Ich habe eine Frage: Wissen Sie zufälligerweise, warum Alt intendant Voß kein CDU-Mitglied mehr ist?
Meine Damen und Herren, wir fah ren jetzt in der Aussprache fort. Für die SPD-Fraktion erhält Herr Abg. Stoch das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat – Kollege Pauli hat es zu Recht ange sprochen –: Es ist eigentlich eine an den Haaren herbeigezo gene Debatte, die wir hier führen. Bei der gestrigen Debatte haben wir unter Tagesordnungspunkt 5 über einen Baustopp gesprochen, den es eigentlich gar nicht mehr gibt. Heute spre chen wir über eine feindliche Übernahme des SWR, die es nicht gibt. Eine virtuelle FDP/DVP züchtet virtuelle Debat ten.
Sehr geehrter Herr Kollege Goll, Sie steigen mit dem Verweis auf Nikolaus Brender, den ehemaligen Chefredakteur des ZDF, ein – ein unsäglicher Vorgang, der dort stattfand.
Bei diesem Vorgang wurde ein unabhängiger Journalist – kein Parteisoldat – wegen seiner Unabhängigkeit von Ministerprä sident Koch aus Hessen auf die Abschussliste gesetzt. Mir ist nicht bekannt, dass sich nur ein FDP-Politiker dem widersetzt hätte. Die hessische Landesregierung hat dies betrieben. Des wegen brauchen Sie sich hier nicht als Moralapostel zu gerie ren.
Eines dürfte auch klar sein: Der Vorgang, der nach dieser Landtagswahl mit der Umbesetzung der Vertreter der Landes regierung stattgefunden hat, ist ein normaler Vorgang, wie er in jedem Bundesland und bei jeder Sendeanstalt unmittelbar nach einer Wahl stattfindet. Wie soll denn ein Vertreter der al ten Landesregierung – Herr Müller oder der ehemalige Mi nister Reinhart – die neue Landesregierung in diesen Gremi en vertreten? Das ist ein völlig normaler Vorgang. Das Skan dalisierungspotenzial dieser Vorgänge ist nahe null.
Wenn ein Journalist dies in einem Artikel aufgreift, dann ha ben wir zukünftig viel zu tun, wenn wir so etwas jeweils hier im Hohen Haus debattieren und kritisieren wollen.
Ich kann für die SPD-Fraktion – und ganz sicher auch für die Fraktion GRÜNE – sagen: Wir werden danach schauen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Stellenwert hat, den er auch verdient – dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk, der eine ganz wichtige Funktion in unserer Gesellschaft erfüllt und der auch die Gesellschaft als solche widerspiegeln soll.
Herr Kollege Pauli, Sie haben die Mehrheitsverhältnisse an gesprochen. Wenn wir uns anschauen, wie der Rundfunkrat des SWR zusammengesetzt ist, sehen wir: Von den 74 Mit gliedern des Rundfunkrats des SWR sind acht Vertreter des Landtags von Baden-Württemberg. Diese Sitze werden nach den Mehrheitsverhältnissen besetzt. Das waren nach der alten Berechnung vier Mitglieder der CDU, und das werden auch nach der neuen Berechnung vier Mitglieder der CDU sein. Das heißt, es geht hier gar nicht darum, dass hier jemandem etwas weggenommen würde, sondern diese Gremien werden nach den Mehrheitsverhältnissen, wie sie sich im Wahlergeb nis widerspiegeln, besetzt, und zwar nicht so, dass die Politik hier das alleinige Wort führen würde.
Die gesellschaftlichen Gruppen, die in diesem Land relevant sind – dieser Prozess entwickelt sich ständig weiter –, haben auch zu entscheiden, was in diesem öffentlich-rechtlichen Rundfunk passiert. Wir sind ein Garant dafür – das kann ich Ihnen hier und heute sagen –, dass es keine Einflussnahme der Regierung und dieses Parlaments, was unsere Fraktionen an geht, geben wird, was die journalistische Arbeit – auch die kritische journalistische Arbeit – betrifft. Wir werden das, was im vergangenen Herbst zu erleben war, nicht machen: Es gab über das Thema Stuttgart 21 – der 30. September lässt grüßen – eine kritische Berichterstattung, und dazu gab es deutliche Anwürfe aus der Landesregierung und aus den damaligen Re gierungsfraktionen heraus in Richtung des SWR. Das werden Sie mit uns nicht erleben. Wir sind für einen unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Ich hatte es bereits erwähnt: Der öffentlich-rechtliche Rund funk hat auch – da schließe ich mich dem Kollegen Pauli völ lig an – eine zentrale Aufgabe. Diese ist aber nicht statisch. Wir müssen auch, was den Medienkonsum angeht, die Ange bote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darauf einstellen, damit er auch weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Medien landschaft bleibt. Ich kann Ihnen da ganz sicher das Angebot machen, dass wir, wie in der Vergangenheit, auch in Zukunft die Medienpolitik als einen Bereich haben werden, der im Konsens bearbeitet wird und bei dem wir uns bemühen, einig zu sein und auf die Fragen der Zukunft eine adäquate Antwort zu geben, und zwar, wie ich hoffe, in einem kritischen Dis kurs aller Fraktionen. Aber ich glaube, das wird auch in ei nem konstruktiven Diskurs geschehen.
Jetzt spricht der Vertreter der Frak tion GRÜNE. Die Reihenfolge der Redner hätte eigentlich ei ne andere sein müssen; ich bitte um Nachsicht. – Herr Abg. Salomon, Sie sind jetzt krönender Abschluss der ersten Run de, hoffe ich.
Sehr geehrter Herr Präsident – ich vergewissere mich noch einmal –, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Da men und Herren! Herr Goll, auf Ihre Gerüchte brauche ich nicht näher einzugehen, da diese nichts weiter als Gerüchte sind, die Sie streuen. Das brauchen wir als Regierung und Fraktion jetzt gar nicht weiter zu kommentieren.
Aber ich muss schon sagen, dass Ihr Gesamtbild getrübt und sehr gestört ist. Vielleicht liegt das an einem gewissen Wahl ergebnis. Ich kann es nicht nachvollziehen. Aber Sie müssen endlich einmal die Wahrheit anerkennen.
Da haben wir nun den Sturm im Wasserglas der FDP/DVP, kanalisiert in Form einer Aktuellen Debatte zum Thema „Hän de weg vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk“. Da kann ich Ihnen sagen: Die Debatte ist wirklich nicht notwendig. Das ist eine Scheindebatte, die durch Sie angeregt worden ist. Herr Pauli, ich danke Ihnen für diesen Hinweis. Aber die FDP/DVP hat bisher, milde gesagt – das muss man auch einmal so fest stellen –, medienpolitisch zumindest mit ihren Inhalten in letz ter Zeit nicht geglänzt. Ich will auch darauf eingehen, dass die FDP/DVP anscheinend gerade ihr saisonal abhanden gekom menes staats- und bürgerrechtliches Gewissen wiederentdeckt hat.
Das kann man begrüßen, und ich finde das natürlich sehr gut, wenn es so wäre. Aber hintendran steckt dieser ganze Trick, der offenbaren würde, dass das Ganze nicht ernst gemeint ist, sondern nur eine plumpe Debatte, um der Regierung irgend etwas anzulasten.
Wie gesagt: Wenn es eine richtige Debatte ist, können wir uns zusammensetzen und noch etwas Positives aus der ganzen Sa che machen. Da gibt es bestimmt genug, wie Kollege Stoch, der gerade eben gesprochen hat, erwähnt hat.
Doch wie Sie darauf zu hoffen, dass sich eine Debatte in den Medien noch entwickelt und wir Ihnen vielleicht einen Gefal len tun, den wir Ihnen sicherlich nicht tun werden, und einen kompletten Kahlschlag in den Gremien und den Stellen des SWR betreiben oder vielleicht sogar alle Gebäude des SWR grün-rot streichen – so hört sich das ja an –, da kann ich Ih nen nicht recht geben. Das hat schon etwas Drolliges und zeigt letztendlich Ihre Verzweiflung.
