Protocol of the Session on June 17, 2009

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter, ihr beigeordnet Herr Staatsrat Dr. Schulte-Sasse.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Anders als in der vorausgegangenen emotionalen Debatte geht es jetzt um ein simples kleines Stück Technik. Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte wird von der Bundesgesundheitsministerin als medizinischer, technischer und wirtschaftlicher Durchbruch gefeiert, und das schon seit dem Jahr 2006, dem ersten geplanten Ausgabedatum dieser Karte. Heute erklärten über ein Dutzend Vereinigungen verschiedener ärztlicher Fachrichtungen im Land Bremen ihre Ablehnung, und zwar aus denselben Gründen wie schon 2006: Das System ist immer noch unausgereift und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

erzielt bei hohen Kosten weder wirtschaftlichen noch medizinischen Nutzen.

(Beifall bei der FDP)

Für die Kosten, wohlgemerkt, sollen die Heilberufe selbst aufkommen: Ärzte, Apotheker, die Krankenhäuser und andere Heilberufsausweisinhaber sind verpflichtet, die Lesegeräte und die dazugehörige Technik anzuschaffen. Auf Arztpraxen kommen nach Angaben des Senats auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion Kosten von jeweils bis zu 3 500 Euro zu, denen keinerlei Einsparungen entgegenstehen.

(Beifall bei der FDP)

Die Leistungserbringer müssen darüber hinaus mit einer erhöhten Arbeitsbelastung durch Eingabe und Pflege der Daten rechnen, und die Ärzte fürchten gar, als Servicestelle für unverständliche Technik herhalten zu müssen. Die prognostizierten Spareffekte jedoch sind vor allem aufseiten der Krankenkassen zu verorten.

Die FDP lehnt die elektronische Gesundheitskarte nicht prinzipiell ab, wir sehen sehr wohl die Chancen, die in der Verbindung von medizinischem Sachverstand des Arztes mit technologischem Fortschritt liegen. Andererseits erkennen wir aber auch eine Reihe von Risiken. Als Patientinnen und Patienten haben wir alle bereits Erfahrungen mit einer Krankenkassenkarte gesammelt, die unsere Adresse und unsere Versicherungsnummer speichert. Auf der Rückseite der Karte sind diese Daten sogar noch einmal aufgedruckt. Auf der elektronischen Gesundheitskarte sollen jetzt jedoch Röntgenbilder, Rezepte, verschriebene Medikamente, im Grunde die gesamte Krankengeschichte eines Menschen gespeichert werden. Weil dazu der kleine Chip dann doch irgendwie zu klein ist, werden diese Daten zentral, also irgendwo an einem externen Ort, gespeichert.

Wir haben in der jüngsten Vergangenheit mehrere Datenschutzskandale erlebt, die die Schreckensvision früherer Jahre bei weitem in den Schatten gestellt haben. Stellen Sie sich einmal vor, Ihre Röntgenbilder, die Ergebnisse Ihrer Krebsdiagnostik tauchen irgendwo auf. Sie wissen, die Daten sind einmal im Umlauf und können nicht wieder eingefangen werden. Die zentrale Speicherung von Daten ist aus unserer Sicht eines der Geburtsprobleme der elektronischen Gesundheitskarte, und wegen dieser Risiken und Gefahren halten wir es für richtig, dass zumindest die vollkommene Freiwilligkeit der Nutzung der erweiterten Funktionen der Gesundheitskarte Voraussetzung für ihre Einführung sein soll.

(Beifall bei der FDP)

Wirtschaftlichen Nutzen haben allein die benannten zusätzlichen Funktionen, jene, die mit dem darge

stellten Risiko für die Patientinnen und Patienten verbunden sind. Den medizinischen Nutzen dagegen vermissen wir bei dem gesamten Projekt, und auch der Senat spricht in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage vom April 2009 davon, dass sich eine Verbesserung irgendwie perspektivisch ergeben werde. Konkrete Vorteile kann aber auch der Senat anscheinend nicht nennen.

Erst kürzlich durften wir in der Zeitung lesen, dass die Krankenkassen das für die Gesundheitskarte verpflichtende Foto nicht überprüfen und die Einführung nun weiter verzögert wird. Solche und viele andere Probleme hätten aus unserer Sicht im Vorfeld geklärt werden müssen. Wir sind der Meinung, dass eine Ausgabe zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig ist und sie auch die Gefahr birgt, dass später teure Änderungen vorgenommen werden müssen.

