Protocol of the Session on October 16, 2019

Jetzt hat noch einmal Herr Abg. Karrais für die FDP/DVP das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen Ausdruck der AfD kann man nicht stehen lassen. Es wurde gesagt, man solle erst einmal Fakten sammeln, bevor man Politik macht. Da würde ich lieber vor der eigenen Türe kehren, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Daniel Rottmann AfD: Wo sind denn die Fakten?)

Herr Kollege Rapp hat gesagt, dass SAPOS-HEPS aus Daten schutzgründen durch die FDP im Bund verhindert worden sei. Das finde ich erstaunlich; denn in Rheinland-Pfalz ist es kos tenlos verfügbar, in Berlin ist es verfügbar, in Nordrhein-West falen, in Thüringen, in Sachsen ist es verfügbar.

(Abg. Dr. Patrick Rapp CDU: SAPOS schon, nur die Nutzung nicht!)

Auch die Nutzung ist dort verfügbar. – Darunter sind auch zwei Länder, in denen die FDP an der Regierung beteiligt ist. Daher können Sie schlecht sagen, dass die FDP dies verhin dert habe.

(Beifall bei der FDP/DVP)

In Baden-Württemberg können es übrigens seit Jahresbeginn auch schon 100 ausgewählte Versuchsteilnehmer nutzen. Hier scheint es also kein schwerwiegendes Problem zu geben.

Ansonsten ist das meiste gesagt. Das Eckpunktepapier muss definitiv noch nachgebessert werden. Auch wenn viele richti ge Ansätze darin enthalten sind, bestehen immer noch große Hürden, vor allem, soweit es die Kosten betrifft, die entste hen, und vor allem, soweit es die Bürokratie betrifft. Diesbe züglich muss es besser gehen. Ganz unabhängig davon muss man auch 5G an die Milchkanne bringen, wenn man die Di gitalisierung überhaupt einsetzen will, Datenschutz hin oder her.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nun darf ich Herrn Mi nister Hauk das Wort geben.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit gestern Abend liegt, wie ich es nennen wür de, ein Kooperationsmodell oder eine Weiterentwicklung des Volksbegehrensgesetzes in Form eines Eckpunktepapiers der Landesregierung vor.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Ich will ganz klar sagen, dass für uns, für den Umweltminis ter und für mich, zwei Dinge maßgeblich waren. Zum ersten speziellen Thema hat der Umweltminister schon ausgeführt, weil es seinen Ressortbereich angeht. Dies ist der Artenschutz. Das zweite Thema ist, allerdings bedingt durch das andere, die Landwirtschaft.

Der Artenschutz, den wir vorfinden, bezieht sich auf Arten, die nur in landwirtschaftlichen Kulturen vorkommen. Nur im Weinbau und in Terrassensteillagen existieren für die Terras sensteillage spezifische Pflanzen und Tiere. Nur in den Obst gärten existieren die für Obstgärten spezifischen Pflanzen und Tiere. Nur in den Bereichen der Landschaftsschutzgebiete, der FFH-Gebiete am Kaiserstuhl existieren bestimmte Tiere und Pflanzen. Das heißt, die Artenvielfalt wird ganz maßgeblich durch die Landbewirtschaftung bedingt. Deshalb ist die Land bewirtschaftung der ausschlaggebende Grund dafür, dass der Artenschutz flächendeckend vorhanden ist. Uns alle hat in der Diskussion der letzten Wochen und Monate bewegt, dass wir eine flächendeckende Landbewirtschaftung brauchen, dass

wir Landwirte brauchen, die unternehmerisch und eigenver antwortlich entscheiden und die nicht durch Gebote und Ver bote gegängelt werden. Das ist der ganz entscheidende Punkt.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich sage, Ge- und Verbote, dann ist das deshalb ganz entscheidend, weil die Gesetzesinitiative des Volksbegehrens so, wie sie vorlag, genau dort die ganz entscheidenden Schwä chen hatte. Dort war nämlich in Landschaftsschutzgebieten und in Natura-2000-Gebieten ein Pflanzenschutzmittelverbot vorgesehen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Bio zide oder um chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel handelt. Dies hätte ein flächendeckendes Verbot auf rund ei nem Drittel der landwirtschaftlichen Fläche in Baden-Würt temberg bedeutet.

Jetzt sind aber Kulturpflanzen, die wir anbauen, Sensibelchen; es sind Kulturpflanzen und keine Wildpflanzen. Ein Wildap fel ist nun mal nicht verkäuflich; deshalb wird er auch nicht angebaut. Der Fruchtapfel aber braucht eine sensible Behand lung, die eben den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ein schließt. Deshalb kann auf diesen Flächen auch auf Pflanzen schutzmittel nicht verzichtet werden. Das ist von vornherein klar; und das war der Grund für die Probleme.

(Beifall bei der CDU)

Es ist halt auch nicht wahr, was die Initiatoren im Laufe der Diskussionen der letzten Wochen und Monate immer wieder gesagt haben: Dies sei ja nur ein Denkanstoß; man habe mit dem Gesetz nur mal einen Stein ins Wasser werfen wollen. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ein Denkan stoß, und es ist ein Stein ins Wasser geworfen worden, wenn es um die Frage geht: Verfolgen wir das weiter, oder verfol gen wir das nicht weiter?

