Protocol of the Session on October 10, 2001

Frau Staatsministerin, können Sie dann auch bestätigen, dass ich bereits im vergangenen Jahr mit Ihrem Ministerium deshalb Kontakt aufgenommen habe und mehrfach mit Ihrem Staatssekretär in Verbindung stand, um hier eine Verbesserung zu erreichen, und dass die Aktionen der Kollegen Eykmann und Ach erst im Nachhinein erfolgten, um die Stimmung auf lokaler Ebene für die CSU zu verbessern?

Frau Staatsministerin, bitte.

Herr Kollege, Ihre diesbezüglichen Aktivitäten müsste ich nachfragen, weil ich im letzten Jahr noch nicht Sozialministerin war.

(Boutter (SPD): Darum würde ich Sie bitten!)

Insgesamt kann ich sagen, dass ich allgemein die Bestrebungen in diesem Hohen Hause aufnehme und dass der Landtag, der die Haushaltshoheit besitzt, die bayerische Sozialministerin unterstützen wird, wenn es um mehr Richterstellen in der Sozialgerichtsbarkeit geht.

Nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Schopper.

Frau Staatsministerin, wie viel Prozent der Kinder in den einzelnen Regierungsbezirken besuchten in den letzten fünf Jahren nicht das letzte Jahr des Kindergartens, welche Erkenntnis hat die Staatsregierung, inwieweit finanzielle Gründe dafür verantwortlich sind, und inwieweit wird von Seiten der Staatsregierung Werbung und Aufklärung betrieben, um auf die Wichtigkeit des Kindergartenbesuchs hinzuweisen?

Frau Staatsministerin, bitte.

Frau Kollegin Schopper, Tageseinrichtungen für Kinder, also Kindergärten, Horte und andere Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztags aufhalten, gehören zu den selbstverständlichen Stationen im Leben von Kindern. Daher besuchen nahezu alle Vorschulkinder eine Bildungseinrichtung im Elementarbereich.

Konkret zu Ihrer Frage kann ich Folgendes mitteilen: Ich habe eine konkrete Auflistung des Anteils derjenigen Kinder, die nicht das letzte Kindergartenjahr besuchten für jeden Regierungsbezirk. Ich könnte Ihnen zwar diese Liste vorlesen, aber es ist sinnvoller, wenn ich diese Unterlage zu Protokoll gebe und anschließend Ihnen überlasse.

(Siehe Anlage 2)

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen: Bei diesen Zahlen ist zu berücksichtigen, dass hier nur die Besuchsquote im Kindergarten erfasst ist. Der Anteil derjenigen Fünfjährigen, die keinen Betreuungsplatz haben – im Kindergartenjahr 2000/2001 sind das in Oberbayern 7,5%, in Niederbayern 6,8% und in der Oberpfalz 8,5% –, liegt im Schnitt noch um etwa 2% niedriger, da der Betreuungsbedarf in dieser Höhe durch gleichwertige Einrichtungen wie schulvorbereitende Einrichtungen, Netz für Kinder- und heilpädagogische Tagesstätten abgedeckt wird. Die Zahlen beziehen sich nur auf den Kindergarten.

Hinweise darauf, dass finanzielle Gründe für den Nichtbesuch ursächlich seien, liegen mir nicht vor. Angesichts der in der Praxis üblichen Staffelung der Kindergartengebühren nach dem Elterneinkommen und der Möglichkeit, dass bei entsprechender Bedürftigkeit das Jugendamt die Kindergartengebühren übernimmt, halte ich die mit dem Kindergartenbesuch verbundenen Kosten auch nicht für ausschlaggebend für die elterliche Entscheidung, ob der Kindergarten noch ein drittes Jahr besucht wird. Hinzu kommt, dass in Bayern die Kindergartengebühren im Vergleich mit anderen Ländern relativ niedrig sind.