Wie ich dargestellt habe, birgt die elektronische Gesundheitskarte nicht nur erhebliche datenschutzrechtliche Risiken, sie ist zudem für Arzt und Patient mit zusätzlichem Aufwand verbunden und in bestimmten Bereichen schlicht unbrauchbar. Das Fazit zur elektronischen Gesundheitskarte kann demnach nur lauten: technisch unausgereift, datenschutzrechtlich höchst bedenklich, medizinisch unnötig, teuer und unpraktisch. Lassen Sie uns diesen gesundheitspolitischen Wahnsinn gemeinsam stoppen, stimmen Sie dem Antrag der FDP zu! – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich auf Ihren Antrag eingehe, Herr Dr. Möllenstädt, möchte ich vorher noch ein paar grundsätzliche Aspekte zur elektronischen Gesundheitskarte sagen! Ein wichtiges Ziel, um eine bessere Gesundheitsversorgung von Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen, ist die bessere Zusammenarbeit der Gesundheitseinrichtungen und auch der Gesundheitsberufe. Ich nenne hier nur die Stichworte bessere Verzahnung des ambulanten und stationären Sektors, ein sektorübergreifendes Versorgungsmanagement, die sogenannte integrierte Versorgung! Das lässt sich aus unserer Sicht nicht ohne eine Kommunikationsstruktur der Telematikinfrastruktur in der Zukunft bewältigen.

Die elektronische Gesundheitskarte und die mit ihr verbundene Telematikinfrastruktur können hierfür wichtige Schrittmacherdienste leisten. Allerdings stehen für uns Grüne bei diesem Thema die informationelle Selbstbestimmung und die Freiwilligkeit an oberster Stelle.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. (A) (C)

Die Datenhoheit muss bei den Versicherten bleiben, da gibt es überhaupt keinen Verhandlungsspielraum. Auch Sie, Herr Dr. Möllenstädt, stellen die Anforderung, dass die Nutzung aller Funktionen, die über die bisherigen Merkmale der jetzigen Versicherungskarte hinausgehen, freiwillig sein soll. Da stimme ich völlig mit Ihnen überein. Ich habe aber nichts gehört, gelesen oder keine Aktion gesehen, dass diese Freiwilligkeit nicht gewährleistet oder infrage gestellt werden soll. Wo Sie das sehen, möchte ich gern noch einmal erklärt wissen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir Grünen nehmen die Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger ernst, die Angst haben, zum gläsernen Patienten zu werden. Die letzten Datenmissbräuche in Firmen über den Gesundheitszustand von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben dazu beigetragen, die Akzeptanz der elektronischen Gesundheitskarte nicht gerade zu erhöhen, aber sie ist zwingend auf die Akzeptanz ihrer potenziellen Anwenderinnen und Anwender angewiesen.

Die Funktionen, die über die Versicherungsstammdaten hinausgehen – nämlich den Namen, das Geburtsdatum, die Krankenkasse und den Zuzahlungsstatus sowie das elektronische Rezept, nur das sind die Pflichtdaten –, lassen sich nur über die Zustimmung der Patientinnen und Patienten aktivieren, das muss man auch immer noch einmal deutlich sagen. Deshalb ist es wichtig, Patientinnen und Patienten darüber zu informieren, was Pflichtinformationen und was freiwillige Informationen sind. Die freiwilligen Anwendungen sind die Notfalldaten, dazu gehören die Allergien, Arzneimittelunverträglichkeiten et cetera, Arzneimitteldokumentationen, die elektronische Patientenakte, also Daten über Befunde, Diagnosen, Therapiemaßnahmen und so weiter.

Der Hauptnutzen der elektronischen Gesundheitskarte wird in diesen freiwilligen Funktionen gesehen. Das gilt für die Versicherten, aber auch für Ärztinnen und Ärzte und andere Heilberufler. Ob sich Patienten für oder gegen die Gesundheitskarte entscheiden, wird bei vielen Patientinnen und Patienten auch von der Haltung ihrer Ärztinnen und Ärzte abhängen. Deshalb finden wir es wichtig, dass auch die Heilberufe nicht dazu gezwungen werden, die OnlineAnwendung durchführen zu müssen.

Zurzeit sind die Stellungnahmen der Ärzteschaft und Heilberufler zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sehr unterschiedlich. Auf Landesebene finden wir eher Ablehnung, auf Bundesebene wird die Einführung als prinzipiell sinnvoll erachtet. Sie betonen aber, dass der stufenweise Ausbau nicht nur für die Akzeptanz, sondern auch für das Beseitigen der Probleme wichtig ist. Diese Meinung teile ich. Zum Beispiel gibt es noch Probleme bei der praktischen Handhabbarkeit der Karte, die verbessert werden muss, auch damit ältere Menschen besser da

mit umgehen können. Sie haben zum Beispiel Probleme, sich die PIN-Nummer zu merken, und sie wissen zum Teil nicht, wie ihre Daten darauf gespeichert werden. Ich denke, da ist Aufklärung möglich. Auch da gilt für uns der Grundsatz der Barrierefreiheit, aber an diesem Problem wird auch gearbeitet.