Doch vielleicht wollten Sie mit dem Titel „Hände weg vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ auch Ihr Bestreben zum Ausdruck bringen, dass der Rundfunk langsam, aber sicher – da gab es auch in der Vergangenheit diverse Debatten, als der private Rundfunk eingeführt wurde und als die FDP/DVP auch beteiligt war – durch Nichtstun abgewirtschaftet werden soll. Nach der gestrigen Debatte habe ich noch mehr Indizien dafür, dass Sie das Abwirtschaften, das Nicht-weiter-Investie
ren als Schema und mögliche Masche benutzt haben. Sie möchten dahin kommen, die kommerziellen Anbieter zu stär ken. Dazu sage ich klipp und klar: Das wird mit uns nicht pas sieren. Da ist sich Grün-Rot einig, dass wir uns für den öffent lich-rechtlichen Rundfunk dagegen stellen.
Wir sind im Namen der Bürgerinnen und Bürger dieses Lan des an einem starken, bürgerorientierten und freien Rundfunk zum Wohle aller Menschen – das ist der Grundsatz, zu dem wir uns verpflichtet haben – mehr als interessiert.
So waren wir diejenigen – zusammen mit der SPD –, die ei ne Normenkontrollklage im Bundestag anregen wollten. Doch wer hat sich dazu nicht bereit erklärt? Die FDP. Sie haben dann gesagt: „Das machen wir nicht, weil wir in der Regie rung sind.“ So viel zu Ihrer Ehrlichkeit und Ihren ehrenwer ten Männern, welche Sie gestern immer wieder zum Anspruch erhoben haben.
Was war passiert? Herr Brender hatte es angesprochen. Ein Zitat von ihm lautet – wenn ich zitieren darf –, dass die Ver tretung der Union im ZDF-Verwaltungsrat ein dunkles Schat tenreich sei. Daran sieht man, wie Sie sich dort in letzter Zeit gebärden. Wir wollen das nicht machen, und daher haben wir das zum Anlass genommen, zu sagen: Wir wollen darüber ei ne Debatte. Wir waren es auch, die letztlich vor das Bundes verfassungsgericht gezogen sind, um eine Klärung herbeizu führen. Und wer stellt sich wieder quer? Es ist die FDP. Da gibt es eine ganz klare Linie bei Ihnen: Sie sagen und verspre chen etwas, meinen es aber komplett anders.
Fühlen Sie sich doch bitte nicht verfolgt von etwas, was nicht da ist. Die Realität ist, dass wir es waren, die sich eingebracht haben, und von Ihnen war niemand anwesend. Es gibt also keine heimliche oder herbeigesehnte Vereinnahmung des SWR durch uns. Fühlen Sie sich da nicht verfolgt.
Folglich nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass die Beset zung des Verwaltungsrats durch die Landesregierung ein ganz normaler Vorgang ist, der in § 22 des SWR-Staatsvertrags ge regelt ist. Das können Sie gern nachlesen, und es ist ganz nett, darin auch einmal zu sehen, worauf man sich bezieht. Dabei passiert es wie in allen anderen Gremien auch: Die Landesre gierung besetzt diese vollkommen legitim. Die Scheindebat ten helfen niemandem und dienen auch nicht der Sache. Des halb möchte ich Sie bitten: Kehren Sie wieder zurück zum normalen Dialog. Dies fände ich ganz wichtig, denn dann kön nen wir auch außerhalb des Parlaments wieder weiterreden.
Eines ist klar – das möchte ich auch noch einmal betonen –: Dieser Akt wurde von uns nicht für politische Zwecke benutzt. Das ist klar herübergekommen. So ist der alte und der neue SWR-Chef ein CDU-Mitglied. Wir haben das also nicht zum Anlass genommen, einen Putsch durchzuführen, wie Sie es uns unterstellen, und werden auch in Zukunft so etwas nicht planen. Das sind alles Gerüchte und Scheindebatten von Ih nen, welche klargestellt werden müssen. Wir möchten ledig lich an der Sache orientiert sein, an der Qualifikation, und nicht, wie Sie, weiterhin am Parteibuch.
Weil die Debatte heute Morgen schon einmal stattgefunden hat: Werter Männerverein FDP/DVP, Sie haben gesucht, und was haben Sie gefunden? Nichts außer einer Selbstverständ lichkeit.