerhaft fortsetzen lassen. Gerade angesichts der Schuldenbremse im Bund und in Hessen und völlig überschuldeter Kommunen werden die Staatsausgaben und die öffentlichen Aufträge zurückgehen. Und auch sonst tun Sie für die Binnennachfrage herzlich wenig.

Sie reden zwar vom Jobwunder und einem historischen Tiefstand der Arbeitslosigkeit, aber Sie wissen ganz genau, dass die Statistik geschönt ist, weil Sie bundesweit etwa eine Million Erwerbslose einfach nicht mehr erfassen und einrechnen. Zur Wahrheit gehört auch: Die Summe der Löhne und Gehälter liegt heute in der Bundesrepublik inflationsbereinigt auf dem Niveau von 1991. So viel zu der Frage Reallohnsteigerungen. Die Reallöhne haben in Deutschland stagniert, also sind sie faktisch gesunken, weil die Ausgaben gestiegen sind.

Wir müssen uns genau anschauen, welche Arbeitsplätze das sind, die gerade entstehen. Von den Stellen, die seit Ende der akuten Krise neu geschaffen wurden, sind 80 % prekär, also befristet oder in der Leiharbeit, die wieder boomt. In Hessen arbeiten über 300.000 Menschen zu Niedriglöhnen, viele sind gezwungen, aufzustocken, weil sie nicht von ihrer Arbeit leben können. Das ist das Grundproblem. Beschäftigungsaufbau heißt im deregulierten Arbeitsmarkt die Schaffung von Stellen, aber eben nicht automatisch die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen und tariflich entlohnten Vollzeitstellen.

Darum fragen sich die Menschen angesichts der überall verbreiteten Jubelstimmung, wann der Aufschwung bei ihnen ankommt. Mit der Wirtschaft geht es bergauf, aber das bedeutet nicht, dass die breite Bevölkerung daran beteiligt wird. Kein Wunder, dass die Hälfte der Befragten laut einer aktuellen Studie des DGB angibt, mit ihrem Arbeitsplatz unzufrieden zu sein.

Die Einkommen aus Gewinnen und Vermögen haben sich in diesem Jahr um 22 % erhöht. Im letzten Jahr stiegen die Unternehmensgewinne um 13 %. Die DAX-Konzerne haben 2010 enorme Zugewinne verzeichnet. Auch die Zahl der Vermögensmillionäre ist nach der Krise auf einem Rekordniveau in Deutschland. Wir haben in Deutschland erstmalig eine dreistellige Zahl an Milliardären. Statt über die Staatsverschuldung zu klagen, sollten wir diese großen Einkommen, diese großen Vermögen endlich zur Kasse bitten zur Finanzierung von öffentlichen Aufgaben.

Die eigentliche Frage, zu der die Regierungsfraktionen heute leider nichts gesagt haben, ist die Frage: Was tun Sie, um die Beschäftigten an den Früchten des Aufschwungs zu beteiligen? Wie sorgen Sie dafür, dass die Einkünfte der Unternehmen nicht nur deren Besitzern und Spitzenmanagern zugutekommen, sondern der Mehrheit der Beschäftigten, die diese Werte erarbeiten?

Unsere Antwort lautet: Die Beschäftigten müssen durch steigende Löhne am Aufschwung beteiligt werden. – Frau Lannert, warme Worte des Dankes helfen relativ wenig. Wir brauchen Rentenerhöhungen, die mehr bedeuten als einen Inflationsausgleich. Wir brauchen eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze, die lächerlichen 5 € sind eine Farce.

(Alexander Bauer (CDU): Wer bezahlt das denn?)

Wir brauchen eine ernsthafte Erhöhung der Regelsätze auf 500 €. – Herr Bauer, wer das zahlt, kann ich Ihnen sagen: Wir haben 4,8 Billionen € privates Geldvermögen in Deutschland, davon sind zwei Drittel in der Hand der

reichsten 10 %. Ich glaube, dass da für eine Umverteilung einiges an Luft ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Wissler, Sie müssen zum Schluss kommen.