Aufgrund dieser Tatsachenlage hat die Bayerische Staatsregierung auf allgemeine Aufklärungs- oder Werbemaßnahmen verzichtet; dies zum letzten Teil Ihrer Frage. Den Eltern ist die Wichtigkeit des letzten Kindergartenjahres sehr wohl bewusst. Anders beurteile ich die Lage nur bei bestimmten Elterngruppen aus anderen Kulturkreisen. Hier gibt es durchaus noch Probleme. Daher erarbeiten wir zusammen mit dem Institut für Frühpädagogik ein Informationsblatt für ausländische Familien, in dem die Bedeutung des Kindergartens für die Erziehung und Bildung der Kinder und für die soziale Entwicklung der Kinder durch das Aufwachsen mit anderen Kindern erläutert wird. Darin wird ganz gezielt für den Kindergartenbesuch geworben.

Zusatzfrage: die Fragestellerin, bitte.

Frau Staatsministerin, meine Nachfrage, die sich darauf bezog, inwieweit ausländische Kinder vor allem davon betroffen sind, dass sie keine Kindergärten besuchen, und welche Maßnahmen Sie insofern vorsehen, haben Sie bereits vorweg teilweise beantwortet. Ich bitte Sie aber, konkrete Maßnahmen zu nennen, denn es ist sehr wichtig, dass gerade auch die Kinder aus ausländischen Familien Kindergärten besuchen. Wie hoch schätzen Sie die Gesamtkosten dafür, wenn das letzte Kindergartenjahr kostenfrei wäre? Wieviel würde ein Personalkostenzuschuss in Höhe von 40% den Staatshaushalt zusätzlich belasten?

Frau Staatsministerin.

Zu den Zahlen kann ich Ihnen keine exakte Auskunft geben. Nach unseren Erhebungen kostet in Bayern der

Kindergartenplatz durchschnittlich 141 DM. In anderen Ländern Deutschlands sind Beträge von 250 DM üblich. Man müsste nun rechnen: 129000 Kinder im letzten Jahr mal 141 DM. Frau Kollegin, aber um nicht zu spekulieren, würde ich Ihnen hierzu lieber exakte Zahlen schriftlich nachliefern.

In dem sehr wichtigen Bereich „Ausländerkinder und Familien“ steckt auch das Thema „Integration“. Deswegen ist es uns mit Blick auf die Integration sehr wichtig, Ausländerkinder in den Vorschulkindergarten zu bekommen. Insofern erarbeiten wir zur Zeit mit dem Institut für Frühpädagogik ein Werbeblatt, um es in den einzelnen Gemeinden gezielt an diejenigen Ausländerfamilien zu verteilen, die ihre Kinder nicht im Kindergarten angemeldet haben. In diesem Bereich arbeiten wir – auch in unterschiedlichen Sprachen – gezielt daran, die Ausländerfamilien zu erfassen.Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Eine Zusatzfrage: Frau Kollegin Schopper.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, arbeiten Sie sozusagen aufsuchend. Das heißt, wenn für das letzte Kindergartenjahr ein Kind nicht angemeldet wurde, werden Sie von den Gemeinden her von sich aus aktiv, um die Eltern und Erziehungsberechtigten zu informieren?

Das nächste Ministerium ist das Innenministerium. Herr Staatsminister Dr. Beckstein, wenn Sie jetzt die Fragen beantworten würden. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Dr. Köhler.

Herr Staatsminister, ist es richtig, dass die Kassenärztliche Vereinigung in Bayern beabsichtigt, einen eigenständigen Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst aufzubauen und damit als Partner für die zukünftigen Integrierten Leitstellen entfällt? Welche negativen Auswirkungen hat diese Trennung für die ärztliche Versorgung und wie wirkt sich das auf die Kostenverteilung zwischen Kommunen und Kassen bei dem Betrieb der zukünftigen Integrierten Leitstelle aus?

Herr Staatsminister.

