Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegt noch eine Wortmeldung aus den Reihen der CDU vor, und zwar von Herrn Abg. Dr. Rapp. Außerdem möchte noch Herr Landwirtschaftsminister Hauk sprechen. Ich verlängere deshalb die Redezeit der Fraktionen um jeweils 90 Sekunden.
Liebe Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwei Punkte am Anfang, um vielleicht das eine oder andere richtigzustellen. Das Volks begehren ist mit der gestrigen Ankündigung der Initiatoren nicht ausgesetzt. Lediglich die Werbung dafür wird ausgesetzt. Das Volksbegehren läuft weiter. Deswegen ist es gut, dass wir hier die Thematik diskutieren und uns auch mit dem Blick in die Zukunft beschäftigen.
Die Inhalte des Volksbegehrens hatten und haben zum Ziel, Arten zu erhalten, die Arten in Baden-Württemberg zu schüt zen. Aber die Inhalte des Volksbegehrens hatten auch eine Un wucht, weil diejenigen, auf die es gemünzt war, die es umset zen müssen, dabei nicht einbezogen wurden. Daher war es auch wichtig, zu hinterfragen: Was steht jetzt eigentlich in die sem Volksbegehren, und welche Auswirkungen hat es?
Kollege Karrais, ich bitte Sie, bei der nächsten Recherche ge nau hinzuschauen. Die CDU-Fraktion war die erste, die am 9. Juli „gehadert“ hat – so stand es in der „Stuttgarter Zeitung“ – und erst einmal einen Berichtsantrag an die Landesregie rung gestellt hat mit der Bitte, uns darüber Auskunft zu ge ben, welches die Folgen, die Auswirkungen im Positiven wie im Negativen sind.
Uns war es wichtig, aufzuzeigen: Wo muss gegebenenfalls, wenn die Politik wieder am Zuge ist, nachgesteuert werden?
Selbstverständlich hatten wir auch damals schon die Frage der Digitalisierung in der Landwirtschaft diskutiert – bis hin zu Precision-Farming-Elementen. Bisher sind solche Vorhaben übrigens an der FDP im Bund aus Datenschutzgründen ge scheitert.
Nun möchte ich auch darauf hinweisen, dass wir in der jetzi gen Phase nicht dumm, nicht töricht und nicht unverantwort lich sein sollten gegenüber den Initiatoren, den Artenschutz zielen, der Gesellschaft und erst recht nicht gegenüber der Landwirtschaft, indem wir jetzt schon Vorfestlegungen tref fen,
Vorfestlegungen – der Umweltminister nennt das Eckpunkte –, die nicht noch ausführlich mit allen Betroffenen diskutiert werden können. Da gehört die Wissenschaft genauso an den Tisch wie die Landwirte, Teile der Gesellschaft und der Ar tenschutz.
Deswegen – so glaube ich – müssen wir jetzt auch mit Blick in die Zukunft die Diskussion nutzen, um wieder Sicherheit für die Landwirte, aber auch für den Naturschutz in unserem
Land zu bringen, Sicherheit in der Frage, was machbar, was umsetzbar ist, Sicherheit und Verlässlichkeit für die Landwir te, was sie für die nächsten Jahre planen können, was sie tun können, wie sie ihre Arbeit verrichten können, ohne jedes hal be Jahr mit neuen Voraussetzungen, mit neuen Rahmenbedin gungen kämpfen zu müssen. Dafür wollen wir eintreten.
Da kann man den Initiatoren auch durchaus dankbar sein, dass sie jetzt Zurückhaltung üben. Erst dadurch wird es möglich, darüber in einem breiten gesellschaftlichen Konsens zu dis kutieren, vielleicht auch zu diskutieren, wie man in Zukunft mit der Wertschätzung der Produkte der Landwirtschaft um geht, mit den Produkten vom Feld, vom Acker oder aus dem Stall, um wieder zu wissen: Was wollen wir haben, und wo hin wollen wir in den nächsten zehn Jahren als Gesellschaft?
Insofern bin ich beiden Fachministern sehr dankbar, dass sie die Grundlage für eine derart offene Diskussion geschaffen haben, damit es uns gelingt, parallel zum Volksbegehren eine alternative Grundlage zu erstellen, mit der wir alle Bürgerin nen und Bürger – Franz Untersteller hat von Spaltung geredet –, alle Anspruchsgruppen für eine bessere Zukunft für BadenWürttemberg mitnehmen können.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich bleibe dabei: Es sind gelungene Eckpunkte, die gestern von Herrn Minister Peter Hauk und Herrn Minister Franz Untersteller erarbeitet worden sind. Wir wollen sie verbindlich machen. Das ist unsere Zusage an die Initiatoren.
Ich rufe darüber hinaus die landwirtschaftlichen Verbände und die vielen Akteure der Landnutzung auf: Beteiligen Sie sich dabei! Machen Sie mit! Ich glaube, gemeinsam können wir hier einen großen Wurf hinbekommen.
Unser Ziel ist es, diese Eckpunkte sehr zügig in eine Kabi nettsbefassung zu geben und dann sehr zügig über einen ent sprechenden Gesetzentwurf im Landtag zu diskutieren. Ich glaube, Herr Minister Untersteller, Herr Minister Hauk, mit diesen Eckpunkten können wir Artenschutz und naturnahe Landwirtschaft in Baden-Württemberg gemeinsam voranbrin gen. Diese Chance sollten wir nutzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Was den Beitrag des Kollegen Stoch angeht, muss ich noch ein paar Dinge richtigstellen: Diese Regierung ist angetreten, die Biodiversität in Baden-Württemberg voranzubringen. Wir haben in den letzten Jahren geliefert: flächendeckend Land schaftserhaltungsverbände, ein Sonderprogramm Biodiversi tät mit einem Volumen von 36 Millionen €. Und wir setzen in diesem und im nächsten Haushalt da noch einmal etwas oben drauf. Denn es geht auch um die systematische Erfassung der biologischen Vielfalt.
Bei acht Sekunden, Herr Kollege, die mir als Redezeit verbleiben, ist es nicht möglich, ausreichend auf Ihre Frage zu antworten.
Wir setzen bei der Erfassung der biologischen Vielfalt noch mals etwas obendrauf. Bislang orientieren wir uns an dem, was Amateurforscher und Forscher
in den letzten Jahren erarbeitet haben. Daher ist es, finde ich, ein großer Schritt nach vorn, wenn wir ein Kompetenzzent rum für Biodiversität und integrative Taxonomie einrichten. Auch das ist ein wichtiger Beitrag für die Biodiversität. Mit dem gemeinsamen Eckpunktepapier, das wir in ein Gesetz gießen werden, bringen wir Artenschutz und Landwirtschaft in Baden-Württemberg voran.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Gabi Rolland SPD: „Amateurforscher“, also echt! – Gegenruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Ich kenne sie alle, liebe Gabi!)
Danke. – Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Artenschutz ist natürlich ein wichtiges The ma, aber wir sollten doch in dieser aktuellen Situation nicht vergessen, einmal zu hinterfragen: Was sind denn die Ursa chen für den Rückgang? Man muss doch sagen: Wenn wir ei ne grüne Landesregierung haben, die es sich auf die Fahne schreibt, die Natur zu schützen, und wir unter Ihrer Regierung diese Probleme haben, dann müssten Sie einmal anfangen, zu hinterfragen, ob die Energiewende, die Monokulturen und die Windräder vielleicht doch etwas an dieser Faktenlage schuld sind.
Da fängt es ja schon an. Sie sind nicht einmal bereit, zu hin terfragen. Nehmen Sie das doch einfach einmal mit, und schauen Sie sich das einmal an. Und hören Sie auf, irgend welche Gutachten selbst zu erstellen. Denn wir wissen selbst, wie Gutachten mit entsprechenden Ergebnissen zustande kom men. Schauen Sie vielmehr auch einmal in unsere Nachbar länder, und fragen Sie, wie sich die Entwicklung denn in Ös terreich, in der Schweiz, in Bayern und in Tschechien voll zieht. Oder ist Baden-Württemberg das einzige Land, welches diese Entwicklung nimmt? Das zu sehen wäre einmal hoch interessant.
Daher bin ich ganz bei Ihnen, dass wir einmal Fakten sam meln und schauen: Wie sieht es denn insgesamt aus?
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Wir haben – das hören Sie auch, wenn Sie mit den Initiatoren sprechen – in den fünf Jahren grün-ro ter Regierung von 2011 bis 2016 in Baden-Württemberg ge meinsam viel erreicht: eine Erneuerung des Landesnatur schutzgesetzes, die Ausweitung des Schutzes von Gewässer randstreifen und vieles mehr, was – gerade was die Themen Artenschutz und Diversität angeht – wichtige Grundlagen für heute sind.
Wenn Sie aber mit den Initiatoren sprechen, dann werden Sie ganz schnell feststellen, dass in einem Bereich, der für den Artenschutz und die Diversität sehr wichtig ist, nämlich im Bereich Landwirtschaft, gerade in den letzten drei Jahren viel zu wenig passiert ist. Wenn das kein blinder Fleck sein soll, dann muss man das tun, was im Volksbegehren steht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herr Kollege Untersteller, Sie sagen, in dem Eckpunktepapier seien nun von Ihrer Seite Punkte im Sinne einer Weiterent wicklung des Volksbegehrens enthalten. Aber es gibt ein Kopplungsverbot, und die Initiatoren konnten nicht alle Fel der einbauen, weil das Volksbegehren sonst verfassungsrecht lich unzulässig gewesen wäre. Das ist also – wie soll ich sa gen? – kein weiterentwickeltes Volksbegehren. Sie mussten durch ein Volksbegehren dazu bewogen werden, überhaupt etwas zu tun. Das ist die Wahrheit.
Als Herr Kollege Rapp gesprochen hat, hat mich der Eindruck beschlichen – ich glaube, vielen ging es so –, dass sich die CDU-Fraktion schon jetzt, in dieser Debatte, sanft von diesen Eckpunkten verabschiedet. Herr Kollege Rapp, das, was Sie hier gesagt haben, veranlasst mich zu der Frage: Stehen Sie zu den Eckpunkten, oder stehen Sie nicht zu den Eckpunkten? Das, was ich gehört habe, hinterlässt große Zweifel. Wir wer den Sie an dem messen, was Sie uns vorlegen werden. Das, was Sie heute gesagt haben, ist für die Initiatoren keine Er mutigung.