Protocol of the Session on January 30, 2002

Herr Staatsminister, nachdem die SPD in den letzten zehn Jahren ihre Plakate immer an denselben Stellen aufgestellt hat, dies in den letzten neun Jahren aber nie beanstandet wurde, frage ich, ob dem Straßenbauamt München-Riem die Bedeutung von Wahlen für die Demokratie klar ist.

Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer, ich kann dazu nur sagen, dass in anderen Zuständigkeitsbereichen derselben Straßenmeisterei auch Plakatständer der CSU und der Freien Wähler entfernt worden sind, übrigens auch fünf Ständer des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Diese Aktion richtete sich nicht gegen eine bestimmte Partei. Ich halte es für durchaus möglich, dass dies heute strenger gehandhabt wird als früher. Gegen die Partei, die ich in Nürnberg vertrete, hat es beispielsweise einen Zivilprozess beim Landgericht in Nürnberg gegeben, bei dem wir wegen der Pflicht zur Verkehrssicherung zur Beteiligung an den Kosten eines Verkehrsunfalls verurteilt wurden. Der Betreffende hatte eingewendet, dass seine Sicht auf

die Vorfahrtstraße behindert war. Das zeigt, dass heute möglicherweise strengere Maßstäbe als früher angewandt werden. Es wurden nicht nur sieben Plakate der SPD entfernt, sondern anderenorts auch fünf von der CSU, vier von den freien Wählern und fünf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Diese Maßnahme war nicht gegen eine bestimmte Partei gerichtet. Wenn die Leute versuchen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, dann sollte man das unterstützen. Vielleicht lässt sich ein Gespräch vor Ort führen. Das ist besser, als eine Staatsaktion daraus zu machen.

Noch eine Zusatzfrage? – Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer.

Das ist meine letzte Zusatzfrage, Herr Präsident. Nachdem die Plakatständer der SPD gerade in dieser einen Gemeinde entfernt wurden, frage ich unter Berücksichtigung dessen, dass sich auf der einen Seite der erste Bürgermeister Knapek, der der SPD angehört, sehr intensiv um die Verbesserung der Verkehrssicherheit bemüht hat, und zwar insbesondere bezüglich der Sicherheit der Kinder, auf der anderen Seite das Straßenbauamt aber nicht darauf reagiert hat und Herr Knapek sich dann sehr intensiv über das Straßenbauamt beschwert hat, ob damit einem Gerücht in der Gemeinde Glauben zu schenken ist, dass es sich um eine Racheaktion des Straßenbauamtes gehandelt hat.

(Güller (SPD): Gut formuliert!)

Herr Staatsminister.

Dieses Gerücht ist nicht bis zu der Mitarbeiterin vorgedrungen, die mir die Antwort auf diese Frage vorbereitet hat. Die Reaktion hier zeigt auch, dass dieses Gerücht hier offensichtlich nicht bekannt war.

Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer, die Frage bezieht sich unmittelbar auf die Beseitigung von Informationsständern der SPD in Unterhaching. Von derselben Straßenmeisterei sind im Bereich der Gemeinden Sauerlach und Grünwald auch Ständer anderer Parteien eingesammelt worden. Diese wurden zur Straßenmeisterei gebracht. Die Parteien konnten sie dort sofort abholen und an geeigneteren Stellen wieder aufstellen. Ich bitte um Nachsicht, dass ich hier keine großen Nachforschungen anstellen will, es sei denn, Sie verlangen das ausdrücklich von mir. Eine kleine örtliche Reiberei scheint mir hier nicht im Mittelpunkt zu stehen, sondern das Bemühen um mehr Verkehrssicherheit.

Damit sind die Fragen an das Innenministerium erschöpft. Ich bitte jetzt den Herrn Staatsminister der Justiz um die Beantwortung einer Frage. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Weiß. Fragesteller ist Herr Kollege Güller.

Herr Staatsminister, wie beurteilt die Staatsregierung den Umstand, dass laut einem Bericht der „Augsburger Allgemeinen“ vom 24. Januar dieses

Jahres ein 47-jähriger Betreuer in Augsburg, gegen den wegen Betruges, Urkundenfälschung, Urkundenunterdrückung und versuchter Erpressung im Zusammenhang mit seiner Betreuertätigkeit Anklage erhoben wurde, dennoch weiterhin 15 Altfälle betreut, und welche Möglichkeiten sieht sie, gegen diese aus meiner Sicht unhaltbaren Zustände vorzugehen?

