Protocol of the Session on April 14, 2011

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Stichwort: Realitätsverlust –, wenn man nach Ihren „Spitzenwerten des wirtschaftlichen Aufschwungs“, so Ihre Titulierung dieser Aktuellen Stunde, fragt; das geht an die CDU. Erst recht sind beim südlichen Nachbarn, wenn man über den Neckar schaut – es kann ja einmal ein anderer Fluss sein –, im März 2011

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

die Baden-Württemberger aber deutlich besser.

(Zurufe der Abg. Judith Lannert (CDU) und Jürgen Lenders (FDP))

Herr Lenders, bleiben Sie cool. Wenn ich schon anfangen will, Zahlenspiele gemäß Ihrem Ansatz zu machen, dann konnte ich allerhöchstens feststellen, dass eine unmittelbare Korrelation zwischen den guten Arbeitslosenwerten und den Wahlergebnissen von den GRÜNEN am 27. März vorherrscht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie das mit dieser Aktuellen Stunde sagen wollten, dann finden Sie auch unsere uneingeschränkte Zustimmung. Da, wo die Arbeit für viele vorhanden ist, ist glücklicherweise auch in vermehrtem Maße das Bewusstsein vorhanden,

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

dass nur grüne Konzepte uns weiterbringen und den Wohlstand weiterentwickeln können.

(Judith Lannert (CDU): Das glauben Sie!)

Meine Damen und Herren, das als Fazit dieser Aktuellen Stunde festzuhalten wäre kein Fehler. Insoweit könnten wir Ihnen auch dankbar sein. An der Streiterei, wer an was schuld ist, ob das hessische Konjunkturprogramm wichtiger war oder die Arbeitsmarktreformen, die schon unter Rot-Grün in Berlin angefangen wurden und jetzt langfristig Erfolg erzeugen, oder alles dieses – daran will ich mich überhaupt nicht beteiligen.

Wir freuen uns, wenn es insbesondere mit der Beschäftigung in Hessen weiter bergauf geht. Wir danken allen, die daran mitwirken. Wir müssen feststellen, dass es die Regierung und die sie tragenden Fraktionen am allerwenigs ten sind, weil von dort keine Leistung kommt, wie mein Kollege Wagner vorgestern nachdrücklich darlegen konnte. Insoweit: Grün ist jetzt der Frühling; es grünt und blüht, und grün ist die Farbe der Hoffnung. Das wird uns weiterbringen. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kaufmann, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Staatsminister Posch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kaufmann, solche Debatten verfolge ich in der Tat. Wenn Sie eben gemeint haben sagen zu müssen, dass die Reden von Frau Lannert und Herrn Lenders mit denen von vor einem Jahr identisch seien, dann möchte ich nur feststellen: Bei Ihnen war auch nicht viel Neues dabei.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Muster kennen wir schon. Dass Vergleichszahlen herhalten müssen, um die jeweilige Argumentation zu begründen, ist nichts Neues. Dass dann auf den Wettbewerb der Bundesländer verwiesen wird, ist auch nichts Neues. Aber wenn einige Zahlen genannt werden, die den Schluss zulassen, dass es schon ein paar Aktivitäten gibt, die landspezifisch sind, dann ist es das gute Recht der Koa litionsabgeordneten, hierauf hinzuweisen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Kaufmann, Sie wissen, dass ich bei der Frage eines Konjunkturprogramms prinzipiell immer Probleme habe, weil Konjunkturprogramme das Problem in sich haben, möglicherweise lediglich ein Strohfeuer anzufachen. Ich glaube aber, das hat funktioniert. Deswegen will ich noch einmal auf dieses Investitionsprogramm hinweisen.

Dieses Investitionsprogramm war eine Brücke über das Konjunkturtal für die Bauwirtschaft. Wenn Sie die Wertschöpfung im Bausektor 2010 mit 2008 vergleichen, dann stellen Sie fest, wir haben in Hessen einen Faktor von 0,6 % und im Bund von 0,1 %. Das heißt, dieses Konjunkturprogramm, das sich sehr speziell an die Bauwirtschaft gerichtet hat, hat in diesem Bereich sowohl zum Bruttoinlandsprodukt beigetragen als auch zur Arbeitsplatzsiche

rung in diesem Bereich, weil in diesem Fall durch die öffentlichen Aufträge der Ausfall von privaten Aufträgen ausgeglichen worden ist. Es lohnt sich, auf diesen Sachverhalt hinzuweisen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn wir heute ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 3,6 % haben, dann sage ich Ihnen ganz offen: Damit haben wir vor zwei Jahren nicht gerechnet. – Ich sage auch unumwunden: Das ist nicht das Verdienst ausschließlich der Politik; das ist sogar primär ein Verdienst der Unternehmen und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesen Unternehmen. Deswegen – darin sind wir uns einig – gilt mein Dank denjenigen, die das ermöglicht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Kollege Kaufmann, es gelten bestimmte Rahmenbedingungen. Sie haben das Thema Kurzarbeitergeld angesprochen. Das ist richtig. Das war mit ein Aspekt, der dazu beigetragen hat. Aber wenn ich so diskutiere, dann muss ich auch sagen, vieles, was Rot-Grün in diesem Bereich angefangen hat und was von der Großen Koalition fortgesetzt worden ist, wird heute von Ihnen, insbesondere von den Sozialdemokraten, nicht mehr mit der gleichen Priorität versehen, und wir haben dort einen Rückwärtsgang zu verzeichnen.