Außer der Freiwilligkeit der zusätzlichen Funktionen ist für uns Grünen die Datensicherheit und der Ausschluss der Zugriffsmöglichkeit Dritter eine zentrale Forderung, die bei der Einführung der Gesundheitskarte gewährleistet sein muss. Auch die FDP sieht das so und hat das auch in ihren Antrag geschrieben. Doch die Frage ist: Gibt es datenschutzrechtliche Probleme, die von den Datenschützern als nicht lösbar oder problematisch eingeschätzt werden? Fakt ist, dass der Datenschutzbeauftragte seit Jahren in dieses Projekt eingebunden ist. Das ist eigentlich auch der Grund, warum dieses Projekt auf der Datenschutzebene eigentlich als vorbildlich gilt. Auch das Protokoll der Anhörung im letzten Gesundheitsausschuss gibt keinen Hinweis darauf, dass der Datenschutzbeauftragte Probleme sieht.

(Glocke)

Ich komme gleich zum Schluss! Sogar Sachverständige des Chaos Clubs Computer, die dort zugegen waren, haben gesagt, sie würden diese Probleme des Datenschutzes als heilbar ansehen.

Herr Dr. Möllenstädt, wie Sie ja wissen, hat die FDP auf Bundesebene auch einen Antrag eingebracht: „Moratorium für die elektronische Gesundheitskarte“. Dieser Antrag wurde mit einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei Einführung der elektronischen Gesundheitskarte gewährleisten“ im Gesundheitsausschuss beraten. Wie schon gesagt, es hat kein Sachverständiger dafür gesprochen, ein Moratorium einzuleiten, ich habe das aus dem Wortprotokoll nicht entnommen. Wir Grünen sehen die Weiterentwicklung der elektronischen Gesundheitskarte als dialogischen Prozess, der für mehrere Jahre vorgesehen ist und an dem sich weiterhin auch alle Gruppen beteiligen müssen.

Wir Grünen treten dafür ein, dass dies ein Lernprozess ist. Ein Lernprozess würde sich übrigens deutlich von Ihrer Forderung unterscheiden, diesen Prozess jetzt vollständig zu stoppen. Ich denke, die FDP spielt hier mit der technokratischen Illusion, dass sich alles auf der Sachverständigenebene regeln und beheben ließe. Ich denke, dieses System sollte ein lernendes System sein, und in Zukunft werden diese Probleme auch behoben sein. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Weiterentwicklung der Krankenversicherungskarte zur elektronischen Gesundheitskarte soll eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, der Transparenz und Qualität der Behandlung bringen und bietet damit auch Vorteile für den Patienten selbst. Die elektronische Gesundheitskarte bringt eine deutliche Verbesserung des Informationsaustausches zwischen Patienten, Ärzten, Krankenhäusern, Apothekern und Krankenkassen.

Immer noch sterben mehr Menschen an den Folgen unerwünschter Arzneimittelwirkungen als im Straßenverkehr, weil eingenommene Arzneimittel unverträgliche oder tödliche Wechselwirkungen hervorrufen. Mit der Dokumentation der entsprechenden Verordnungsdaten auf der Gesundheitskarte erhalten Haus- und Fachärzte und die übrigen Heilberufe die erforderliche Übersicht über die eingeleiteten Behandlungsschritte, auch die Patienten selbst werden einen besseren Überblick über Verordnungen erhalten, da sie selbst die Daten jederzeit einsehen können.

Im Falle eines Umzugs des Patienten ist die Zustellung der wichtigsten Patienten- und Behandlungsdaten an den neuen Hausarzt gesichert. Zum Teil gibt es heute wochenlange Wartezeiten, bis Patientenakten von einem Arzt zum anderen gelangt sind. Informationen für die Behandler werden zu den Zeitpunkten am Ort verfügbar gemacht, wo sie benötigt werden, und das sind Punkte, die für eine elektronische Gesundheitskarte sprechen. Alle Krankheits- und Behandlungsverläufe von Patienten betreffenden Daten können zusammengefasst werden. Dadurch kann auf Daten zurückgegriffen werden, die an anderen Stellen des Gesundheitswesens bereits vorhanden sind. Mehrfachuntersuchungen, die teuer und belastend sein können, können vermieden werden.

