Protocol of the Session on June 5, 2019

Ja, bitte.

(Abg. Thomas Axel Palka AfD: Warum das denn? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Weil er ver nünftige Fragen stellen kann!)

Herr Untersteller, vie len Dank für das Zulassen der Frage. – Sie haben die neue Einheit „Watt pro Quadratmeter“ ja gerade begründet und ha ben gesagt, dass dies nicht zu einer Veränderung der Bewer tung geführt hat. Die Einheit „Meter pro Sekunde“ konnte man noch irgendwo herleiten, das konnte auch jemand, der sich nicht damit befasst: Ich weiß, wie schnell ich fahre; ich weiß, wie an der Nordsee der Wind weht, und kann es dann in Meter pro Sekunde umrechnen. Aber würden Sie mir zu stimmen, dass die neue Einheit deutlich weniger greifbar wird?

Herr Schweickert, da würde ich Ihnen recht ge ben. Aber ich versuche es einmal zu erklären: Der Wert von 5,5 m pro Sekunde, den wir in der Vergangenheit bei 140 m Nabenhöhe für die Angabe der Windhöffigkeit genutzt haben, war so ein Kriterium. Da war das Problem: Sie haben ja die 5,5 m pro Sekunde nicht das ganze Jahr über gleichmäßig. In den Wert 215 W pro Quadratmeter fließen auch die Häufig keit der 5,5 m pro Sekunde, der Windhöffigkeit – um es ein mal so zu übersetzen –, und das Thema Luftdichte ein. Das heißt, es ist ein wesentlich komplexerer Wert – insoweit ha ben Sie recht –, aber er gibt sozusagen präzisere Informatio nen für die Fachleute.

Ich gebe Ihnen recht, für die Öffentlichkeit ist es wirklich komplexer; das kann man nicht anders sagen. Aber für die Fachleute ist es natürlich wichtig. So eine Anlage kostet heu te nun mal 5 Millionen €, 6 Millionen €. Das heißt, es ist nicht ganz egal, an welchem Standort ich baue, ob es der richtige Standort ist oder nicht. Es geht natürlich darum, die besten und umfassendsten Informationen zu haben.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Genau! – Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Diese fließen in die neue Maßeinheit „Watt pro Quadratme ter“, die wir jetzt nehmen, ein. Das war der Grund.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Herr Minister Untersteller, las sen Sie – –

Nein, ich würde gern noch ein bisschen weiter ausführen.

Ich habe es eben schon gesagt: Die Kernaussage des Windat lasses lautet, dass auf gut 6 % der Landesfläche der Wind so weht, dass man mit dem Bau einer modernen Windkraftanla ge Geld verdienen kann. Aber in diesen 6 % sind z. B. arten schutzrechtliche Belange, luftfahrtrechtliche Belange usw., aber auch andere Belange natürlich nicht berücksichtigt. Auch regionalplanerische Aspekte, die möglicherweise dem Bau ei ner Windkraftanlage entgegenstehen, sind nicht enthalten. Das heißt, wir müssen damit rechnen – das ist aber auch klar –, dass sich die Fläche in der konkreten Planung und Prüfung dann auch noch um einiges reduziert.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sind die Abstän de drin?)

Bei den Abständen bleibt es wie bisher.

(Abg. Anton Baron AfD: Aber die Anlagen werden doch höher!)

Wir haben uns darauf verständigt – ich denke, das ist auch richtig –, dass wir sagen: Es geht um immissionsschutzrecht liche Anforderungen, und diese sind eingehalten bei mindes tens 700 m Abstand. Aber es kann auch nach oben hin abge wichen werden, wenn es sich vor Ort in den jeweiligen pla nungsrechtlichen Verfahren begründen lässt. Davon haben in der Vergangenheit durchaus etliche auch Gebrauch gemacht.

Genaue Aussagen über realisierbare Standorte können wir, das Ministerium, nicht treffen. Das ist auch in Zukunft nur bei konkreter Planung und bei konkreten immissionsschutzrecht lichen Genehmigungsverfahren möglich. Daran wird sich überhaupt nichts ändern.

Wir brauchen – das will ich auch noch einmal sagen – den Windkraftausbau in Baden-Württemberg.

(Zuruf von der AfD: Warum?)

Frau Reich-Gutjahr, von einer Partei, die in der Vergangen heit den Blick auch immer auf den Wirtschaftsstandort gerich tet hat, würde ich eigentlich erwarten, dass sie sich Gedanken macht über die Frage: Wo kommt denn eigentlich in Zukunft der Strom an diesem Standort her, wenn 50 % Kernenergie bis 2020 wegfallen,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Gar nicht mehr! Die Lichter gehen aus!)

wenn der Kohleausstieg kommt? Baden-Württemberg ist der zweitgrößte Steinkohlenutzer in Deutschland nach Nordrhein

Westfalen. Aber wir haben in Baden-Württemberg einen Strom verbrauch von 76 Milliarden kWh. Wir erzeugen in BadenWürttemberg heute noch 59 Milliarden kWh, Tendenz sin kend. Ende dieses Jahres fallen 10 Milliarden kWh weg durch die Abschaltung von Philippsburg. Danach kommt die Ab schaltung von Neckarwestheim, und dann kommt der Kohle ausstieg.

