Wir haben dort die Organisation so verändert, dass sich Fach personal mit diesem Thema beschäftigen kann. Dies betrifft beispielsweise Islamwissenschaftler und Spezialisten aus dem IT-Bereich.
Meine Damen und Herren, wir haben gegenwärtig ziemlich genau 97 % dessen, was wir uns mit dem Antiterrorpaket 1 vorgenommen haben, insbesondere im Polizeivollzugsdienst
tatsächlich umgesetzt. Schauen Sie sich einmal Programme aus anderen Ländern an, die manchmal durchaus gewichtig daherkommen. Schauen Sie sich einmal den Umsetzungsstand bei diesen Programmen an. Schauen Sie sich einmal an, was aus dem gemacht wurde, was angekündigt wurde. Ich kann für uns sagen: Das, was wir angekündigt und auf den Weg ge bracht haben, ist weitestgehend erledigt.
Es findet immer eine hochdynamische Weiterentwicklung der Erkenntnisgewinnung statt. Logischerweise haben wir auch aus dieser Art von Anschlägen, die in Paris stattgefunden ha ben, neue Erkenntnisse gewonnen. Beispielsweise haben wir über Monate und Jahre hinweg von einem zügellosen Dschi had gesprochen. Das heißt, jeder macht das, was er irgendwie für richtig hält. Jetzt haben wir in Paris festgestellt, dass es nicht nur autonome, nicht nur sympathisierende Gruppen gibt, die Anschläge planen und durchführen, sondern dass der IS offensichtlich dazu übergeht, in Form direkter, wenn man so will, auch militärischer Operationen Attentate im Ausland zu planen und für die Durchführung zu sorgen, und zwar mit ei ner Brutalität, wie wir sie, wie ich meine, jedenfalls bei uns im Westen nicht gekannt haben. All dies basiert jedoch auf der Nutzung und Anwendung beispielsweise modernster Kom munikationsmittel, die diesen Menschen zur Verfügung ste hen.
Deshalb haben wir geschaut: Können wir gerade in diesem Bereich weitere Ansätze finden, wie wir unsere Polizei und den Verfassungsschutz noch besser als bislang in die Lage ver setzen, nach Möglichkeit solche Anschläge zu verhindern? Wir werden daher nicht nur Sachmittel in einer erheblichen Höhe, nämlich einen zweistelligen Millionenbetrag, neu zur Verfügung stellen, um beispielsweise bei der Internetaufklä rung, bei Multimediaforensik, bei der Sicherheitsüberprüfung, bei Waffen und Schutzausrüstung, bei Netzwerktechnik, aber auch im operativen Einsatz für weitere qualitative Verbesse rungen unserer Polizei zu sorgen.
Wenn dies gemacht wird – wir werden dies machen –, brau chen wir selbstverständlich auch Personal, das diese neuen Techniken, diese Medien auch zur Anwendung bringen kann, das die operativen Rahmenbedingungen, die wir schaffen, dann auch tatsächlich nutzt. Deshalb wird damit auch ein Per sonalpaket verbunden sein. Das ist überhaupt keine Frage. Wir sind in der Endausarbeitung dieses Maßnahmenpakets. Wir werden es im Ministerrat beraten und es selbstverständlich auch Ihnen zur Kenntnis geben.
Meine Damen und Herren, wir sind auch konsequent bei dem, was wir im Personalbereich schon beschlossen haben. Wir ha ben beschlossen, zur Entlastung des Polizeivollzugsdienstes der Polizei im Nichtvollzugsbereich neue Stellen zu geben. Mit dem ist aber nicht kompatibel – das will ich ausdrücklich sagen –, dass gerade für den technischen, für den Tarifbereich nach wie vor eine Wiederbesetzungssperre greift und wirkt. Konsequent, ehrlich und erforderlich ist, diese Wiederbeset zungssperre jetzt auszusetzen. Ansonsten können die neuen Stellen ihre Wirkung jedenfalls nicht so vollumfänglich ent falten, wie es sein müsste.
