Protocol of the Session on December 18, 2013

Herr Minister, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Letzte Bemerkung. – Haben diese Steigerungsraten irgendetwas damit zu tun, dass Poli zeibeamte ausschließlich mit der Reform beschäftigt gewesen sind? Auch das ist schlicht und ergreifend Unfug; denn in zwei Drittel der Fälle von Wohnungseinbrüchen haben bislang schon Beamtinnen und Beamte der Reviere ermittelt, und die se haben gar keiner Projektgruppe angehört, waren dement sprechend personell auch nicht eingebunden und insofern durchaus in der Lage, ihre originären Aufgaben zu erfüllen. Die damit befassten Beamten haben diese Aufgabe übrigens „on top“ gemacht, ohne dass sie ihre bisherigen Aufgaben – jedenfalls im Wesentlichen – vernachlässigt haben.

Es liegt eine Frage der Frau Abg. Häffner vor.

Herr Minister Gall, während der Reform spielte das Interessenbekundungsverfahren eine große Rolle. Können Sie eine Aussage dazu machen, inwie weit das abgeschlossen ist bzw. wie viele Härtefälle es gab und wie die Umsetzung erfolgte?

Das Verfahren ist abgeschlos sen. Die Zahlen habe ich hier wiederholt genannt. Hieran ha ben sich rund 16 500 Beschäftigte beteiligt, davon rund 5 000 Beamtinnen und Beamte, die gar nicht von der Reform betrof fen sind. Das hat, sage ich einmal, bilaterale Vorteile gehabt, nämlich auch Vorteile für jene, die sich im Rahmen dieses In teressenbekundungsverfahrens eine neue Aufgabe suchen konnten, die wohnortnah versetzt werden konnten, was ohne diese Reform nicht möglich gewesen wäre. 80 % all derer, die im Interessenbekundungsverfahren ihre Wünsche geäußert ha ben, konnten wunschgemäß verwendet werden.

Im Moment gibt es – nageln Sie mich bitte auf die genaue Zahl nicht fest –, soweit ich weiß, 25 sogenannte Härtefälle, über die wir bisher nicht entscheiden konnten. Hierbei geht es um soziale Gesichtspunkte oder auch um bestimmte familiäre Si tuationen, so beispielsweise um die Pflege von schwer er krankten Angehörigen usw. Gegenwärtig befinden sich, so weit ich weiß, genau 35 Verfahren – nicht mehr – in der Stu fenvertretung. Diese werden also auf der Ebene der Mitbe stimmung noch strittig diskutiert.

Es liegt eine weitere Fra ge des Herrn Abg. Blenke vor.

Herr Minister, ich hatte nicht ge fragt, ob die Beschäftigung vieler Polizeibeamter mit der Vor bereitung der Reform Einfluss auf die steigende Zahl der Woh nungseinbrüche hatte. Sie haben dazu dankenswerterweise trotzdem ausgeführt. Meine Frage lautete, wie viele Beamte des gesamten Körpers der Polizei in den vergangenen zwei Jahren mit der Vorbereitung der Polizeistrukturreform vor Ort und in den zentralen Stellen befasst waren. Möglicherweise können Sie das jetzt nicht aus dem Stand beantworten; aber Sie können es mir später noch sagen.

Frau Präsidentin, ich würde gern eine weitere Frage stellen. – Herr Minister, uns ist berichtet worden, dass Sie vor einigen Wochen, wohl bei einer Veranstaltung der SPD-Fraktion, bei der es auch um die Polizei und die Polizeireform ging, gesagt hätten, Sie seien froh, dass die Reform jetzt beschlossen sei; denn sie wäre heute so nicht mehr durchsetzbar. Ich war nicht

dabei. Deswegen kann ich nur vom Hörensagen berichten. Aber mich würde interessieren, ob Sie sinngemäß eine solche Aussage getroffen haben und, wenn ja, warum diese Reform aus Ihrer Sicht heute nicht mehr durchsetzbar wäre.

