Protocol of the Session on October 9, 2019

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen – Drucksache 16/6956

Berichterstatter: Abg. Tobias Wald

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rösler.

Werte Frau Präsidentin!

(Stellv. Präsidentin Sabine Kurtz übernimmt die Sit zungsleitung.)

Die Leitung wechselt gerade.

(Abg. Winfried Mack CDU: Die Anrede stimmt trotz dem!)

Die Anrede gilt natürlich für beide Präsidentinnen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Genau!)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Heute sprechen wir in Zwei ter Beratung über das Gesetz zur Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen. In der Ersten Beratung waren sich alle Fraktionen einig, dass die Anpassung richtig und wichtig ist. Sie ist wichtig, um die finanzielle Attraktivität des öffentli

chen Dienstes zu steigern. Wichtig ist sie aber auch, um im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern, mit den Kom munen und mit der Wirtschaft konkurrieren zu können.

Der Druck, der auf uns, auf dem Land, als Arbeitgeber lastet, wird allerdings immer größer. Wir haben eine erfreulich nied rige Arbeitslosenquote von nur 3,2 % – die niedrigste seit der Wiedervereinigung vor knapp 30 Jahren. Das freut uns natür lich, macht es aber auch immer schwieriger, gute Angebote für die klügsten Köpfe im Land zu machen. Wir brauchen die se klügsten Köpfe mehr denn je, auch in Berufsfeldern, in de nen der Arbeitsmarkt heute fast leer gefegt ist: Ingenieure, Na turwissenschaftlerinnen, Lehrer und Wissenschaftlerinnen ver schiedenster Fachbereiche.

Wichtig für ein prosperierendes Land, für ein prosperierendes Baden-Württemberg sind z. B. Menschen, die fachlich und vi sionär zugleich die Mobilität der Zukunft denken und die praktische Umsetzung auf allen Ebenen gleichzeitig im Blick haben, Menschen, die den digitalen Wandel gestalten, schnel les Internet bis zu jedem Schwarzwaldhof bringen und bei der Digitalisierung in den Kommunen Themenfelder wie Bildung, Gesundheit und Nachhaltigkeit vorantreiben.

Wir brauchen aber auch in der ganzen Breite der Verwaltung motivierte Fachkräfte. Wir müssen diejenigen, die beim Land, also bei uns, arbeiten, mit attraktiven Rahmenbedingungen binden.

Den Tarifabschluss vom 2. März 2019 zeitgleich und system gerecht zu übertragen ist aus diesem Grund richtig und gebo ten. Ich betone das, weil es verständlicherweise auch Kritik an dieser Übertragung gibt. Zur Wahrheit gehört schon auch, dass diese Anpassung zu Mehrkosten von bis zu 2,5 Milliar den € über die Laufzeit des Tarifvertrags allein bei uns, dem Land, führt. Das ist viel Geld und schränkt unsere Spielräu me – wir haben ja gerade harte Haushaltsverhandlungen hin ter uns – in anderen Bereichen ein. Aber es ist gut investier tes Geld.

Die Mehrkosten erwischen uns nicht kalt. Wir haben in der mittelfristigen Finanzplanung Vorsorge getroffen und eine Ta rifanpassung von jährlich 2,1 % hinterlegt. Das entspricht dem Durchschnitt der Tarifentwicklung in den letzten zehn Jahren. Wir müssen deshalb „nur“ rund 625 Millionen € mehr im Haushalt veranschlagen als in der mittelfristigen Finanzpla nung vorgesehen.

Wir denken weiter. Wir sehen – das will ich hier kritisch an merken; Kollege Kern, gut zuhören – das Auseinanderdriften der Versorgung der Beamtenschaft und der Renten ebenfalls kritisch. Es gilt, dieses Auseinanderdriften für die Zukunft mehr in den Blick zu nehmen und – ich sage das ganz ehrlich – dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Auch uns ist bewusst, dass gute Besoldung und Versorgung sowie verbale Anerkennung allein nicht ausreichen. Wir müs sen moderne Arbeitsplätze und leistungsfähige Rahmenbedin gungen bieten. Wir müssen aber auch dranbleiben, wenn es um die Flexibilisierung der Arbeitszeit geht, wenn es um Chancengleichheit im öffentlichen Dienst geht, und wir müs sen Angebote weiter ausbauen, um die Vereinbarkeit von Fa milie und Beruf zu verbessern. Nur mit einem bunten Strauß von Maßnahmen können wir sicherstellen, dass die klügsten

Köpfe zu uns kommen und auch bei uns bleiben. Dasselbe gilt natürlich für die Auszubildenden.

