Protocol of the Session on December 15, 2010

lich, weil die kommunale Selbstverwaltung zwar einerseits vom Gemeinderat, andererseits aber auch von den Bürgerinnen und Bürgern ausgeübt werden kann. Die Richter beanstandeten damals die dreijährige Bindungswirkung in der Kombination mit dem fehlenden Quorum. Die CSU hat daraufhin - wieder ganz als Dagegen-Partei - ihre früheren Pläne aus der Schublade gezogen und ein 25-prozentiges Quorum, die Abschaffung der freien Unterschriftensammlung und weitere Hemmnisse für die direkte Demokratie vorgeschlagen.

Wir haben damals mit einem neuen Volksbegehren gedroht, eine massive Öffentlichkeitsarbeit gemacht und haben damit erreicht, dass die Änderungen einigermaßen moderat ausfielen. Damals wurde ein gestaffeltes Zustimmungsquorum eingeführt und die Bindungswirkung auf ein Jahr reduziert. Gott sei Dank blieb es bei der freien Unterschriftensammlung, die für dieses Instrument sehr wichtig ist.

Das Instrument des Bürgerentscheids hat sich in der Praxis gut eingespielt. Niemand stellt heute diese Mitbestimmungsmöglichkeit noch ernsthaft in Frage. Der Bürgerentscheid ist zur kommunalen Selbstverständlichkeit geworden, mit sehr differenzierten Debatten und sehr differenzierten Entscheidungen. Inzwischen gehört es zur Normalität, dass die offizielle Rathauspolitik gelegentlich angeschoben oder korrigiert wird.

Allerdings bestehen immer noch Hürden, die zu hoch sind. Ärgerlich ist das Zustimmungsquorum von 20 % für Bürgerentscheide in Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnern. An diesem Zustimmungsquorum scheitern gerade in mittelgroßen Städten und Gemeinden überproportional viele Bürgerentscheide. In den kleineren Gemeinden mit 10.000 oder 20.000 Einwohnern gibt es in der Regel kein Problem. Dort lässt sich die Bevölkerung sehr gut mobilisieren und das Zustimmungsquorum von 20 % wird relativ leicht erreicht. In Gemeinden mit 30.000, 40.000 oder 50.000 Einwohnern wird es jedoch sehr schwierig. Es ist auch nicht einzusehen, dass in einer Gemeinde mit 50.001 Einwohnern plötzlich nur das 15-prozentige Zustimmungsquorum gilt.

Wir wollen das Zustimmungsquorum auf 15 % senken, wie es bereits bei den etwas größeren Gemeinden der Fall ist. In der Stadt München braucht man nur 10 %. In den Landkreisen gelten auch nur die beiden Quoren von 15 % bzw. 10 %. Die Bindungswirkung von einem Jahr ist viel zu kurz. Sie führt vielfach dazu, dass die erfolgreichen Bürgerentscheide einfach ausgesessen werden. Zwei Jahre wären hier angemessener. Die moralische Bindungswirkung, sich an einen erfolgreichen Bürgerentscheid zu halten, greift leider häufig nicht.

Die Versendung einer Benachrichtigung über die Abstimmung ist meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit. Das wird aber häufig einfach nicht gemacht, um einen Bürgerentscheid totzuschweigen. Die Leute werden nicht darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Entscheid stattfindet. Vor jeder Wahl wird eine Wahlbenachrichtigung herausgeschickt. Das sollte auch bei Bürgerentscheiden zur Pflicht gemacht werden.

Ganz im Sinne der direkten Demokratie wäre es, diese von uns geforderten Korrekturen vorzunehmen und das von den Freien Wählern vorgeschlagene Klagerecht einzuführen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den Frei- en Wählern)

Nächste Wortmeldung für die CSU-Fraktion: Herr Kollege Meißner.

Frau Präsidentin! Nachdem dies ein Schaulaufen der Innenpolitiker ist, glaube ich nicht, dass wir die von Ihnen angesprochene Müdigkeit vertreiben können. Wir sind eben sehr sachliche Menschen, die ihre Argumente vernünftig austauschen.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

- Ich habe Sie gerade gelobt. Deshalb wünsche ich mir von Ihnen etwas mehr Freude.