Herr Vizepräsident, Herr Kollege Dr. Köhler! Eine Stellungnahme der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung Integrierter Leitstellen und der dort vorgesehenen Möglichkeit, dass die Integrierten Leitstellen die Vermittlung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes künftig fortsetzen, liegt der Staatsregierung bisher noch nicht vor. Der Staatsregierung sind aber Überlegungen der Kassenärztlichen Vereinigung bekannt, die Vermittlung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes auf eigene Einrichtungen zu übertragen. Hierüber führt die Staatsregierung Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), die noch nicht abgeschlossen sind und in denen die Kassenärztliche Vereinigung dafür gewonnen werden soll,

dass der Bereitschaftsdienst künftig von den Integrierten Leistellen vermittelt wird.

Die Staatsregierung hielte es für einen Rückschritt, wenn der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst künftig nicht durch die Integrierten Leistellen vermittelt würde. Der vom Staatsministerium des Innern vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Einführung Integrierter Leitstellen spricht sich in der Begründung dafür aus, dass die Integrierten Leistellen die Vermittlung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes durch die Rettungsleitstellen fortführen sollen. Dafür sprechen folgende Gründe:

Erstens. Die gemeinsame Vermittlung von rettungsdienstlichen Leistungen und Kassenärztlichem Bereitschaftsdienst ist bürgerfreundlicher; dem Bürger wird die Vermittlung verschiedener Dienste aus einer Hand und unter einer gemeinsamen Rufnummer geboten.

Zweitens. Der rettungsdienstlich ausgebildete Disponent in der Leistelle kann bei einer gemeinsamen Vermittlung dem Bürger die Differenzierung „Hausarzt oder Notarzt“ abnehmen. In vielen Fällen wird der Bürger überfordert sein, den richtigen Dienst selbst zu wählen.

Drittens. Die Zahl der „Fehleinsätze“ von Notärzten in nicht lebensbedrohlichen Situationen kann bei einer gemeinsamen Vermittlung verringert werden. Dazu trägt die geplante Einführung einer strukturierten Notrufabfrage in der Integrierten Leistelle und einer neuer Notarztindikationenkatalog bei.

Würde die Vermittlung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes nicht durch die Integrierten Leitstellen übernommen, würde dies zunächst dazu führen, dass dort Personal zur Erfüllung dieser Aufgabe nicht vorgehalten werden müsste. Die Betriebskosten der Integrierten Leistellen würden entsprechend geringer ausfallen. Dem stünde gegenüber, dass keine Einnahmen aus der Vermittlung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes erwirtschaftet würden.

Auch wenn der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst künftig nicht durch die Integrierten Leitstellen vermittelt würde, müsste man davon ausgehen, dass sich zahlreiche Bürger gleichwohl mit ihrem Hilfeersuchen dorthin wenden. Für die Integrierten Leitstellen könnte dann die schwierige Situation entstehen, dass sie die Erwartung, Hilfe zu schicken, nicht selbst erfüllen könnten und den Hilfe suchenden Anrufer auf die Telefonnummer des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes verweisen müssten.

Zusatzfrage: Herr Kollege Dr. Köhler.

Gibt es darüber bei der Kassenärztlichen Vereinigung bereits Überlegungen oder Entscheidungen?

Herr Staatsminister.

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium) : Diese Frage ist von mir aus nicht klar zu beantworten. Ich selbst hatte vor einigen Wochen, also noch vor der Sommerpause, ein Gespräch mit Vertretern der Ärzteschaft. Ich meine schon, dass es vor dem Hintergrund von Kostenüberlegungen leider einen deutlichen Trend hin in Richtung eigene Vermittlung gibt. In weiten Teilen werden Beträge in der Größenordnung von 7 DM je Vermittlung über die Rettungsleitstelle verlangt. Dagegen hat mir beispielsweise die Kassenärztliche Vereinigung in Nürnberg gesagt. dass sie in eigenen Bereichen von einer Kostenstruktur von 60 Pfennig je Vermittlung ausgehe. Diese Beispiele zeigen, dass es eine erhebliche Spannung gibt. Ich will kein Hehl daraus machen, dass ich die sich möglicherweise abzeichnende Entwicklung für wenig wünschenswert halte. Ich habe selbst prüfen lassen, ob man nicht gesetzgeberische Maßnahmen einführen und vorsehen kann, dass man den Ärztlichen Bereitschaftsdienst auch über die Integrierte Leitstelle vermitteln muss. Eine landesrechtliche Möglichkeit, eine solche Verpflichtung einzuführen, gibt es allerdings nicht. Ein derartiges Bundesgesetz gibt es ebenso wenig.

