Aber ich bin schon sehr erschüttert, weil ich eigentlich dachte, die FDP und der Herr Minister wollen einen anderen Weg fahren.
Wir haben erfahren, dass in der Schulpolitik eine Irmerisierung des Kultusministeriums stattfindet. Anscheinend macht das auch nicht vor dem Integrationsministerium halt. Ich finde es bedauerlich. Herr Hahn, Sie haben an Glaubwürdigkeit eingebüßt,
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zwei Vorbemerkungen machen, eine zu den Antworten von Herrn Minister Hahn vorhin zu der Mündlichen Frage. Herr Minister, dass ausgerechnet Sie ausgerechnet Leo Trotzki zum Zeugen aufrufen, hat etwas. Ich will Sie nur darauf hinweisen,dass die berühmte,immer wieder zitierte Äußerung von Rosa Luxemburg über die Freiheit, die die Freiheit der Andersdenkenden ist, aus der Schrift über die russische Revolution stammt und an die Adresse einer bolschewistischen Partei gerichtet war, deren maßgeblicher Führer damals Leo Trotzki war. Wenn Sie weiteres Sachdienliches über Leo Trotzki wissen wollen,dann empfehle ich Ihnen die dreibändige Biografie von Isaac Deutscher. Darin steht manches in jeder Beziehung Lesenswerte,
auch darüber, ob man allen Ernstes Leo Trotzki zum Zeugen für demokratische Verhältnisse und für Meinungsfreiheit aufrufen darf.
Zweitens. Herr Kollege Mick, Sie haben gesagt, dass nicht der Eindruck entstehen darf, es traue sich keiner, das zu sagen,oder dass man bestimmte Sachen nicht sagen dürfe. – Das ist ein Satz, der in der Regel mit besonders viel Verve von denen gesagt wird – zuletzt von Ihrem Parteivorsitzenden –, die jeden, aber auch jeden Zugang zu jedem Mikrofon in dieser Republik haben und die ihre Meinung schon lange und bis zum Überdruss vortragen durften.
Meine Damen und Herren, das Problem, über das hier zu reden ist,besteht aus zwei Teilen.Das eine ist das Problem Sarrazin, das andere ist das Problem Hahn.
Nun ist hier schon mehrmals darauf hingewiesen worden, dass Herr Sarrazin bedauerlicherweise immer noch Mitglied der SPD ist.
Ich will keinen Zweifel daran lassen, dass Herr Sarrazin mit den Äußerungen, von denen heute schon die Rede war, keineswegs für die überwältigende Mehrheit der deutschen Sozialdemokratie spricht,
insbesondere nicht für die hessische Sozialdemokratie oder die SPD-Landtagsfraktion.Wir teilen seine Meinungen nicht und finden insbesondere die Art und Weise, in
Deswegen, meine Damen und Herren, will ich mich auch nicht en détail mit den Auffassungen des Herrn Sarrazin auseinandersetzen, es genügt eine Würdigung des Gesamtbildes. Das Gesamtbild ist: Wer sich in derart herabsetzender, verächtlicher Weise z. B. über Migrantinnen und Migranten, aber auch über Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger bzw. im Prinzip über alles, was in irgendeiner Weise nicht dem eigenen Menschen- oder Weltbild entspricht, äußert, der ist selbst verächtlich.
Ich habe gesagt: Herr Sarrazin ist bedauerlicherweise immer noch Mitglied der SPD – bedauerlicherweise deshalb, weil er mit seinen Tiraden gegen sozialdemokratische Grundüberzeugungen verstößt, Zweifel an den integrationspolitischen Grundüberzeugungen der SPD weckt und damit der SPD schadet. Er mag seine Meinung vertreten, wann und wo immer er will – auf sozialdemokratische Grundüberzeugungen wird er sich dabei nicht berufen können. Wir als hessische SPD wollen mit Herrn Sarrazin nichts zu schaffen haben.
Die andere Frage ist, was ausgerechnet Herrn Sarrazin zu einem integrationspolitischen Experten macht. Seine Funktion als Mitglied des Direktoriums der Bundesbank kann es nicht sein. Das wäre in etwa so, wie wenn Sie den Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessens zu einer Diskussion über den Leitzins einladen würden. Auf diesem fachlichen Niveau würden wir dann verhandeln.
