Protocol of the Session on June 4, 2014

- Natürlich haben Sie das gesagt, aber wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht daran. 20/21 machen wir das über Importe, haben Sie gesagt. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass wir aus Fessenheim importieren. Das ist das älteste AKW in Frankreich. Stellen Sie sich doch einmal hierher und erklären uns, woher der aus erneuerbaren Energien erzeugte Strom kommen wird. Erklären Sie uns das bitte; wir wissen es nicht. Es gibt kein real existierendes Energiekonzept.

Darauf basiert unser Antrag; er ist klipp und klar. Es muss endlich ein Energiekonzept her, damit jeder weiß, wo es langgeht. Das weiß bisher kein Mensch. Das ist Blindflug. Es ist Kamikaze, was hier im Moment geschieht.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen weniger Leitungen und mehr erneuerbare Energien aus Bayern. Das geht nur über einen Prüfauftrag. Ihren CSU-Antrag finde ich extrem spannend. Sie sagen einerseits, Sie lehnen etwas aus Prinzip ab. Ich bin gespannt, ob Sie diese Zusage jemals halten können. Ich fürchte, das auch das eine verlogene Kiste ist; denn gleichzeitig schreiben Sie im nächsten Absatz: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, ihre Gespräche über Notwendigkeit wie auch Alternativen dazu mit der Bundesregierung fortzuführen." Warum wollen Sie Gespräche über die Notwendigkeit führen, wenn Sie die Gleichstrompassage in der vorausgeh

enden Aussage ablehnen? Das erscheint mir nicht logisch. Im vorhergehenden Satz lehnen Sie die Gleichstrompassage Süd-Ost ab. Gleichzeitig wollen Sie Gespräche über die Notwendigkeit führen. Das nenne ich fast schon schizophren. Aber es ist gut. Herr Huber, es wäre interessant -

(Zuruf von der CSU)

- Das ist zu grob für Sie; das macht nichts. Sie erklären mir das nachher sicherlich noch mal. Erklärt ihr als CSU uns doch endlich einmal, woher ihr den Strom in Bayern bekommen wollt.

(Unruhe)

- Nein, es geht darum, dass ihr ein Energiekonzept vorlegt, damit wir diese Trasse nicht brauchen. Das verlangen wir von euch.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Kohnen. Der nächste Redner ist Herr Kollege Martin Stümpfig.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Netzausbau ist ein wesentlicher Mosaikstein unserer Energiewende, kein Spielfeld für Populisten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir brauchen darüber eine sachliche Debatte. Die hat in den letzten Monaten gefehlt. Deswegen finden wir uns nach unserer Einschätzung jetzt da wieder, wo wir heute stehen, und haben zum Teil vor Ort sehr viele Schwierigkeiten.

Für uns ist ganz klar, dass wir die Notwendigkeit nochmals auf den Prüfstand stellen müssen. Wir brauchen eine verbesserte Informationspolitik. Wir brauchen auch die Möglichkeit zur konsequenten Erdverkabelung. Wir brauchen einen verstärken Ausbau der erneuerbaren Energien und den Ausstieg aus dem Kohlestrom. Das sind für uns die Grundpfeiler.

Es ist lächerlich, wenn der Bayerische Landtag heute per Beschluss in einer halbstündigen Debatte entscheiden soll, ob die Süd-Ost-Leitung erforderlich ist oder nicht. Mit genau dieser Frage haben sich Wissenschaftler schon mehrere Jahre beschäftigt. Es gibt durchaus Wissenschaftler, die die Frage sehr kritisch sehen, ob wirklich ein Bedarf besteht. Andererseits meinen sehr viele Wissenschaftler, ohne diese zusätzliche Leistung wird es nicht gehen. In Bayern gibt es einen sehr hohen Strombedarf. Frau Kohnen hat

schon angesprochen, dass es in Bayern nahezu 50 % Atomkraftstrom gibt, den wir in den nächsten Jahren abschalten wollen. Woher kommt die Lösung, wenn der Strom nicht wie Regen vom Himmel fällt? - Diese Fragen müssen wir uns stellen. Da können wir heute nicht einfach behaupten, dass wir die Leitung nicht brauchen. Wir denken auch nicht, dass wir die Lösung haben. Wir GRÜNEN haben die Weisheit auch nicht mit Löffeln gefressen. Das ist uns schon klar.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe schon immer auf einen Applaus von der rechten Seite gewartet; herzlichen Dank. Jetzt zu behaupten, wir brauchen die eine oder andere Leitung nicht, geht viel zu weit; das weiß hier im Raum bei uns keiner.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit würden wir den Wissenschaftlern vorweggreifen. Diese Debatte taugt einfach nicht für eine Schwarz-Weiß-Malerei. Wir GRÜNEN haben in den letzten Monaten sehr viele Informationsveranstaltungen durchgeführt. Wir waren draußen vor Ort, haben öffentliche Debatten geführt und haben uns richtig abwatschen lassen. Das geschah für unsere Meinung, die lautet: Jawohl, es ist kein einfacher Weg; wir wollen raus aus der Atomkraft, und wir wollen raus aus der Kohle. Wie schaffen wir es, dass es in Bayern trotzdem Versorgungssicherheit gibt? - Diese Fragen beschäftigen uns sehr. Wir wollen 100 % erneuerbare Energien. Herr Huber, vielleicht sind es letztendlich keine 100 %, sondern meinetwegen 95 oder 90 %. Aber das schaffen wir, wenn wir Speicher bauen und verschiedene Möglichkeiten nutzen. Dann ist es ein realistischer Weg.

