Protocol of the Session on July 17, 2013

Vielen Dank, Herr Kollege Gehring. Für die FDP bitte ich jetzt noch Herrn Dr. Barfuß ans Mikrofon.

Frau Präsidentin, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass das Präsidium bei diesem Thema ausschließlich mit Damen besetzt ist.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Frauen! - Zurufe von der CSU)

- Sie meinen, da fehlt ein Mann. Ich finde es gut, dass jetzt nur Damen hier vorn sitzen.

Unter dem Einfluss der Religionen ist seit Jahrtausen den die Ungleichheit von Mann und Frau in den Köp fen der Menschen verankert. Von der Leibeigenschaft über die Idee einer dem Mann ergebenen, unterge ordneten Ehefrau und die Hexenprozesse bis zum Bürgerlichen Gesetzbuch im Jahr 1900 hatten die Frauen viel zu erleiden und waren den Männern nie gleichgestellt. Mutige Frauen erstritten sich jedoch nach und nach beispielhaft ihre Rechte. Erst seit 1918 dürfen die Mädchen an den Universitäten studieren. Es blieb den Müttern und Vätern des Grundgesetzes vorbehalten, die Gleichheit von Mann und Frau in un sere Verfassung zu schreiben. Im Jahr 1977 ergab sich daraus dann die erste gesetzliche Einzelnorm.

Ich sehe also Ihr Bemühen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, in dieser Kette von Anstrengun gen, den Frauen zu ihren Rechten zu verhelfen. Wir sind uns demnach im Ziel einig, doch unterscheiden sich unsere Lösungsansätze. Während ich zwar eine gewisse Sympathie für Ihre Forderung nach einer Schiedsstelle teile, kann ich Ihrem Anliegen nach einer verpflichtenden Freistellung wenig abgewinnen, da ich als ehemaliger Bürgermeister nicht noch weite re staatliche Eingriffe in die Selbstverwaltung der Kommunen gutheißen kann.

Ich bin auch nicht der Meinung, dass uns Ihr Ansatz mit der Funktion der Gleichstellungsbeauftragten un serem Ziel näherbringt. Der öffentliche Dienst hat einen Frauenanteil von über 55 %. Er ist ein Vorbild an Gleichstellung, wie es in der sogenannten freien Wirtschaft nirgends zu finden ist. Das reicht von der Bezahlung bis zur Familienfreundlichkeit der Beschäf tigungsverhältnisse. Allerdings: Schauen Sie in die Kitas oder in die Grundschulen. Dort sind 90 % der Beschäftigten Frauen. Hier bräuchten wir eher einen Gleichstellungsbeauftragten, was aber nach dem der zeitigen Bundesgleichstellungsgesetz nicht möglich ist, da nur eine Frau diese Funktion ausüben darf.

Es geht also hier nicht um die Gleichstellung der Frau schlechthin, sondern um mehr Frauen in Führungspo sitionen. Hier sind ganz ohne Zweifel auch wir Männer gefordert; aber dazu braucht es andere Ansätze als Ihren Gesetzesentwurf. Viel ehrlicher wäre es gegen über den Frauen, ihnen als den Trägerinnen des Le bens die Mutterschaft in der Rentenversicherung und in der Höhe ihrer Pensionen entscheidend anzurech nen.

(Inge Aures (SPD): Hört, hört! Woher dieser Sin neswandel? - Volkmar Halbleib (SPD): Ihr seid doch für die Privatisierung der Lebensrisiken! Die FDP sagt doch, jeder ist seines Glückes Schmied!)

