Protocol of the Session on November 18, 2009

Deshalb ist ein solches Beschäftigungsprogramm – das man jetzt anlegen muss, damit es dann, wenn es dringend nötig ist, in der Lage ist, Arbeitsfähigkeit zu erhalten und Menschen die Möglichkeit zu geben, ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit zu erwirtschaften – jetzt erforderlich.

Meine Damen und Herren, in einem dritten Bereich ist dringendes Handeln des Landes geboten, nachdem es in den letzten Jahren von beachtlicher Destruktivität war. Das ist das Thema Gesundheitsförderung und Prävention.

Das Land Hessen war spürbar daran beteiligt, zu verhindern, dass den Ländern erhebliche Mittel der Krankenkassen zu einer strukturierten und an der Zielgruppe orientierten Präventionsarbeit zur Verfügung stehen: als es im Jahr 2005 dazu beigetragen hat, dass es kein Präventionsgesetz gibt. Das ist genau der falsche Ansatz. Es steht zu befürchten, dass auf Bundesebene auch jetzt nicht damit zu rechnen ist.

Umso wichtiger ist es, die Arbeit der Selbsthilfe über Strukturen des Landes zu fördern. Wenn man sich anschaut, wie die Landesstrukturen bei der Selbsthilfe finanziert werden, muss man sagen: Das ist schon peinlich – peinlich für ein so reiches Land.

Das Gleiche gilt für die unabhängige Patientenberatung. Alle, die in diesem Land davon reden, dass im Gesundheitsbereich mehr Eigenverantwortung und Wettbewerb notwendig seien,müssen doch dringend dafür sorgen,dass die Beratung von Patienten in Hessen ausgebaut und nicht zurückgefahren wird.

Meine Damen und Herren, bei den Hilfen für Menschen mit Behinderungen,bei der Pflege,bei der Förderung junger Menschen,bei der Frauen- und Gleichstellungspolitik, bei der Familienpolitik und der Integration gibt es eine Vielzahl von Aufgaben, die durch das Land vorgegeben werden müssen, indem das Land dafür sorgen muss, dass einheitliche Lebensverhältnisse gewahrt werden, indem das Land die Rahmenstrukturen schaffen muss und indem das Land die Kommunen zum Handeln anregen muss.

All das kann man mit einem Sozialbudget tun. Deshalb brauchen wir dieses Sozialbudget wieder. Wir brauchen jetzt die Grundlage der Finanzierung – damit man dafür sorgen kann, dass die inhaltlichen Strukturen gemeinsam mit den Betroffenen entwickelt werden können.

Meine Damen und Herren, wenn im Haushalt die Durchführung eines Schulvorbereitungsjahres vorgesehen ist, für das zwar Geld da ist, aber noch überhaupt kein Konzept, dann ist es deutlich klüger, diese Mittel für eine konsequente Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans umzuwidmen, wie es die SPD vorschlägt.An dieser Stelle besteht nämlich Handlungsbedarf.

Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung. Das Einzige, was in diesem Sozialetat tatsächlich einen Zuwachs erfährt, ist das Ehrenamt. Das ist sicher richtig. Ehrenamtliche Arbeit ist eine wichtige Säule, auch im Bereich des Sozialen. Aber, meine Damen und Herren, mit dem Ersatz sozialer Arbeit durch ehrenamtliche Tätigkeit ist es beim besten Willen nicht getan. Deshalb ist das sehr

löblich. Ein Sozialbudget aber ist die Voraussetzung für die Schaffung ordentlicher sozialer Strukturen, auch in Hessen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank,Herr Dr.Spies.– Das Wort hat Herr Dr.Bartelt, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einem Jahr hatte ich Sie, verehrter Herr Kollege Dr. Spies, gefragt, in welchem Land Sie eigentlich leben. Jedenfalls leben Sie nicht in Hessen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Hessen! – Dr. Thomas Spies (SPD):Ich wohne hier schon immer!)

Sie sind in Hessen immer noch nicht angekommen, jedenfalls nicht nach dieser Rede.

Sozialpolitik muss sich bei beschränkten Mitteln besonders darauf konzentrieren,einen Beitrag zu leisten,die Wirtschaftskrise baldmöglichst zu überwinden und schnellstmöglich Arbeitslose mit versicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen, damit wir in Hessen nach der Überwindung des Tals besser dastehen als vorher. Wir sind uns weiterhin bewusst, dass in Phasen der wirtschaftlichen Schwäche soziale Härten durch gezielte Sozialpolitik gemindert werden müssen und der Bedarf an Mitteln eher höher ist. Wir sind uns weiterhin bewusst, dass die heutigen Kinder bei ihrem Eintritt in das Berufsleben noch für die Verbindlichkeiten zahlen müssen, die wir heute eingehen. Daher sind wir jungen Familien und Kindern in besonderer Weise verpflichtet. Daher ist es ein richtiges und wichtiges Signal, dass der Etat des hessischen Ministeriums von 617 Millionen c im Jahr 2009 auf 641 Millionen c im Jahr 2010 erhöht wird. Es ist ein Zeichen für den sozialen Ausgleich in der Krise.

