Protocol of the Session on March 20, 2013

Wenn wir einen Strich darunter ziehen, können wir feststellen: Hessen ist nicht nur führendes Sportland, sondern Hessen ist auch ein sicheres Sportland. Darauf sind wir stolz, und daran werden wir weiter arbeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Heinz von der CDU-Fraktion; selbstverständlich wiederhole ich das gerne nochmals. – Herr Wagner, Sie haben jetzt Gelegenheit zur Rede für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am vergangenen Tag haben wir das Thema Sport in einer dreistündigen Debatte behandelt. Meine Fraktion kann nicht erkennen, was sich in den letzten 24 Stunden so grundlegend geändert hat, dass wir dieses Thema jetzt erneut debattieren müssten.

Wir verweisen auf unsere Ausführungen zur Bedeutung des Sports in unserer Gesellschaft am gestrigen Tag und sparen damit Redezeit. Das ermöglicht es uns allen vielleicht, heute noch ein bisschen Sport zu betreiben. Nur vom Darüber-Reden wird man nicht fit. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Danke, Herr Wagner. – Als Nächster spricht Herr Kollege Rudolph für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich verweise auf meinen sachlich guten Vortrag – wie Kollege Klee sagte – von gestern Abend. Bis heute hat sich bei diesem Thema nichts geändert.

Insofern nehmen wir zur Kenntnis, dass der Setzpunkt der CDU irgendwie nicht funktioniert hat. Deswegen wollen wir Redezeit sparen und beteiligen uns nicht an dieser Diskussion. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Danke, Herr Rudolph. – Als Nächster hat Herr Schaus für die Fraktion DIE LINKE Gelegenheit zur Rede.

(Michael Siebel (SPD): Das ohne Redemanuskript?)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern haben wir ausführlich drei Stunden lang über den Sport diskutiert. In den letzten Stunden hat sich an diesem Thema nichts geändert. Meinen Ausführungen von gestern habe ich heute nichts hinzuzufügen. Wir können hier gemeinsam Redezeit sparen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Schaus. – Dann darf ich Herrn von Zech das Wort für die FDP-Fraktion erteilen.

(Zuruf von der SPD: Der hat auch schon gestern zu diesem Thema geredet! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nehmen Sie sich einmal ein Beispiel an uns, Herr von Zech! – Michael Siebel (SPD): Jetzt aber etwas Neues! – Weitere Zurufe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mir von gestern noch etwas aufbewahrt.

(Beifall bei der FDP – Zurufe)

Vielleicht haben Sie gemerkt, dass ich gestern nur 23 Minuten geredet habe, obwohl ich 30 Minuten lang Zeit hatte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem wir gestern ausführlich Gelegenheit dazu hatten, über das in Hessen in der Sportlandschaft insgesamt Erreichte zu debattieren, bietet der heutige Antrag zur Fankultur die Chance, in die Zukunft zu schauen und zu diskutieren, wie wir die Bedingungen bei sportlichen Großveranstaltungen – gemeinsam mit Fans und Vereinen – für alle Beteiligten angenehmer gestalten können.

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vor- sitz.)

Gestern haben alle Redner in ihren Beiträgen zum Ausdruck gebracht, dass der Sport auch hinsichtlich der Fankultur bestimmte Regeln und Erwartungen mit sich bringt, die es einerseits einzuhalten gilt und die andererseits zu Konflikten führen können. Am deutlichsten hat das der Kollege Klee zum Ausdruck gebracht. Die Tatsache, dass er an dieser Stelle seiner Rede aus allen Fraktionen des Hauses Applaus bekommen hat, zeigt, dass es hier einen grundlegenden Konsens gibt, der uns über Parteigrenzen hinweg eint, auch wenn wir oft über Einzelheiten streiten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Begeisterung für den Sport ist eine gute Sache. Auch das haben wir gestern parteiübergreifend gehört. Eine Debatte zur Fankultur ist aber nicht komplett, wenn man sich nicht auch Gedanken über die Grenzen der Begeisterung macht.

Es liegt mir fern, bestimmte Klubs oder Fangruppierungen besonders hervorzuheben oder zu stigmatisieren. In der Szene als „Ultras“ bekannte Gruppen sind zunächst einmal besonders engagierte und leidenschaftliche Fans, die zudem oft als harter Kern organisiert sind. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Das möchte ich an dieser Stelle deutlich zum Ausdruck bringen. Im Gegenteil, speziell Fußball, aber auch Eishockey – um nur ein weiteres Beispiel zu nennen –, profitierten im Stadion oftmals erheblich von der Stimmung, die von den Sprechchören und FanChoreografien geschaffen wird, die meist von Ultras angeleitet werden. Dies reißt auch die Zuschauer mit und sorgt auf dem Platz ab und an für den nötigen „Schub“, dass die Sportler in den letzten paar Minuten noch einmal 110 % Leistung geben. Zugleich darf man die positive Seite des Engagements aber nicht zum Anlass nehmen, blind für die Verfehlungen von Fans, auch von besonders engagierten Fans, zu bleiben.