Ich bin tatsächlich froh, dass wir die Reform zügig angegangen sind und dass dies eines der ersten großen Reformvorhaben der neuen Landesregierung war, weil sich mir im Laufe des Reformprozesses mehr als je zuvor gezeigt hat, dass es längst überflüssig war, diesen Schritt zu gehen.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Überflüssig war es! Ja!)

Überfällig war. Entschuldigung. Danke, Herr Herrmann. – Denn in bestimmten Bereichen der Kriminalität – darauf be zog sich auch Ihre Eingangsfrage – haben wir Entwicklungen zu verzeichnen, denen wir mit der alten Struktur schon zwei mal nicht begegnen könnten. Ich habe es ausgeführt: Gerade auch im Hinblick auf die Wohnungseinbrüche kommt es zu einer Zentralisierung von Fachwissen. Es wird deutlich ge macht, welche Deliktsfelder wir zukünftig zentraler bearbei ten wollen.

Ich habe es gesagt: Bei zwei Drittel der Wohnungseinbrüche haben Reviere ermittelt. Zukünftig wird die Kriminalpolizei die Fachaufsicht in diesem Bereich haben – mit dem techni schen Know-how und auch mit der Erfahrung, die sie dort ein bringen kann. Deshalb war das richtig. Sinngemäß können meine Ausführungen, wo immer ich sie gemacht haben soll – ich weiß es gar nicht –, so verstanden werden.

Was die Zahl anlangt, so kann ich sie Ihnen, Kollege Blenke, jetzt in der Tat nicht nennen, jedenfalls nicht im Detail. Aber Sie wissen, dass wir insgesamt 22 Projekte hatten, die natür lich jeweils ihren Nachgang in der Vor-Ort-Umsetzung, in den neuen Zuständigkeitsbereichen der Präsidien, gefunden ha ben. Die Summe reiche ich Ihnen gern nach.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Danke! Und die Durch setzbarkeit heute?)

Das habe ich gerade ausgeführt.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Die Frage ist nicht be antwortet!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Sckerl.

Erstens: Herr Minister, ist es zutreffend – das war in den Medien zu lesen –, dass der Kläger gegen die Besetzung der Führungspositionen der künf tigen Polizeipräsidien selbst einer der größten Kritiker dieser Polizeireform ist, und ist es zutreffend, dass er im Fall einer Ernennung das Präsidentenamt gar nicht ausüben würde, son dern freigestellt werden würde, weil er Angehöriger des Hauptpersonalrats ist?

Zweitens: Sie hatten als eines der wesentlichen Ziele der Po lizeireform neben der besseren Spezialisierung der Einsatz kräfte die Stärkung der polizeilichen Basis genannt, mit dem berühmten Schlagwort „Zwei Mann pro Polizeirevier“. Wie ist denn der Stand dieser Umsetzungsbemühungen?

Herr Kollege Sckerl, Sie ha ben sicherlich Verständnis dafür, dass ich nicht ins Detail ge hen möchte; denn das ist gerade gerichtsanhängig. Aber – das will ich schon sagen – es ist natürlich völlig klar und auch le gitim, dass ein Personalrat oder ein Gewerkschaftsfunktionär freigestellt werden kann. Das ist ein übliches Verfahren, und das kritisiert auch überhaupt niemand. Deshalb kann ich we der vermuten noch sagen, dass der Kläger ein solches Amt, wenn er es erhalten hätte, nicht ausgeführt hätte, sondern in seiner Freistellung geblieben wäre, oder dann doch die Gele genheit genutzt hätte, dieses Amt auszuführen. Das weiß ich nicht.

Was den zweiten Teil der Frage anbelangt, Kollege Sckerl: Ich kann Ihnen jetzt einmal grob sagen, mit welchem Verstär kungspotenzial die Reviere im kommenden Jahr rechnen kön nen. Es handelt sich um etwa 460 oder 490 Stellen – da bin ich mir jetzt nicht sicher, aber jedenfalls ist das die Größen ordnung – ab dem 1. März, was den mittleren Dienst angeht, und ab dem 1. Mai – mit zwei Monaten Verspätung –, was den gehobenen Dienst anbelangt. 460 oder 490 Stellen bei 148 Re vieren: Damit kommt, glaube ich, zum Ausdruck, dass sich die Präsenz in der Fläche im kommenden Jahr deutlich erhö hen wird.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Blenke das Wort.