Es ist schön, dass wir uns da einig sind. Herr Kollege Blen ke, dazu hat es nicht Ihres Antrags bedurft, auch keines Weck rufs.
Ich habe Ihnen gesagt: Bei diesem Thema sind wir ausgeschla fen. Bei diesem Thema haben wir unter Beweis gestellt, dass wir handlungsfähig sind. Das sind wir nicht erst jetzt, sondern wir sind es auch schon in der Vergangenheit gewesen.
Meine Damen und Herren, damit geht einher – das will ich noch ergänzen –, dass mehr Ermittlungsverfahren bei der Po lizei infolge der Aufklärung, der Informationsgewinnung na türlich auch entsprechend Auswirkungen bzw. Wirkungen im Bereich der Justiz zeigen. Gerade auch bei der Generalstaats anwaltschaft, die auch im Auftrag der Generalbundesanwalt schaft wesentliche Aufgaben übernimmt – Kollege Stickel berger, ich meine, um die 20 Verfahren hat der Bundesanwalt zwischenzeitlich nach Baden-Württemberg abgegeben –, wird es darauf ankommen, dass wir Maßnahmen bündeln. Wir müs sen eine einheitliche Ansprechstelle bei der Generalstaatsan waltschaft in Stuttgart schaffen mit einer Bündelungsfunkti on für den Bereich Staatsschutz und den Bereich „Bekämp fung des Terrorismus“. Auch dies wird Teil des Maßnahmen pakets sein müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb lassen Sie mich zum Schluss einfach sagen: Es ist unser Ziel, das Ziel dieser Landesregierung, mit einem starken Staat, mit inhalt lich starken staatlichen Institutionen die Menschen in unse rem Land zu beschützen.
Stärke, meine Damen und Herren, heißt aber nicht zuvorderst quantitative Stärke. Baden-Württemberg ist seit jeher – da ste hen wir, glaube ich, in gar keiner schlechten Tradition; das will ich ausdrücklich anerkennen – im Blick auf die Qualität der staatlichen Leistungen gut aufgestellt. Wir setzen nicht ausschließlich auf Quantität. Das wird uns für alle Teile der Landesverwaltung auch von Externen, beispielsweise von Ver waltungswissenschaftlern, bestätigt.
Meine Damen und Herren, das machen wir auch im Bereich der inneren Sicherheit. Das machen wir im Bereich unserer Sicherheitsbehörden. Wir setzen in erster Linie auf die Qua lität der Arbeit, die dort zu leisten ist. Würde nämlich Quan tität die Qualität ersetzen können, dann wären beispielsweise die Stadtstaaten die sichersten Bereiche in der Bundesrepub lik Deutschland. Gerade das sind sie aber nicht.
Dies ist deshalb ein Beleg für das, was ich eingangs sagte, nämlich dass kluge, durchdachte Konzepte in der Lebenswirk lichkeit auch funktionieren. Ausschließlich die Zahl der Stel len zu erhöhen, meine Damen und Herren, führt in der Folge nicht automatisch zu einer höheren Sicherheit. Ein vernünfti ges Konzept in investiven Bereichen,
in Organisation, auch in Personal, das ist es, wodurch Sicher heit im Land Baden-Württemberg gewährleistet wird.
Deshalb will ich an dieser Stelle all denjenigen, die unsere Werte, unser Land bedrohen möchten, sagen: Deutschland, auch Baden-Württemberg, ist ein friedliches Land. Wir legen Wert auf Freiheit, auf eine offene Gesellschaft. Wir legen Wert darauf, dass man bei uns im Leben auch Spaß und Freude ha ben kann, bei Versammlungen, bei Kultur-, bei Sportveran staltungen. Das werden wir durch diese Maßnahmen auch in der Zukunft gewährleisten. Meine Damen und Herren, unser Staat, auch Baden-Württemberg, das in unserer Verantwor tung steht, ist und bleibt ein wehrhafter Staat, der seine Stär ke aus einer starken Demokratie bezieht.
