Protocol of the Session on December 16, 2020

Bevor wir gleich in die Mittagspause eintreten, will ich noch darauf hinweisen, dass sich die Mitglieder des Ständigen Aus schusses in zehn Minuten zu einer Sitzung im BMZ treffen; Sie haben die Einladung dazu schon erhalten.

Wir treten in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sit zung bis 13:10 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:06 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 13:11 Uhr)

Meine Damen und Herren! Ich rufe Punkt 8 unserer Tagesordnung auf:

Regierungsbefragung

Das erste Thema ist gemeldet von der Fraktion der CDU:

U n s e r T o u r i s m u s i n N o t – g e z i e l t u n d r e c h t z e i t i g h e l f e n

Wem darf ich das Wort erteilen? – Herr Abg. Dr. Rapp.

(Abg. Dr. Patrick Rapp CDU begibt sich zu einem Saalmikrofon.)

Nein, von hier vorn, bitte. Die Frage zur Einführung in das Thema wird am Redepult vorgetragen. Danach dürfen Sie Platz nehmen, und Herr Minister Wolf kommt nach vorn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister! Viele Akteu re im Tourismus haben derzeit enorm mit den Lockdown-Vor gaben zu kämpfen. Viele Betriebe sind in ihrer Existenz be droht. Natürlich weist auch die eine oder andere Regierungs stelle doch noch erhebliches Optimierungspotenzial im Hin blick auf die Geschwindigkeit von Veröffentlichungen auf, aber auch im Hinblick auf das Verständnis der Zusammenhän ge innerhalb der Branche. Umso wichtiger ist es, dies einmal in den Mittelpunkt zu stellen und zu zeigen, was in der Bran che los ist.

Die erste Frage bezieht sich auf die Hilfs- und Notprogram me, die von der grünen Seite allerdings leider als Lobbyarbeit betrachtet werden. Ich frage den Herrn Minister: Welche Hilfs programme sind auf den Weg gebracht? Wie passgenau sind sie?

Es gibt eine zweite Frage, die sich auf die Zukunft der Bran che bezieht. Die Akteure erwarten zu Recht eine Perspektive, eine grobe Richtung, wie es weitergehen kann, wenn sich die Situation im Frühjahr verbessert. Hierzu die Frage: Welche Planungen liegen vor, welche Maßnahmen kann das Land Ba den-Württemberg ergreifen, um der Branche eine Perspekti ve zu geben?

Vielen Dank.

Vielen Dank. Das war jetzt sehr vorbildlich, Herr Abgeordneter, dass Sie Ihre Maske so gar während des Sprechens getragen haben. Am Redepult darf man sie ablegen.

Jetzt warten wir noch, bis das Redepult wieder desinfiziert ist. – Vielen Dank.

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Wolf das Wort.

Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Dr. Rapp, vielen Dank für diese Anfrage, die auch zum Ausdruck bringt, dass die Situation derer, die von dem Lockdown, von der seit Monaten andauernden Krise in besonderer Weise be troffen sind, auch im Parlament angekommen ist. Natürlich kümmern wir uns auch über Parteigrenzen hinweg um das Wohl dieser Branche.

Zunächst haben Sie mich nach den derzeitigen Programmen gefragt. Da muss man durchaus einräumen, dass die Band breite der Förderprogramme – einerseits Bund, andererseits Land – inzwischen etwas groß geworden ist. Da mag man auch einmal kurzzeitig den Überblick verlieren. Das geht uns, die wir im Geschäft stehen, nicht anders, als es die Betroffe nen selbst empfinden. – Das ist eine leise Selbstkritik, die ich an dieser Stelle anbringen möchte.

Die Corona-Soforthilfe hat gut funktioniert. Das haben wir von vielen Seiten bestätigt bekommen; das ging unbürokra tisch und schnell. Diese ist in Überbrückungshilfen für ver schiedene Branchen übergegangen. Wir haben in Baden-Würt temberg aber auch noch ein Sonderprogramm, ein Stabilisie rungsprogramm für Hotellerie und Gastronomie aufgelegt – übrigens bundesweit einmalig –; dieses Programm ist mit 330 Millionen € ausgestattet. Das war durchaus ein schwieriger Prozess, bis wir das auf die Reihe gebracht haben.

