Protocol of the Session on October 18, 2000

Obwohl 53% der Ausgleichsleistungen des Jahres 2000 an die umlagekraftstarken Bezirke Mittelfranken und Oberbayern fließen, liegt deren Ausgabenbelastung je Einwohner nach Durchführung des Ausgleichs immer noch deutlich über der anderer Bezirke. Eine ungerechtfertigte Begünstigung der Bezirke Oberbayern und Mittelfranken zulasten der finanzschwächeren kleineren Bezirke liegt damit nachweislich und mit Zahlen belegbar nicht vor.

Vorstehend wurde auf die Zahlen des Jahres 2000 Bezug genommen. Ich habe schon gesagt, dass der Kommunale Prüfungsverband die entsprechenden Basisdaten in seinem Gutachten noch nicht vorliegen hatte. Das kommt noch, dann können wir es aktualisieren.

Lassen Sie mich allgemein noch etwas hinzufügen, Herr Kollege. Wir haben immer wieder das Problem, dass einzelne Kommunen, Landkreise oder Bezirke sagen: Ich bin gegenüber den anderen benachteiligt. – Deshalb bin ich, wenn ich in Bayern herumreise, immer relativ gut mit Zahlen vorbereitet. Im Großen und Ganzen können Sie feststellen, dass die Ausgleichswirkungen und die Behandlung von Bezirken und Landkreisen ziemlich ausgeglichen sind.

Umgekehrt ist das aber auch ein Hemmschuh für die Vereinfachung des Systems, das will ich in aller Deutlichkeit sagen. Denn wenn man immer darauf schauen will, dass es im Ergebnis aufs Gleiche hinauskommt, dann ist dieses System nicht einfach zu gestalten, dann gibt es keine Möglichkeit für Pauschalen usw. Das nur als Anmerkung zu den Sorgen des Finanzministers in diesem Bereich.

Zusatzfrage: Herr Kollege Köhler.

Herr Staatsminister, Sie stellen vornehmlich auf die Ausgabenbelastung ab. Ist es aber dann nicht so, dass die Bezirke, die sparsam wirtschaften, damit im Rahmen des Ausgleichssystems schlechter fahren? Das heißt, ein Anreiz, zu Einsparungen zu kommen, findet eigentlich nicht statt.

Herr Staatsminister, bitte.

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe- rium) : Ihre Frage ist berechtigt.

Ich stelle nicht vor allem auf die Ausgaben ab, sondern notwendigerweise auf der Basis des jetzigen Rechtssystems auf einen Vergleich zwischen Leistungskraft und Ausgaben. Dabei sind die Ausgaben auch klar definiert: für Sozialhilfe etwa oder für Asylbewerber, das ist also ein sehr enger Ausgabenkorridor. Innerhalb dieses engen Ausgabenkorridors ist es richtig, dass, wenn ich

die entsprechenden Ist-Zahlen berücksichtige, eine gewisse Belohnung für Ausgabenfreudigkeit bestehen könnte. Dies ist auch Thema unserer gegenwärtigen Debatte in dieser Ministerkommission. Es ist also schon richtig, was Sie fragen.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Die Fragen an Sie sind abgehandelt.

Ich darf jetzt Frau Staatssekretärin Stewens bitten, auf die Fragen an das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen einzugehen. Die erste Frage stellt Herr Kollege Freiherr von Redwitz.

Frau Staatssekretärin, da die Länder beabsichtigen, hinsichtlich der Radonbelastungen in Häusern Grenzwerte oder Leitwerte für die zulässige Radonbelastung festzustellen, frage ich die Staatsregierung, in welcher Form an eine Überwachung von Räumen hinsichtlich der Radonbelastung gedacht wird, welche Institutionen hierfür zur Verfügung ständen und bei welchen Stellen die wissenschaftliche Auswertung von Messdaten erfolgen könnte.

Frau Staatssekretärin, bitte.

Sehr geehrter Kollege Redwitz, zu den Grenz- oder Richtwerten für Radonkonzentration in Wohnungen ist Folgendes auszuführen: Die Inhalation des natürlich radioaktiven Edelgases Radon und von dessen Zerfallsprodukten wird in der wissenschaftlichen Literatur als Ursache von ca. 2 bis 5% der Lungenkrebsfälle angesehen. Die Hauptursache der Lungenkrebstodesfälle wird dem Rauchverhalten der Bevölkerung zugeschrieben.

Trotz der grundsätzlichen Bejahung von Radon als Risikofaktor für Lungenkrebs – also diese 2 bis 5% – besteht im Detail noch Klärungsbedarf, zum Ersten über den realen Risikofaktor unter Ausschluss des Synergiefaktors „Rauchen“, zum Zweiten über den Einfluss des geogenen Untergrunds auf die Radonkonzentration in Wohnungen, das heißt der Radonexhalation aus dem Boden in Verbindung mit der Bauweise der Häuser, das alles spielt eine Rolle, zum Dritten über bauseitige Reduzierungsmaßnahmen der Radonkonzentration in Wohnungen.