Das heißt, Steckdosen allein helfen mir noch nicht sehr viel weiter, sondern ich brauche auch eine Erzeugung hinter der Steckdose.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Peter Hofelich SPD)

Hinter der Steckdose heißt für mich: Ich brauche Erzeugung hier in Baden-Württemberg – diese sollte möglichst CO2-frei sein –, und ich brauche – da sind wir uns wieder einig – den Zubau der Netze von Nord nach Süd, um auf die großen Ka pazitäten in Norddeutschland zuzugreifen. Das ist das Thema. Diese beiden Dinge brauchen wir im Stromsektor.

All die anderen Fragen wie Energieeffizienz und was da alles vorhin noch an Themen gekommen ist, das ist ja alles richtig. Es hilft mir aber nicht, um Versorgungssicherheit im Strom sektor zu gewährleisten. Deswegen sind das die beiden ganz wesentlichen Themen. Dann können wir uns nicht bei den re generativen Energien aussuchen, was wir da nehmen, sondern letztendlich sind wir darauf angewiesen, die Potenziale so wohl bei der Fotovoltaik als auch bei der Biomasse, als auch bei der Wasserkraft, als auch bei der Windkraft auszunutzen.

(Abg. Anton Baron AfD: Wer soll das noch bezah len?)

Immerhin – das will ich auch noch einmal betonen – ist die Windkraft zusammen mit der Fotovoltaik mittlerweile, was die Kostenseite betrifft, auf einem Niveau unterhalb neuer konventioneller Anlagen.

(Abg. Anton Baron AfD: Deswegen haben wir den zweithöchsten Strompreis!)

Daher wäre es natürlich alles andere als „schwäbisch“, wenn wir eine solche Technologie hier im Land nicht nutzen wür den.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf von den Grünen: Richtig!)

Herr Minister Untersteller, las sen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Reich-Gutjahr zu?

Bitte.

Danke, Herr Un tersteller. – Sie haben gerade über das Thema „Import/Export und Selbsterzeugung in Baden-Württemberg“ gesprochen. Wir sind uns aber sicher auch einig, dass die Energiewende nicht allein lokal gedacht werden kann. Baden-Württemberg war immer schon Importeur. Welche Importquote haben wir heu te, und wie viel werden wir nach Ihrem Konzept in der Zu kunft noch von außen hereinholen müssen? Haben Sie da Zah len?

Wenn Sie darunter, Frau Kollegin Reich-Gut jahr, mehr Import von Nord nach Süd verstehen, dann werden wir mehr haben. Das ist auch logisch. In Norddeutschland ste hen gegenwärtig rund 30 000 Anlagen. Es wird weiterhin ver stärkt offshore ausgebaut, auch von Unternehmen aus diesem Land. Damit wir diese Anlagen nutzen können, brauchen wir Projekte wie SuedLink und wie Ultranet. Daran hat diese Lan desregierung nie einen Zweifel gelassen.

Übrigens: Ich bin ein bisschen stolz darauf, dass wir hier in Baden-Württemberg entlang unserer 90 km Trassen der Sued Link keinen Widerstand haben. Das hängt vielleicht auch da mit zusammen, dass wir sehr frühzeitig mit der Bevölkerung hier in die Diskussion gegangen sind, die Dinge erklärt haben, erklärt haben, warum das notwendig ist – –

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Unterirdisch!)

Gut, dass es unterirdisch ist, hätte ich jetzt nicht unbedingt gebraucht; aber es ist, wie es ist. Es ist beschlossen.

(Zurufe)

Das ist wesentlich teurer. Es hat natürlich auch noch mal zu Verzögerungen geführt. Die Vorteile sind durchaus die, die Kollege Reinhart erwähnt hat, nämlich, dass die Kritik nach gelassen hat. Aber wir sehen natürlich auch, dass in anderen Bundesländern – ich nenne Thüringen, Hessen und Bayern – diese Kritik nicht nachgelassen hat. Dort haben wir nach wie vor mit erheblichen Widerstandspotenzialen zu rechnen.

Es gibt aber – das will ich ausdrücklich sagen – keine Alter native dazu. So gesehen haben Sie natürlich recht: Wir haben zukünftig einen höheren Bedarf, wenn bei uns solche großen Kapazitäten wegfallen.

Es geht aber nicht – auch technologisch; das funktioniert nicht –, dass wir hier unten mehr oder weniger komplett auf Eigen erzeugung verzichten. Wir brauchen vielmehr, damit das gan ze System funktioniert, in einem gewissen Umfang auch hier im Süden Energieerzeugung. Deswegen mache ich mich stark für den Ausbau der erneuerbaren Energien – und hierzu ge hört auch die Windenergie, und zwar in dem Umfang, wie ich es heute darzustellen versucht habe.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Gernot Gruber SPD)

In der zweiten Runde erteile ich das Wort für die AfD-Fraktion Herrn Fraktionsvorsitzen den Gögel.

Frau Präsidentin, vielen Dank. – Noch einmal zu den Grünen: Wenn Sie Ihre Stammklientel, die Umweltschützer, die Naturschützer, verlassen, wird es Ih nen gehen wie der SPD, die die Arbeitnehmerschaft verlassen hat und heute um den Einzug in die Parlamente bangen muss.

(Beifall bei der AfD)

Wir kümmern uns gern um den Naturschutz und übernehmen dieses Kapitel gern von Ihnen.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Reinhold Gall SPD: Mei ne Güte! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ich wusste gar nicht, dass Sie über Humor verfügen!)

Ich sage Ihnen: Solange Sie Strom und damit auch Ihren Windstrom nicht speichern können, brauchen Sie die Erzeu gung auch nicht in dieser Form auszubauen.

Ich nenne Ihnen nun einen großen Naturschützer, nämlich Reinhold Messner, der Ihnen etwas ins Stammbuch schreibt: