Wir hatten bereits vor Ostern, am 20. März, im Rahmen einer von uns beantragten Aktuellen Debatte die Frage der Verläss lichkeit im Hochschulpakt diskutiert. Ich rufe diese Debatte deswegen gern noch einmal in Erinnerung. Denn die Bedeu tung eines Ausbaus der Studienplätze im Bachelorbereich und im Masterbereich ist in diesem Haus ja wohl unbestritten.
Das gilt auch für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. In Ihrem Bilanzpapier „2 Jahre Grün-Rot“ haben Sie zum Hochschulbereich nicht viel zu sagen,
vielleicht ungefähr eine halbe Seite. Ich deute das als generel le Zufriedenheit. Wir mahnen jedoch eine Fortführung des Ausbaus der Bachelorstudienplätze plus einen Ausbau der Masterstudienplätze an. Die Aktuelle Debatte hat gezeigt: Ja, wir haben dafür ein Konzept. Ja, wir finanzieren es von Lan desseite.
Wie wichtig das Thema ist, konnten wir in den letzten Tagen lesen. Wer die Grundrechenarten beherrscht, wusste, dass die große Zahl von Bachelorstudierenden ihr Studium nun been det und jetzt Masterplätze sucht. Baden-Württemberg geht hier verlässlich voran. Wir bauen als erstes Bundesland in Deutschland den Masterbereich aus.
Sie sind gut darin, große Gespenster an die Wand zu malen. Das haben Sie hier gerade sehr deutlich gezeigt. Das Gespenst, um das es heute geht, ist die Vorstellung, dass sich das Land bei der zentralen Landesaufgabe Bildungspolitik aus der Ver antwortung stiehlt und dass wir das abgeben wollen. Nur so kann man Ihre Anträge – das gilt übrigens auch für die FDP/ DVP mit ihrem Änderungsantrag – und Ihre Rede deuten.
Selbstverständlich nimmt das Land seine bildungspolitische Verantwortung wahr. Zu unserem Bekenntnis zur Verlässlich keit gehört es aber auch, über den Tellerrand Baden-Württem bergs hinauszuschauen. Wir wissen doch alle, dass die Her ausforderungen, die mit der zentralen Zukunftsaufgabe Bil dung verbunden sind, von den Ländern allein nicht gemeis tert werden können. Hier müssen alle zusammen anpacken: die Gemeinden als Schulträger, das Land mit seinen Mitarbei terinnen und Mitarbeitern an den Schulen und Hochschulen, aber eben auch der Bund, nämlich da, wo es im heutigen Kom petenzgefüge möglich und nötig ist.
Sie aber malen jetzt das Gespenst an die Wand, dass das Land aus finanziellen Nöten heraus Kompetenzen an den Bund ab geben könnte. Bleiben Sie doch realistisch. Egal, wie man zu der Debatte über die Abschaffung des Kooperationsverbots steht – eine Zweidrittelmehrheit für eine Änderung des Grund gesetzes ist überhaupt nicht in Sicht, auch nicht, wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung im Herbst endlich abgewählt wird.
Halten wir uns also nicht bei dieser Gespensterdebatte über ein Kooperationsverbot auf. Vielmehr geht es darum, wie Bil dung, Hochschulen und Wissenschaft unterhalb einer Verfas sungsänderung im gesamtstaatlichen Gefüge bessergestellt werden können. Wir haben dazu einen sehr konkreten Ände rungsantrag vorgelegt. Ich kann Sie nur auffordern, diesem Antrag zuzustimmen, statt Lippenbekenntnisse einzufordern.
Unser Antrag listet konkrete Möglichkeiten auf, wie Bund und Länder gemeinsam mehr Verlässlichkeit in der Bildungsfinan zierung herstellen können.
Erstens: Eine Anpassung des Umsatzsteueraufkommens hat bereits am 20. März große Zustimmung in diesem Haus ge funden.
Zweitens: Es gibt bereits vielfältige Kooperationen, die aus gebaut und fortgesetzt werden können. Das reicht vom Hoch schulpakt, über den wir, wie gesagt, schon am 20. März dis kutiert haben, bis zur Unterstützung des Bundes bei der Bar rierefreiheit und Inklusion in Kindergärten und Schulen. Ich denke, auch das ist ein gemeinsames Ziel. Darüber brauchen wir nicht mehr zu streiten.
Noch einmal konkreter: Auch beim Hochschulbau geht Ba den-Württemberg verlässlich voran. Das Kabinett hat vor Kur zem beschlossen, die seit 2007 vom Bund gezahlten Entflech tungsmittel für den Hochschulbau weiterhin in der Zweckbin dung zu lassen. Auch damit schaffen wir Verlässlichkeit für unsere Hochschulen. 2011 ist mehr als eine halbe Milliarde Euro an Landes- und Bundesmitteln in diesen Bereich geflos sen.
