Protocol of the Session on October 25, 2011

Zur Sache. Es ist nicht in der Pipeline, dass die Anbindehaltung im Fokus steht.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Aber verboten soll sie werden!)

- Herr Kollege Aiwanger, lassen Sie mich ausreden, das kommt schon noch. Es steht nirgends, dass die Anbindehaltung verboten werden soll. Es ist auch nicht in der Diskussion, weder im Bund noch in der EU noch bei uns. Sie können genauso gut eine Wallfahrt machen und beten, dass die Tierschützer das Thema irgendwann einmal aufgreifen. Genau das bezwecken Sie nämlich mit Ihrem Antrag. Wir können den Bauern nur helfen, wenn wir hinter ihrer Sache stehen und sagen, was wir wollen. Wenn wir ohne Not über diese Dinge diskutieren, die Sache hochziehen und nach außen tragen, dann gibt es bestimmt irgendeinen, der sagt, da besteht Nachholbedarf, da müssen wir etwas machen, wie damals bei den Kälbern bis zu sechs Monaten. Darum bin ich nach wie vor der Meinung, wir sollten das unter der Decke halten. Sollte wirklich irgendwann ein Verbot kommen, wird Bayern hinter seinen Rinderhaltern stehen und versuchen, das Ganze abzuwenden, weil Bayern am stärksten betroffen wäre.

Sehen Sie sich die Praxis an. Was würde denn geschehen? - Da gebe ich dem Kollegen Herz vollkommen recht, nur wir hier wären betroffen. Glauben Sie mir, dass es nichts bringt, heute einen Antrag zu stellen, dass die Anbindehaltung nicht verboten werden darf. Es hat nie jemand gesagt, dass sie überhaupt verboten werden soll. Sie steht von oben bis unten nicht im Fokus, ein Verbot ist nicht in der Pipeline. Nur Sie machen die Tierschützer auf das Thema aufmerk

sam und wollen sich unbedingt profilieren. Das ist der falsche Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist nicht der Weg, wie wir den Landwirten helfen, sondern auf diese Weise verursachen wir eine Verunsicherung, weil keiner mehr weiß, wohin er will. Sollte wirklich ein Verbot kommen, wird Bayern zu seinen Rinderhaltern stehen.

Wir haben in den letzten Jahren immer wieder diskutiert, zuerst über die Anbindehaltung bei den Kälbern bis zu sechs Monaten, dann über den Schenkelbrand bei Pferden, der seit Jahrhunderten zur Praxis zählt. Die Menschen waren stolz darauf, wenn ihr Pferd den Edelweißbrand gehabt hat. Solche Dinge zu diskutieren, bringt Probleme in der Landwirtschaft, die wir nicht haben wollen. Deshalb bin ich der Meinung, wir sollten diesen Antrag ablehnen. Wir werden ihn auch ablehnen, so wie die drei Ausschüsse im Vorfeld, weil das der bessere Weg ist, unseren Landwirten zu helfen.

(Beifall bei der CSU)

Für die SPDFraktion darf ich nun Maria Noichl das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte es ganz kurz machen. Wie gesagt, wir haben in den verschiedenen Ausschüssen schon über das Thema gesprochen.

Die Intention des Antrags der FREIEN WÄHLER kann ich gut verstehen. Da könnten wir rein theoretisch zustimmen. Jetzt kommt das "Aber". Die Intention ist doch, eine bestimmte Form der Rinderhaltung aufrechtzuerhalten. Es geht dabei auch um alte Stallungen, um denkmalgeschützte Bauernhöfe. Das alles würden wir unterstützen. Bei Ihnen ist aber leider nicht im Antrag selbst, sondern erst in der Begründung vom Weidegang die Rede. Einer Anbindehaltung könnten wir - auch übergangsweise - nur zustimmen, wenn auch der Weidegang Teil des Antrags wäre. Das ist leider nicht der Fall; darauf habe ich auch im Ausschuss schon hingewiesen.