Wir stellen uns einer Debatte. Das betone ich ausdrücklich. Wir stellen uns hin und sagen: Jawohl, wir diskutieren mit euch. Wir veranstalten zum Beispiel am 5. Juli einen großen Kongress in Nürnberg. Dazu laden wir zahlreiche Vertreter von Bürgerinitiativen ein, und wir laden Fachleute ein, einige sind dafür und einige dagegen. Da tritt ein Herr von Hirschhausen genauso auf wie ein Herr Ahmels. Uns geht es darum, eine sachliche Debatte zu führen, nicht darum, pauschal eine andere Trasse abzulehnen; denn das ist reiner Populismus, der auf nichts aufbaut und mit Sachlichkeit nichts zu tun hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Pohl, Sie haben vorhin von Frau Kohnen eine Breitseite bekommen. Das kann ich eigentlich gar nicht mehr toppen. Als es um das Warum ging, haben Sie gesagt: Das verstehe ich nicht, was haben Tsche

chien und Polen damit zu tun? Aber ich glaube, die Erklärung hat gereicht.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Sie hat es nicht verstanden!)

Danach haben Sie gesagt: Deshalb sagen wir Nein.

Auf genau dieses Niveau wollen wir uns nicht herablassen. Wir wollen nicht, dass wir Zusammenhänge nicht verstehen und dann daraus ein Nein folgern. Wo sind wir denn? Dafür haben wir doch unsere Wissenschaftler. Wir wollen eins zu eins zu einer Lösung kommen, nicht einen Schnellschuss machen. Das wäre der besagte Populismus, den wir kritisieren.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeord- neten Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER))

Wir stehen vor einer großen Herausforderung. Wir wollen weg von den fossilen Energien und hin zu nahezu 100 % erneuerbaren Energien. Wir wollen aus der Atomkraft aussteigen. Wir wollen mehr erneuerbare Energien. Problematisch ist nur, dass diese erneuerbaren Energien volatil sind, das heißt, sie sind nicht ständig verfügbar. Wir müssen unser komplettes Energiesystem umbauen und uns weg vom zentralen hin zum dezentralen Stromnetz bewegen. Ich kann jedem Kindergartenkind erklären, dass wir unser Stromnetz umbauen müssen. Wir werden einen gewissen Umbau brauchen; das ist ganz klar. Einige von Ihnen wehren sich dagegen und wenden ein: Moment, ist das wirklich so notwendig? Dafür gibt es Fachleute, die feststellen, dass wir dieses oder jenes tun müssen, wenn wir unser Stromnetz umbauen wollen. Alle Fachleute sind sich darüber einig, dass es angesichts des großen Strombedarfs in Bayern sinnvoll ist, mehr erneuerbare Energie zu erzeugen. Das ist eine ganz einfache Folgerung. Damit sind wir wieder beim Thema. Es ist schon ein Treppenwitz der Geschichte, dass wir heute hier die 10-H-Regelung diskutieren und sie ablehnen und gleichzeitig darüber sprechen, dass wir weniger Leitungen brauchen. Verstehen Sie den Zusammenhang nicht, Herr Seehofer? Das eine hat mit dem anderen direkt zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Huber, Sie haben gesagt: Die örtliche Erzeugung hat Vorrang vor der Übertragung. Das ist ja schön und recht. Doch wenn wir mit der 10-H-Regelung die örtliche Erzeugung abrasieren, wo bleibt dann noch der Vorrang? Das stelle ich schon sehr infrage.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen, dass die Notwendigkeit noch einmal überprüft wird. Das ist im Verfahren sowieso vorgesehen.