Meine Damen und Herren, wir können insgesamt stolz sein. Die Zurückhaltung in den Tarifauseinandersetzungen in der Vergangenheit hat auch dazu beigetragen, dass dieses Wirtschaftswachstum überhaupt möglich war. Wir können in Hessen stolz sein. Die Rahmenbedingungen stimmen. Erfolgreiche Unternehmen brauchen eine intakte Infrastruktur. Die ist in Hessen vorhanden. Die Beispiele sind genannt.

Wenn wir uns gleichwohl darum bemühen, Innovationen durch schnellere Genehmigungsverfahren zu ermöglichen, dann ist das eine Herausforderung an die Politik, an den Staat, dies zu gewährleisten. Deswegen will ich einen Satz sagen: Es wird nicht ganz einfach, das alles aufrechtzuerhalten,

(Florian Rentsch (FDP): So ist es!)

weil wir natürlich den Haushalt in den Griff bekommen müssen und weil wir den Mut gehabt haben, zu sagen: Wir lassen das Volk über eine Schuldenbremse abstimmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das wird doch für uns kein Zuckerschlecken, dass wir das gemacht haben. Schuldenbremse, demografischer Wandel und der wachsende Wettbewerb in einer globalisierten Wirtschaft – das sind die Herausforderungen, denen wir uns zukünftig stellen müssen. Die Politik, die Rahmenbedingungen definiert und beschließt, hat zumindest einen nicht unerheblichen Beitrag dazu geleistet, dass wir von dieser positiven Situation in Hessen ausgehen können und das Bundesland Hessen nach wie vor zu den stärksten Ländern in der gesamten Bundesrepublik gehört. Wir werden unseren Teil dazu beitragen, dass das so bleibt. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Posch, vielen Dank. – Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aussprache zum Antrag der Fraktion der CDU betreffend Aktuelle Stunde „ Spitzenwerte

des wirtschaftlichen Aufschwungs in Hessen und in Deutschland“.

Ich komme damit zum Tagesordnungspunkt 21:

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einführung eines zweigliedrigen Schulsystems aus Gymnasium und Gemeinschaftsschule im Saarland durch CDU, FDP, GRÜNE und LINKE – Drucks. 18/3764 –

Zehn Minuten Redezeit ist vorgesehen. Es spricht zunächst Herr Kollege Wagner für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden und streiten in diesem Haus oft über Bildungspolitik. Wir reden und streiten mit besonderer Intensität, wenn es um Schulstrukturfragen geht. Seit Jahren und Jahrzehnten wird im Hessischen Landtag eine mehr oder minder ideologische Debatte geführt, was die richtige Organisationsform und das richtige pädagogische Konzept für die Mittelstufe sei.

Es gibt die glühenden Befürworter – ich schaue gerade den Kollegen Irmer an und er mich – des gegliederten Schulsystems. Es gibt andere, die sagen: Nehmt doch endlich den Elternwunsch nach längerem gemeinsamen Lernen ernst. – Es geht seit Jahren und Jahrzehnten ideologisch hin und her. Ich glaube, es tut uns allen doch ganz gut, auch einmal zu schauen: Was ist eigentlich die Entwicklung in anderen Bundesländern? Wie machen es andere Bundesländer? Können wir davon vielleicht etwas lernen? Denn gerade in der Bildungspolitik kann lernen eigentlich nicht falsch sein.

Wenn wir schauen, was in den Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland um uns herum passiert, stellen wir fest, dass es da ganz interessante neue Bündnisse gibt, dass es da ganz interessante neue Konsense in den Fragen gibt, über die wir uns im Hessischen Landtag leider teilweise noch sehr ideologisch streiten.

Schauen wir ins Saarland. Dort hat sich eine Kooperation von CDU, FDP, GRÜNEN und LINKEN zusammengefunden. Das ist schon in der Konstellation überraschend. Schon wenn diese vier Fraktionen gemeinsam auf einem Antrag im Hessischen Landtag stünden, würde Herr Irmer mit Selbstentleibung drohen. Im Saarland geht das.

(Florian Rentsch (FDP): Großes Vorbild, das Saarland!)

Herr Kollege Rentsch, die haben dann auch noch inhaltlich gesagt: Lasst uns die ideologischen Gräben in der Bildungspolitik überwinden. Lasst uns den Elternwillen ernst nehmen, und lasst uns ein zweisäuliges Schulmodell aus Gymnasien auf der einen Seite und längerem gemeinsamen Lernen auf der anderen Seite auf den Weg bringen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, das könnte doch auch ein Vorbild für uns im Hessischen Landtag sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Rentsch, jetzt können Sie sagen, das Saarland gehört nicht zu den größten Bundesländern. Das stimmt.

(Florian Rentsch (FDP): Sie haben in der Schule aufgepasst!)

Herr Kollege Rentsch, ich lasse mich aber auch immer gerne von Ihnen belehren.

(Florian Rentsch (FDP): Wussten Sie das vorher nicht?)

Sie sollten vielleicht einmal überlegen, ob Ihre Partei im Moment in einer Situation ist, dass sie allzu große Belehrungen aussprechen sollte. Das soll aber nicht unser Thema sein.

(Zurufe von der FDP: Oh! – Mario Döweling (FDP): Demut! – Florian Rentsch (FDP): Wir sind auf dem Teppich geblieben!)