Dem Begehren im zweiten Spiegelstrich können wir auf keinen Fall zustimmen. Danach soll es nämlich Fördermöglichkeiten für Betriebe geben, die umbauen und auch in Zukunft noch Anbindehaltung haben wollen. Dem wollen wir uns nicht anschließen. Das heißt, die Anbindehaltung als Übergangslösung gerade für die Landwirtschaft in den Alpen ist etwas, was wir jederzeit mittragen können. Auch der Anbindehaltung, kombiniert mit Weidegang, wenn die Tiere einige Monate draußen auf der Weide sind können wir uns anschließen. Aber das geht nicht, wenn die Weidehaltung nicht Teil des Antrags ist, und es geht vor allem

nicht, dass wir Fördergelder zur Verfügung stellen für Stallbauten, in denen weiterhin Anbindehaltung durchgeführt wird.

Deswegen werden wir den Antrag ablehnen. Ich möchte an dieser Stelle aber noch einmal sagen: Wenn es jemals brenzlig wird, muss Bayern zusammenstehen. Es muss ganz klar sein, dass die Höfe, so wie sie jetzt sind, nämlich oftmals denkmalgeschützt, ihre zehn bis zwölf Kühe mit entsprechenden Maßnahmen weiterhin in Anbindehaltung halten dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ergreift nun Adi Sprinkart das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir werden den Antrag ablehnen. Er bringt erstens ein Problem auf die Tagesordnung, das keines ist. Das haben meine Vorredner schon gesagt. Wenn es eines wäre, wäre der Antrag in diesem Punkt auch noch widersprüchlich, was er ohnehin schon ist. Wenn Bund und EU wirklich beabsichtigen würden, die Anbindehaltung zu verbieten, wäre es dämlich, wenn wir auch noch Anbindeställe fördern würden. Da würden wir die Bauern auch noch ins finanzielle Unglück stürzen. Das Verbot der Anbindehaltung ist kein Thema, weder auf Bundes- noch auf EU-Ebene. Das haben die Vorredner schon gesagt.

Zweitens. Ich denke, Kollege Herz malt da ein Bild von einer Berglandwirtschaft, das nicht der Realität entspricht. Wertach ist Berggebiet, Niedersonthofen ist Berggebiet, Bräunlings ist Berggebiet. Sehen Sie da irgendwo beengte Verhältnisse? Wenn Sie das sehen wollen, müssen Sie nach Mittelfranken und Unterfranken gehen. Dort sieht man enge Verhältnisse in den Dörfern. Dann dürften die auch keine Laufställe mehr bauen. Das ist ein Bild, das der Realität einfach nicht entspricht.

Die Aussage, dass wir in Berggebieten per se Weidegang haben, mag für das Allgäu noch einigermaßen zutreffen, in Oberbayern sieht man eine ganze Reihe von Betrieben mit Anbindehaltung und ganzjähriger Stallhaltung. Das kann man nicht auch noch fördern und sagen, die Bauern sollen keine Laufställe bauen. Wenn jemand neu bauen will - solche Fälle gibt es und unbedingt einen Anbindestall haben will, muss er das selbst finanzieren und bekommt keine Zuschüsse dafür. Das ist okay. Ich will das wirklich keinem verbieten, aber wir können solche Sachen nicht noch mit öffentlichen Mitteln fördern, vor allem weil in der Begründung des Antrags auch noch steht, wie gut und artgerecht die neuen Stallsysteme sind. Das ist doch

ein Widerspruch: Zuerst wird ein Stallsystem gelobt, und dann sagt man, das weniger positive Stallsystem muss auch gefördert werden. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDPFraktion darf ich nun Herrn Professor Dr. Georg Barfuß das Wort erteilen.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin nicht der neue agrarpolitische Sprecher der FDP, sondern springe für Herrn Sprinkart - Quatsch, für den Adi kann ich nicht einspringen -, für Herrn Dechant ein, weil dieser fortmusste. Mir ist es wichtig, auch den Kollegen von den FREIEN WÄHLERN zu sagen: Natürlich ist es okay, einen Antrag zu stellen. Man diskutiert darüber, deswegen ist man im Parlament. Lieber Leopold, da kriegen wir keinen Stress. Ich darf aber darauf hinweisen, dass sich die Bayerische Staatsregierung bereits im Jahr 2006 vehement gegen die Schaffung bzw. Einführung von überzogenen Standards in der Rinderhaltung und in diesem Zusammenhang auch gegen ein Verbot der Anbindehaltung eingesetzt hat, sodass du mit deinem ersten Spiegelstrich die offene Stalltür einrennst. Da sind wir d’accord.