Es darf nicht sein, dass ein kinderloses Ehepaar mehr Rente oder Pension erhält als ein Ehepaar, das die Finanzierung der Renten und Pensionen mit den von ihm erzogenen Kindern erst ermöglicht. Hier wäre mehr Gerechtigkeit, oder wenn Sie so wollen, auch mehr Gleichstellung einzufordern. Ihrem Gesetzent wurf können wir aus den besagten Gründen deshalb nicht zustimmen. Lassen Sie uns weiterhin gemein sam für die Gleichberechtigung und die Gleichstellung unserer Frauen beharrlich kämpfen. Sie haben es ver dient.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Dr. Barfuß. – Ich meine, solange es immer noch der besonderen Erwähnung wert zu sein scheint, wenn hier oben drei Frauen sitzen,

(Zurufe von der CSU)

haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Wenn Sie dasselbe sagen, wenn hier oben drei Männer sitzen,

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

dann haben Sie mich auf Ihrer Seite.

(Zurufe von der CSU)

Ja, es tut mir leid. Es war mir einfach ein Bedürfnis. - Es gibt keine weiteren Wortmeldungen und ich kann die Aussprache schließen.

(Unruhe bei der CSU)

Mein Gott, dass dieses Thema viele so aufbringt, ist verblüffend.

(Zurufe von der CSU)

Wir können trotzdem die Aussprache schließen und zur Abstimmung schreiten, die in namentlicher Form

erfolgen soll. Wie immer finden Sie an den Ausgän gen und hier vorn am Rednerpult die entsprechenden Urnen. Sie können mit der Abstimmung beginnen und haben dafür fünf Minuten Zeit. Bitte schön.

(Namentliche Abstimmung von 9.21 bis 9.26 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Abstimmungs vorgang ist geschlossen. Bitte begeben Sie sich wie der auf Ihre Plätze. Die Auszählung erfolgt draußen, wie gehabt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Ludwig Wörner, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes (Drs. 16/16468) - Zweite Lesung

Auch hierfür – daran möchte ich erinnern – ist schon namentliche Abstimmung beantragt worden.

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Der erste Redner ist Herr Kollege Wörner. Bitte schön.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen erneut Anlauf, die 329 Ge nossenschaften, die es in Bayern gibt, in das Baye rische Wohnraumförderungsgesetz aufzunehmen, weil wir der Meinung sind, dass diese es verdient haben.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Es ist eine besondere Form des Wohnungsbaus, die manchem anscheinend noch nicht ganz geläufig ist, denn ansonsten müsste man einen solchen Anlauf, die Genossenschaften in das Wohnraumförderungs gesetz zu bekommen, nicht zweimal unternehmen.

Herr Kollege Staatssekretär, dabei geht es nicht darum, dass die Genossenschaften Geld bekommen, denn viele Genossenschaften brauchen kein Geld. Außerdem ist geliehenes Geld kein Geld, das man geschenkt bekommt. Das ist eine Selbstverständlich keit, die für alle gilt. Sie haben das letzte Mal ver sucht, es so darzustellen, als sei es eine Gnade, dass auch Genossenschaften Geld bekommen. Ich glaube, dass das Geld allen gleichermaßen zusteht. So steht es auch im Wohnraumförderungsgesetz. Wir wollen die Genossenschaften als dritte Form des Wohnungs baus im Wohnraumförderungsgesetz haben, weil das genossenschaftliche Wohnen eine besondere Form des Wohnungsbaus ist, die weit über das hinausgeht, was normal ist, nämlich eine besondere Form der

Selbstverwaltung, der Eigenverantwortung und der Demokratie, und bei der die Menschen, die dort woh nen, ein Recht zur Mitsprache haben.

Die Genossenschaften wären es wert, sie in das Wohnraumförderungsgesetz aufzunehmen; selbst in der Verfassung gibt es einen Hinweis auf Genossen schaften.

(Zuruf von der CSU)

Wir wollen, dass die Genossenschaften als dritte Säule des Wohnungsbaus in den Artikel 2 aufgenom men werden, um sicherzustellen, dass sie bei den Re gelungen, die es dafür gibt, gleichbehandelt werden.

