Protocol of the Session on October 7, 2009

Ich muss hinzufügen: Es ist auch völlig unmöglich, dass der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst nun eine Frage nach der Kernkapitalquote der LBBW beantworten soll.

(Widerspruch bei den Grünen – Abg. Peter Hofelich SPD: Das würden wir ihm durchaus zutrauen!)

Die Regel ist so.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir führen hier jetzt keine Abstimmung durch. Die Regularien sind festgelegt. Sie sind auf Probe eingeführt; wenn Sie andere Regularien wollen, können wir nach einem Jahr darüber beraten. Aber es kann nicht sein, dass man hier, ohne dass dies zwischen den Fraktionen abgesprochen wäre, ein anderes Verfahren wählt. Sie haben also keine Möglichkeit, jetzt eine Frage zum Thema LBBW zu stellen.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Für die nächste Frage erteile ich Frau Abg. Kurtz für die Fraktion der CDU das Wort.

Ich möchte den Herrn Minister einmal fragen, wie sich innerhalb der neuen Tranche der zusätzlichen Studienplätze die fächerspezifischen Anteile darstellen. Vielleicht können Sie einmal dazu Auskunft geben, auf welche Fachgebiete sich die Studienplätze anteilsmäßig jeweils verteilen.

Vielen Dank, Frau Kurtz. – Zum Ersten: Unsere Erfahrung aus der Vergangenheit ist, dass die Aufteilung so, wie wir sie vorgenommen haben, das heißt die Aufteilung mit einem Schwerpunkt in Naturwissenschaft und Technik, auch angenommen worden ist.

Wir liegen jetzt im Bereich Ingenieurwissenschaften im weiteren Sinn bei 35 %. Das entspricht auch dem großen Bedarf der Industrie und der Wirtschaft an Ingenieuren. Wir dürfen uns nicht blenden lassen von dem momentanen Minus bei der Nachfrage nach Ingenieuren. Wir werden die Krise überwinden. Wir wissen, dass in Deutschland Tausende von Ingenieuren und vor allem Ingenieurinnen fehlen. Insofern liegt hier nicht nur ein Schwerpunkt darauf, diese 35 % zu erreichen, sondern wir wollen auch mit speziellen Programmen und mit speziellen Anregungen erreichen, dass mehr weibliche Studierende ein Ingenieurstudium anstreben.

Im Bereich Naturwissenschaften und Mathematik liegen wir jetzt bei 8 %. Wir gehen somit im Bereich Wirtschaftswissenschaften und Sozialwissenschaften jetzt auf 39 %. Das heißt, es gibt gegenüber den Vorphasen eine gewisse Verschiebung. Wir waren in den Vorphasen etwas stärker im MINT-Bereich und gehen jetzt etwas stärker in den Bereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, in dem Studienplätze erfahrungsgemäß in dieser Größenordnung nachgefragt werden.

Da auch die Orientierung des doppelten Abiturientenjahrgangs 2010 sehr stark auf die Universitäten und auf diese Fächer gerichtet sein wird, dürfen wir nicht nur auf den Arbeitsmarkt schauen, sondern müssen auch die Bedürfnisse, Wünsche und Selbsteinschätzungen der Studierenden in ihrer Studienplatzwahl sehen. Wenn man die Liste durchschaut, sieht man, dass wir durchaus auch in die Geisteswissenschaften gehen. Wir werden dann bei der Planung zur Erhöhung der Zahl der zusätzlichen Studienplätze von 11 533 auf 16 000 verstärkt die Geisteswissenschaften berücksichtigen. Denn wir wollen die Absolventen des doppelten Abiturientenjahrgangs nicht zu bestimmten Fächern „vergewaltigen“, die sie vielleicht nicht studieren wollen und für die sie auch nicht qualifiziert sind. Aber wir werben intensiv für die Naturwissenschaften.