Beim zweiten Punkt ist das Wort "auch" störend. Es geht um den Passus: "… auch wenn diese sich für die Beibehaltung der Anbindehaltung … entscheiden." Dazu sage ich als Haushälter: Wir wissen doch, das Geld des Steuerzahlers ist nur einmal da, und der Steuerzahler will, dass es den Tieren gut geht und sie artgerecht gehalten werden. Es ist nicht richtig, Geld dafür herzugeben, wenn wir wissen, dass die Tiere nicht artgerecht gehalten werden. Deshalb müssen wir - so leid es uns tut - diesen Antrag ablehnen. Aber die FREIEN WÄHLER können beruhigt sein: Als Treuhänder der Steuergelder werden wir diesen Strukturwandel selbstverständlich beobachten und smart reagieren. Aber heute, angesichts der fortgeschrittenen Zeit - wir wollen alle heim -, nur so viel: Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU,

der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. - Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Ulrike Müller u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Berglandschaft - Schutz durch Nutzung: Härtefallregelung erhalten (Drs. 16/8728)

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist wieder Herr Kollege Dr. Leopold Herz. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ein erneuter Versuch ist hoffentlich nicht strafbar. Das ist dasselbe Problemgebiet, aber ein anderes Thema. Da geht es jetzt ans Eingemachte; Stichwort: Härtefallregelungen. Vielleicht ist der eine oder andere nicht ganz im Bilde, deshalb in aller Kürze zur Vorgeschichte folgende Darstellung: Ich habe mich gefreut, dass die Bayerische Staatsregierung die Ausgleichszulagenregelung schon lange Zeit eingeführt und im Zeitraum 2003 von der betrieblichen landwirtschaftlichen Vergleichszahl auf die gemeindliche landwirtschaftliche Vergleichszahl umgestellt hat. Die gemeindliche landwirtschaftliche Vergleichszahl, kurz LVZ, war für die überwiegende Anzahl der Betriebe weitaus günstiger. Daher hat es mich gefreut, dass sich der damalige Minister Miller bei einem kleinen Kreisobmann gemeldet und das Thema besprochen hat. Erfreulicherweise hat er die Basis einbezogen. Somit wurden die Zahlungen für die Ausgleichszulage ab 2003 auf der Basis landwirtschaftlicher Vergleichszahlen geleistet. Das sind in Bayern, nimmt man die benachteiligten, kleinen Gebiete, etwa 60 % der Fläche und zwei Drittel der Betriebe. So weit, so gut.

Es ist vorgesehen, dass diese Betriebe heuer zum letzten Mal auf dieser Basis ausbezahlt werden. Es ist geplant, die sogenannte Härtefallregelung aus- bzw. abzusetzen. Man könnte nun sagen: Auf die paar Betriebe kann man verzichten. Hierzu zwei Zahlen - ich habe mich in zwei Landkreisen informiert -: Im Landkreis Oberallgäu haben bisher 82 Betriebe von dieser Härtefallregelung Gebrauch gemacht, im Landkreis Lindau immerhin 26 Betriebe. In zwei Landkreisen haben über 100 Betriebe von dieser Regelung Gebrauch gemacht; auf Bayern hochgerechnet also eine erhebliche Zahl.

Worum geht es konkret? Diese Härtefallregelung sah vor, Betriebe, die über die gemeindliche LVZ schlechter weg kamen, einzelbetrieblich zu betreuen. Diese Möglichkeit soll, wie gesagt, ab 2012 wegfallen.

Wir FREIEN WÄHLER beantragen, das Ganze abzusetzen und unserem Antrag zuzustimmen; denn es ist ein Stück Vertrauensschutz, diese Betriebe weiterhin so zu begleiten, wie sie es zu Beginn des Programms erwartet haben. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen. Unser Antrag wird draußen ein deutliches Zeichen eines neuen Vertrauens in die Politik setzen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Für die CSUFraktion darf ich nun das Wort an Klaus Steiner weitergeben.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Dr. Herz, Vertrauensschutz ist es gerade nicht. Die Härtefallregelung wurde 2002 eingeführt, um bei der Umstellung auf die bereits erwähnte Gemeinde-LVZ finanzielle Nachteile auszugleichen. Es war aber von vornherein klar, dass es sich um eine Übergangsregelung handelt, die vorübergehende Härten abfedern soll. Damit sollte keine Dauerregelung geschaffen werden. Trotz dieser Vorgabe wurde diese Regelung bis 2010 aufrechterhalten. Das Entscheidende ist, dass den Landwirten, die damals in einer schwierigen Situation waren, geholfen wurde. Nach Ablauf dieser provisorischen Übergangsregelung, die neun Jahre lang galt, sollte nach diesem angemessenen Zeitraum auch diese Härtefallregelung beendet werden.