Danke, Herr Minister, dass Sie die Frage von Herrn Sckerl so klar beantwortet haben, dass die Freistellung für eine Tätigkeit im Personalrat keine Be rufseinschränkung, keine Karriereeinschränkung bedeuten würde. Die Frage hat mich schon etwas gewundert.

Sie sprachen eben davon – das Verstärkungspotenzial, das Sie für die Reviere versprechen, diese zwei Stellen pro Revier –, dass rund 460 oder 490 Stellen kommen. Können Sie bestäti gen, dass dieses Verstärkungspotenzial rein durch die Polizei reform bedingt ist? Oder kann es sein, dass sich dieses Ver stärkungspotenzial auch aus dem Einstellungskorridor ergibt, der bereits seit dem Jahr 2008 läuft, dass also die Verstärkun gen, die Sie jetzt für die Polizeireviere schaffen, zumindest zu einem guten Teil nicht Ergebnis der Reform sind, sondern sich ohnehin ergeben hätten? Wenn ja, sollten Sie das bitte nicht mit der Reform in Verbindung bringen.

Ich wurde schlicht und ergrei fend gefragt, wie sich die Reviersituation verbessert. Wir wis sen alle – das habe ich immer gesagt, das würde auch gar nicht anders gehen –, dass der Zugewinn an Präsenz in der Fläche durch die Reform erst zeitverzögert eintreten kann. Das ist völlig klar. Wer sich dort auskennt, weiß, dass das auch gar nicht anders machbar gewesen wäre oder machbar ist. So ha ben wir argumentiert, und so haben wir das transportiert. Viel mehr wird es in der Endwirkung der Reform so sein.

In der Tat ergibt sich ein Großteil der Verstärkung, die jetzt kommt, aus dem Einstellungskorridor. Aber sie geht in der neuen Reform eben dort hin, wo wir die Polizei haben möch ten, nämlich in die Reviere.

Herzlichen Dank, Herr Minister. – Es liegen keine weiteren Fragen zu diesem The ma vor.

Dann rufe ich das zweite Thema auf – es wurde von der Frak tion GRÜNE angemeldet –:

L ä r m s c h u t z

Ich erteile Herrn Abg. Marwein das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lärmschutz ist ein Thema, das uns alle angeht. Jeder und jede von uns wird schon unter Lärm gelitten haben oder sich darüber aufgeregt haben – an welcher Stelle auch immer. Lärm ist, glaube ich, eine der Krankheitsursachen, die in der Häufigkeit weit vorn stehen.

Diese Landesregierung hat ja extra die Position einer Lärm schutzbeauftragten eingeführt und Frau Staatssekretärin Dr. Splett mit dieser Aufgabe betraut. Frau Dr. Splett hat auch schon einiges in Sachen Lärmschutz unternommen.

Wir möchten heute im Rahmen dieser Befragung wissen: Wel che Initiativen hat die Landesregierung in puncto Lärmmin derung unternommen, insbesondere was den Straßenlärm an geht? Straßenlärm ist ja eine der Lärmarten, die uns am meis ten nerven. Dazu möchte ich etwas wissen.

Frau Präsidentin, darf ich gleich eine zweite Frage stellen? Meine zweite Frage wäre: Wie hat sich der Kooperationser lass bislang in der Praxis bewährt?

Vielen Dank.

Für die Landesregierung darf ich Frau Staatssekretärin Dr. Splett das Wort erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrter Herr Abg. Marwein, sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich hier jetzt die Gelegen heit habe, über Lärmschutz zu sprechen.

Es wurde schon ausgeführt: Lärmschutz ist ein wichtiges An liegen für die Landesregierung. Das Themenfeld ist komplex. Es gibt unterschiedliche Zuständigkeiten, eine zersplitterte Rechtslage. Deshalb braucht man für einen umfassenden Er folg einen langen Atem. Trotzdem haben wir nach den ersten zweieinhalb Jahren unserer Regierungszeit einiges vorzuwei sen.