Wenn aber das Gesetz in Kraft getreten wäre, auf das das Volksbegehren abzielt, dann wäre die Situation nicht verän derbar gewesen. Da beißt die Maus keinen Faden ab: Es wä re nicht veränderbar gewesen. Damit hätte es in Teilen BadenWürttembergs Landwirtschaft verunmöglicht – und darunter hätte auch die Artenvielfalt massiv gelitten. Denn all diese Ar ten, die wir jetzt seit Jahren und Jahrzehnten schützen, wür den dadurch aussterben. Das muss man einfach festhalten. Die Terrassenlagen im Weinbau bei Mundelsheim, am Käsberg, in Roßwag, die Kaiserstuhllagen etc., die würde es alle nicht mehr geben. Es würde keinen Obstanbau am Bodensee mehr geben. Aber neben diesen Produkten würden auch Fauna und Flora flöten gehen, weil diese Flächen dann verwildert wären. Es wäre am Ende Wald geworden – mich hätte das ja gefreut; mit Blick auf die Diskussion um den CO2-Ausstoß wäre das ja tatsächlich zu überlegen gewesen. Landbewirtschaftung wä re das jedoch nicht mehr.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD)

Und ob es ökologisch vertretbar wäre, Äpfel aus Polen, Äp fel aus Neuseeland, Äpfel aus Südtirol zu essen statt der Äp fel, die bislang noch am Bodensee angebaut werden, diese Frage muss sich letztlich jeder selbst stellen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, war und ist es richtig, dass wir Eckpunkte vorgelegt haben. Ich sage auch ganz klar dazu: Diese Eckpunkte sind nicht mehr ver handelbar.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Es sind Eckpunkte, die so in die Umsetzung kommen werden und von denen wir auch kein Jota abrücken werden. Aller dings lassen diese Eckpunkte Spielräume in der Ausgestal tung. Das ist, glaube ich, der ganz entscheidende Punkt: In der Ausgestaltung – das haben wir den Verbänden wiederholt zu gesagt, und wir haben es auch gestern Abend wieder gesagt – wollen wir einen breiten Beteiligungsprozess initiieren. Aber als Eckpunkte stehen sie so da und sind nicht mehr verhan delbar. Ich glaube, sie sind auch ausgewogen.

Zu meiner Leitlinie als Landwirtschaftsminister. Herr Stoch, ich bin Landwirtschaftsminister nicht für die Bauern – wenn ich für die Bauern wäre, gäbe es Konventionelle und Bios; das sollten Sie vielleicht auch noch im Hinterkopf abspeichern –,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ja, ja!)

sondern ich bin deshalb Landwirtschaftsminister, damit in die sem Land Landbewirtschaftung, damit landwirtschaftliche Wertschöpfung erfolgen kann. Ich bin nicht dafür, dass auf 30 % der Fläche Produktionslosigkeit herrschen soll.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der AfD so wie des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE – Zuruf von der CDU: Bravo!)

Da bin ich ein Anhänger von Produktion; das muss ich ganz klar sagen.

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abg. Hoher?

Herr Hoher, Sie stören mich zwar gerade im Re defluss, aber wenn es denn sein muss.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich habe keine Angst, dass Sie nicht wieder in den Redefluss kommen. Es ist nur eine einfa che Zwischenfrage.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Mich würde interessieren: Wie stark waren die Verbände, et wa der Weinbauverband, an diesem Eckpunktepaket beteiligt? Sind deren Ansichten mit eingebracht worden?

(Zuruf von der CDU: Ja, natürlich!)

Die waren bislang genauso beteiligt wie Sie.

(Abg. Klaus Hoher FDP/DVP: Also gar nicht! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Also nicht!)

Sie wurden mit den Eckpunkten konfrontiert als ein Angebot,

(Abg. Klaus Hoher FDP/DVP: Okay!)

um das Volksbegehren gegebenenfalls abzuwenden. Und die Möglichkeit hätte ja aber auch bestanden oder besteht immer

noch, dass wir uns im Landtag im Zweifelsfall – also wenn das Volksbegehren durchgehen würde – auch dazu commit ten, dass wir ein Alternativgesetz haben.

Ich habe eigentlich rundherum nur Zustimmung vernommen: von den Landwirten, von den Imkern, von den Winzern, vom Landesnaturschutzverband, von den Erwerbsobstbauern. Die haben es alle begrüßt und gesagt: „Die Richtung stimmt und die Eckpunkte können mitgetragen werden.“

In der Tiefe ist das in den Verbänden natürlich noch nicht er folgt, weil die Eckpunkte erst gestern Nachmittag abschlie ßend konsentiert wurden. Das muss man einfach so sehen. Es liegt im Wesen von Eckpunkten, dass sie meist erst kurzfris tig das Licht der Welt erblicken. Unter den heutigen Möglich keiten der Kommunikationstechnologie wird ansonsten aus den Eckpunkten gleich ein Stückwerk. Das wollten wir ver meiden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Herr Stoch ist jetzt draußen, deshalb sage ich es – –

(Abg. Andreas Stoch SPD betritt den Plenarsaal. – Zurufe von der SPD: Er ist wieder da!)