Wenn Sie vor Ort sind, wissen Sie, dass marode Gebäude ebenso wie der Hochschulausbau weitere Investitionen not wendig machen. Die Zweckbindung, die wir hier jetzt umge setzt haben, ist ein klares Signal an den Bund: Baden-Würt temberg will Verlässlichkeit. Wir stehen zur gemeinsamen Verantwortung und liefern unseren Teil.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Mit unserem Antrag zei gen wir, wie ohne grundgesetzliche Änderungen und ohne ei ne Gespensterdebatte, wie Sie sie hier hochgezogen haben, zügig eine gute Lösung erreicht werden kann. Lassen Sie uns im Interesse der Kinder und der jungen Menschen nicht dar auf warten, dass das Grundgesetz geändert wird, sondern las sen Sie uns jetzt handeln.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Dieses altbewährte Sprichwort passt – so denke ich – auch zu den aktuellen Debatten um die zukünftige Finan zierung der anstehenden Aufgaben im Bildungs- und Wissen schaftsbereich. Denn die umfassende Modernisierung des Bil dungssystems bringt trotz der grundsätzlichen Zuständigkeit der Länder einige Themen mit sich, denen sich auch der Bund in seiner gesamtstaatlichen Verantwortung stellen muss. Fest steht, dass das Land allein diese großen finanziellen Heraus forderungen nicht meistern kann.
Beispielhaft seien folgende Handlungsfelder genannt: die In vestitionskosten für einen flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen sowie der behindertengerechte Ausbau der Schulen. Dieser geht auf eine UN-Konvention zurück. Der Bund hat sie unterschrieben; der Bund sollte – so meinen wir – auch bundesweit dafür sorgen, dass dies entsprechend um gesetzt wird.
Es ist z. B. denkbar, Sozialarbeiterstellen über das Sozialge setzbuch dauerhaft zu finanzieren, um Kindern und Jugendli chen in den Schulen eine bessere Umgebung zu schaffen. Das Gleiche gilt für eine Aufgabenstellung im Wissenschafts- und Hochschulbereich.
Wir konnten jüngst bei unserer Reise nach Malaysia und Sin gapur sehen, wie massiv in den dortigen Ländern mit finanzi eller Unterstützung des Staates in Forschung investiert wird. Wenn es darum geht, mit solchen Ländern gleichzuziehen, um mit ihnen mithalten zu können, ist das Land allein überfor dert.
Ein anderes Beispiel ist die Schaffung neuer Studienplätze im Rahmen des Hochschulpakts. Dieser Hochschulpakt – da will ich Ihnen zwei Zahlen nennen – war ursprünglich so ausge legt, dass bis zum Jahr 2015 etwa 275 000 neue Studienplät ze geschaffen werden sollten. Die aktuellen Prognosen sehen vor, dass wir bundesweit im Moment bis zu 600 000 neue An fängerplätze brauchen. Das ist ein dramatischer Zuwachs und stellt die Länder vor große Herausforderungen.
Von 2007 bis heute haben wir hier im Land Baden-Württem berg – begonnen wurde dies von der alten Landesregierung, und es wurde dann von uns weitergeführt und vollendet – mit dem Programm „Hochschule 2012“ über 22 500 zusätzliche Studienanfängerplätze geschaffen.
Wir erwarten nun vom Bund, dass er der Realität ins Auge sieht und uns bei den Anstrengungen unterstützt. Dabei geht es nicht um eine Umgehung des Kooperationsverbots, es steht auch keine Grundgesetzänderung an, sondern dies ist einfach eine ganz praktische Maßnahme, um ein Problem, das erkannt ist, auch zu lösen.
Es wurde schon angesprochen, dass wir beim Hochschulbau eine ähnliche Problematik haben. Früher war der Hochschul bau eine Gemeinschaftsaufgabe. Wir müssen darauf drängen, dass die Kompensationsmittel aus dem Bundeshaushalt auch nach dem Jahr 2014 weiter bereitgestellt werden. Ansonsten kommen wir mit den Neubauten und den Sanierungen unse rer Hochschulen in Baden-Württemberg nicht weiter.
Klar ist – so meinen wir –, dass wir einfach auch neue Wege in der Zusammenarbeit gehen müssen. Wie ich bereits am An
fang gesagt habe: Wenn es alle Beteiligten wollen, dann las sen sich auch Lösungen finden, und zwar ohne eine Grundge setzänderung und ohne eine Aufhebung oder Aufweichung des Kooperationsverbots.