Die Rahmenbedingungen werden sich ändern. Durch das EEG wird jedoch leider die Entwicklung eintreten, dass Anlagen für Windkraftenergien hauptsächlich an relativ windstarken Standorten gebaut werden. Sie werden also vorrangig nicht in Süddeutschland entstehen. Das neue EEG, an dem SPD und CDU/CSU mitgearbeitet haben, wird nicht dazu beitragen, dass wir im Süden Deutschlands weniger Leitungen brauchen. Genau das Gegenteil wird es bewirken. Wir werden wieder in der nördlichen Hälfte mehr und in der südlichen Hälfte von Deutschland weniger Windkraft haben. Dieses Dilemma müssen wir überwinden. Man kann sich mit Wissenschaftlern unterhalten wie zum Beispiel mit Herrn Dr. Ahmels, der sagt: Wir bräuchten eine gleichmäßige Verteilung aller Erzeugungsanlagen in Deutschland. Wenn das der Fall wäre und Windkraft- und Photovoltaikanlagen gleichmäßig verteilt würden, bräuchten wir definitiv weniger Leitungen. Das werden wir aber mit diesem EEG nicht erreichen. Deswegen kritisieren wir das EEG und kämpfen stetig gegen dieses Erneuerbare-EnergienGesetz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Stadt Ansbach war ich elf Jahre lang Strahlenschutzbeauftragter. Nach meiner Einschätzung haben wir bei der ganzen Debatte versäumt, der Bevölkerung zu erklären, welche Emissionen von einer Gleichstromtrasse ausgehen. Das Magnetfeld ist vergleichbar mit dem Erdmagnetfeld. In der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes steht noch nicht einmal ein Grenzwert für Gleichstrom, weil Gleichstrom biologisch nicht schädlich ist. Wo sind denn diese Debatten? Wo ist denn die Aufklärung, bei der der Bevölkerung erklärt wird, dass sowohl das magnetische als auch das elektrische Feld bei Gleichstrom unproblematisch ist? Dann gäbe es draußen eine ganz andere Diskussion, und wir müssten nicht in der Meistersingerhalle vor Pfeifkonzerten stehen. Dann stünden wir nicht vor so massiven Protesten. Ich sehe es als Aufgabe der Staatsregierung an, eine verantwortungsvolle Informationspolitik zu betreiben und die Bevölkerung nicht zu verunsichern.

(Beifall bei den GRÜNEN – Ministerpräsident Horst Seehofer: Das sagen die GRÜNEN!)

- Herr Seehofer, ja, das sagen die GRÜNEN. Wir stellen uns der Debatte. Wir gehen hinaus, stellen uns hin und erklären das. Mittlerweile war ich bei 30 oder 40 Veranstaltungen und habe es stundenlang erklärt. Wo ist Ihr Beitrag? Den vermissen wir wirklich sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir verfolgen die aktuelle Diskussion über die Verlängerung der Nord-Ost-Achse Richtung Ostsee. Ursprünglich sollte sie in einer zweiten Stufe erfolgen. Jetzt wird darüber diskutiert, ob die Verlängerung direkt in der ersten Stufe erfolgt. Das kann durchaus sinnvoll sein. Darüber sollte man nachdenken. Die Bundesnetzagentur hat gesagt: Solange dort oben noch nicht die Kapazitäten vorhanden sind, werden wir das erst in einem zweiten Schritt machen. Das erscheint mir jetzt sinnvoller. Uns muss jedoch klar sein, dass wir den Braunkohlestrom nicht aus dem Netz bekommen, indem wir eine Leitung nicht bauen. Wenn wir den Import von Braunkohlestrom verhindern wollen, müssen wir den Tagebau beenden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen endlich einen Preis für CO2-Zeritifikate erzielen, der auf dem Markt relevant ist. Ich spreche von 40 Euro. Das machen andere Länder Europas bereits vor. An diese Stellschrauben müssen wir heran, wenn wir den Klimaschutz wirklich ernst nehmen. Ich hoffe, dass dies alle in diesem Raum tun. Das sind unsere großen Herausforderungen in den nächsten Jahren: Raus aus Atom. Und in einem zweiten Schritt: Raus aus der Braunkohle. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt hat Frau Staatsministerin Aigner das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um die Debatte in einem Satz zusammenzufassen: Die Bayerische Staatsregierung lehnt die Gleichstrompassage Süd-Ost ab.

(Beifall bei der CSU)

Eigentlich könnte man die Debatte an dieser Stelle beenden. Nachdem sie jedoch ein etwas größeres Ausmaß angenommen hat, werde ich gerne zu ein paar Punkten zusätzlich Stellung nehmen.

Warum lehnen wir die Passage ab? Wir haben übrigens sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat über einen Netzentwicklungsplan abgestimmt, der zum Austausch erneuerbarer Energien vorgesehen war. Das kann ich hier nicht erkennen. Das ist einer der Hauptgründe, warum wir die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit dieser Trasse bezweifeln. Wir lehnen sie deshalb ab. Aus diesem Grund haben wir die Planungen eingestellt. Sie wissen, dass die Planungen auch auf Intervention der Bayerischen Staatsregierung nicht weiter verfolgt worden sind. Das haben wir

in unserer Stellungnahme zum Bundesnetzentwicklungsplan noch einmal dokumentiert.

Herr Präsident, mit Verlaub, ich zitiere die Stellungnahme noch einmal: Wir lehnen die vorgeschlagene Gleichstromtrasse Süd-Ost ab. Wir halten die Trasse für unzweckmäßig und nicht mit dem Ziel des überregionalen Austausches von Strom aus erneuerbaren Energien im Einklang. Energiewende heißt für uns: Ersatz von Kernenergie durch erneuerbare Energien. Das ist der zukunftsfähige Weg. Die Planungen für diese Trasse können aus bayerischer Sicht nicht weiterverfolgt werden. - Diese Stellungnahme haben wir gegenüber der Bundesregierung zum Netzentwicklungsplan abgegeben.