Gesundheitsdaten sind die persönlichsten der sensibelsten Daten eines Menschen, und darum ist diese elektronische Gesundheitskarte auch in ganz enger Abstimmung mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten entwickelt worden. Sicher ist, dass es sich bei der elektronischen Gesundheitskarte um das anspruchsvollste Vorhaben der Informationstechnik im Gesundheitswesen handelt. Es ist im SGB V ausdrücklich festgelegt, dass nur Ärzte, Zahnärzte und Apotheker – unter Aufsicht auch deren Mitarbeiter – auf die Daten zugreifen dürfen. Der Datenzugriff darf nur zur Versorgung der Patienten und nur mit in jedem Einzelfall erteilter Zustimmung des Patienten erfolgen. Zugriffe durch andere sind ausdrücklich selbst dann verboten, wenn der Patient ihnen zustimmen würde. Die Speicherung der medizinischen Patientendaten erfolgt für den Versicherten freiwillig.

Die jetzt vorgesehene elektronische Gesundheitskarte, die im SGB V schon für 2006 vorgeschrieben war, zeigte aber Anfälligkeiten in Testregionen, und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

deshalb wurde die geplante Einführung zunächst verschoben. Es gibt weiterhin zentrale Kritikpunkte, die wir ernst nehmen und die ernst genommen werden müssen. Die Heilberufe sind grundsätzlich bereit, die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte mitzugestalten, lehnen sie aber in der jetzt vorgestellten Form ab. Sie betonen, die Einführung dürfe nicht übereilt erfolgen, sie müsse äußerst sorgfältig vorbereitet und im Hinblick auf Datensicherheit, Freiwilligkeit und Gewährleistung eines vertrauensvollen Arzt-Patienten-Verhältnisses und Praktikabilität in der täglichen Arbeit gesichert sein, so die Stellungnahme der Bundesärztekammer auf die Anhörung zum FDP-Antrag zum Moratorium im Bundestag. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Bundesärztekammer begrüßen grundsätzlich die Perspektiven, die sich aus dem Einsatz der Telematik im Gesundheitswesen ergeben, dabei wird Verbesserungsbedarf angemeldet. Für die CDU-Bürgerschaftsfraktion kann ich an dieser Stelle sagen, dass wir es trotz ernst zu nehmender Kritikpunkte, die zum Teil bei der jüngsten Anhörung des Bundestages bereits abgeschwächt worden sind, derzeit nicht für notwendig halten, die Aussetzung der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zu fordern, vielmehr sollte dem Projekt eine Chance gegeben werden. Dem Ausbau der elektronischen Infrastruktur im Gesundheitswesen in enger Abstimmung mit den jeweiligen Datenschutzbeauftragten können wir als CDU auch im Sinne des allseits immer wieder geforderten Bürokratieabbaus eine Menge abgewinnen. Lassen Sie mich auch sagen, was unserer Ansicht nach in den bisher geführten Debatten zu kurz gekommen ist: die Auswirkungen auf den Patienten. Es ist absolut wichtig und notwendig, dass das Projekt mit Aufklärungsangeboten für den Patienten einhergeht, damit der Patient geschützt wird, aber das Projekt elektronische Gesundheitskarte ihr eigentliches Potenzial auch entfalten kann. Wenn wir es schaffen, dass die elektronische Gesundheitskarte von allen Seiten als datenschutzrechtlich unbedenklich eingestuft wird und eine breite Akzeptanz seitens der Patienten und der Heilberufler erreicht werden kann, dann ist an ihrer Einführung auch nach Plan festzuhalten. In diesem Sinne appelliere ich im Namen der CDU dafür, in dieser Sache keine überstürzten Forderungen zu äußern, sondern gemeinsam auf Bundesebene dafür zu sorgen, dass die Bedenken aller ausgeräumt werden und dass dem Projekt eine Chance gegeben werden kann. Wenn die Bedenken nicht ausgeräumt werden können, muss sich auch die Bundesebene dem weiteren Verlauf des Projektes widmen. Die CDU-Fraktion wird sich bei dieser Abstimmung über den Antrag der FDP enthalten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Brumma.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Möllenstädt, ich glaube, es ist ein bisschen voreilig, wie Sie hier vorpreschen wollen. Sie sollten das weniger aus der Bremer Sichtweise, was hier die Ärzte zu dem Thema sagen, heranziehen, sondern sich doch mehr auf die neuere Entwicklung im Bundesgebiet festlegen!