Die Familienpolitik hat Priorität. Bildung ist die wichtigste Quelle des Wohlstands in einem rohstoffarmen Land mit hohem Lebensstandard und einem funktionierende sozialen Netz. Defizite in der frühkindlichen Bildung sind später schwer auszugleichen – und wenn, nur sehr kostenintensiv.

Wir setzen dies im Haushalt 2010 konsequent um.Wir begrüßen die Erhöhung des Ansatzes „Initiative für Kinder“ von 1,1 Millionen auf 2,9 Millionen c. Darin sind unter anderem enthalten: Unterstützung für die betriebliche Kinderbetreuung, das Projekt „Keiner fällt durchs Netz“, Gutscheine für Elternkompetenz, Betreuungsgutscheine U 3, und für Familienzentren sind im Jahr 2010 800.000 c vorgesehen.Im Jahr 2010 wird für die Mindestverordnung – die Verbesserung von Qualitätsstandards in Kindertageseinrichtungen – ein Betrag von 30 Millionen c zur Verfügung gestellt. Es bleibt dabei: Dort, wo Qualitätsstandards verbessert und die Mindestverordnung auf kommunaler Ebene durchgesetzt wird, wird Landesgeld fließen.

Die Offensive für Kinderbetreuung wird im Haushalt 2010 nochmals um 3,6 Millionen c auf 54,7 Millionen c erhöht, nachdem bereits 2009 eine Erhöhung stattfand. Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen,

dass Hessen seine Spitzenposition unter den Flächenländern beim Ausbau der Kinderbetreuung weiterhin ausbauen wird.Wir werden zu den ersten Bundesländern gehören, die vor 2013 die Vorgabe erfüllen werden, eine Betreuungsquote bei unter Dreijährigen von 35 % erreicht zu haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, im Bereich der Arbeitsmarktpolitik stellen wir im Haushalt 2010 27,8 Millionen c für Ausbildungsprogramme zur Verfügung. Die Ausbildungsförderung für Benachteiligte wird um 1 Million c erhöht. Arbeitsmarktprogramme sind wichtige Bausteine, Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Sie unterstützen die erfolgreiche und engagierte Arbeit der Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen. Deshalb werden für Arbeitsmarktprodukte insgesamt 42,8 Millionen c eingestellt.

Wir werden uns morgen noch detailliert über Arbeitsmarktpolitik unterhalten. Herr Kollege Burghardt wird dann unsere Position darlegen. Die Seifenblasen der versuchten Oppositionsrhetorik zu diesem Thema werden dann aber bereits geplatzt sein. Sie versuchen in Anträgen und Presseerklärungen den Eindruck zu vermitteln, dass die neue Bundesregierung von CDU, CSU und FDP Jobcenter, Optionskommunen, Arbeitsgemeinschaften, Argen, das Prinzip „Fördern und Fordern“, Hilfe aus einer Hand infrage stellen wolle. – Wie sieht nun die Wirklichkeit aus?

Ich appelliere nur an ein Erinnerungsvermögen von einem Jahr. Noch vor einem Jahr, auch anlässlich dieser Haushaltsdebatte, haben wir gemeinsam bedauert, dass der frühere Bundessozialminister nicht bereit war,die Zuständigkeit der Optionskommunen bis zum 31.12.2013 zu verlängern. Dies führte zur Verunsicherung aller Beteiligten. Der entscheidende Satz zum Thema Optionskommunen lautet in Nr. 7.2 des Koalitionsvertrags in Berlin: „Die bestehenden Optionskommunen sollen diese Aufgabe unbefristet wahrnehmen können.“ Damit ist diese Frage geklärt, und dies müssten auch die Oppositionsfraktionen zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren,die Umsetzung, Festigung und langfristige Garantie der Jobcenter ist beim neuen Bundessozialminister Herrn Dr. Franz Josef Jung in besten und zuverlässigen Händen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD)

Er weiß als hessischer Politiker, wie erfolgreich hessische Optionskommunen arbeiten. Von 26 Landkreisen haben 13 optiert, plus die Landeshauptstadt Wiesbaden. Er ist in einem Wahlkreis direkt gewählt worden, wo diese Thematik die Menschen in ganz besonderer Weise berührt.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Gerhard Merz (SPD): Es geht um die Jobcenter!)

Meine Damen und Herren, wir haben uns schon gestern ausführlich über gesundheitspolitische Themen wie die neue Grippe unterhalten. Die entsprechenden Mittel sind eingestellt worden. Das Land Hessen wird Krankenhausinvestitionen weiterhin weit überdurchschnittlich fördern. In Verantwortung für die ältere Generation, die dieses Land mit aufgebaut hat, wissen wir, dass wir verpflichtet sind,entsprechende Haushaltsmittel einzustellen.Deshalb auch die Schulkosten für die Altenpflegeausbildung – ein Plus von 370.000 c.Auch im gesundheitspolitischen

Bereich kommt die Hessische Landesregierung ihren Aufgaben nach.