Nach allem, was wir bis zum Überdruss über die Auffassung von Herrn Sarrazin gelesen und gehört haben, kann es auch weder persönliche oder Sachkompetenz noch gesunder Menschenverstand sein. Damit wir uns richtig verstehen: Seine Meinungen sind seine Meinungen. Er hat das Recht, das meiste von dem, was er sagt, zu sagen. In diesem Land darf sich jeder zum Idioten machen, wie immer er will.
Die Frage ist aber, meine Damen und Herren, ob daraus, dass sich einer zum integrationspolitischen Narren macht, schon ein Anspruch darauf resultiert, vom Integrationsminister dieses Landes zu einer hochrangigen Veranstaltung eingeladen zu werden.
Herr Minister Hahn, Sie sind doch der Minister für Integration und nicht für Provokation. Das Problem ist, dass Sie jemanden einladen, der in der Sache gar nichts beizutragen hat, dem es nur darauf ankommt, sinnlos, gedankenlos und hemmungslos zu provozieren.
Damit bin ich beim Problem Hahn, Herr Minister: Ich frage mich, welcher Teufel Sie geritten hat, ausgerechnet diesen Mann zu der Veranstaltung „Chancen und Grenzen der Integration“ aus der Reihe „Freiheit, die ich meine“ einzuladen.An diesem Arrangement, Herr Minister, stimmt gar nichts – weder die Freiheit noch die Fähig
Einige der Kolleginnen und Kollegen haben die Einladung zu Ihrer Veranstaltung angenommen. Ich muss Ihnen leider sagen, dass ich nicht teilnehmen werde, da ich an diesem Abend zu einer Veranstaltung des Kreisausländerbeirats in Gießen eingeladen bin. Ich gehe dorthin, weil ich glaube, dass eine integrationspolitische Debatte, die den Namen Debatte und Diskurs verdient, da einfacher zu führen ist und der Erkenntnisgewinn über Chancen und Grenzen der Integration in Hessen größer sein wird. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte eben schon in der Antwort auf die Mündliche Frage der Kollegin Wissler darauf hingewiesen, dass wir sehr bewusst eine neue Veranstaltungsreihe im Hessischen Ministerium der Justiz zur Integration in Europa installieren wollen. Wir möchten, dass über Themen, die in meine Ressortzuständigkeit fallen, nicht tagesaktuell, aber doch zeitnah eine kontroverse und hoffentlich interessante Diskussion auf Augenhöhe stattfindet, die letztlich zu weiteren Arbeitshilfen der Politik – jedenfalls in Hessen – führen kann.
Ich bin ein bisschen überrascht, in der Debatte nicht einmal von den Kolleginnen und Kollegen der verehrten Opposition gehört zu haben, dass dazu nicht nur Herr Sarrazin eingeladen ist. Gerade der sehr harte Vortrag des Kollegen Merz, so wie er sich mit der Meinung seines Parteigenossen auseinandergesetzt hat, macht deutlich, dass man ein Bild aufstellen will nach dem Motto:
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie doch auch! – Petra Fuhrmann (SPD): Sehr sachlich, sehr klar auf den Punkt!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wissen Sie eigentlich, was Sie gerade mit Ihren Zwischenrufen tun? – Sie diskreditieren den anderen von mir Eingeladenen, den Journalisten Herrn Kubilay, auf das Schärfste.
Sie tun so, als ob man nicht Manns oder Frau genug wäre, in einer Debatte, die Herr Sarrazin möglicherweise wieder so polemisch führen wird, zu antworten.
Herr Sarrazin hält keinen Vortrag, über den nicht mehr diskutiert wird, sondern er ist von mir eingeladen worden, um ein Streitgespräch mit Herrn Kenan Kubilay zu führen. Herr Kenan Kubilay ist – wer es nicht weiß; ich habe das Gefühl, manche im Raum wissen es nicht, sonst würden sie so nicht diskutieren –