Herr Präsident, Hohes Haus! Ich beantworte die Fragen des Kollegen Güller wie folgt: Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat mit Anklageschrift vom 25. September 2001 Anklage gegen einen Angeschuldigten erhoben, der in einer zweistelligen Zahl von Verfahren durch das Vormundschaftsgericht in Augsburg zum Betreuer bestellt worden war. Der Angeschuldigte ist teilzeitbeschäftigt bei der Stadt Augsburg und führt Betreuungen als Berufsbetreuer. Hauptgegenstand der Anklage ist der Vorwurf, er habe zwei Grundstücke einer Betreuten im Wege eines Strohmanngeschäftes eigennützig weit unter dem Verkehrswert veräußert. Hinsichtlich eines der beiden Grundstücke wurde der notarielle Kaufvertrag inzwischen rückabgewickelt, sodass insoweit im Ergebnis kein bleibender Schaden entstanden ist. Daneben liegen dem Angeschuldigten weitere Vermögens- und Urkundsdelikte von geringerer wirtschaftlicher Dimension zur Last.

Über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist noch nicht entschieden. Bereits während der laufenden Ermittlungen wurde der Angeschuldigte wiederholt von Richtern des Vormundschaftsgerichts mit den Vorwürfen konfrontiert, die er jedoch bis heute bestreitet.

Die Betreuungsstelle der Stadt Augsburg befürwortete eine Entlassung des Betreuers in allen Fällen, in denen die Betroffenen Vermögen bzw. Grundeigentum haben. Nach Überprüfung aller einschlägigen Betreuungsakten musste das Vormundschaftsgericht zwischen der gesetzlichen Unschuldsvermutung zugunsten des Angeschuldigten und dem Schutz der Betroffenen eine Abwägung treffen. In den Fällen, in denen erhebliches Vermögen oder Grundstücke der Betreuten vorhanden waren, hat das Vormundschaftsgericht daraufhin der Betreuer, teilweise auch im Wege der Einstweiligen Anordnung, aus wichtigem Grund gemäß § 1908 b BGB entlassen.

In mehreren Fällen haben die Betroffenen unter Berufung auf das langjährige Vertrauensverhältnis zu dem Betreuer gegen die Entlassung protestiert und teilweise sogar Beschwerden beim Landgericht eingelegt, die aber später zurückgenommen wurden. Derzeit führt der Angeschuldigte noch 15 Betreuungen beim Amtsgericht durch. Diese Verfahren werden sorgfältig überwacht. Eine Verringerung der Zahl wird angestrebt; in mindestens einem Fall steht ein Betreuerwechsel in den nächsten zwei Wochen bevor. Nach Mitteilung des Amtsgerichts ist es wegen des in Augsburg bestehenden Mangels an geeigneten Berufsbetreuern schwierig, für bestimmte Betroffene neue Betreuer zu finden. In einigen Fällen sucht das Gericht noch heute einen geeigneten Nachfolger für den entlassenen Angeschuldigten.

Die Staatsregierung kann diesen Sachverhalt im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Unabhängigkeit der Gerichte auch bei der Entscheidung darüber, ob ein wichtiger Grund zur Entlassung eines Betreuers im Sinne von § 1908 b BGB gegeben ist, nicht bewerten. Sie sieht aber keinen Anlass, an der Einschätzung des Gerichts zu zweifeln, dass eine Gefährdung von Vermögensinteressen der Betroffenen in den restlichen noch von dem Angeschuldigten geführten Verfahren nicht zu befürchten ist.

Zusatzfrage, Herr Kollege?

Zunächst darf ich als Vorbemerkung sagen: Diese Begründung hilft vielleicht dem einen oder dem anderen, zu verstehen, wieso die Entscheidung so getroffen wurde. Sie haben zwei Punkte angesprochen. Zum einen die sorgfältige Überwachung durch das Gericht. Vielleicht können Sie erläutern, was die potenziell Betroffenen darunter zu verstehen haben.

Man muss zunächst sagen, dass der Angeschuldigte vom Amtsgericht Augsburg in insgesamt 75 anhängigen Verfahren als Betreuer bestellt war.