Das von uns aufgelegte MINT-Programm soll das Signal setzen, dass trotz der Krise Ingenieure und Naturwissenschaftler gebraucht werden, und bewirken, dass jetzt möglichst keine Absolventen dieser Fächer arbeitslos werden. Denn das würde sich sofort auf das Studierverhalten niederschlagen und damit die nächste „Delle“ im Ingenieurnachwuchs produzieren. Eine solche hatten wir schon einmal, als wir in einer ähnlichen Phase in einen Schweinezyklus mit weniger Studierenden der Ingenieurwissenschaften geraten sind, weil die Absolventen keinen Arbeitsplatz erhalten konnten.

Die Industrie verhält sich hier vorbildlich. Es werden Ingenieure und Ingenieurinnen eingestellt, die die Unternehmen derzeit brauchen. Wir schaffen 500 zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse für MINT-Absolventen, damit wir sie mit ihrer Ausbildung und ihrer Qualifikation im System halten und damit auch das richtige Signal für 2012 setzen.

(Beifall des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Vielen Dank. – Gibt es weitere Zusatzfragen? – Keine. Dann darf ich mich bedanken, Herr Minister.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Als Nächstes erhält die SPD zu einem Thema aus der letzten Kabinettssitzung das Wort. Dazu können dann wieder Fragen gestellt werden.

Ich darf Frau Abg. Wonnay das Wort erteilen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Wortmeldung bezieht sich auf eines der wichtigsten bildungspolitischen Vorhaben des Lan des Baden-Württemberg, ein Vorhaben, für das wir dringend eine Antwort der Landesregierung brauchen, nämlich den Orientierungsplan.

Sie wissen: Wir sind bei der Frage, welche verbindliche Bildungsgrundlage wir für den entscheidendsten Bildungsschritt

insgesamt haben, nämlich für den Bereich der frühkindlichen Bildung, nicht an der Spitze der Bundesländer. Wir sind das letzte Bundesland, das einen solchen Bildungsplan – bei uns heißt er „Orientierungsplan“ – jetzt endlich verbindlich einführen will. Die Einführung ist erneut ins Stocken geraten, weil die Landesregierung noch immer nicht geklärt hat, wie sie sich an dieser wichtigen Bildungsaufgabe beteiligen wird.

Das ist ein ganz entscheidender Schritt zur Herstellung der Chancengleichheit gerade für die Kinder – das haben uns auch internationale Studien immer wieder bestätigt –, die bei uns bisher noch nicht ihre Chancen wahrnehmen können, nämlich Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder aus sozial schwachen Familien. Diese Kinder hätten durch den Orientierungsplan jetzt wirklich die Chance auf eine frühzeitige Förderung. Damit könnten auch sie ihre Bildungschancen ausschöpfen. Das ist also eine ganz entscheidende Weichenstellung.

Ich bitte die Landesregierung, den Herrn Kultusminister, in diesem Haus zu sagen, ob wir im Land Baden-Württemberg bei dieser wichtigen frühkindlichen Frage weiterhin im Bremserhäuschen sitzen oder ob das Land gegenüber den Partnern – den Kommunen, den Trägern, auch den Eltern – jetzt endlich erklärt, wie es sich hinsichtlich dieser wichtigen Bildungszukunftsweichenstellung – das ist eine der ganz entscheidenden zentralen Bildungsfragen, die das Land BadenWürttemberg zu beantworten hat – zu verhalten gedenkt, und ob Sie jetzt endlich sagen: „Wir sind Partner in diesem wichtigen Bereich“, und zwar auch Partner, was die Finanzierung betrifft. Das ist die Frage.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Rau das Wort.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Helmut Rau!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Frau Kollegin Wonnay völlig zu Recht festgestellt hat, ist die frühkindliche Bildung von außerordentlich hoher Bedeutung. Dem hat die Landesregierung von Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren in erheblichem Umfang entsprochen. Wir haben die Förderung der Kinder im vorschulischen Alter in unterschiedlichen Bereichen in den Mittelpunkt unserer bildungspolitischen Überlegungen gerückt und haben u. a. solche Programme wie das Projekt „Schulreifes Kind“ auf den Weg gebracht. Wir haben für Deutschland richtungweisend an 33 Standorten Bildungshäuser für Drei- bis Zehnjährige geschaffen, in denen Kindergärten und Grundschulen ganz eng zusammenarbeiten. Das gibt es so in keinem anderen Land, verehrte Frau Kollegin Wonnay. Wenn Sie also schon versuchen, Ranglisten aufzustellen, dann nehmen Sie bitte die richtigen Parameter. Dann werden Sie erkennen, dass wir an der Spitze der Bewegung sind.

