Protocol of the Session on July 17, 2013

Jetzt frage ich mich: Was will uns Ihr Gesetzentwurf sagen? Welches Mehr sollte dadurch für die Genos senschaften und das genossenschaftliche Wohnen erreicht werden? Ich kann es nicht erkennen. Ich glaube, auch kein anderer kann es erkennen. Wir könnten genauso gut beschließen, dass die Sonne jeden Tag aufgeht. Aber so etwas halten wir für abso lut kontraproduktiv.

Uns sind die Baugenossenschaften sehr, sehr wichtig. Wir sind alle dazu aufgerufen, sie zu unterstützen, was auch passiert. Aber für Schaufensteranträge gibt

es hier weder Zeit noch Raum. Deshalb werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Ich bitte Herrn Hanisch für die FREIEN WÄHLER ans Mikro fon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In die sem Antrag können wir keinen Schaufensterantrag er kennen. Wir sind der Auffassung, dass genossen schaftliches Engagement in Bayern und Deutschland Tradition hat; denken wir nur an Raiffeisen. Genos senschaftliches Wohnen ist eine traditionelle Wohn form, eine der wichtigsten sozialen Wohnformen, die wir in Deutschland haben. Es gibt über 3 Millionen Menschen, die in circa 2.000 genossenschaftlichen Wohnungsgesellschaften untergebracht sind. Das ist eine vernünftige Lösung.

Dass bisher schon gefördert wird, ist eine Grundvo raussetzung. Dies ins Gesetz mit aufzunehmen, ist doch eine logische Folge daraus. Dadurch geht die Welt nicht unter. Es ist eine Formalie. Damit wäre die sem Zustand Rechnung getragen, und alle hätten eine saubere Basis. Das ist kein großer Aufwand. So lidarität mit der Gesellschaft ist die Grundlage für ge nossenschaftliche Wohnformen.

Es gründen sich immer mehr Genossenschaften, um Wohnungen zu bauen. Das brauchen wir in unseren Großstädten und sollten wir durch Berücksichtigung in dem Gesetz unterstützen. Die Änderung des Wohn raumförderungsgesetzes wird den Bedürfnissen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger gerecht.

Deshalb plädieren wir dafür, dass dem Gesetzentwurf stattgegeben wird. Wir wollen eine Gesellschaft haben, in der jeder menschenwürdig leben kann, egal, ob er reich oder arm ist. Die genossenschaftli che Wohnform müssen wir auch in Zukunft beibehal ten. Wir müssen sie schützen und stärken.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Für BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kamm ums Wort ge beten.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ge nossenschaftswohnungen haben einen Fehler: Es gibt viel zu wenige!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Genossenschaftliches Wohnen gibt den Mieterinnen und Mietern Sicherheit vor Kündigung und vor Mieter höhungen im Dreijahresrhythmus. Genossenschafts wohnungen geben vor allem Rentnerinnen und Rent nern die Sicherheit, in ihrer Wohnung so lange bleiben zu können, wie es ihnen ihre Gesundheit er möglicht. Sie müssen nicht mit 85 oder 90 Jahren be fürchten, aus der Wohnung herausgekündigt zu wer den, wie ich es neulich miterlebte, als ich bei einem Luxussanierungsprojekt darüber informiert wurde, was mit den bisherigen Mieterinnen und Mietern ge schehen wird.

Es gibt eine aktuelle Studie des Pestel-Instituts, wel che deutlich macht, dass zukünftig wesentlich mehr Rentnerinnen und Rentner in den Mietwohnungen der Städte leben werden. Es werden mehr hinzukommen, als in den letzten zehn Jahren hinzugekommen sind. Gleichzeitig werden sich deren Renten gegenüber den Renten der jetzigen Rentnergeneration in den Mietwohnungen deutlich verringern. Zudem steigen gerade die Mieten für kleinere Mietswohnungen über proportional. Wir laufen auf ein Megaproblem zu, wenn wir zulassen, dass Rentnerinnen und Rentner einzig und allein deswegen, weil sie sich ihre Woh nung nicht leisten können, ihre Selbstständigkeit ver lieren und letztlich Zuflucht in Altenheimen suchen müssen.

Wir wollen erreichen, dass Mieterinnen und Mieter besser geschützt werden als bisher. Das ist in genos senschaftlichen Wohnungen möglich. Schädliche Wir kungen, wie Sie, meine Kollegen von der CSU, sie genannt haben, kann ich an diesem Gesetzentwurf nicht erkennen. Ich bitte daher, ihm zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Werner hat eine Intervention angemeldet.

Meine Damen und Herren, was ich sagen will, betrifft gar nicht so sehr den Redebeitrag der Kollegin Kamm. Ich habe den Eindruck, dass gegen Ende der Legislaturperiode ei nigen hier schon langsam die Kräfte schwinden.

