Protocol of the Session on October 7, 2009

Weitere Fragen? – Für die SPD-Fraktion, Frau Abg. Wonnay.

Herr Minister, gerade angesichts der Aufbruchstimmung, die Sie selbst erwähnt haben und die wirklich eine ganz tolle Chance darstellt, im Bereich der frühkindlichen Bildung ganz entscheidend voranzukommen, muss es doch geradezu alarmierend sein, wenn Gemeindetag und Städtetag als wesentliche Umsetzungspartner jetzt sagen: Wir müssen diesen Prozess aussetzen – der Städtetag hat Klage angedroht –, weil eben noch immer nicht geklärt ist, wie sich das Land beim frühkindlichen Bildungsprozess nicht nur an der Erstellung, sondern auch an der fachlichen Umsetzung beteiligt, die zu den Rahmenbedingungen, die es bisher gibt, einfach nicht möglich ist. Deshalb lautet doch eine ganz entscheidende Frage – sie geht noch einmal an Sie; die Umsetzung des Orientierungsplans muss ein gelingender Prozess werden –: Wie beteiligt sich das Land auch finanziell daran, damit dies möglich wird?

Zum Ersten möchte ich aus einer gemeinsamen Erklärung zitieren, die das Land mit den kommunalen Landesverbänden und den Kirchen am 30. Juni 2009, als der Orientierungsplan in seiner überarbeiteten Form vorgestellt wurde, verabschiedet hat:

Das Kultusministerium, der Städtetag, der Gemeindetag und die kirchlichen Kindergartenträger sind sich einig, dass dieser gemeinsam angestoßene Prozess der Qualitätsentwicklung in Kindergärten und anderen Kindertageseinrichtungen fortgesetzt werden muss.

Es kann also nicht die Rede davon sein, dass irgendjemand plane, auszusteigen. Dass man in Kindergärten offensichtlich bereits Bedingungen hat, die es möglich machen, mit dem Orientierungsplan zu arbeiten, zeigt die Tatsache, dass 1 700 Kindergärten schon vor drei Jahren angefangen haben, damit zu arbeiten.

Jetzt habe ich schon zweimal gesagt – aber ich sage es gern noch ein drittes Mal, wenn es dem Verständnis hilft –, dass wir im Rahmen des Finanzausgleichs vor Verhandlungen mit den kommunalen Landesverbänden stehen und dass diese Fragen dabei eine Rolle spielen. Die kommunale Seite hat nichts anderes getan, als sich für diese Verhandlungen aufzustellen und zu sagen: „Das sind unsere Themen, die in diesem Zusammenhang aufgerufen werden müssen.“ Sie wissen auch, dass solche Erklärungen, wie Sie sie hier einfordern, als Ergebnis von Verhandlungen genannt werden können, aber nicht am Beginn von Verhandlungen stehen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Fünf Jahre verlo- ren!)

Vielen Dank. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Schebesta das Wort.

Herr Minister, Frau Kollegin Wonnay hat von Aufbruchstimmung gesprochen. Sie haben vorhin die Zahlen genannt, wie viele Kindergärten bereits nach dem Orientierungsplan arbeiten. Jetzt gibt es daneben die Diskussionen über das Geld. Haben Sie den Eindruck, dass die Verhandlungen zwischen Land und kommunalen Landesverbänden Auswirkungen auf die Kindergartenarbeit und auf die weitere Implementierung des Orientierungsplans in die tatsächliche Kindergartenarbeit haben, dass also diese Diskussionen, die zwischen dem Land und den kommunalen Lan

desverbänden stattfinden, in irgendeiner Form die richtigen inhaltlichen pädagogischen Ansätze im Orientierungsplan aufhalten und diese Aufbruchstimmung deshalb bremsen würden?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein! – Vereinzelt Hei- terkeit)

Die pädagogischen Grundlinien des Orientierungsplans werden ganz sicher Eingang in alle Kindergärten finden. Da bin ich sehr optimistisch. Da werden die Eltern hinterher sein. Da werden die Schulen hinterher sein, die die Kinder nach der Kindergartenzeit unter ihre Fittiche nehmen. Da werden auch die Erzieherinnen und Erzieher hinterher sein. Ich kann nur noch einmal die Zahl von 1 700 Kindergärten nennen, die schon heute nach dem Orientierungsplan arbeiten.

Dass die Verbesserung von Rahmenbedingungen im pädagogischen Prozess eine permanente Frage ist, ist uns allen klar. Sicherlich ist manches wünschenswert. Wir schauen, was machbar ist. Ich gehe auf jeden Fall davon aus – wie ich es schon am 30. Juni gesagt habe –, dass die Zahl der Kindergärten, die nach dem Orientierungsplan arbeiten, rasch zunehmen wird.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Lösch das Wort.