Die Länder haben deshalb bisher von der Festsetzung von formalen Grenz- oder Richtwerten über die zulässige Radonkonzentration in Wohnungen Abstand genommen, weil diese wissenschaftliche Untersuchung und Bewertung noch fehlt.

In der Bundesrepublik hat lediglich die Deutsche Strahlenschutzkommission – SSK – in einer Bekanntmachung vom 30. Juni 1994 eine Empfehlung zur Begrenzung der Strahlenexposition durch Radon und seiner Zerfallsprodukte in Gebäuden verabschiedet. Danach gelten Radonkonzentrationen in Wohnungen bis zu 250 Becquerel ıpro Kubikmeter als Normalbereich, von 250 bis 1000 Becquerel pro Kubikmeter als Ermessensbe

reich, in dem unter Umständen durch einfache Maßnahmen zur Reduzierung der Radonkonzentration beigetragen werden kann, zum Beispiel durch Lüften. Radonkonzentrationen von über 1000 Becquerel pro Kubikmeter gelten als Sanierungsbereich, in dem die Radonkonzentration vermindert werden sollte.

Die deutsche Rechtspraxis ist diesbezüglich EU-konform. Die EU-Kommission hat ebenfalls lediglich eine Empfehlung veröffentlicht, die übrigens schon zehn Jahre alt ist. In diesem Sinne enthält demnach auch die Euratom-Grundnorm für den Strahlenschutz keine Festsetzungen für Grenz- oder Richtwerte für Radon in Wohnungen. Auch in der anstehenden Novelle der Strahlenschutzverordnung sind keine Grenz- oder Richtwerte für die Radonkonzentration in Wohnungen vorgesehen.

Unbeschadet dieser Rechtslage werden vom Bayerischen Umweltministerium seit Jahren immer wieder in Gebieten, in denen aufgrund entsprechender geogener Verhältnisse erhöhte Radonkonzentrationen in Wohnungen zu erwarten sind, Erhebungsmessungen durchgeführt oder gefördert, zum Beispiel in Neunburg vorm Wald, wo es eine Urgesteinsregion gibt, im Fichtelgebirge, in Stockheim – das ist ein ehemaliger Steinkohlebergbau – und in Penzberg, wo es einen Pechkohlebergbau gab.

Aktuell wird zusammen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und dem Bundesamt für Strahlenschutz beraten, in welchen Gebieten in Deutschland bzw. Bayern noch zusätzlicher Messbedarf besteht.

Eine Zusatzfrage: Herr Kollege von Redwitz, bitte.

Frau Staatssekretärin, können Sie mir annähernd sagen, wie hoch der Prozentsatz der Umweltingenieure an unseren Landratsämtern ist, die eine besondere Ausbildung haben, um mit der Problematik der schwachen ionisierenden Strahlen umzugehen, also diese zu messen und vor allem zu bewerten?

Bitteschön, Frau Staatssekretärin.

Die direkt messenden Geräte, die auch von den Umweltschutzingenieuren bedient werden können, eignen sich zur Quellensuche und für grobe überschlägige Bestimmungen der Radonkonzentration. Um verlässliche Ergebnisse zu bekommen, sollten Radonmessungen der Innenraumluft in Wohnräumen mindestens über einen Zeitraum von drei Monaten vorgenommen werden, damit tageszeitliche Schwankungen der Radonkonzentration ausgeglichen werden können. In der Regel werden inaktive Messsysteme wie Kernspurdosimeter in Speziallaboratorien ausgewertet.

Die Umweltingenieure in Bayern werden regelmäßig auf dem Gebiet der natürlichen Radioaktivität fortgebildet. In

diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Problem hinweisen. Die Ausbildung des technischen und naturwissenschaftlichen Nachwuchses auf dem Gebiet der Radioaktivität weist inzwischen Defizite auf. In vielen Fällen wird das Spezialwissen in den entsprechenden Studiengänge nicht mehr angeboten.

Eine weitere Zusatzfrage: Herr Kollege von Redwitz, bitteschön.

Frau Staatssekretärin, meines Wissens sind solche speziellen Ausbildungen bisher von einem emeritierten Professor in Regensburg durchgeführt worden. Gibt es bereits Überlegungen, wo und bei wem diese Ausbildung in Zukunft erfolgen soll?

Frau Staatssekretärin.

Diese Zusatzfrage werde ich Ihnen schriftlich beantworten. Solche Überlegungen werden in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium angestellt.

Letzte Zusatzfrage: Herr Kollege von Redwitz. Bitte.

Frau Staatssekretärin, können Sie mir sagen, ob die Labors von Hochschulen oder von Instituten besser geeignet sind, solche Untersuchungen durchzuführen? Hat die Staatsregierung einen Schwerpunkt gesetzt?

