Protocol of the Session on November 19, 2020

immer wichtiger, und auch das ist ein Ergebnis, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk leistet, und das müssen wir würdigen.

Schließlich müssen wir feststellen, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk, das gesamte System, im letzten halben bis dreiviertel Jahr, in der Krise, einen spürbaren Akzeptanzgewinn erfahren hat, und das ist messbar, wir können es darstellen, dass die Leute darauf Wert legen, diese Informationen zu bekommen, eine seriöse Berichterstattung, anstatt alle möglichen Fake-News zu hören.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Franz Kerker (AfD): Das hat man gestern bei der Demo gesehen! – Gunnar Lindemann (AfD): Warum sprechen Sie dann noch von Fake-News?]

Zum Glück haben wir in diesem Haus eine große Übereinstimmung über die Frage der Bedeutung dieses Systems und auch über die Verantwortung, die wir dafür tragen.

[Gunnar Lindemann (AfD): Postengeschacher!]

Deshalb will ich das hier nicht allzu sehr verlängern. Die Erhöhung des Rundfunkbeitrags ist äußerst maßvoll. Es sind 1,2 Prozent pro Jahr. Das ist angesichts der Aufgaben und der Kostenentwicklung eine sehr vorsichtige, maßvolle Erhöhung, und ich darf daran erinnern, dass die Bedarfsermittlung durch die KEF ohne medienpolitische Einflussnahme stattfindet. Das gebietet nämlich das Prinzip der Staatsferne.

[Ronald Gläser (AfD): Ulli Meyer!]

Deswegen ist es nur höchst ausnahmsweise zulässig, dass wir hier etwa aus zwingenden wirtschaftlichen Gründen von dieser KEF-Empfehlung abweichen. Das tun wir nicht, weil solche auch gar nicht vorgetragen wurden. Sie haben sie auch nicht vorgetragen, und sie sind auch weit und breit nicht erkennbar. Deswegen werden wir dieser Vorlage selbstverständlich zustimmen.

Wenn wir hier in diesem Haus einen breiten Konsens haben, dann erübrigt sich tatsächlich eine ausführliche Debatte über die Finanzierungsgrundlagen. Das steht ja auch alles im Vertrag drin. Ich hoffe, dass SachsenAnhalt als Land Nr. 16 doch noch zustimmen kann, denn sonst würde wegen des Funktionsauftrags, den wir im Medienstaatsvertrag haben, das Bundesverfassungsgericht ohnehin gezwungen sein, diese Erhöhung als Gerichtsentscheidung zu beschließen. Ich hoffe, dass Sachsen-Anhalt doch noch mitmacht. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Franz Kerker (AfD): Das muss rückgängig gemacht werden – Weitere Zurufe von der AfD]

Für die Fraktion der CDU hat das Wort Herr Abgeordneter Goiny.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Gläser! Wenn man die Nachrichtensendungen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über die US-Wahlberichterstattung gesehen hat, dann kann man feststellen, dass dort führende Leute in der Wahlleitung der USA, Vertreter der Gouverneure und andere interviewt wurden, die alle miteinander gesagt haben, das sei die sicherste und korrekteste Wahl in der Geschichte der USA. Das ist im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auch so berichtet worden. Insofern kann ich die Behauptung, die Sie aufgestellt haben, in keiner Weise nachvollziehen, Herr Kollege!

[Beifall bei der CDU, der SPD, der LINKEN

und den GRÜNEN –

Diese Aussage

ist doch nichts wert! –

Aber die

gehören doch zur Verschwörung dazu! –

Die sind alle bezahlt!]

Lustig ist auch Ihre These, es hätte eine Gebührenbeitragserhöhung gegeben, weil ja jetzt durch die Neuordnung des Gebührensystems so viele dazugekommen wären. Das ist ja, als wenn Sie plötzlich in Bezug auf eine Gruppe von Steuerhinterziehern sagen, die müssen jetzt Steuern zahlen, und dazu sagen: Für die ist das aber eine hundertprozentige Steuerhöhung. – Das ist ja wirklich ein abenteuerlicher Vergleich, den Sie hier anstellen. Also richtig ist, dass mit dem neuen Beitragsmodell jetzt mal alle die zahlen mussten, die schon immer hätten zahlen müssen, und die Mehreinnahmen, die die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten dadurch erzielt haben, konnten die auch nicht frei verwenden, sondern sie mussten sie in eine Rücklage packen, die jetzt in der Tat aufgebraucht ist. Und die KEF, die jetzt diesen Vorschlag unterbreitet hat – da muss man auch mal kurz innehalten: Seit zwölf Jahren ist der Rundfunkbeitrag stabil, nein, er wurde sogar um 50 Cent gesenkt. Wenn wir uns jetzt anschauen, dass er um 86 Cent erhöht werden soll, dann heißt das 3 Cent mehr am Tag, gerundet gesprochen. Und das nehmen Sie zum Anlass, um gegen den öffentlichrechtlichen Rundfunk zu wettern – da merkt man doch, dass da etwas ganz anderes dahintersteckt als die Sorge darum, dass es hier zu teuer wird.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Franz Kerker (AfD): Quatsch!]