Wenn manche dies jetzt als Klientelpolitik kritisieren, dann entscheide ich für mich: Wenn es Klientelpolitik ist, sich um eine Branche zu kümmern, die in dieser Krise in weiten Tei len abzustürzen droht, wenn es Klientelpolitik ist, sich um das Wohl und Wehe von knapp 400 000 Mitarbeiterinnen und Mit arbeitern zu kümmern, wenn es Klientelpolitik ist, sich Ge danken darüber zu machen, wie unsere Innenstädte nach der Krise aussehen, dann lasse ich mich gern einer solchen Kli entelpolitik bezichtigen.

(Beifall)

Ich glaube, es ist schon entscheidend, dass wir jetzt darauf achten, dass viele von der Krise hart Betroffene die Chance bekommen, diese Krise zu überstehen. So kam mit dem wei teren Lockdown am 2. November dieses Jahres für die Hotel-

und Gastronomiebranche kein „Lockdown light“, sondern für diese war es ein weiterer harter Lockdown mit allen bekann ten Konsequenzen. Dafür hat der Bund ergänzend zu den Lan desprogrammen bzw. als Ersatz die sogenannte Novemberhil fe und im Anschluss daran durch Verlängerung die Dezem berhilfe in Aussicht gestellt.

Auch hier muss man, wenn man die Lage ernst nimmt und ehrlich bleiben will, schon sagen, was funktioniert hat. Die prompte Schließung zum 2. November 2020 hat funktioniert. Bis zum heutigen Tag hat die Umsetzung des Versprechens, der Branche 75 % des Umsatzausfalls zu erstatten, aber nicht funktioniert. Bis heute ist das nur durch Abschlagszahlungen erfolgt. Abschlagszahlungen werden vom Bund seit dem 27. No vember 2020 geleistet. Bis zum 11. Dezember 2020 wurden in Baden-Württemberg bereits rund 18 000 Anträge einge bracht und Abschlagszahlungen in Höhe von knapp 73 Milli onen € aus Bundesmitteln ausgezahlt.

Hierzu muss man wissen: Diese Zahlungen gehen über die Gastronomiebranche hinaus, weil alle vom November-Lock down Betroffenen diese Hilfe beanspruchen können. Damit sind die Schäden bei Weitem nicht repariert. Da müssen wir als Landespolitiker heute schon noch einen dringenden Ap pell an den Bund richten, diesen zu Recht und, wie ich finde, großzügig ausgelegten Ankündigungen, 75 % der Umsatzver luste auszugleichen, endlich Taten folgen zu lassen. Denn vie le stehen mit dem Rücken zur Wand und haben nicht mehr viel Zeit.

(Beifall – Zuruf: Sehr richtig!)

Zweitens: Sie haben mich nach Perspektiven gefragt. Ja, man muss mitten in der Krise auch nach vorn schauen. Das tun wir zusammen mit den Verbänden. Natürlich sind wir im Ge spräch. Ich halte das auch für unsere Pflicht.

Was wir – Tourismus Marketing Baden-Württemberg, Touris musministerium – tun können, ist, Perspektiven zu geben, weitere Marketingkampagnen, Restart-Kampagnen auf den Weg zu bringen. Das ist im letzten Jahr schon, wie ich finde, ganz gut gelungen mit der Kampagne „Sie haben Ihr Ziel er reicht“. Viele sind im Sommer im Land geblieben. Davon ha ben auch Gastronomen und Hoteliers entlang der tourismus nahen Ausübung ihres Berufs profitiert. Andere, etwa die Ge schäftsreisehotels, tun sich bis heute schwer – auch die Stadt hotels.

Jetzt müssen wir zügig, auch beim Start in das neue Jahr, die se Kampagnen fortentwickeln, weiterentwickeln. Die Wahr nehmung aus der Krise ist, dass sich viele für einen Urlaub im Land entschieden haben. So sie ihn im Laufe des kommenden Jahres denn wieder antreten können, wollen wir auch dafür schon jetzt heftig werben. Ich sage hier klar und deutlich: Die von der Coronakrise maximal hart getroffene Branche hat hier jede politische Unterstützung verdient.

(Beifall)

Ich habe weitere Wortmeldun gen. Wir haben ja für heute ausgemacht, dass pro Thema 15 Minuten zur Verfügung stehen. Deshalb würde ich jetzt den Vorschlag machen, dass wir beide Fragen drannehmen. Dann hat der Minister Zeit, beide Fragen zu beantworten. Ich glau be, das dient auch dem Parlament.