Ich möchte mit Frau Kollegin Tausendfreund beginnen. Ich bedanke mich bei Ihnen für die historische Herleitung der Geschichte des Bürgerentscheids. Das war sehr hilfreich, weil sie dadurch zwangsläufig auf die Kernproblematik zu sprechen gekommen sind, über die wir reden, nämlich die Frage, inwieweit mit Bürgerentscheiden und Beteiligungen in die kommunale Selbstverwaltung eingegriffen wird. An diesem Punkt gehen die Meinungen auseinander.

Frau Kollegin Tausendfreund, ich muss Sie schon wieder zitieren. Sie haben gesagt, dass die Bürgerentscheide heute eine kommunale Selbstverständlichkeit seien. Wenn wir uns ruhig über dieses Thema unterhalten, werden wir sehr wenige Fälle finden, in denen dieses Instrument nicht läuft. Dass Sie trotzdem hier und dort Änderungen wollen, verstehen wir. Wir können ihnen aber nicht folgen. Wir können Ihnen natürlich folgen, wenn Sie es uns erklären, aber wir teilen Ihre Argumente nicht.

Bei der Verlängerung der Bindungswirkung haben Sie von einer moralischen Bindungswirkung gesprochen. Ich nenne das eine politische Bindungswirkung. Ich kenne keine Beispiele, bei denen sich jemand halb

herzig über das Jahr hinweggerettet hätte. Das würde dem oder der jeweils Verantwortlichen politisch mit Sicherheit nicht bekommen. Wenn wir die Bindungswirkung, wie das, glaube ich, die Freien Wähler fordern, auf zwei Jahre verlängern würden, könnte jemand, wenn er böswillig oder politisch verrückt genug ist, diese zwei Jahre ebenfalls aussitzen. Bei der Bindungswirkung von drei Jahren haben wir ein Urteil, das uns begrenzt.

Wir meinen deshalb, dass wir mit dem einen Jahr leben können. Wer diese Regelung missbrauchen will, wird das auch tun. Shakespeare sagte: Wer ein Unglück ausbrütet, der wird es auch fliegen lassen.

Zu den Abstimmungsbenachrichtigungen: Wir bejubeln immer das Konnexitätsprinzip. Wenn wir diesen Punkt regeln, besteht die Gefahr, dass die Kommunen sagen: Dies löst Kosten aus. Bitte gleicht diese Kosten aus, wenn ihr das gesetzlich festschreibt. Das halte ich für das nicht so interessante Argument. Viel wichtiger ist doch, dass es letztendlich die Kommune selbst entscheiden soll. Damit sind wir wieder bei der kommunalen Selbstverwaltung, die wir wirklich hochhalten wollen.

Herr Kollege Hanisch, ganz schwierig ist natürlich die Debatte über ein Klagerecht. Sie sagen, es sei nicht einzusehen, dass jemand, der seine Idee per Bürgerentscheid durchgesetzt hat, die Realisierung nicht überprüfen lassen kann; das klingt zunächst einleuchtend. Die Freien Wähler halten viel auf die kommunale Selbstverwaltung, zumindest höre ich das immer. Tatsache ist aber, dass die politische Handlungsfähigkeit einer Gemeinde - das ist Ihnen sicher bewusst gelähmt wird, wenn sie mit langwierigen, vielleicht jahrelangen Prozessen im Nachgang zu einem Bürgerentscheid zu kämpfen hat.

Wir sehen da übrigens auch einen Konflikt mit der Systematik der Gemeindeordnung: Wenn die vertretungsberechtigte Person eines Bürgerentscheids ein Klagerecht hat und dadurch gemeindliches Handeln überprüfen kann, dann kommen dieser Person qua Ihrer Gesetzesinitiative mehr Rechte zu als dem Gemeinderat, der eigentlich dazu berufen ist, das kommunale Handeln zu kontrollieren. Diese Person hat damit de facto mehr Rechte als ein Gemeinderatsmitglied. Das betrachten wir als problematisch, weil wir schon meinen, dass die Gemeindeorgane, der Bürgermeister und der Gemeinderat, das Ergebnis des Bürgerentscheids realisieren müssen.

Im Übrigen verweise ich darauf - das ist Ihnen sicher bekannt -, dass die Rechtsaufsichtsbehörde darüber zu wachen hat, dass der Bürgerentscheid ordnungsgemäß vollzogen wird. Unser Vertrauen in die Rechts

aufsichtsbehörden geht da so weit, dass wir Ihnen bei der Klagebefugnis nicht folgen wollen.

Die Absenkung des Zustimmungsquorums ist eine politische Frage. Kollegin Tausendfreund, natürlich ist es ärgerlich, wenn ein Anliegen daran scheitert, dass eine Gemeinde 50.001 Einwohner hat. Wenn die Grenze aber auf 40.000 gesenkt würde, entsteht das gleiche Problem, wenn eine Kommune 40.001 Einwohner hat. Jede Grenzziehung ist problematisch. Ich weise darauf hin, dass der Gemeindetag, der für sich in Anspruch nimmt, unsere Kommunen zu vertreten, die Absenkung des Quorums strikt ablehnt. Wir folgen ihm dabei. Wenn jemand ein Bürgerbegehren auf den Weg bringt und einen Bürgerentscheid durchführen lassen will, dann muss er die Bürger mit seinen Argumenten mobilisieren können. Bei fast allen ernsthaft betriebenen Bürgerentscheiden funktioniert das auch. Wir haben dieses Anliegen bereits in der vergangenen Legislaturperiode abgelehnt, weil wir meinen, dass wir mit dem vorhandenen Zustimmungsquorum ganz gut leben können und ganz gut fahren, weil und damit zitiere ich Sie noch einmal - der Bürgerentscheid inzwischen selbstverständliche kommunale Realität ist. Wir wollen ihn so belassen, wie wir ihn vorfinden, und lehnen deshalb die beiden Gesetzentwürfe ab.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Schindler, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Freien Wähler und der Gesetzentwurf der GRÜNEN haben einen Schönheitsfehler, dass sie nämlich nicht von der SPD sind. Wir bedauern ein bisschen, dass wir in dieser Periode nicht die Initiative ergriffen haben. Diesen Worten können Sie bereits entnehmen, dass wir beiden Gesetzentwürfen zustimmen werden, weil wir sie für richtig halten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss jetzt nicht all das wiederholen, was Frau Kollegin Tausendfreund und Herr Kollege Hanisch bereits ausgeführt haben, und kann mich deshalb ganz kurz fassen. Nach unserer Überzeugung sind Bürgerbegehren und Bürgerentscheide ein Erfolgsmodell in Bayern. Keiner will sie mehr missen. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide werden von allen Seiten genutzt, im Übrigen wurden sie zuallererst von denjenigen genutzt, die seinerzeit gegen den Volksentscheid zur Einführung von Bürgerbegehren waren. Diese haben als Erste von diesem Instrument Gebrauch gemacht. Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sind auch kein Angriff

auf die kommunale Selbstverwaltung. Wir haben keine Diktatur einer Minderheit erlebt, sondern wir erleben, dass Bürgerbegehren und Bürgerentscheide die kommunale Selbstverwaltung bereichern.

Meine Damen und Herren, Tatsache ist auch, dass die Fantasie vieler Bürgermeister und Kommunalpolitiker dann, wenn es darum geht, unliebsame Ergebnisse von Bürgerentscheiden nicht umzusetzen, grenzenlos ist. Da wird jeder gewisse Erfahrungen gemacht haben. Es ist also schon gut, darüber nachzudenken, wie man die Durchsetzung des Ergebnisses eines Bürgerentscheids verbessern kann. Dazu dient der Vorschlag, den Initiatoren eines Bürgerentscheids die Möglichkeit einzuräumen, das Ergebnis notfalls auch vor Gericht durchzusetzen, wenn schon die Gemeinde den Willen der Bürger nicht umsetzen will. Dazu dient auch der weitere Vorschlag, die Bindungswirkung des Bürgerentscheids von einem Jahr auf zwei Jahre zu verlängern.