(Zuruf von der SPD)

Wir haben einfach zu wenig Betreuer in Augsburg. Ich bitte Sie, dafür zu werben, geeignete Leute zu finden. Die Justiz kann niemanden zwingen. Der Großteil der Verfahren, die mit der Vertretung von Vermögensinteressen zu tun haben, ist ihm bereits weggenommen worden. Für die restlichen 15 Verfahren versucht man krampfhaft, Betreuer zu finden.

Es geht ja nicht um die Entscheidungen eines Richters, sondern um die mehrerer Richter. Wir haben gehört, dass einer der Richter für die nächsten 14 Tage einen anderen Betreuer gefunden hat. Der betreffende Betreuer hat also nur noch die Fälle, bei denen finanziell nicht allzu viel passieren kann. Außerdem werden diese Angelegenheiten selbstverständlich durch das Vormundschaftsgericht überwacht.

Eine weitere Zusatzfrage: Herr Kollege Güller.

Eine weitere Frage zum Thema fehlender Betreuer. Welche Möglichkeiten gibt es sowohl auf der Justizebene als auch auf der kommunalen Ebene, im Raum Augsburg mehr Betreuer zu werben, und welche Maßnahmen hat die Staatsregierung hierfür gegebenenfalls in Planung?

Herr Staatsminister.

Ich kann generell sagen, dass es nicht ganz einfach ist, Betreuer zu finden. Das Beste wäre, Betreuer aus dem Familien

umfeld zu bekommen. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass der persönliche Bezug umso geringer ist, je größer die Stadt ist. Ein theoretisches Beispiel: Ein Kind, das in Kulmbach wohnt, kann den Vater oder die Mutter in Augsburg kaum betreuen. Wir haben also im Grunde nur die Möglichkeit, von unserer Seite aus dafür zu werben, dass sich Betreuer zur Verfügung stellen. Nach dem, was ich gelesen habe, werden die gar nicht so schlecht bezahlt.

Bezüglich der Frage, was vor Ort speziell bei der Problematik in Augsburg zu tun wäre, kann ich den Ball zurückspielen, Herr Kollege Güller. Sie sind der Stadt Augsburg sicherlich räumlich näher als ich.

Die Frage ist damit erledigt. Schönen Dank, Herr Staatsminister. Die nächsten Fragen gehen an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Herr Staatssekretär Freller, wenn Sie die Fragen beantworten würden. – Die erste Fragestellerin ist Frau Kollegin Goertz.

Herr Staatssekretär, nachdem die derzeitige Situation von Sonderschullehrerinnen und -lehrern, die ein Seminar leiten und damit ein wichtiges Funktionsamt für die Ausbildung junger Sonderschullehrer ausüben, äußerst unbefriedigend ist und unterschiedliche Wartezeiten, die von 2,5 bis zu 7 Jahren variieren, ungerechte Beförderungen nach sich ziehen, frage ich die Staatsregierung, nach welchen Modalitäten derzeit für den Bereich der Förderschulen die Beförderung in das Amt des Seminarrektors (A 14 + AZ) erfolgt, welche Möglichkeiten es gibt, die Wartezeiten zu verkürzen und welche Überlegungen für den Förderschulbereich – analog den Gegebenheiten im Bereich der Grund- und Hauptschulen – angestellt werden, um ein Beförderungsamt A 15 für Seminarrektoren an Förderschulen einzurichten.

Herr Staatssekretär, bitte.

Verehrte Frau Abgeordnete! Die Mindestvoraussetzung für die Beförderung in ein Amt des Seminarrektors der Besoldungsgruppe A 14 + AZ ist in den Richtlinien für die Beförderung von Lehrern, Sonderschullehrern, Fachlehrern und Förderlehrern an Volksschulen und Förderschulen vom 15. Januar 2001 festgelegt worden. Danach erfüllt grundsätzlich die Beförderungsvoraussetzungen, wer eine dienstliche Beurteilung als Seminarleiter mit einem Gesamturteil von mindestens 12 Punkten erhalten hat. Daneben werden zu Beginn jedes Jahres die konkreten Beförderungsentscheidungen anhand der zur Verfügung stehenden Beförderungsmöglichkeiten und der Bewerber, die die Beförderungsvoraussetzungen erfüllen, getroffen.