Im Übrigen hat auch der Oberste Rechnungshof kritisiert, dass diese Regelung so lange gilt, obwohl sie als Übergangsregelung festgelegt wurde. Für eine solche Übergangsregelung sind zwölf Jahre in der Tat unangemessen. Auch nach den einschlägigen Richtlinien muss diese Härtefallregelung bis 2010 begrenzt werden.

Herr Kollege Dr. Herz, der Antrag müsste eigentlich "Wiedereinführung" heißen, weil diese Zahlungen 2010 letztmals gewährt wurden. Diese unterstützende Regelung hat im Jahr 2010 insgesamt 688.000 Euro gekostet. Bei einer Weiterführung dieser Regelung wären weitere 2 Millionen Euro notwendig, die aus anderen Bereichen abgezogen werden müssten. Es müsste entweder das Kulap oder das einzelbetriebliche Förderungsprogramm entsprechend gekürzt werden. Daraus müssten wir die Mittel übernehmen.

Wenn wir diese Ausgleichszulage weiterführen wollten, müssten wir diese Richtlinie der EU vorlegen und dort genehmigen lassen. Anzumerken ist auch, dass im Durchschnitt Betriebe, die am stärksten betroffen waren, von der verbesserten Angleichung der Zahlungsansprüche noch stärker profitieren. Es handelt

sich dabei zwar um zwei verschiedene Paar Schuhe. Aber für die Betroffenen ist es wesentlich, dass durch die positive Entwicklung der Zahlungsansprüche bis 2013 die bestehenden Nachteile, die genannt wurden, abgefedert werden. Aus diesem Grund werden wir den Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Für die SPDFraktion ergreift Frau Kollegin Noichl wieder das Wort, bitte schön.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! 2013 kommt es zu einer umfassenden Neuregelung. Das wissen wir alle. Es spricht überhaupt nichts dagegen, diese Zwischenregelung bis 2013 weiterlaufen zu lassen. Wie bereits im Ausschuss, werden wir auch heute dem Antrag der FREIEN WÄHLER zustimmen, die bestehende Härtefallregelung bis 2013 auszudehnen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, vielen Dank, insbesondere für die sparsame Redezeit. Wir rechnen gerade mit einem Sitzungsende von circa 23.00 Uhr. Aber wenn Sie sich weiter so kurz fassen, geht es vielleicht etwas früher.

Herr Kollege Sprinkart von den GRÜNEN hat als Nächster die Gelegenheit. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dazu beitragen zu können, dass die Sitzungszeit verkürzt wird. Auch wir werden dem Antrag aus folgendem einfachen Grund zustimmen: Als damals von betrieblicher LVZ auf gemeindliche LVZ umgestellt wurde, hat man sehr viel Ungerechtigkeit geschaffen.

Herrn Leopold Herz muss ich sagen: Als er Kreisobmann war, hat er sich mit dieser Härtefallregelung kaufen lassen und dieser Änderung zugestimmt. Der Förderverband hat damals wegen der Härtefallregelung den Mund gehalten. Das hat die Sache nicht besser gemacht. Ich komme selber aus einem Gebiet, in dem es eine ganze Reihe von Betrieben gibt, die bei einem Wegfall der Härtefallregelung das Jahr über 1.000 Euro weniger bekämen. Die Härtefallregelung bis 2013 laufen zu lassen, ist eine gute Sache. Ich hoffe, dass sich der Minister mit seinem Vorhaben, die Flächen genau abzugrenzen, womit er den Nagel auf den Kopf trifft, durchsetzen kann.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Bravo! Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDPFraktion ergreift nun Karsten Klein das Wort.