Es handelt sich daher um gut investiertes Geld. Ich bitte das Parlament um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Jetzt darf ich für die CDUFraktion Herrn Kollegen Klein das Wort erteilen.

(Abg. Anton Baron AfD: Klein macht das kurz!)

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich habe bereits bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs gesagt, dass die CDU-Landtagsfraktion den Besoldungsanpassungen zustimmen wird und dass wir die im Frühjahr dieses Jahres erzielte Tarifeinigung zwischen den Ländern und den Gewerkschaften begrüßen. Wir haben des halb beschlossen, dieses Tarifergebnis im Verhältnis 1 : 1 auf die Beamtinnen und Beamten des Landes und der Kommu nen übertragen zu wollen. Deshalb stimmen wir diesem Ge setzentwurf zu.

Wir machen das auch in dem Bewusstsein, dass die Umset zung einiges an Geld kostet. Allein für 2019 sind es 445 Mil lionen € mehr. Für 2020 werden es 900 Millionen € mehr sein, und im Jahr 2021 ist es über 1 Milliarde € mehr. Das ist eine Menge Geld, aber wir glauben, dass diese Mehrausgaben ge rechtfertigt sind, weil die Beamtinnen und Beamten beim Land und bei den Kommunen eine sehr gute Arbeit leisten. Dafür möchte ich mich auch an dieser Stelle herzlich bedan ken.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP)

Dass von diesen Tarifsteigerungen auch die Versorgungsemp fängerinnen und -empfänger profitieren, halten wir nach wie vor für richtig. Denn auch deren Lebenshaltungskosten stei gen. Deshalb ist es wichtig, dass auch Pensionäre an den stei genden Einkommen teilhaben und insoweit von den Tarifan passungen profitieren. Deshalb soll auch die Entwicklung bei den Pensionen an die Tarifsteigerungen gekoppelt werden.

Wer hier vorbringt, dass die Pensionen und die Renten ausei nanderlaufen, spricht eine strukturelle Frage an, die berech tigt ist. Diese strukturelle Frage können wir sowohl auf poli tischer Ebene als auch auf Verbandsebene diskutieren, aber wir sollten in der öffentlichen Diskussion sehr darauf achten, dass hier nicht Birnen mit Äpfeln verglichen werden.

Wir haben vom Rechnungshof bereits untersuchen lassen, welche verschiedenen Entwicklungen hier tatsächlich eintre ten. Dabei wurde uns dargelegt, dass diese Entwicklungen in der Tat nicht so eintreten, wie sie manchmal öffentlich darge stellt werden. Trotzdem ist das eine berechtigte Frage, die durch uns einmal näher zu betrachten und zu durchleuchten ist.

Wichtig ist uns, der CDU-Fraktion, dass sowohl Pensionäre als auch Rentner nach entsprechender Bedürftigkeit ein Ein

kommen haben, mit dem sie im Alter auskömmlich leben kön nen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Richtig war auch, dass wir die in der letzten Legislaturperio de vorgenommene Absenkung der Eingangsbesoldung wie der zurückgenommen haben. Und richtig ist auch, dass wir jetzt im Doppelhaushalt 2020/2021 auch die unteren Gehalts gruppen ins Auge nehmen, dass wir hier schauen, ob die Re gelung bezüglich des Abstands zwischen Sozialleistungen und entsprechendem Verdienst noch eingehalten wird. Es gebietet allein schon die Fürsorgepflicht eines guten Arbeitgebers, dass er darauf achtet. Deshalb ist es richtig, dass wir hier handeln und im Doppelhaushalt die entsprechenden Mittel vorsehen. Wir hoffen, dass wir dies, wenn der Haushalt verabschiedet ist, auch umsetzen können.