Herr Minister Rau, Sie haben gerade angedeutet, dass die Verbesserung der Rahmenbedingungen, die auch einen anderen Personalschlüssel enthalten, ein Teil der Verhandlungen sein wird, die Sie am 20. Oktober mit den kommunalen Landesverbänden führen könnten.

Übrigens sind es nicht nur die kommunalen Landesverbände. Vielmehr sind auch die freien Träger in dieser Sache der gleichen Meinung wie die kommunalen Landesverbände. Wir hatten am Freitag eine große Anhörung mit 160 Erzieherinnen, die alle eigentlich das Gleiche gesagt haben: Der Orientierungsplan ist im Prinzip ein guter Plan. Es geht um die individuelle Förderung von Kindern. Es geht um Dokumentationen, das heißt, dass man mehr Zeit braucht.

Wenn sich der Personalschlüssel verändert, dann heißt das, dass wir mehr Erzieher und Erzieherinnen in den Kindertages einrichtungen brauchen. Sowohl wir als auch der Städte- und der Gemeindetag haben hochgerechnet, dass wir zusätzlich 10 000 Erzieherinnen brauchen werden. Der Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg ist allerdings leer gefegt. Die Ausbildungskapazitäten der Fachschulen für Sozialpädagogik reichen nicht aus. Meine Frage lautet: Was plant das Land, um dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken? Was wollen Sie tun?

Das Land hat bereits im letzten Jahr damit begonnen, die Ausbildungskapazitäten an den Fachschulen für Sozialpädagogik deutlich auszubauen. Wir haben auch mit Blick auf die Verpflichtungen, die spätestens im Jahr 2013 bei den Kindern unter drei Jahren zu erfüllen sein werden, dafür gesorgt, dass zusätzliche Kapazitäten sowohl an öffentlichen Schulen als auch an Schulen in freier Trägerschaft entstehen. Die Frage ist, wie groß die Nachfrage nach diesen Ausbildungsgängen ist.

Wir haben im Moment nicht die Situation, dass uns etwa zu wenig Plätze an den Fachschulen zur Verfügung stünden. Wir haben in diesem Jahr erste Meldungen, wonach die Zahl derer, die in diese Ausbildung gehen, gegenüber dem letzten Jahr um 800 gestiegen ist. Ich glaube, dass hier eine gemeinsame Anstrengung auch in der Werbung bei den jungen Menschen, die in diese Ausbildungsbereiche gehen, notwendig ist. Jedenfalls haben wir im Rahmen der Qualitätsoffensive Bildung dafür Vorsorge getroffen, dass die notwendigen Mittel bereitstehen, um die Kapazitäten so zu erweitern, wie wir sie brauchen, um der ganzen Nachfrage Herr zu werden.

Weitere Fragen? – Frau Abg. Wonnay für die SPD-Fraktion.

Herr Minister, Sie sagten, Sie hätten die Hoffnung, dass weitere Kindergärten dazukommen. Jetzt will ich doch noch einmal nachfragen. Ich bin davon ausgegangen, dass es das erklärte Ziel ist, dass der Orientierungsplan bis zum Jahr 2009/2010 verbindliche Grundlage für alle Kindergärten im Land wird, damit auch alle Kinder im Land die Chance auf bestmögliche Förderung haben. Wenn das das Ziel ist, dann muss es doch auch das Ziel sein, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Wir haben im Vergleich zu Ländern wie Rheinland-Pfalz, das bereits seit fünf Jahren mit einem verbindlichen Orientierungsplan arbeitet, wie gesagt, fünf Jahre in der flächendeckenden Umsetzung verloren.

Ist es die Absicht, in den Verhandlungen unter Beteiligung des Landes zu erreichen, dass der Orientierungsplan, der eine gute Grundlage ist, jetzt wirklich in allen Kindergärten des Landes zum Wohl aller Kinder umgesetzt wird?

Ich will zunächst einmal sagen: Wir haben nicht fünf Jahre verloren, denn in diesen fünf Jahren ist auch Bildungsarbeit in den Kindergärten gemacht worden. Aber wir haben den besten Orientierungsplan gewonnen. Dadurch können wir die Grundlage für wirklich zukunftsgerichtete Konzepte legen. Wir haben auch in der frühkindlichen Bildung – ich habe es vorhin schon genannt – einige Ansätze geschaffen, die weit über das Kindergartenkonzept hinausreichen. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir in diesem Bereich gut unterwegs sind.