Zusatzfrage: Herr Kollege Dr. Köhler.

Welche andere Möglichkeiten gäbe es, um diesen extremen Rückschritt für die Bevölkerung zu verhindern?

Herr Staatsminister.

Man muss sehen, dass man einen vernünftigen Vertrag bekommt und nur mit Blick auf Selbstkostendeckungsbeiträge versucht, zu Lösungen zu kommen, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen mitgetragen werden. Ich bin nicht sicher, ob das gelingen wird. In München und Nürnberg gab es bereits bisher eine andere Lösung.

Nächste Fragestellerin ist Frau Elisabeth Köhler.

Herr Minister, welche Anweisungen seitens des Bayerischen Innenministeriums gibt es an die Einbürgerungsämter zur Behandlung der Auskünfte des Verfassungsschutzes bei der Ausübung des Ermessens in Einbürgerungsfällen?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Frau Köhler! Bei der Beratung über die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht wurde von den B-Ländern die Regelanfrage gefordert, konnte jedoch gegen den Widerstand des Bundesinnenministeriums und der A-Länder nicht durchgesetzt werden. Als Kompromiss wurde es den Ländern freigestellt, eine Regelanfrage vorzusehen.

Das Staatsministerium des Innern hat in Verfahren zur Ermessens- wie zur Anspruchseinbürgerung geregelt, dass in allen Einbürgerungsfällen beim Landesamt für Verfassungsschutz anzufragen ist, ob über einen Einbürgerungsbewerber, soweit er das 16. Lebensjahr bereits vollendet hat, Erkenntnisse vorliegen. Weitere allgemeine Anweisungen hierzu gibt es nicht.

Zusatzfrage: Frau Kollegin Köhler.

Herr Minister, hat ein Einbürgerungsbewerber die Möglichkeit, rechtlich überprüfen zu lassen, ob das zutrifft, was der Verfassungsschutz gesammelt hat, und gegen eine entsprechende Entscheidung vorzugehen?

Herr Staatsminister.

Das Verfahren läuft folgendermaßen ab, Frau Kollegin: Die Regelanfrage wird gestellt. Wenn beim Verfassungsschutz keine Erkenntnisse vorliegen, wird Fehlanzeige erstattet. Das Einbürgerungsverfahren läuft normal weiter. Sollten Erkenntnisse mitgeteilt werden, entscheidet das Innenministerium, wie weiter zu verfahren ist. Es gibt Fälle, in denen wir das nicht für sonderlich bedeutsam halten. Auch dann wird sozusagen grünes Licht für die Fortführung des Einbürgerungsverfahrens gegeben. In den Fällen, in denen wir Probleme sehen, wird dem Einbürgerungsbewerber mitgeteilt, dass Bedenken aufgrund von Erkenntnissen des Verfassungsschutzes bestehen. Er erhält rechtliches Gehör. In den Fällen, in denen er die Bedenken nicht ausräumen kann, wird der Einbürgerungsantrag abgelehnt. Der Bewerber hat die Möglichkeit, gegen diese Entscheidung verwaltungsgerichtlich vorzugehen. Mir ist in diesem Zusammenhang zumindest ein für den Betreffenden erfolgreicher verwaltungsgerichtlicher Rechtsstreit bekannt.