Ich habe jetzt die Wortmeldung von Herrn Abg. Pix von der Fraktion GRÜNE und danach die von Herrn Abg. Dr. Schwei ckert von der FDP/DVP. Dann kommt die Antwort; sonst schaffen wir es zeitlich nicht. – Danke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister Wolf, ich möchte Sie gern fragen, wie Sie das sehen. Der Lockdown hat ja viele Gastronomen und Hoteli ers sehr hart getroffen, sozusagen ins Mark. Aber ähnlich geht es auch zahlreichen Vermietern von Ferienwohnungen, die zum großen Teil durch Programme wie „Urlaub auf dem Bau ernhof“ vor allem im ländlichen Raum zu finden sind. Das sind oftmals Landwirte und Landwirtinnen, Landwirtschafts familien, die ein erhebliches Einkommen aus der Vermietung ihrer Ferienwohnungen erzielen.

Wie mir von zahlreichen Ferienwohnungsbesitzern mitgeteilt wurde, sind sie bisher von den Überbrückungshilfen ausge schlossen. Es ist für mich die Frage, was Sie tun oder wie Sie sich dafür einsetzen, dass diese Ferienwohnungsbesitzer zu mindest bei der Überbrückungshilfe III berücksichtigt wer den. Das wäre die erste Frage.

Die zweite Frage zielt auch auf eine Randgruppe, aber wir ha ben nun mal noch immer Wintersport in Baden-Württemberg, vor allem auf dem Höchsten. Aber es gibt auch zahlreiche kleinere Liftbetreiber. Diese sind bisher auch von Hilfen aus geschlossen. Durch den harten Lockdown sieht es ja auch so aus, dass die Lifte z. B. auf dem Feldberg wegen Covid nicht öffnen können.

Jetzt ist die Frage: Wie sieht es da mit einer Hilfe aus? Diese Betriebe brauchen dringend Unterstützung. Da hängen sehr viele Gemeinden dran. In Bezug auf die Referenz – das letz te Jahr war ja sehr schneearm – ist die Frage, ob Sie sich da für einsetzen und bei Hilfsmaßnahmen z. B. einen Fünfjah resdurchschnitt als Referenz berücksichtigen.

Vielen Dank.

Jetzt nehmen wir noch die Fra ge von Herrn Abg. Dr. Schweickert dazu.

Herr Minister, Sie ha ben die Corona-Soforthilfe I gelobt. Da gibt es ja auch vieles zu loben. Diese konnte aber damals ohne Steuerberatervorbe halt beantragt werden. Gehen Sie davon aus, dass es dadurch, ich sage mal, in der Rückschau das eine oder andere gibt, wo dann Probleme auftauchen? Man hat ja die Systematik geän dert. Alle anderen Überbrückungshilfen müssen ja jetzt mit Steuerberater gemacht werden, es darf keine eigene Buchhal tung mehr gemacht werden. Deswegen die Frage: Gehen Sie davon aus, dass man da genauso unbürokratisch ist und das Ganze nicht nachher zu einem Bumerang wird bei der Coro na-Soforthilfe I?

Der zweite Punkt, zu Ihren Novemberhilfen: Ist eigentlich zwischenzeitlich geklärt, ob sich der Umsatzbezug auf den zugeflossenen oder auf den verursachten Umsatz bezieht? Denn das ist natürlich gerade für einen solchen Monatsbezug ein sehr großes Thema.

Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben das Wort.

Zunächst zum Kollegen Pix. Wenn Sie erlauben: Ich verstehe Ihre Fra ge so, dass Sie sich z. B. dafür einsetzen wollen, dass Eigen tümer von Ferienwohnungen aufgrund der Tatsache, dass die se Wohnungen nicht mehr vermietet werden können, einen Ausgleich für den Verdienstausfall bekommen. Habe ich Sie so richtig verstanden?

(Zuruf)

Darf ich Ihre Frage weiter so verstehen, dass Sie sich dafür einsetzen, dass die Skiliftbetreiber, denen die Möglichkeit ge nommen wurde, ihre Skilifte zu betreiben, auch einen Ersatz dafür bekommen, dass sie keine Einnahmen erzielen? Darf ich Ihre Frage so verstehen?

(Zurufe)

Dann begrüße ich Sie im Kreise der Klientelpolitikerinnen und Klientelpolitiker,

(Heiterkeit und Beifall – Zuruf: Treffer!)

die sich, wie ich finde, zu Recht für eine Branche starkma chen, die von dieser Krise maximal hart getroffen ist. Finde ich gut, Herr Pix, dass Sie das hier so deutlich gesagt haben.

(Zurufe, u. a.: Sehr gut!)