Protocol of the Session on November 19, 2020

Doch liegt der Wert, den wir dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk beimessen, für uns Linke nicht in einem Automatismus von Beitragserhöhungen. Medienpolitisch und gesellschaftlich braucht es unter den demokratischen Kräften eine Debatte, einen Diskurs über Auftrag und Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Frage der Finanzierung kann eben nur ein Teil, wenn auch ein entscheidender sein. Und ja: Die Zeit ist reif für eine echte Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems im Sinne breiterer medialer Teilhabe, sozialer Gerechtigkeit, guter Information, Unterhaltung und Beratung, breiter Akzeptanz, Barrierefreiheit und auch einer stärkeren Zuwendung zu den sich immer stärker ausdifferenzierenden Nutzergewohnheiten.

[Beifall bei der LINKEN]

Es geht also darum, den Beitrag zur Sicherung der Medienvielfalt und zur öffentlichen Meinungsbildung, den die Anstalten leisten, weiterzuentwickeln und zu sichern. Ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk für alle ist unverzichtbar, das hat auch diese Debatte noch mal gezeigt. Ich schließe mich der Hoffnung an, dass im sachsen-anhalti- nischen Landtag am 15. Dezember doch noch auch mit der CDU eine Mehrheit für diesen Medienänderungsstaatsvertrag gefunden wird. Es wäre wichtig.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der FDP hat das Wort der Abgeordnete Kluckert.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie hätten jetzt sicherlich unseren medienpolitischen Sprecher Stefan Förster hier erwartet, der vorsichtshalber heute hier nicht sein kann. Aber da ich weiß, dass er mit Sicherheit die Debatte verfolgt: Lieber Stefan! Herzliche Grüße aus dem Parlament von unserer ganzen Fraktion!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall von der CDU und der AfD]

Aber Stefan, du hast dich bei einer Sache geirrt. Du hast mir noch den Tipp gegeben, dass medienpolitische Debatten zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk oft an Zahlen festgemacht werden. Da hast du noch nicht erahnen können, dass es hier in diesem Haus es an der US-Wahl festgemacht wird. So kann man sich täuschen.

[Beifall bei der FDP]

Dennoch möchte ich eine Zahl hier gleich einmal in den Raum werfen, nämlich 18,36 Euro. Das ist die Summe, die der Beitragszahler in Deutschland ab dem 1. Januar 2021 monatlich für den Empfang von ARD und ZDF und dem Deutschlandradio zahlen soll, und das egal, ob er es nutzt oder nicht. Schon bislang verfügt der öffentlichrechtliche Rundfunk mit einem Jahresetat von rund 8 Milliarden Euro über eine finanzielle Ausstattung, die weltweit einmalig ist. Auch die FDP-Fraktion sieht den Grundversorgungsauftrag mit Informationen, Beratung und Bildung als gerechtfertigt an. Noch ein Satz: Dass Nachrichtenangebote wie Phoenix oder auch der Kinderkanal oder das deutsch-französische Kulturprogramm Arte im privaten Rundfunk gar nicht angeboten werden könnten, weil man damit kein Geld verdient, ist uns bewusst. Deshalb ist auch der Rundfunkbeitrag durchaus gerechtfertigt.

[Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN]

(Carola Bluhm)

Aber, wie bei so vielen Debatten in Deutschland, kommt es auch hier auf Maß und Mitte an, damit die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch in der Bevölkerung weiterhin bestehen bleibt. Das millionenschwere Feilschen um gigantische Übertragungsrechte z. B. beim Profifußball oder auch teure Produktionen von „Tatorten“ selbst in den kleinsten ARD-Anstalten oder doppelte Übertragungen von Königshochzeiten sowohl bei ARD als auch beim ZDF sind Beispiele für Gebührenverschwendung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Auch der Berliner Senat hat bei den Verhandlungen für den aktuellen Medienstaatsvertrag den Abbau von Parallelstrukturen gefordert z. B. durch die Zusammenlegung von Informationskanälen von ARD und ZDF. Diese, aber auch andere Vorschläge, wurden aufgrund von Standortegoismen einiger Bundesländer nicht weiter verfolgt. Das war ein völlig unzulängliches Ergebnis.

Mehr Geld zu fordern, ohne aber die Strukturen zu hinterfragen, Produktionsprozesse zu optimieren und nennenswert Kosten einzusparen, ist nicht der Weg der FDPFraktion. Den wollen wir so nicht unterstützen. Die von den CDU-Kollegen in Sachsen-Anhalt angestoßene Debatte, erst die Ziele des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu definieren und dann die dafür notwendigen Kosten zu ermitteln, erscheint auch aus unserer Sicht ein sinnvoller Weg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem von den Koalitionsfraktionen: Wenn nach jetzigem Stand mindestens in Sachsen-Anhalt im Dezember die Beitragserhöhung im Landtag scheitern wird, warum bauen wir jetzt so einen Druck auf? Sie hätten doch die Zeit, die uns bis dahin bleibt, nutzen können, um Einfluss auch auszuüben, die Zeit, einmal zu klären und zu hinterfragen, was wirklich sinnvolle öffentlich-rechtliche Grundversorgung bedeutet und was überflüssiger Luxus ist. Vielleicht bekommt man ja auch mit deutlich weniger Geld ein qualitativ gutes Angebot hin, das dem privaten Rundfunk keine Konkurrenz macht und genau auch die Nischen besetzt, für die der öffentlich-rechtliche Rundfunk unverzichtbar ist, nämlich Information, Kultur, Bildung, Beratung und Verbraucherschutz. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Torsten Schneider (SPD): Die FDP will immer nur Phoenix bezahlen! – Sebastian Czaja (FDP): Und Königshochzeiten!]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Herr Abgeordneter Schweikhardt!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Lassen Sie mich erst einmal damit beginnen, dass ich den knapp 45 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks danke für ihre Arbeit und für den Druck, den sie auch aushalten müssen, sage.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Christian Goiny (CDU) – Ronald Gläser (AfD): Oh Gott, die Armen!]