Wir haben im Rahmen einer Bundessportkonferenz unserer Partei von Sicherheits- und Pyrotechnikexperten vorgeführt bekommen, auf welche Art und Weise man verbotene Gegenstände ins Stadion schmuggeln kann und welche Wirkung diese pyrotechnischen Pulver- und BengaloFackeln haben können. Es handelt sich dabei meist um Seenotrettungsfackeln, die konstruktionsbedingt weder durch Sand noch durch Wasser löschbar sind. Die darin enthaltenen Stoffe brennen sogar unter Wasser weiter und erreichen Temperaturen von weit über 1.000 °C. Das bedeutet allerdings, dass in einem dicht gedrängten Fanblock Kleidungsstücke schon aus einiger Entfernung in Brand gesetzt werden können, ohne dass man in direkten Kontakt mit der Fackel kommen muss.

Knallkörper sind weitere hochgefährliche Ärgernisse für Fans, Spieler und Schiedsrichter gleichermaßen. Ich erkenne ausdrücklich an, dass der Kollege Mack in seiner gestrigen Rede unmissverständlich klargemacht hat, dass auch aus seiner Sicht derartige Fanbräuche im Stadion nichts zu suchen haben und bestraft gehören.

Dennoch hat, wie ich bereits gestern sagte, reine Konfrontation keine großen Aussichten auf Erfolg. Wenn Fans, Vereine und Sicherheitsbehörden gemeinsam nicht dasselbe Ziel verfolgen, nämlich ein sicheres und erfreuliches Sporterlebnis für alle Beteiligten zu garantieren, enden die Auseinandersetzungen oft in Krawall und wechselseitigen Vorwürfen.

Die Fanprojekte spielen in dieser Hinsicht bereits eine hervorragende Rolle. Von den Vereinen, den Ligen und dem Land in anteiliger Finanzierung geförderte Initiativen begleiten Fans bei Auswärtsspielen, wirken deeskalierend und leisten immense Beiträge in der Jugendarbeit und in der Gewaltprävention. Auch die Polizei sucht den Dialog mit Fangruppen und verfolgt immer öfter eine Strategie, die ebenfalls auf Deeskalation setzt – leider nicht immer mit Erfolg.

Die Kosten für die Polizeieinsätze sind in den letzten Jahren von 4,5 Millionen € auf 6,7 Millionen € gestiegen. Man darf nicht naiv sein: Manche, die sich als Fans definieren, sind in Wirklichkeit nur auf Randale und Krawall aus. Sie suchen diese insbesondere beim Fußball, weil ihre Ziele dort aufgrund der Regeln und der hochschlagenden Emotionen leichter erreichbar sind. Auch Sprechchöre mit rassistischem oder beleidigendem Inhalt haben meines Erachtens im Stadion nichts verloren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb begrüßen die Liberalen, dass die Hessische Landesregierung nunmehr mit Vertretern der hessischen Vereine und Verbände im Dialog steht und mit den Fans und den Fangruppierungen sportliche Großereignisse im Nachhinein analysiert und Möglichkeiten sucht, das Auftreten von Probleme zukünftig besser zu verhindern.

Einen großen Schritt weiter sind wir schon mit dem spieltagsorientierten Dialog in Hessen, wo für die Fans gemeinsame Anlaufstellen von Polizei, Vereinen und Fangruppierungen gebündelt werden. Hierdurch wird ein ansonsten wenig vorhandenes Verständnis für polizeiliche Einsatzmaßnahmen geschaffen, da die Polizei konkrete Vorgänge unmittelbar und transparent erläutern kann.

Alles in allem brauchen wir im Sport mehr positive Fankultur. Miteinander zu reden, statt übereinander, das ist der richtige Weg, damit der Sport wieder im Mittelpunkt stehen kann.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat Herr Innenminister Rhein.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat habe auch ich mir etwas aufgehoben, was ich gestern nicht mehr sagen konnte.

(Heiterkeit)

Ganz im Ernst: Bei aller Begeisterung für das Thema Sport und bei aller Begeisterung für den Fußball, der in der Tat etwas ist, was große Freude macht, der d e r Integrationsmotor in Deutschland ist, der d a s große soziale Projekt in Deutschland ist, will ich sehr deutlich sagen, dass ich es begrüße, dass CDU und FDP diesen Antrag auf die Tagesordnung gesetzt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich begrüße das deshalb, weil ich glaube, dass man mit dem Thema nicht so verantwortungslos umgehen kann, wie Sie das tun, indem Sie lachen,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wir lachen über etwas anderes!)

indem Sie mit großer Geste so tut, als gebe es keine Probleme.