Wir kennen die elektronische Gesundheitskarte, das ist ein ehrgeiziges Projekt. Es sollen 80 Millionen Versicherte in Deutschland die neue Karte bekommen, und es ist, wie gesagt, weltweit eines der ehrgeizigsten IT-Projekte. Vor zwei Jahren sollten die Karten bereits ausgegeben werden, allerdings gab es Verzögerungen aus den Gründen, die vorhin genannt wurden. Es wurden teilweise die Bedenken der Ärzte mit einbezogen, es gab auch Kompetenzstreitigkeiten in der Selbstverwaltung – das ganze Projekt läuft über die Selbstverwaltung –, dann wurde die Gesellschaft gematik gegründet, und seitdem kann man sagen, dass das ganze Projekt in geordneten Bahnen läuft. In der gematik sind, das habe ich schon gesagt, die KV-Bundesvereinigung, die Kassen und sogar die privaten Versicherungen vertreten. Besonders Sie, Herr Dr. Möllenstädt, wollen zukünftig nur noch die privaten Versicherungen zulassen. Die Privatkassen bevorzugen das Projekt, und sie wollen auch, dass das Projekt durchgeführt wird. Und bevor überhaupt eine flächendeckende Einführung geschieht, sollen die Testregionen erst einmal herangezogen werden.

Jetzt im Juli sollen die Karten im Bereich Nordrhein flächendeckend verteilt werden. Ich finde, das ist der richtige Weg, dass man sie erst in Testgebieten ausprobiert. Wir in Bremen waren auch ein Testgebiet, und nur durch die KV ist es dann gestorben. Ich persönlich halte das immer noch für einen Fehler, aber, wie gesagt, es ist nun einmal so, es gibt jetzt noch sieben andere Testregionen, dort wird diese elektronische Gesundheitskarte durchgetestet, und das ist auch der richtige Weg.

Dieser neue Speicherchip ist nicht nur ein einfacher Chip, sondern er wird ein Mikroprozessorchip sein. Dadurch kann die Karte nach und nach mit neuen Funktionen ausgestattet werden. Es gibt da – wie meine Vorrednerin Frau Hoch schon sagte – einen Pflichtteil mit den Stammdaten, und dann gibt es einen medizinischen Teil, der freiwillig vom Patienten angenommen werden kann. Allerdings ist der auch nur mit einem Doppelschlüssel zu öffnen, das heißt vom Arzt und dem Patienten gemeinsam mit seiner PINNummer. Es gibt noch einige Fragen hinsichtlich dieser Möglichkeiten, aber, wie gesagt, wir haben dies ja als Testgebiet, und dann kann man Probleme noch unversehens mit einbeziehen.

Wir als Fraktion begrüßen die Karte in ihrer grundsätzlichen Richtung, denn wir haben ja schon gehört, sie vernetzt die verschiedenen Akteure bei der medizinischen Versorgung, und unter Umständen können Doppeluntersuchungen, was Laborwerte und so weiter betrifft, vermieden werden. Es gibt Kostenerspar

nisse, man spricht davon, dass jährlich bis zu 400 bis 500 Millionen Euro durch die Karte einzusparen sind, und es können sich dadurch Qualitätsverbesserungen für die Patienten ergeben. Aber, wie gesagt, wir sollten erst einmal abwarten, bis die Testergebnisse da sind, man kann dann eventuell nachjustieren.

Ich finde, wir sollten auch nicht so vorschnell, wie Sie es in Ihrem Antrag beantragt haben, aussteigen. Ich meine, wenn wir so bei dem DRG-System vorgegangen wären, wie Sie jetzt vorschlagen, was ja ein erfolgreiches System ist und inzwischen auch exportiert wird, dann hätten wir dort genau diese Probleme. Das war auch ein lernendes System, und die Qualität wurde immer besser. Von daher sage ich, dass wir hier dabei bleiben sollten. Der Datenschutzbeauftragte ist in dem Prozess integriert. Er befürwortet sogar, dass man jetzt die alte Karte endlich abschafft, weil sie zukünftig Probleme bringt, was den Datenschutz betrifft. Er ist der Meinung, man sollte in diese Richtung weitergehen, und er wird auch zu allen Fragen immer wieder angesprochen.

Insgesamt lehnen wir als Fraktion Ihren Antrag ab, denn er hilft nicht weiter. Viele Fragen, die darin stehen, sind bereits durch die Testregion beantwortet. Dass wir als Bundesland hier den Ausstieg propagieren, ist schwierig, denn hier ist die Selbstverwaltung gefordert, die diesen Prozess weiter gestaltet, und nicht wir als Bundesland. Von daher lehnen wir den Antrag ab und hoffen, dass uns die anderen Fraktionen folgen. – Vielen Dank!