Nein, Ihnen passt ein unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk nicht, den versuchen Sie zu diskreditieren, und das ist eine sehr durchsichtige Masche, die Sie hier an

(Frank Zimmermann)

den Tag legen, weil an jedem Ihrer Argumente deutlich wird, dass das überhaupt nicht stimmt.

[Franz Kerker (AfD): Wir hätten gern einen!]

Gerade wenn man sich ansieht, wie der RBB hier in unserem Sendegebiet in Berlin-Brandenburg in den letzten Jahren auch unter der Leitung der neuen Intendantin Frau Schlesinger begonnen hat, den Sender zu reformieren, neue Programmangebote hergeholt hat, modernere Technik reingeholt hat, auch sparsamer mit den Mitteln umgegangen ist, dann zeigt es, dass auch der öffentlichrechtliche Rundfunk in der Lage ist, sich anzupassen und zu reformieren.

Wir brauchen eine solche unabhängige Plattform, eine staatsferne, sozusagen neutrale Form der Berichterstattung in unserem Land, und das hat sich – der Kollege Zimmermann hat eben schon darauf hingewiesen – gerade in diesem Jahr noch mal besonders gezeigt, wo ja auch die Nutzerzahlen sowohl beim Fernsehen als auch bei den Rundfunkstationen des RBB massiv in die Höhe geschnellt sind, weil die Leute wissen: Auf diese Informationen kann man sich verlassen, und nicht auf irgendwelche Fake Videos, die von Ihren Freunden ins Netz gestellt sind.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU und den GRÜNEN]

Insofern muss man einfach mal sagen: Selbst diese Gebührenerhöhung, die jetzt von der KEF vorgeschlagen worden ist, bedeutet ja de facto einen Sparkurs bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

[Lachen bei der AfD]

Das, was jetzt hier zum Beispiel auf den RBB abfällt, bedeutet in den nächsten Jahren eine Kürzung von 29 Millionen Euro, die der RBB erbringen muss, und wenn die Gebührenerhöhung nicht käme, wären es noch mal 13 Millionen obendrauf. Das heißt also: Auch hier ist es bei Weitem nicht so, dass die Gebührenbeitragserhöhung jetzt das Füllhorn des Geldes über die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ausschüttet.

Gleichwohl kann man in der Tat an der Arbeit der KEF auch kritische Anmerkungen machen. Ich will zum Beispiel darauf hinweisen, dass es ja auch in Kreisen der Medienpolitikerinnen und Medienpolitiker immer wieder kritisch gesehen wird, dass Sparanstrengung und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der einzelnen Rundfunkanstalten bei der Ermittlung des Finanzbedarfs bei der KEF zu wenig berücksichtigt werden. Das ist in der Tat ein Reformvorschlag, den man von dieser Seite hier auch mal in Richtung KEF und in Richtung Ministerpräsidenten senden kann, denn in der Tat muss man natürlich schauen, wie hier der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch mit einem knapper werdenden Budget auch nach Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten entsprechend berücksichtigt wird. Es wird auch immer ins Feld geführt: Da werden ja üppige Gehälter und Pensionen gezahlt –

[Lachen bei der AfD – Franz Kerker (AfD): Ist ja so! – Gunnar Lindemann (AfD): Geldverschwendung!]

Sie wollen ja den Leuten, die da jetzt im Ruhestand sind, offensichtlich ihre Renten kürzen, das müssen Sie denen auch mal so sagen. Das ist ja sogar Ihrer Kollegin Frau Dr. Brinker im Hauptausschuss mal negativ aufgefallen.