Einen solchen Gesetzentwurf, der eine ganz wichtige staatliche Aufgabe erfüllen soll, nämlich die Förder ung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus, als Schaufensterantrag abzutun, wird der Sache in gar keiner Weise gerecht. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass auf der rechten Seite des Hauses diejeni gen, die mit Wohnungen meinen Geld machen zu können, unterstützt werden sollen, indem man ihnen eine lästige Konkurrenz vom Hals halten will.

Genossenschaftswohnungen wirken überall, wo es sie gibt, mietpreisdämpfend. Das ist Ihnen offensicht lich ein Dorn im Auge. Deswegen muss man hier ein mal Tacheles reden, nachdem man sich eine Diskus sion anhören musste, die total an der Sache vorbeiging.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kamm, bitte.

Herr Kollege, mir geht es wie Ihnen. Einen solchen Antrag als Schaufensteran trag zu bezeichnen, finde ich zynisch. Ich wünsche mir für die nächste Legislaturperiode eine deutliche Offensive für mehr genossenschaftlichen Wohnungs bau, insbesondere für Senioren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Kollegin Kamm. – Für die FDP-Fraktion hat Frau Sandt das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Liebe SPD, das Wort "Schaufensteran trag" wurde vorhin nicht gebraucht, weil wir das Thema etwa als nicht wichtig ansehen würden. Dass es uns wichtig ist, hat Kollegin Guttenberger schon er klärt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Aber?)

Das ist ein Schaufensterantrag, weil das Anliegen be reits erledigt ist. 100 Wohnungen durch das Baye rische Wohnungsbauprogramm – –

(Christine Kamm (GRÜNE): 100 Wohnungen? Das ist doch ein Witz!)

- Lassen Sie mich ausreden.

(Christine Kamm (GRÜNE): Das reicht hinten und vorn nicht!)

300 Wohnungen durch das Modernisierungspro gramm – das ist kein Witz.

(Volkmar Halbleib (SPD): Totaler Realitätsver lust!)

Insgesamt stehen im Doppelhaushalt 2013/2014 420 Millionen Euro für die Wohnraumförderung zur Verfügung.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

5.000 Wohnungen werden staatlich gefördert.

(Inge Aures (SPD): In welcher Welt leben Sie denn? - Volkmar Halbleib (SPD): Das ist die rosa rote FDP-Welt!)

Hinzu kommt noch die Förderung durch die Baye rische Landesbodenkreditanstalt. So viel zu meinem ersten Argument – es sind insgesamt fünf –, warum Ihr Gesetzentwurf nicht notwendig ist.

Zweitens. Die von Ihnen so bezeichneten "neuen Wohnformen" werden bereits gefördert. Im Doppel haushalt 2013/2014 werden für Studentenwohnraum insgesamt 35 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Wir haben innovativen Wohnformen, zum Beispiel Se niorenwohngemeinschaften, den Weg geebnet und auf diese Weise eine 24-Stunden-Betreuung sicher gestellt. Zudem haben wir den Ausbau von Pflegeser vicezentren und Tagespflege vorangebracht.

Ein drittes Argument spricht gegen Ihren Gesetzent wurf: Die einseitige Förderung genossenschaftlichen Wohnens würde zu einer Bevorzugung gegenüber an deren Trägermodellen führen, das heißt, den Wettbe werb verzerren. Ich habe den Eindruck, dass Sie nur wegen des Wortbestandteils "Genosse" an genossen schaftliches Wohnen denken und keine anderen Wohnformen mehr im Blick haben.

(Beifall bei der FDP)

Durch die einseitige Bevorzugung genossenschaftli chen Wohnens werden junge Mittelschichtfamilien, die sich Wohnraum kaufen wollen, diskriminiert.

(Beifall bei der FDP - Volkmar Halbleib (SPD): Wir diskriminieren Mittelschichtfamilien? Jetzt hört es aber auf! Reden Sie ruhig weiter! Sie reden sich um Kopf und Kragen!)

Das vierte Argument bezieht sich auf die Kosten. Sie behaupten, es entstünden keine zusätzlichen Kosten. Das kann nicht der Fall sein, wenn Sie zusätzliches Geld ausgeben wollen.

Fünftens. Wenn Sie meinen, dass nur deshalb keine Kosten entstünden, weil Sie andere Wohnformen be nachteiligen wollen, dann kann ich nur wiederholen: Das wäre unfair gegenüber jungen Mittelschichtfamili en.

(Beifall bei der FDP)

Durch Ihren Gesetzentwurf würde kein einziger Quad ratzentimeter zusätzlichen Wohnraums geschaffen. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie sind die Partei der Vermieter! - Zuruf des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Wir fordern stattdessen: Machen Sie, SPD, der rotgrünen Stadtregierung in München Dampf!

(Unruhe)