Wir wissen, dass Genossenschaften eine hohe Ak zeptanz haben und dass es eine Menge Neugründun gen von Genossenschaften gibt. Deshalb halten wir es für notwendig, dieses auch zu dokumentieren. Es kann nicht sein, Herr Staatssekretär, dass man bei Verbandstagungen groß auftritt, die Genossenschaf ten auf allen Seiten als das allein seligmachende Mit tel lobt und abtaucht, wenn es darum geht, sie in einem Gesetz zu manifestieren. Sie müssen sich überlegen, was Sie jetzt wollen. Entweder Sie sagen bei solchen Veranstaltungen nichts mehr zu Genos senschaften oder Sie stimmen heute unserem Vor schlag zu, was eigentlich kein Drama wäre. Denn an sonsten müssten Sie einmal erläutern, worin Ihr Problem mit den Genossenschaften liegt - möglicher weise darin, dass das Wort "Genossenschaften" den Begriff "Genossen" enthält und dass das für Sie Teu felswerk ist? Das kann natürlich sein.

(Petra Guttenberger (CSU): Das wird ja immer lustiger!)

Aber das können Sie dann ruhig sagen. Damit haben wir kein Problem. Wir meinen nur, dass diese genos senschaftliche Form des Wohnungsbaus als dritte Säule des Wohnungsbaus ins Gesetz soll.

(Zuruf von Staatssekretär Gerhard Eck)

Dann stimmen Sie halt zu! Und wir brauchen nicht mehr lange darüber zu reden und das Thema wäre erledigt.

(Zurufe von der CSU)

Sie machen damit nicht nur den zurzeit existierenden 329 Genossenschaften eine Freude, sondern Sie be stätigen, dass sie genauso ernst genommen werden wie alle anderen. Wir meinen, dass dies notwendig wäre.

Wir glauben, dass die Zustimmung zu diesem Ein schub in das Gesetz – den Vorschlag haben wir im Übrigen schon damals gemacht, als das Gesetz kon zipiert wurde – kein Problem für Sie sein dürfte; denn nachdem die Genossenschaften auch sonst so gelobt werden, ist der Vorschlag, sie in das Gesetz aufzu nehmen, wichtig, um sicherzustellen, dass sie genau so behandelt und wertgeschätzt werden wie alle an deren Formen des Wohnungsbaus auch.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die CSU hat Frau Guttenberger das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Eine Auf nahme in die Verfassung - Herr Wörner, da sind wir uns, glaube ich, einig – hat dieser Gesetzentwurf nicht zum Gegenstand. Wir halten es auch für unnötig, da etwas zu tun.

Ich bin schon der Ansicht, dass es hier auch auf För dermittel ankommt. Allein im letzten Jahr wurde der Neubau von über hundert genossenschaftlichen Woh nungen mit einem Volumen von annähernd 10 Millio nen Euro gefördert. Darüber hinaus wurden die 300 Mietwohnungen von Baugenossenschaften mit Mitteln des bayerischen Modernisierungsprogramms in Höhe von 14 Millionen Euro gefördert.

Es gibt den Juristenspruch: Ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Diese Diskussion ist na türlich nicht neu; es gab sie schon 2007. Aufgrund dieser Diskussion wurde in Artikel 8 Nummer 6 des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes der Bei trag des genossenschaftlichen Wohnens zur Errei chung der Ziele der Wohnraumversorgung als Förder grundsatz eingeführt. Als weiteres Ergebnis der damaligen Beratung wurde der Begriff des genossen schaftlichen Wohnens in Artikel 3 Absatz 1 Satz 5 des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes einge führt.

Jetzt frage ich mich: Was will uns Ihr Gesetzentwurf sagen? Welches Mehr sollte dadurch für die Genos senschaften und das genossenschaftliche Wohnen erreicht werden? Ich kann es nicht erkennen. Ich glaube, auch kein anderer kann es erkennen. Wir könnten genauso gut beschließen, dass die Sonne jeden Tag aufgeht. Aber so etwas halten wir für abso lut kontraproduktiv.