Die Verbindlichkeit kann nur durch die Verhandlungen mit der Trägerseite hergestellt werden. Jetzt habe ich es dreimal gesagt, aber ich sage es für Sie gern das vierte Mal. Dann lassen wir es aber sein. Sie können das fünfte Mal fragen, aber ich antworte dann nicht mehr.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wir verhandeln mit den Trägern. Die Termine sind schon vereinbart. Ich bin optimistisch, dass wir dabei ein gutes Ergebnis erzielen werden, sodass der Prozess mit dem Orientierungsplan in den Kindergärten und Kindertagesstätten weitergeht.

Weitere Fragen? – Frau Abg. Lösch.

Herr Minister Rau, wahrscheinlich müssen Sie es mir jetzt zum fünften Mal sagen.

Nein, bei Ihnen ist es erst das dritte Mal.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Aller guter Dinge sind drei!)

Mit der verbindlichen Implementierung des Orientierungsplans – flächendeckend in ganz Baden-Württemberg – gilt das Konnexitätsprinzip, das gesetzlich verankert ist. Oder sehen Sie das anders? Wenn das Land bestellt, muss es auch für die Finanzierung aufkommen. Das, was das Land den kommunalen Landesverbänden oder den freien Trägern gibt, ist keine Wohltat, sondern beruht auf dem gesetzlich verankerten Konnexitätsprinzip.

Liebe Frau Kollegin Lösch, was glauben Sie, warum wir mit den Kommunen verhandeln? Weil es einen Klärungsbedarf gibt, was genau unter diesen Punkt fällt. Jetzt lassen Sie uns halt verhandeln. Okay?

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wenn wir das Vertrau- en hätten!)

In uns kann man immer Vertrauen haben. Diese Landesregierung verdient auf jeden Fall Vertrauen.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weitere Fragen? – Keine. Dann ist dieser Teil der Regierungsbefragung beendet. – Vielen Dank, Herr Minister Rau.

Gibt es weitere Fragen? – Herr Abg. Walter von der Fraktion GRÜNE. Wenn Sie ein weiteres Thema ansprechen, dann können Sie auch von hier vorn reden.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Oh!)

Da bin ich großzügig. Ich halte mich an die von den Fraktionen beschlossenen Richtlinien, und zwar strikt.

Bitte, Herr Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In diesen Tagen werden wir nicht zum ersten Mal mit dem Thema Tourismusförderung und der Tourismus-Marketing Baden-Württemberg GmbH konfrontiert. Offensichtlich gibt es dort Vorgänge, die vom Aufsichtsratsvorsitzenden entweder nicht kontrolliert wurden oder von denen er nichts gewusst hatte. Es stellt sich die Frage, weshalb ein Geschäftsführer mehr verdienen kann als der Ministerpräsident, obwohl die TMBW doch eine Institution ist, die eindeutig vom Land gefördert wird. Man kann also nicht sagen, dass es ein Unternehmen sei, das selbst Geld erarbeite. Hier arbeitet man vielmehr nur auf der Basis von Zuschüssen.

Deswegen frage ich die Landesregierung: Inwieweit waren Sie über diese Vorgänge informiert, auch zu der Zeit, als Sie, Herr Minister, schon im Amt waren, aber auch als Ihr Vorgänger im Amt als Minister noch immer Präsident des Tourismusverbands war? Inwieweit waren Sie insbesondere über die Vorgänge informiert, bei denen es immer wieder zu Gehaltserhöhungen kam, die teilweise nur per Zuruf ausgesprochen wurden oder die vielleicht gar nicht groß besprochen waren? Das ist die eine Frage.

Die zweite Frage, Herr Minister, ist: Was gedenkt die Landesregierung nun zu tun, damit wieder Ruhe in diese GmbH hineinkommt, damit solche Zustände nicht mehr vorkommen?

(Unruhe – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Pst!)

Was wollen Sie tun, damit es dort zukünftig eine bessere demokratische Kontrolle gibt?

Bitte, Herr Minister Pfis ter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf zunächst darauf hinweisen, dass dieser Rechnungshofbericht keine klassische Beratende Äußerung des Rechnungshofs darstellte, wie wir das sonst kennen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ja, aber hat der Rech- nungshof mit seinem Bericht recht oder nicht?)

Dieser Rechnungshofbericht ist nicht auf Antrag des Landtags, sondern auf meinen persönlichen Antrag hin erstellt worden. Insofern ist es ein interner Bericht, der auch nur mir zugegangen ist.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Der stand doch in der Zeitung! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Der stand doch in der „Stuttgarter Zeitung“!)