In diesem Sinn hoffe ich auf Ihre Unterstützung, wenn es in der Folge um das zweite Antiterrorpaket geht, wenn es um die Sicherheit in unserem Land geht, wenn es darum geht, ge meinsam Verantwortung zu übernehmen. Das Thema sollte nicht für politische Scharmützel genutzt werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich war dann doch etwas über rascht. Die Thematik dieser Aktuellen Debatte lautet: „Die Si cherheitslage in unserem Land“. Ihre Rede ist jedoch in wei ten Teilen zu einem Rechtfertigungsfeldzug für die Polizeire form geworden,
und das in einer Dimension, die nahelegt, dass Sie inzwischen längst gespürt haben, dass angesichts einer derart überdimen sionierten Polizeireform der Frust in der Polizei selten so hoch war wie jetzt.
Deshalb fände ich es gut, wenn Sie die Nähe zur Basis der Po lizei, die herzustellen Sie sich immer wieder bemühen, auch jetzt an den Tag legen würden, wenn es darum geht, die wirk lichen Schwachstellen dieser überdimensionierten Reform auch gemeinsam mit der Polizeibasis aufzuarbeiten. Nach al len Gesprächen, die wir mit der Polizei geführt haben, kann ich Ihnen versichern, dass diejenigen in der Polizei, die jetzt über Jahre die Leidtragenden dieser verkorksten Reform ge worden sind, gute Ratschläge zu geben hätten.
Was den Verfassungsschutz angeht, Herr Minister, war man ches von dem, was Sie gesagt haben – das unterstreiche ich
Wenn Sie hier die Stärkung des Verfassungsschutzes, die Schaffung zusätzlicher Stellen, auf Ihr Konto verbuchen, dann hätte zur Ehrlichkeit gehört, darauf hinzuweisen, dass Sie zu vor beim Verfassungsschutz mehr Stellen gestrichen haben. Das hätte dazugehört.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es! 21 ge strichen und 15 geschaffen, macht minus 6!)
An die Adresse des geschätzten Kollegen Sckerl, der hier noch einmal – zu Recht – das Zusammenspiel von Freiheit und Si cherheit thematisiert hat, möchte ich sagen: Natürlich gibt es das, Kollege Sckerl, aber Freiheit bedingt Sicherheit. In der Situation, in der wir uns gegenwärtig befinden, halte ich Ih ren Satz „Wir werden alles, wirklich alles ohne Vorbehalt prü fen, was der Sicherheit dient“, für eine wirklich schwache Aussage. „Wir werden alles, wirklich alles vorbehaltlos prü fen.“
Das stimmt mich umso nachdenklicher, wenn ich an das ak tuelle Abstimmungsverhalten der grünen Fraktion im Deut schen Bundestag bei Gesetzen denke, die genau gegen den Terrorismus gerichtet waren: Novellierung der Antiterrorda tei 2014, die die Vernetzung von 38 Polizeibehörden und des Nachrichtendienstes zur Folge hatte. Die Novellierung erfolg te 2014. Die Grünen stimmten 2014 mit Nein. Verlängerung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes 2015, das auch zur Fol ge hatte, dass Ausländer im Terrorumfeld ausgewiesen wer den können. Die Grünen stimmten 2015 mit Nein. Personal ausweisentzug: Um die Ausreise von IS-Anhängern mit deut scher Staatsangehörigkeit in die Krisenregionen, insbesonde re über die Türkei, zu verhindern, kann jetzt auch der Perso nalausweis entzogen werden. Die Grünen stimmten mit Nein.
Geschätzter Kollege Sckerl, vor diesem Hintergrund ist der Satz „Wir werden alles, wirklich alles ohne Vorbehalt prüfen“ nicht geeignet, mir die Überzeugung zu geben, dass die Grü nen wirklich an der Sicherheit in Baden-Württemberg und in Deutschland interessiert sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach § 82 b der Geschäftsordnung erteile ich das Wort Frau Abg. Häffner für eine persönliche Erklärung.