Intensiv müssen wir uns auch damit beschäftigen, wie der öf fentliche Dienst für die Zukunft aussieht, wie er gestaltet wird. Denn wir brauchen die erforderlichen Fachkräfte auch für den öffentlichen Dienst, nicht nur für die private Wirtschaft. Wir müssen sehen, dass wir hier Fachkräfte gewinnen und diese natürlich auch entsprechend bezahlen können.

Aber ebenso sind wir der Meinung, dass im öffentlichen Dienst Digitalisierung und die Verbindung mit der künstlichen Intel ligenz Einzug halten werden. Die Frage ist auch, wie sich dies auf den Personalbestand auswirkt. Wir sind uns mit dem Rech nungshof einig, dass wir dieses Thema einmal genauer an schauen und untersuchen müssen. Deshalb ist es richtig, dass wir im Doppelhaushalt auch Mittel vorgesehen haben, die in die Digitalisierung unserer eigenen öffentlichen Verwaltung gehen, und Ansätze dafür finden, wie wir hier flexibler im Haushalt reagieren können. Denn wenn einmal über 40 % des Haushaltsvolumens allein auf die Personalkosten eines Lan des entfallen, dann ist dies eine Größenordnung, die wir uns genauer anschauen müssen und bei der wir auch entsprechend handeln müssen.

Sie sehen also, meine sehr geehrten Damen und Herren: Uns stehen Aufgaben bevor. Uns stehen auch Themen bevor, die wir uns genauer anschauen sollten. Es wäre schön, wenn wir dies fraktionsübergreifend tun könnten, denn ich glaube, dass ein funktionierender öffentlicher Dienst im Interesse aller Fraktionen in diesem Haus liegt.

Wir stimmen dem vorliegenden Gesetzentwurf zu.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Nun hat das Wort für die AfD Herr Abg. Dr. Podeswa.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! DaimlerChef Källenius rechnet mit 10 000 wegfallenden Stellen in den nächsten Jahren. Audi will in den nächsten Jahren 10 000 Stellen streichen. VW spricht von 30 000 Stellen, welche in den nächsten Jahren zur Disposition gestellt werden müssen. Bosch in Stuttgart hat angekündigt, 15 000 Arbeitsplätze in

Deutschland abzubauen; sie seien in Gefahr. Bei der Mar quardt-Gruppe im Kreis Tuttlingen fallen bis zu 600 Stellen weg. Der Pressenhersteller Schuler in Göppingen baut 500 Ar beitsplätze ab, davon allein 300 in Göppingen. Der Automo bilzulieferer Mahle streicht allein im Hauptwerk Stuttgart 380 Stellen; konzernweit sind bis zu 10 000 Stellen gefährdet.

Diese Liste baden-württembergischer Unternehmen könnte ich nahezu endlos weiterführen.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Zum Glück nicht!)

Viele Baden-Württemberger arbeiten aber auch bei BASF. Ab 2020 werden dort 6 000 Stellen abgebaut. Und ganz aktuell von gestern: Die Deutsche Bank – einige davon werden ja auch in Baden-Württemberg beschäftigt sein – will in Deutsch land 9 000 Stellen streichen. Die Anzahl der Filialen der Volksbanken und Sparkassen in Baden-Württemberg hat sich in den letzten Jahren um 30 % reduziert. Auch hier sind die entsprechenden Stellen weggefallen.

Ungenannt bleiben leider Gottes und wie immer die vielen kleinen und mittleren Unternehmen, ungenannt bleibt das Rückgrat unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft, die gleichermaßen von Auftragsflaute und Zusammenbruch ihrer Geschäftsfelder betroffen sind. Auch diese müssen entlassen, abbauen und kurzarbeiten.

Der Herr Ministerpräsident, der es ja schon zur Chefsache er klärt hat, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Lan des Baden-Württemberg zu verbessern, hat ganze Arbeit ge leistet, insbesondere mit seiner mantrahaften Wiederholung und Bezeichnung der baden-württembergischen Automobil industrie als „Stinker“ und „Umweltverpester“.

(Zuruf: Oje!)

Das haben wir schon seit drei Jahren kritisiert. Die Auswir kungen werden wir jetzt und in den nächsten Jahren sehen. – So viel zur Einleitung.