Noch zwei Sätze: Die Leiharbeit muss eingedämmt werden. Wir brauchen endlich einen gesetzlichen Mindestlohn. Ab 1. Mai dieses Jahres gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit, ohne einen Mindestlohn wird dem Lohndumping Tür und Tor geöffnet. Wir brauchen auch dauerhaft mehr öffentliche Investitionen und Aufträge, und nicht nur kurzfristige Konjunkturpakete, die wie Strohfeuer abbrennen. Dafür sollten Sie sich einsetzen, statt hier im Landtag völlig unangebrachte Selbstbeweihräucherung zu betreiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Wissler. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Kollege Kaufmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal an die verehrte Kollegin Lannert. Frau Kollegin, Sie brauchen sich nicht zu ärgern, dass Ihnen am Ende die Zeit gefehlt hat, noch weitere 20 Zahlen zu nennen. Ich empfehle allen Kolleginnen und Kollegen: Nehmen Sie das Protokoll der 34. Sitzung vom 28. Januar 2010, dort können Sie all die Zahlen nachlesen, die Frau Lannert heute noch sagen wollte.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Sie wurde insbesondere daran gehindert, die Zahlen für das Konjunkturprogramm zu nennen.

(Judith Lannert (CDU): Danke, dass Sie das übernehmen!)

Wenn man die Reden, die man heute zu diesem Thema hören durfte, von der Kollegin Lannert ebenso wie vom Kollegen Lenders, mit denen vergleicht, die vor gut einem Jahr gehalten wurden, dann stellt man fest, Sie hätten den heutigen Tagesordnungspunkt mit Verweis auf die damalige Debatte eigentlich bleiben lassen können. Heute haben Sie nämlich überhaupt nichts Neues gesagt.

Diese heutige Debatte wurde von der CDU beantragt, da kommt bei mir dann doch die Frage hoch: Was ist eigentlich mit der CDU los? Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, wenn man sich selbst beweihräuchern will, dann macht man es – wenn man glaubt, es habe Wirkung – vor der Wahl und nicht nach der Wahl, wenn die Ergebnisse feststehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Zu dem, was dargeboten wurde, ist die Vorbereitung des Kollegen Bellino zu dieser Aktuellen Stunde fast noch aufschlussreicher als das, was uns heute mitgeteilt wurde.

Sie haben offensichtlich – an diesem Punkt kann man es festmachen – ein völliges Abgehen von Realitätssichten.

(Jürgen Lenders (FDP): Sagen Sie etwas zur Sache!)

Sie leben in einer völlig anderen Welt. Das hat nicht nur gestern der Kollege Beuth bei seiner Kommentierung des Urteils des Staatsgerichtshofs nachdrücklich unterstrichen.

(Judith Lannert (CDU): Sagen Sie doch einmal etwas zu den Wirtschaftszahlen in Hessen!)

Das tun Sie auch heute, indem Sie Zahlen aussuchen, wie es Ihnen gerade in den Kram passt,

(Judith Lannert (CDU): Das ist gar nicht wahr! Das ist gestern bestätigt worden!)

und darüber hinaus à la Sandkastenspielchen sagen: „Das ist aber mein Förmchen; das ist der schwarze Aufschwung; das ist die gelbe Arbeitslosenzahl, die zurückgegangen ist“, ohne dabei zu würdigen, dass alles das, was in der Wirtschaft geschieht, letztendlich die Leistung der Hessinnen und Hessen ist. Dafür brauchen sie weder CDU noch FDP in besonderem Maße.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) und Jürgen Lenders (FDP))

Wenn man sich diese Leistung anschaut und meint, man müsste daraus ableiten, dass die Regierung besonders toll ist, dann sollte man den Vergleich mit anderen nicht scheuen.

(Judith Lannert (CDU): Das tun wir auch nicht!)

Meine Damen und Herren, wir haben bei dieser Art von Debatten schon mehrfach gesagt, der Blick über den Rhein ist nicht so weit. Bei den Kolleginnen und Kollegen im Land der Reben und Rüben ist z. B. die Arbeitslosenquote im März 2011 deutlich besser als in Hessen. Deswegen wundert es einen schon

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))