Im Haushalt 2002 sind insgesamt 41 Stellen für Seminarrektoren der Besoldungsgruppe A 14 + AZ und 15 Zulagenstellen für Sonderschullehrer als Leiter eines Seminars ausgebracht. Alle besetzbaren Stellen für die Seminarrektoren werden im Rahmen der Beförderungs

entscheidungen vollständig ausgeschöpft. Eine Verkürzung der Wartezeiten wäre nur durch eine Erhöhung der Zahl der Stellen für Seminarrektoren der Besoldungsgruppe A 14 + AZ möglich.

Die Schaffung des Amtes eines Seminarrektors der Besoldungsgruppe A 15 für den Förderschulbereich setzt eine Änderung der Bayerischen Besoldungsordnung voraus. Vonseiten der Staatsregierung ist diesbezüglich derzeit keine Gesetzesänderung geplant.

Zusatzfrage: Frau Kollegin Goertz.

Frau Goertz (SPD). Ist an eine Erhöhung der Zahl von Planstellen gedacht, um eine Verkürzung der Wartezeiten zu erreichen?

Herr Staatssekretär.

Frau Kollegin, wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft. An dieser Stelle ist es wichtig, hervorzuheben, dass alle besetzbaren Stellen für Seminarrektoren ausgeschöpft worden sind. Das heißt, wir haben alle Stellen, die besetzbar waren, auch besetzt. Alles andere wäre eine Frage einer entsprechenden Haushaltsentscheidung, die ich leider nicht selber treffen kann.

Eine weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin Goertz.

Ich habe von den unterschiedlich langen Wartezeiten gesprochen. Was kann von Ihrer Seite aus unternommen werden, um das zu ändern? Es ist für einige Lehrer eine ungerechte Behandlung, wenn sie bis zu sieben Jahre warten müssen, während andere Kollegen wesentlich eher befördert werden.

Herr Staatssekretär.

Es lässt sich leider nicht vermeiden, dass längere Wartezeiten entstehen, wenn die Stellen ausgeschöpft sind. Es ist nicht unbedingt sichergestellt, dass jemand auch befördert werden kann, wenn die Stelle nicht vorhanden ist, er aber entsprechende Beurteilungen bekommen hat. Das heißt, wir sind dadurch, dass wir alles ausgeschöpft haben, nicht in der Lage und haben nicht den Spielraum, die Zeiten gleichmäßig zu gestalten. Wir müssen im Prinzip warten, bis die nächste besetzbare Stelle frei wird. Dies führt in der Tat zu Verzögerung in der Lehrerschaft, weil die Lehrkräfte feststellen, dass es unterschiedlich lange dauern kann, bis jemand befördert wird.

Es ist allerdings wohl auch in jedem Unternehmen und in jedem Betrieb so, dass dann, wenn eine Leitungsstelle besetzt ist, es Jahre dauern kann, bis sie wieder neu besetzt werden kann. Dies ist ein Phänomen, das sich auch im Staatsdienst nicht beseitigen lässt, wenn wir

nicht nach oben hin grenzenlos Stellen zur Verfügung stellen wollen.

Die nächste Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Pranghofer.

Herr Staatssekretär, mit welchen Konsequenzen hat eine Berufsschule zu rechnen, wenn sie den für die periodische dienstliche Beurteilung 2001 anzustrebenden Beurteilungsdurchschnitt von maximal 9 Punkten bei vielen Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrern überschreitet, weil die Schule ein Team von mehr Leistungsträgern an der Schule eingestellt hat?

Herr Staatssekretär.

Frau Abgeordnete Pranghofer, die Regierungen haben als zuständige Schulaufsichtsbehörden vor Eröffnung der dienstlichen Beurteilungen die voraussichtlichen Beurteilungsschnitte der Schulen festgestellt und überprüft, ob vergleichbare Beurteilungsmaßstäbe von den Schulen angelegt wurden. Gegebenenfalls wurden einzelne Schulen aufgefordert, erhebliche Schnittabweichungen zu begründen und – wenn keine besonderen sachlichen Rechtfertigungsgründe erkennbar waren – die Beurteilungen zu korrigieren.

Nach Eröffnung der dienstlichen Beurteilungen erfolgt deren förmliche Überprüfung durch die Regierungen. Wird wiederum eine Schnittabweichung festgestellt und rechtfertigen besondere sachliche Gründe eine Abweichung – wie zum Beispiel der Nachweis überdurchschnittlich vieler Leistungsträger an der Schule –, so ergeben sich keine weiteren Folgen.