(Beifall des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Oh, jetzet!)

Außerdem haben wir im Jahr 2005 die Erarbeitung des Orientierungsplans für Bildung und Erziehung für die baden

württembergischen Kindergärten und für weitere Kindertages einrichtungen auf den Weg gebracht. Dieser Orientierungsplan hat schon zum Zeitpunkt der Erprobungsphase viel Lob geerntet. Wir haben diesen Orientierungsplan seit 2006 an Modellkindergärten erprobt. Bei der Ausschreibung haben wir festgestellt, dass das Interesse sehr groß ist, sofort nach diesem Orientierungsplan zu arbeiten. Deswegen haben wir gesagt: Wir geben ihn frei, damit die Kindergärten, die jetzt in die Umsetzung wollen, dies auch tun können. Deswegen arbeiten derzeit bereits etwa 1 700 Kindergärten im Land nach dem Orientierungsplan.

Wir haben in den vergangenen Jahren eine ganz breite Fortbildung zum Orientierungsplan gemacht. Alle Erzieherinnen und Erzieher aus unseren Kindertageseinrichtungen konnten an Fortbildungen teilnehmen, die vom Land und den Kommunen gemeinsam finanziert wurden. Sie sind also vorbereitet. Nach der Modellphase haben wir eine Auswertung vorgenommen – eine Evaluation –, und dabei ist zum Ausdruck gekommen, dass der Orientierungsplan – ich zitiere Frau Professor Dr. Röbe, die diese Evaluation gemacht hat – in vielen Kindergärten angekommen ist und den Berufsalltag im Kindergarten nachhaltig verändert hat. Sie nimmt dann verschiedene Felder und sagt, die höchste Wertschätzung werde den Fortbildungen zum Orientierungsplan zugeschrieben. Dieser gilt im Ländervergleich als herausragendes Beispiel.

Wir sind gut unterwegs, und wir haben die Ergebnisse der Erprobungsphase. Diese haben wir am 30. Juni der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Orientierungsplan hat als Bildungskonzept für die Kindergärten sehr großen Zuspruch erhalten.

Jetzt geht es darum, dass die Kindergärten in einer – wie ich angekündigt habe – vermutlich rasch ansteigenden Zahl mit dem Orientierungsplan arbeiten werden. Diejenigen, die es ohnehin schon tun, werden keine Rolle rückwärts machen, und andere werden dazukommen.

Nun stellt sich der kommunalen Seite, die einen Teil der Trägerschaft repräsentiert – zur Hälfte handelt es sich um freie Träger –, die Frage der Finanzierung. Wir haben mit der kommunalen Seite vereinbart, dass wir bei den anstehenden FAGGesprächen darüber reden. Das hat nichts damit zu tun, dass wir uns bei der Einführung des Orientierungsplans in irgendeiner Form von diesem Prozess verabschieden wollten. Im Gegenteil, wir werden ihn zügig voranbringen. Die Realität vor Ort wird das unter Beweis stellen.

Vielen Dank. – Gibt es weitere Fragen? – Von der CDU-Fraktion nicht.

Für die Fraktion GRÜNE, bitte, Frau Abg. Lösch.

Zu diesem Thema?