Frau Staatssekretärin.

Für den Mess- und Beratungsservice stehen in der Bundesrepublik ausreichend etablierte Kapazitäten zur Verfügung. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden Radonmessungen von folgenden Institutionen angeboten: Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, Augsburg, Bundesamt für Strahlenschutz, Außenstelle Berlin, GSF, Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Stoller Ingenieurtechnik in Dresden, Stiftung Warentest, Umweltanalyse Radon, Berlin, TÜV, München, und die Messstelle Dr. Josef Salvermoser in Wörthsee.

Grundlagenforschung zu Radon-Messtechnik wird vor allem im Forschungszentrum Karlsruhe, in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und in der GSF, Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, betrieben. Darüber hinaus bestehen in einigen Universitäten Radonforschungsschwerpunkte, zum Beispiel in der Universität Göttingen, der Universität Homburg, der Universität Bonn und der Universität Regensburg.

Wir haben am 06.04. dieses Jahres dem Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen einen schriftlichen Bericht über die „Strahlenexposition durch natürliche Strahlenquellen“ geliefert. Darin ist Radon eingeschlossen.

Die nächste Fragestellerin ist Frau Schmidt-Sibeth. Bitteschön.

Frau Staatssekretärin, finden bzw. fanden im Vorfeld zur Veröffentlichung der „Rinderstudie“ zur möglichen Wirkung nichtionisierender Strahlen auf lebende Organismen Vorgespräche zwischen Staatsregierung, Mobilfunkbetreibern und den Studienerstellern statt, wenn ja, werden bei Abweichungen in der Endfassung dem Parlament beide Versionen der Studie zur Verfügung gestellt, und liegt die Studie einschließlich einer ausführlichen Zusammenfassung so rechtzeitig allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der am 07.12.2000 vorgesehenen Anhörung „Nichtionisierende Strahlen“ vor, dass das Ergebnis in die Referate und Diskussionen mit einfließen kann?

Frau Staatssekretärin.

Frau Kollegin Schmidt-Sibeth, im Vorfeld zur Veröffentlichung der „Rinderstudie“ fanden keine Gespräche über Ergebnisse oder deren Bewertungen statt. Das versichere ich Ihnen. Solche Ergebnisse liegen auch noch gar nicht vor. Die Studie wird im Rahmen eines Kolloquiums, also eines „Steering committee“, mit den Mobilfunkbetreibern und kritischen Wissenschaftlern erörtert werden. Das Ergebnis dieser Erörterung soll auch veröffentlicht werden.

Die Fertigstellung der „Rinderstudie“ war für Juli 2000 terminiert. Wegen eines längeren Klinikaufenthalts der beiden stellvertretenden Projektleiter hat sich der Abschluss der Studie um Monate verzögert. Das StMLU hat daher mit Kenntnis der Mobilfunkbetreiber um schriftliche Äußerung der Auftragnehmer über die Fertigstellungstermine der Studie gebeten. Die Auftragnehmer haben als Abgabetermin den 31.10.2000 schriftlich mitgeteilt. Dies wurde auch dem Vorsitzenden des Ausschusses für Landesentwicklung und Umweltfragen des Bayerischen Landtags am 04.07.2000 schriftlich mitgeteilt. Zwischenzeitlich musste die Abgabe des Schlussberichtes auf Bitten der Universität Gießen leider nochmals um vier Wochen verlängert werden. Es ist nicht vorgesehen, verschiedene Endfassungen zu fertigen. Hiefür gibt es auch keinen fachlichen Grund.

Die Studie sowie eine Kurzfassung sollen Ende November den Fraktionen übergeben werden. Damit kann das Ergebnis bei der vorgesehenen Anhörung zum Thema „Nichtionisierende Strahlen“ am 07.12.2000 mit einfließen.

Eine Zusatzfrage: Frau Kollegin Schmidt-Sibeth.

Ist daran gedacht, die Anhörung zu verschieben, wenn wider Erwarten diese Studie nicht rechtzeitig vorliegen sollte, so dass keine Möglichkeit besteht, sie vor der Anhörung noch einmal zu lesen? Da es so viele Verschiebungen gegeben hat,

ist meine Hoffnung nicht sehr groß, dass die Abgabe pünktlich erfolgt.

Frau Staatssekretärin.

Frau Kollegin, für die Terminierung und die Festsetzung der Tagesordnung des Umweltausschusses sind wir Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung nicht verantwortlich. Das müsste im Ausschuss behandelt werden.

Frau Kollegin, bitteschön.

Mir ist bekannt, dass ursprünglich, um genug Abstand zu haben, die Anhörung im Februar stattfinden sollte, sie aber auf Wunsch des Herrn Staatsministers schon im Dezember stattfindet. Ich bitte Sie, sich dazu noch einmal zu äußern.