Die bisherige Staffelung des Zustimmungsquorums ist willkürlich. Ich räume natürlich ein, dass man bestimmte Prozentsätze vorgeben muss; wie anders soll es denn gehen? Warum es aber ausgerechnet so sein muss, wie es jetzt im Gesetz steht, dafür gibt es auch keine Begründung. Die Erfahrungen, die Frau Tausendfreund angesprochen hat, gibt es eben. Deshalb ist es vernünftig, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Wir tun das auch, weil wir der Meinung sind, dass es uns als Parlament nicht zusteht, den Bürgerinnen und Bürgern bei der Ausübung ihres Rechts auf Bürgerbegehren und Bürgerentscheid zu viele Vorschriften zu machen. Unser Interesse muss es sein, dass Demokratie in den Kommunen lebt. Wenn wir Vorschriften schaffen können, welche die Demokratie in der Gemeinde erleichtern, dann sollten wir das tun. Deshalb stimmen wir beiden Gesetzentwürfen zu.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Nächste Wortmeldung für die FDP-Fraktion: Herr Kollege Rohde.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die meisten Argumente wurden von den Fraktionen schon vorgetragen. Es ist klar, dass die Bindungswirkung offiziell ein Jahr beträgt, aber moralisch ist sie natürlich wesentlich länger. Ein Gemeinderat oder ein Bürgermeister vor Ort wird sich schon sehr gründlich überlegen, ob er etwas voranbringen will, das wirklich gegen den Bürgerwillen ist. Jeder möchte vielleicht doch wiedergewählt werden. Dann muss es schon ein ganz tolles Projekt sein, für das man sich einsetzt und sich dabei über das Ergebnis eines Bürgerentscheids hinwegsetzt. Es hat in

einem Ort schon eine nachhaltige Wirkung, wenn man gegen den Bürgerentscheid ein bestimmtes Projekt durchsetzt.

Wir Liberale wollen kein explizites Klagerecht; dazu wurden die Argumente schon ausgetauscht.

Auch für eine Änderung hinsichtlich einer Benachrichtigung für einen Bürgerentscheid gibt es keine Notwendigkeit. Bis der Bürgerentscheid durchgeführt werden kann, müssen Unterschriften gesammelt werden. Es gibt genügend Öffentlichkeit, sodass eigentlich bekannt sein müsste, dass ein bestimmter Bürgerentscheid stattfindet.

Kollege Meißner hat schon das Konnexitätsprinzip angesprochen. Wenn wir das als Landtag beschließen, dann hätte das möglicherweise zur Folge, dass uns die eine oder andere Rechnung von den Kommunen ins Haus flattert. Die Kommunen können diese Benachrichtigung verschicken, und es sollte ihrer Entscheidung überlassen bleiben, ob sie das tun.

Frau Kollegin Tausendfreund, nach 15 Jahren Bürgerentscheid kann auch ich sagen, dass dieses Instrument eine Bereicherung war und sich bewährt hat. Im Moment sehe ich aber keinen Änderungsbedarf. Ich bevorzuge ein hohes Quorum, womit wirklich ein Bürgerwille erkennbar ist. Wir wollen bei der Absenkung von Quoren nicht mitgehen, sodass wir Liberale beide Gesetzentwürfe ablehnen werden.

Frau Kollegin Tausendfreund, Sie haben gerade versucht, das Label "Gegenpartei" loszuwerden. Das reizt mich natürlich zu einer Erwiderung. Man muss sich eben aussuchen, wogegen man ist. Jede Partei ist einmal gegen etwas, zum Beispiel gegen ein Gesetz oder gegen eine Initiative. Auch die Liberalen sind manchmal gegen etwas. Eine politische Kraft muss sich aber genau überlegen, wogegen sie ist. Wir sind gegen Mehrausgaben, gegen neue Schulden, gegen Kürzung oder gar Wegfall des Weihnachtsgelds. Wogegen sind die GRÜNEN? - Gegen Großprojekte wie die dritte Startbahn am Flughafen München, gegen Stuttgart 21, und in der Energiepolitik gegen Castortransporte, gegen das Endlager Gorleben, gegen Atomkraft, gegen das lokale Pumpspeicherkraftwerk, gegen das lokale Windrad, gegen Geothermie, gegen, gegen, gegen. Am Ende wird es einfach dunkel in Bayern. Das möchten wir nicht.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Danke schön. Für die Fraktion der Freien Wähler spricht Herr Kollege Streibl, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen. Es ist dunkel und stockschwarz in Bayern. Wir müssen etwas Licht hereinbringen. Das bisschen Gelb, das durchleuchtet, ist von einem schwarzen Loch geschluckt worden und wird bald nicht mehr da sein.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, eigentlich geht es um ein ernstes Thema. Nach unserer Ansicht gibt es keine Politikverdrossenheit. Die Bürgerbegehren und Bürgerbeteiligungen zeigen, dass die Bürger mitsprechen und mitentscheiden wollen. In Bayern gibt es mehr Bürgerentscheide als im Rest der Bundesrepublik Deutschland. Von dem Recht wird Gebrauch gemacht. Dieses Recht ist wichtig. Die Bürger wollen sich frühzeitig an den Entscheidungen beteiligen und in diese einbezogen werden. Großprojekte wie Stuttgart 21 zeigen, dass die Bürger nicht immer frühzeitig und adäquat einbezogen worden sind. Aus diesem Grund sollten wir über eine stärkere Beteiligung und Einbeziehung der Bürger nachdenken. Ein Mittel hierfür ist der Bürgerentscheid.