Immer zu dem Thema, das aufgerufen ist. Ich will Ihnen zwischendurch noch einmal sagen: Das ist noch eine Probephase, und wir können nach dieser Probephase über das gesamte System diskutieren. Das ist ein System, das wir vom Deutschen Bundestag übernommen haben; aber nicht alles, was der Deutsche Bundestag macht, ist richtig.

(Heiterkeit – Unruhe)

Bitte, Frau Kollegin Lösch.

Ich will an die Frage von Kollegin Wonnay anknüpfen. Kollegin Wonnay hat nach der Verbindlichkeit des Orientierungsplans gefragt. Jetzt haben wir – das haben Sie ausgeführt, Herr Kultusminister – die Modellphase hinter uns gebracht. Sie haben gesagt, dass ab Herbst, ab diesem Schuljahr bzw. Kindergartenjahr der Orientierungsplan in Baden-Württemberg flächendeckend verbindlich implementiert werden soll.

Jetzt meine Frage: Wie wollen Sie diese Verbindlichkeit gewährleisten? Wie wollen Sie eine Qualitätskontrolle der Implementierung des Orientierungsplans erreichen?

Eine weitere Teilfrage: Glauben Sie, dass Sie mit den jetzigen Rahmenbedingungen, was z. B. den Personalfachkräfteschlüssel anbelangt, der seit 1972 – das sind jetzt 37 Jahre – der gleiche ist, nämlich 1,5 Fachkräfte auf eine Gruppe von bis zu 28 Kindern, den Orientierungsplan umsetzen können?

Bitte, Herr Minister.

Frau Kollegin Lösch, der Orientierungsplan hat eine große Zustimmung aller Beteiligten erfahren: der Trägerverbände, der Kommunen, der Bildungsexperten, derer, die in den Kindergärten arbeiten. Deswegen ist ganz klar, dass das die Basis der künftigen Bildungsarbeit in den Kindergärten sein wird. Ich habe gesagt: Die Rahmenbedingungen werden Teil der FAGGespräche zwischen der kommunalen Seite und der Landesregierung sein. Da diese Gespräche erst noch stattfinden, sind die Bedingungen noch nicht ausgehandelt.

Es ist aber deutlich geworden, welche Punkte auf den Tisch gelegt werden; u. a. geht es auch um Gruppengrößen. Ich will Ihnen jetzt sagen, dass die Gruppengrößen nach den geltenden Mindestvorgaben theoretisch tatsächlich bis zu 28 Kindern gehen können. In Wirklichkeit aber bewegen sich die durchschnittlichen Gruppengrößen mittlerweile je nach Kindergartentyp bei 16,8 Kindern in den Halbtagsgruppen, 19,1 Kindern in altersgemischten Gruppen, 19,9 Kindern bei Ganztagsbetreuung, 21,2 Kindern bei verlängerten Öffnungszeiten und 21,5 Kindern in den Regelgruppen. Das heißt, in Wirklichkeit sind wir schon weit unter den Mindeststandards angekommen. Es gibt eine dynamische Entwicklung.

Jetzt will ich noch etwas dazusagen. Wir haben uns mit den Kommunen im Jahr 2002 über die Kindergartenfinanzierung verständigt, und wir haben damals festgehalten, dass wir die Bezuschussung – obwohl abzusehen war, dass die Kinderzahl stark zurückgeht – auf dem hohen Niveau halten werden. Das heißt, wir haben heute einen wesentlich höheren Pro-KopfZuschuss pro Kind als damals. Allein in den letzten zwei Jahren ist die Kinderzahl in den Kindergärten um 30 000 zurückgegangen, der Zuschuss des Landes aber überhaupt nicht.

Das alles sind Punkte, die wir in den jetzt anstehenden Verhandlungsrunden gemeinsam mit den Kommunen besprechen müssen. Da alle das Ziel haben, den Orientierungsplan aufgrund seiner Güte umzusetzen, bin ich mir auch sicher, dass das gelingt.

Weitere Fragen? – Für die SPD-Fraktion, Frau Abg. Wonnay.