Es wurde das Thema Straßenverkehr angesprochen. Das ist in der Tat ein sehr wichtiges Problemfeld. Rund 280 000 Men schen in Baden-Württemberg sind von Straßenverkehrslärm über 55 dB(A) nachts betroffen. Wir gehen dieses Themen feld deswegen systematisch an.

Wir prüfen bei Erhaltungsmaßnahmen systematisch, ob der Einsatz lärmarmer Asphaltarten angezeigt ist. Das ist der Fall, wenn Straßenabschnitte saniert werden, die mit über 67 dB(A) tagsüber oder über 57 dB(A) nachts belastet sind.

Wir erarbeiten derzeit ein dreijähriges Lärmsanierungspro gramm für Landes- und Bundesstraßen. Grundlage hierfür ist die Lärmkartierung. Es werden also die am stärksten belaste ten Abschnitte identifiziert. Dann wird dafür ein Maßnahmen paket aufgesetzt. Das besteht auch wieder aus lärmarmem As phalt, aus baulichem Lärmschutz wie Lärmschutzwänden und -wällen und aus passivem Lärmschutz dort, wo keine andere Möglichkeit besteht.

Ab dem 1. Januar 2014 gibt es außerdem den neuen Förder tatbestand Lärmschutz im LGVFG. Was den Aus- und Neu bau von Straßen betrifft, ist Lärmschutz für uns ein wichtiges Priorisierungskriterium.

Neben diesen baulichen Maßnahmen nutzen wir auch die ver kehrsrechtlichen Möglichkeiten für Lärmschutz, beispielswei se Tempo 30 in Ortsdurchfahrten auf klassifizierten Straßen, aber auch Tempobeschränkungen auf Außerortsstrecken. Den Rahmen hierfür gibt uns allerdings die Straßenverkehrsord nung vor, also Bundesrecht. Die Hürden für verkehrsrechtli che Anordnungen aus Lärmschutzgründen sind hoch. Es muss jeweils eine konkrete Gefahrenlage gegeben sein. Wir haben mit dem sogenannten Kooperationserlass im März 2012 auf gezeigt, welche Möglichkeiten uns dieser bundesrechtliche Rahmen gibt, um Menschen vor Lärm zu schützen.

Wenn eine hohe Lärmbelastung vorliegt, die im Übrigen be rechnet und nicht gemessen wird, können Tempobeschränkun gen aus Lärmschutzgründen angeordnet werden, auch auf Bundesstraßen in Ortsdurchfahrten.

Tempo 30 bringt natürlich einen Effekt. Man erzielt damit ei ne Lärmreduzierung um über 2 dB(A). Das entspricht einer Halbierung der Verkehrsmenge.

Leider können nicht alle Wünsche, die an uns herangetragen werden, erfüllt werden. Erstaunt bin ich immer wieder, wenn Vertreterinnen und Vertreter der politischen Seite, die an den derzeitigen Regelungen der Straßenverkehrsordnung festhält und generelle Tempobeschränkungen ablehnt, Forderungen für bestimmte Streckenabschnitte erheben. Generell will man freie Fahrt für freie Bürger, aber vor der eigenen Haustür oder im eigenen Wahlkreis soll es dann möglichst leise sein.

Wir haben neben den angesprochenen Maßnahmen und Initi ativen noch vieles andere getan. Wir haben im Bundesrat In itiativen im Bereich Lärmschutz ergriffen, z. B. beim Flug lärm, aber auch beim Schienenlärm – beispielsweise die Ab schaffung des Schienenbonus.

Auch in Sachen Motorradlärm waren wir im Bundesrat schon erfolgreich, ohne bisher aber den abschließenden Erfolg auf EU-Ebene eingefahren zu haben. Wir arbeiten an neuen Lärm messtechniken, insbesondere auch für Motorradlärm, und hof fen, dass wir damit auch in der Berechnungsmethodik und bei den Kontrollen vorankommen.

Auch beim Thema Fluglärm gibt es verschiedene Ansätze, z. B. lärmabhängige Entgelte, die jetzt bei den Flughäfen Karlsruhe/Baden-Baden und Stuttgart eingeführt wurden.