Das, was eben gesagt worden ist, dass man auf staatlicher Ebene Planungs- und Beratungseinrichtungen einrichten sollte, kann ich nun überhaupt nicht verstehen. Man sollte für die Leistungserbringer nur Rahmenbedingungen schaffen, damit sie Luft zum Atmen haben.Weitere Beratungsstellen auf Kosten des Steuerzahlers sind nun wirklich nicht notwendig.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir haben eben keine Luft, das ist das Problem!)

Meine Damen und Herren, die Sozialpolitik, Arbeit, Familie und Gesundhei,t ist bei unserem Minister in den allerbesten Händen. Deshalb stimmen wir dem Einzelplan 08 zu.Wir möchten bei dieser Gelegenheit nicht versäumen, allen Menschen im sozialen Bereich, die in den Kindergärten, Krankenhäusern, Altenpflegeeinrichtungen oder Jobcentern arbeiten, für ihr Engagement sehr herzlich zu danken. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Mehr Geld wäre besser!)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Bartelt. – Für die FDPFraktion hat Herr Kollege René Rock das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Spies, ich möchte gleich kurz auf Ihren Redebeitrag eingehen. Sie haben gesagt, wir würden nicht alle Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt vermitteln können und müssten jetzt entsprechend handeln. Es ist auf jeden Fall unser Ziel – und wir werden von diesem Ziel mit Sicherheit nicht abgehen –, dass alle Menschen, die dem ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, auch einen Arbeitsplatz bekommen werden. Danach streben wir, und dafür arbeiten wir auch politisch.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Ich möchte am Anfang gleich etwas feststellen: Diese schwarz-gelbe Landesregierung betreibt keinen Sozialausbau

(Dr. Thomas Spies (SPD): Sehr richtig! Der Versprecher war gut!)

keinen Sozialabbau. Das werde ich hier gleich belegen können.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben alle den Haushalt angeschaut. Daher können Sie sich auch ein Bild machen. Für uns ist es natürlich besonders ärgerlich, wenn dieser Haushalt strukturell umgestellt wird. Wir haben dieses Mal auch wieder erlebt, dass er von links nach rechts gedreht worden ist. Das ist immer sehr ärgerlich. Durch die veränderte Darstellung, die Trennung von Ministerium, RPs und nachgeordneten Behörden, musste man sich noch einmal intensiv um die einzelnen Produkte kümmern.Das ist immer lästig.Ich hoffe, dass dies jetzt einmal ein Ende hat und dass wir uns auch an die Darstellung gewöhnen können.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Hans-Jürgen Ir- mer (CDU))

Wir haben festgestellt – da komme ich gleich zu einem zentralen Punkt –: Die Produktabgeltung 2009 betrug gut 880 Millionen c; und für 2010 sind 896 Millionen c vorgesehen. Das zeigt deutlich, dass wir hier eine Ausweitung des Haushalts haben. Der eine oder andere Haushälter könnte dazu natürlich sagen: Im Sozialbereich wird gar kein Beitrag zur Haushaltssanierung geleistet.

Man muss genau hinter die Fassade schauen: Was ist in diesem Haushalt passiert? – Wir haben in diesem Haushalt für die Mindestverordnung erstmals 30 Millionen c eingestellt.Das ist für ein Quartal,um den Kommunen die Mehraufwendungen zu erstatten. Wenn man das gegenrechnet, könnte man auf die Idee kommen, dieser Haushalt ist doch geschrumpft worden, oder hier wurde doch an den freiwilligen Leistungen gespart. Darum ist es aus meiner Sicht sinnvoll, sich einmal die einzelnen Fachziele anzuschauen, und wie sie sich verändert haben.

Im Bereich „Kinder, Jugend, alte Menschen“ ist der Ansatz von 381 Millionen auf 412 Millionen c erhöht worden. Das geht maßgeblich auf die 30 Millionen c für die Mindestverordnung zurück, aber auch auf die Initiative Kinder und Familie.

Im Fachziel 3 „Bürgergesellschaft, Ehrenamt, Generationen“ ist der Ansatz von 3,6 auf 4,5 Millionen c erhöht worden. Genau hier zeigt sich, dass wir den Schwerpunkt, den wir am Anfang gesetzt haben, fortführen werden. Das ist für uns ein wichtiges Thema.Auch hier werden wir weiter Schwerpunkte setzen.

Beim Fachziel 4 „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ ist der Ansatz von 33,7 Millionen c auf 29,2 Millionen c reduziert worden. Das ist eine Anpassung an die Istergebnisse gewesen. Hier wird strukturell nichts verändert.

Bei dem Ansatz für das Fachziel 5 „Integration, Teilhabe, soziale Sicherung“ bleibt es bei ungefähr 140 Millionen c. Auch hier sind keine nachhaltigen Veränderungen vorgenommen worden.

So könnte ich das durch die Fachziele durchdeklinieren. Es zeigt sich, dass es bei den freiwilligen Leistungen zu Ausweitungen in dem Bereich gekommen ist, in dem wir Schwerpunkte setzen wollen.