Das Recht auf Durchführung eines Bürgerentscheids ist in unserer Verfassung verankert. Jeder hat das Recht, die Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises selbst zu regeln. Ein Bürgerentscheid hat dieselbe Wirkung wie ein Gemeinderatsbeschluss. Der Gemeinderatsbeschluss hat per se kein Verfallsdatum. Deswegen sollte der Bürgerentscheid ebenfalls mit einer längeren Frist ausgestattet werden. Zwar sind die Grenzen durch das Verfassungsgericht gezogen, jedoch handelt es sich beim Bürgerentscheid nicht um einen minderwertigen Beschluss im Vergleich zum Gemeinderatsbeschluss. Nein, der Beschluss ist sogar höher zu werten. In einem Bürgerentscheid meldet sich der kommunale Souverän zu Wort. Das kommunale Volk meldet sich zu Wort und bringt seinen Willen in diesem Entscheid zum Ausdruck. Deswegen müsste dem Bürgerentscheid mehr Beachtung geschenkt werden als einem Gemeinderatsbeschluss.

Zurzeit ist es andersherum. Manche Projekte benötigen einen längeren Zeitraum als ein Jahr. Deswegen wäre es gut, wenn der Druck, den ein Bürgerentscheid ausübt, noch länger anhalten würde. Leider gibt es Gemeinderäte - ich möchte ihnen keinen bösen Willen unterstellen -, die das Fehlen der Klagebefugnis auch ausnutzen. In anderen Bundesländern sind bereits Prozesse geführt worden, die jedoch an der fehlenden Klagebefugnis gescheitert sind. Deswegen sollte ein Klagerecht für die Bürger und Initiatoren des Bürgerentscheids eingeführt werden. Der Ge

meinderat kann die Umsetzung seines Beschlusses ebenfalls einklagen.

Darüber hinaus wirkt sich ein Bürgerentscheid befriedend auf eine Gemeinde aus, gerade wenn es um umstrittene Themen geht. Ein Bürgerentscheid wirkt sich befriedend und beruhigend auf ein Dorf aus, da die Bürger selbst entscheiden und nicht sagen können: Der Gemeinde- oder der Stadtrat hat über unsere Köpfe hinweg entschieden.

Wir sind der Meinung, dass ein guter Gesetzentwurf vorgelegt worden ist. Es hat jedoch einen Schönheitsfehler: Das Gesetz stammt nicht von der SPD. Damit können wir hervorragend leben. Die SPD darf jedoch mitstimmen. Das freut uns natürlich. Wir freuen uns ebenfalls darüber, dass die GRÜNEN nachgezogen haben.

Es ist wichtig, die Bürger in die Entscheidungen einzubinden. Wenn sich der Gemeinde- oder der Stadtrat über die Entscheidung der Bürger hinwegsetzt, führt dies nur zu neuen Enttäuschungen über die Politiker und über die Parteien. Dem sollte man vorbeugen. Politik bedeutet nicht, dass irgendwo in einem Gremium vom hohen Ross herab über die Köpfe der Bürger hinweg regiert, sondern dass der Wille des Volkes erkannt und umgesetzt wird. Der Wille des Volkes kann mithilfe des Bürgerentscheids erfragt werden. Anders verhält es sich mit einem Volksentscheid, der keine Bindungswirkung hat, sondern dauerhaft gültig ist. Das Motto eines Münchner Kardinals lautete: "vox populi vox dei". Die Vertreter einer christlichen Partei sollten mehr auf die Stimme des Volkes hören; denn hier manifestiert sich der Wille. Die Missachtung dieses Willens wird von den Wählern abgestraft. Manche denken immer noch, dass die Dinge nur lang genug ausgesessen werden müssen. Ich bitte um Unterstützung dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall bei den Freien Wählern)