Sie sind im allerbesten Sinn systemrelevant, und sie beweisen das gerade jetzt in teilweise extremen Situationen. Sie trotzen Krisen und laufen dann zu Höchstform auf, wenn unsere Gesellschaft sie am dringendsten braucht.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine der wichtigsten Stützen unserer Demokratie. Ob im Bundestag oder hier im Berliner Abgeordnetenhaus, es sind die Öffentlich-Rechtlichen, die jedes unserer Worte live übertragen, auch jetzt. Davon profitieren alle hier im Saal. Ich bin stolz und glücklich, dass wir mit den öffentlichrechtlichen Sendern ein hervorragend funktionierendes Bollwerk gegen Manipulation, Fake News, Hetze und Hass haben.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Um unsere diversen und hochklassigen Sender und Formate beneidet uns in der Tat die ganze Welt, ob RBB oder Arte, ZDF oder KiKA. Allein vom RBB kommen RadioEINS, Fritz, COSMO, 88.8, Antenne Brandenburg, RBB Kultur und Inforadio. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein Schnäppchen. Seit über zehn Jahren hat sich die Rundfunkgebühr nicht mehr erhöht. In welchem Feld gibt es das denn überhaupt? Über 3 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat der RBB. Sie stellen sicher, dass wir unabhängig, objektiv und umfassend informiert und unterhalten werden. Da muss ich dem Kollegen Kluckert widersprechen. Das ist kein Nischenangebot, das ist ein Vollprogramm. Das ist unsere Grundversorgung.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Christian Goiny (CDU)]

Gegen eine Anpassung der Gebühr um 86 Cent im Monat nach zwölf Jahren zu protestieren, ist sehr leicht durchschaubar und ein zutiefst verzweifelter Versuch der AfD, ihre Wut auf unabhängige Journalistinnen und Journalisten und objektive Berichterstattung abzureagieren. Ich bin sehr gern bereit, nicht einmal 3 Cent pro Tag dafür zusätzlich auszugeben. Das schützt vor Diktaturen, und es macht Spaß. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Christian Goiny (CDU)]

(Florian Kluckert)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Zu der Vorlage auf Drucksache 18/2861 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen die AfD-Fraktion und die Fraktion der FDP die Annahme. Wer die Vorlage gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/3145 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, die SPD und die CDU. Wer stimmt dagegen? – Das sind die AfD-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten Wild und Nerstheimer. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist das Gesetz beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 6:

Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Zentrum für Informationstechnik

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung vom 2. November 2020 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 11. November 2020 Drucksache 18/3159

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/2870

Zweite Lesung

Der Dringlichkeit haben Sie eingangs bereits zugestimmt. – Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage und rufe auf die Überschrift, die Einleitung, die Artikel 1 und 2 und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. Widerspruch höre ich dazu nicht. – Eine Beratung ist nicht vorgesehen.

Zu der Vorlage auf Drucksache 18/2870 empfehlen die Ausschüsse einstimmig mit allen Fraktionen die Annahme mit Änderungen. Wer die Vorlage gemäß der Beschlussempfehlung Drucksache 18/3159 mit Änderungen annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, die SPD, die CDU und die FDP, die AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten Nerstheimer und Wild. Damit kann es weder Enthaltung noch Stimmen dagegen geben. Damit ist die Vorlage so angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7:

Gesetz zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gebühren und Beiträgen durch die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) und die Berliner Wasserbetriebe (BWB)

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Betriebe vom 2. November 2020 und dringliche Beschlussempfehlung des

Hauptausschusses vom 11. November 2020 Drucksache 18/3160

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/2985

Zweite Lesung

Der Dringlichkeit haben Sie eingangs bereits zugestimmt. – Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung, die Artikel 1 bis 4 und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. Widerspruch höre ich dazu nicht. – Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zu der Vorlage auf Drucksache 18/2985 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen die Fraktion der FDP bei Enthaltung der Fraktion der CDU – die Annahme. Wer die Vorlage gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/3160 annehmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, die SPD, die AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten Wild und Nerstheimer. Wer stimmt dagegen? – Das ist die FDP-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die CDUFraktion. Damit ist das Gesetz beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 8:

Gesetz zur Änderung des Laufbahngesetzes sowie des Landesbeamtengesetzes und des Personalvertretungsgesetzes

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 11. November 2020 Drucksache 18/3161

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/3041