Wie aus der Stellungnahme der Landesregierung hervorgeht, sind die Verhandlungen zu den von mir genannten Punkten noch nicht abgeschlossen. Wir müssen dennoch zeitnah zu gu ten Ergebnissen kommen.
Wie hier schon zweimal erwähnt wurde, besteht das Problem sicher darin, dass die jetzige Verteilung der Finanzströme zwi schen Bund und Ländern veraltet ist. Diese wurde vor unge fähr 15 Jahren festgelegt. Damals hat noch niemand von ei nem flächendeckenden Angebot an Ganztagskindergärten und Ganztagsschulen, von Inklusion, von dem stark ansteigenden Bedarf an Studienanfängerplätzen gesprochen. Das sind alles Probleme, die uns heute präsentiert werden, die wir heute lö sen müssen und die nicht mehr in den Finanzrahmen der da mals festgelegten Umsatzsteuerverteilung passen. Die alte Re gelung der Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Län dern ist den neuen Aufgaben der Länder nicht mehr adäquat.
Aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, ist deshalb ei ne Erhöhung des Anteils am Umsatzsteueraufkommen für die Länder ein wichtiger und entscheidender Schritt. Wenn wir diesen Anteil um einen Prozentpunkt erhöhen, dann haben wir genügend Finanzmittel, um die von mir beschriebenen Auf gaben zu meistern.
Für uns ist jegliche Art von untergesetzlichen Regelungen zu eigenen Themenbereichen wünschenswert. Ich will hier nun nicht den Begriff der „Gespensterdiskussion“ überbewerten, aber ich meine schon, dass wir bei diesen Fragen nicht aufge regt, theoretisch und grundsätzlich diskutieren sollten, son dern uns im Interesse der Betroffenen die Dinge einfach prag matisch anschauen, Lösungen suchen, mit dem Bund verhan deln und schauen sollten, dass wir möglichst viel Geld vom Bund für die Belange hier in Baden-Württemberg erhalten.
In dem von uns vorgelegten Änderungsantrag wurden die Maßnahmen, die wir von der Regierung erwarten, beschrie ben und wird ein Zeitpunkt vorgeben, zu dem die Regierung über diese Maßnahmen und die Verhandlungsergebnisse be richten soll.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für die Aufmerk samkeit und hoffe auf große Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist erfreulich und verdienstvoll, dass sich die Regierungsfraktionen trotz der gegensätzlichen Positionen der SPD und der Grünen auf Bundesebene zum Er halt des sogenannten Kooperationsverbots bekannt haben.
Auch in der FDP hatte der Landesverband Baden-Württem berg mit seinem Einsatz für den Bildungsföderalismus nicht nur Freunde. Immerhin ist es uns in unserem Fall gelungen, den Bundesparteitag in seiner Mehrheit zu überzeugen. Das haben SPD und Grüne bisher leider noch nicht geschafft.
Das Resultat war erst einmal eine Verkehrte-Welt-Situation im Bundesrat, in dem ein Gesetzentwurf der christlich-libera len Koalition mit Kompromisscharakter im Hochschulbereich von SPD und Grünen blockiert wurde mit der Begründung, der Kompromiss gehe nicht weit genug und müsse das Ko operationsverbot vollständig aufheben, also auch im Schulbe reich.
Die baden-württembergische Landesregierung hat im Bundes rat eine merkwürdige Rolle gespielt, indem sie angekündigt hat, dem Kompromissvorschlag trotz grundsätzlicher Unter stützung nicht zustimmen zu wollen. Er sei nicht genügend in die Breite gegangen, so ihre Begründung.
Gleichzeitig zeigte sich bei einer Diskussion im Wissen schaftsausschuss im vergangenen September grundsätzliche Einigkeit zwischen den Fraktionen im Landtag und der Lan desregierung in der Frage des Kooperationsverbots.
Der heute vorliegende Antrag der CDU gibt uns allen Gele genheit, den Worten Taten folgen zu lassen. Die Regierungs fraktionen haben schon einen Änderungsantrag vorgelegt. Hierzu und zum Änderungsantrag der FDP/DVP sage ich nachher noch etwas. Es ist jedenfalls eine gute Gelegenheit, ein Signal der Geschlossenheit zu senden; sie sollte nicht aus parteitaktischen Erwägungen ausgeschlagen werden.
Umgekehrt war der etwas eierige Kurs des Ministerpräsiden ten in der Frage, ob Baden-Württemberg gegen den Länder finanzausgleich klagen soll oder nicht, kaum nützlich. Man kann es den Ländern Bayern und Hessen nur anrechnen und ihnen dankbar sein, dass sie hierbei so konsequent die Fahne des Wettbewerbsföderalismus hochgehalten haben, während unser Ministerpräsident monatelang laut hin und her überlegt hat, ob man nun klagen oder verhandeln soll.