Aber es gibt Probleme, denn die Wahrheit ist die, die Herr von Zech und Christian Heinz vorgetragen haben, dass es nämlich eine kleine, aber sehr laute und problematische Minderheit im Fußball gibt, die den Fußball als Bühne für Krawall nutzt. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sieht man, dass sich das „Lagefeld Fußball“, wie die Polizei sagt, stark verändert hat. Wir haben einen wachsenden Fanreiseverkehr, wir haben eine Verlagerung der Auseinandersetzungen auf die An- und Abreisezeit, und wir haben die Situation, dass insbesondere sehr junge Fans die Polizei als Feind ansehen. Bei einem Bundesligaspiel in Frankfurt

am Main ist ein Bundespolizist fast zu Tode gekommen, und Sie bekommen es nicht einmal fertig, hier zu diesem Thema zu reden. Das finde ich eigenartig.

Wir haben eine Steigerung der Zahl sicherheitsrelevanter Vorgänge, wir haben einen Anstieg der Zahl der Angriffe und der Verletzten, und wir haben eine steigende Einsatzbelastung. Das ist ein Thema für die hessische Polizei und damit natürlich auch für uns, weil wir hier über das Geld zu entscheiden haben, das für die hessische Polizei ausgegeben wird. 2011/2012 haben hessenweit 1.000 Beamte pro Tag mit rund 7.000 Einsatzstunden für Fußballveranstaltungen Dienste geleistet. Die Gesamteinsatzkosten 2011/2012 belaufen sich auf 6,7 Millionen €. Das heißt, jedes der 108 Spiele kostete im Durchschnitt 62.000 €. Das bedeutet: Je Spieltag reden wir über 370.000 €, die beim Fußball auf der Uhr stehen.

Deshalb will ich sehr deutlich sagen: Wir mussten handeln, weil das Ende der Fahnenstange erreicht war. Wir haben gehandelt. Von Christian Heinz wurde auf den runden Tisch mit DFB, DFL, dem Bundesinnenministerium und der Innenministerkonferenz unter hessischem Vorsitz verwiesen. Christian Heinz hat auf den Zehn-Punkte-Plan von DFB und DFL verwiesen. Daraus hat sich eine Taskforce entwickelt. Daraus hat sich 2012 die DFB-Konzeption „Sicheres Stadion“ entwickelt. Gerade wir Hessen haben von Anfang an die Bedeutung des Themas sehr deutlich gemacht. Wir haben Handlungsbedarfe angemahnt. Wir haben die Verantwortung der Vereine deutlich gemacht. Ich glaube, man kann feststellen, dass wir mit DFB und DFL um Lösungen gerungen haben. Wir haben aber nicht nur um Lösungen gerungen, sondern auch eine gemeinsame Linie gefunden. Ich will den Tag nicht vor dem Abend loben, aber die Zahlen sind heute ganz andere, als sie es exakt noch vor einem Jahr gewesen sind.

Ich will auch sehr deutlich sagen: Wir brauchen keine generalisierenden Sanktionen. Wir brauchen keine Pauschalverurteilungen. Wir müssen dafür sorgen, dass individuelles Fehlverhalten individuell sanktioniert wird. Wir müssen sehr deutlich machen, dass wir nicht die Falschen treffen wollen, wenn wir über das Thema Gewalt beim Fußball sprechen. Ich will nicht missverstanden werden: Natürlich muss es auch weiterhin Sanktionen geben, aber wir dürfen nicht die Falschen treffen, weil wir sonst das Gegenteil dessen erreichen, was wir erreichen wollen.

Wir haben viel erreicht. Das sieht man, wenn man sich die Bilanz anschaut. Ein Beispiel: eine klare Absage an Pyro im Stadion. Herr von Zech hat darauf hingewiesen. Wer hätte denn vor zwei oder drei Jahren daran geglaubt, dass die Eintracht jemals in der Lage sein würde, einen AntiPyro-Paragrafen in ihre Satzung zu schreiben? Das ist das Ergebnis der Diskussion, die wir hier geführt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Ein weiteres Beispiel: Es gibt einen ständigen Dialog zwischen der Polizei, den Vereinen und den Fans. Vor wenigen Jahren hätte es keiner für möglich gehalten, dass es solche Gespräche geben würde, dass Choreografien abgestimmt werden würden, dass wir mit gemeinsamen Teams in die Blocks hineingehen würden. Niemand hätte sich beispielsweise den spieltagsorientierten Dialog vorstellen können, der vorhin genannt wurde.