Also auch hier muss man einfach sagen: Sie arbeiten auch an dieser Stelle mit Unwahrheiten. Und völlig richtig hat der Kollege Zimmermann ja auch darauf hingewiesen – und das darf in an dieser Stelle auch als Appell an die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern sagen –: Es gibt ein paar Verfassungsgrundsätze, die auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk anbetreffen. Insofern ist das, was jetzt hier vorgeschlagen wurde, glaube ich, in der Tat eine mäßige Anpassung an das, was notwendig ist. Deswegen macht es natürlich Sinn, dass die Parlamente das von sich aus beschließen und an dieser Stelle nicht erst das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung treffen müsste.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Torsten Schneider (SPD)]

Ich glaube, das wäre auch ein Armutszeugnis der Politik, deswegen wird die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hier zustimmen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU, der SPD und der LINKEN Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Für die Fraktion Die Linke hat das Wort Frau Abgeordnete Bluhm.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ist es ja ein sehr erfreuliches, versöhnliches Ereignis, dass ich meinen beiden Vorrednern von SPD und CDU in eigentlich allen Punkten, die hier bisher erörtert worden sind, zustimmen kann. Das gibt es auch nicht so oft.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU und den GRÜNEN]

Wir reden heute über den Ersten Medienänderungsstaatsvertrag und damit über eine Anhebung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent. Der Beitrag ist nicht willkürlich gewählt – das ist schon gesagt worden –, er ist eine Empfehlung der KEF, die den Finanzbedarf der Rundfunkanstalten ermittelt hat. Es ist trotzdem keine Formalie, dass wir heute darüber reden, weil es ist zum einen eine Frage der Transparenz, aber dann auch der Akzeptanz, und zum anderen erleben wir – und das haben wir auch hier am Eingang der Debatte auf unsägliche Weise erlebt, finde

(Christian Goiny)

ich – seit Jahren eine verstärkte, oft emotional und kontrovers geführte Auseinandersetzung um den öffentlichrechtlichen Rundfunk. Das müssen wir eben auch einordnen in unsere Debatte: Es gibt die politische und die notwendig medienpolitische und gesellschaftliche Einordnung in diesem Zusammenhang.

Zum Finanziellen ist schon etwas gesagt worden: Die geplante Anhebung ist die erste seit zwölf Jahren. In dieser Zeit sind die Kosten gestiegen – übrigens auch für gute Arbeit, offensichtlich null und nichts relevant für die AfD –,

[Zuruf von Franz Kerker (AfD)]

aber es sind auch die Einnahmen gesunken, und 2015 ist der Rundfunkbeitrag um 48 Cent abgesenkt worden. Wenn wir berücksichtigen, dass die Rundfunkanstalten selbst sagen, sie brauchen 3 Milliarden Euro mehr und die KEF davon auch die Hälfte als erwiesen und anerkannt ausweist, dann zeigt sich, dass die 86 Cent doch eine moderate Erhöhung sind.

Aber die Gretchenfrage ist doch: Wie hältst du’s mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und was ist er uns wert? – und das geht viel stärker über die Frage hinaus, ob 86 Cent angemessen sind oder nicht.

[Beifall bei der LINKEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Er hat einen rechtlich verankerten demokratischen und kulturellen Auftrag in unserer Gesellschaft. Ihm obliege die unerlässliche Grundversorgung, urteilt das Bundesverfassungsgericht bereits 1986. Und gerade in den Zeiten, in denen die Gegner der Demokratie, Verschwörungstheoretiker und andere ihre kruden Theorien und Hassbotschaften in den sozialen Medien verbreiten können, wird umso deutlicher, wie wichtig jener Auftrag ist. Um diesen Auftrag erfüllen zu können, müssen die Öffentlich-Rechtlichen ausreichend finanziert sein – und auch das ist rechtlich festgelegt; man schaue sich auch mal die rechtlichen Grundlagen an, ehe man hier so kühne und weltabgewandte Thesen formuliert –, denn dem dient die Erhöhung des Rundfunkbeitrags, und auch deshalb findet sie unsere Unterstützung.

Doch liegt der Wert, den wir dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk beimessen, für uns Linke nicht in einem Automatismus von Beitragserhöhungen. Medienpolitisch und gesellschaftlich braucht es unter den demokratischen Kräften eine Debatte, einen Diskurs über Auftrag und Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Frage der Finanzierung kann eben nur ein Teil, wenn auch ein entscheidender sein. Und ja: Die Zeit ist reif für eine echte Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems im Sinne breiterer medialer Teilhabe, sozialer Gerechtigkeit, guter Information, Unterhaltung und Beratung, breiter Akzeptanz, Barrierefreiheit und auch einer stärkeren Zuwendung zu den sich immer stärker ausdifferenzierenden Nutzergewohnheiten.