Protocol of the Session on October 1, 2020

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SDP – Zurufe von den GRÜNEN]

Die zweite Nachfrage geht an Frau Abgeordnete Schmidberger. – Bitte, Sie haben das Wort!

Vielen Dank! – Ich würde gern wissen, Herr Senator: Stimmen Sie überein, dass für den Brandschutz in erster Linie der Eigentümer eines Hauses zuständig ist? Und können Sie auch bestätigen, dass bisher nicht vor Gerichten geklärt ist, wer der Eigentümer ist beziehungsweise wer die Vertreter des Hauses sind, und das das eigentliche Problem darstellt?

[Beifall von Katalin Gennburg (LINKE)]

Sie dürfen sich jetzt eine der Fragen aussuchen, Herr Geisel – bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Schmidberger! Ganz so einfach ist es nicht: Es ist ja nicht so, dass der Eigentümer die Möglichkeit hat, in sein Haus zu gelangen. Das ist ein Grundproblem, das bei der Rigaer Straße 94 besteht, und auch das ist eine längere Debatte, die schon mehrfach im Abgeordnetenhaus stattgefunden hat.

Die Polizei hat seit 2016 bereits mehrfach das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg angeschrieben und darauf aufmerksam gemacht, dass sie bezweifelt, dass die Bestimmungen des Brandschutzes im Gebäude Rigaer Straße 94 vollständig eingehalten werden und darum gebeten, das im Rahmen der Bauaufsicht zu überprüfen, weil die Möglichkeit für die Polizei, das fachlich zu beurteilen, so nicht besteht.

Diese Briefe sind entweder kurz, negativ oder gar nicht beantwortet worden. Als die Polizei im Juni dieses Jahres letztmalig in der Rigaer Straße 94 bei der Durchsetzung eines Durchsuchungsbeschlusses war, sind ebenfalls baurechtliche und brandschutzrechtliche Mängel durch die Polizei festgestellt worden. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hatte die Möglichkeit, das zu überprüfen. Der entsprechende Bezirksstadtrat war dann auch sofort vor Ort, hat aber keine weiteren Mitarbeiter der Bauaufsicht mitgebracht. Die Frage, ob der Brandschutz in dem Gebäude eingehalten wird oder nicht, ist dringend zu klären. Das will ich hier an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen. Ich denke, dass das keine Frage ist, die wir politisch miteinander verhandeln können. Brandschutz kann man nicht politisch miteinander verhandeln.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Wenn der Brandschutz nicht eingehalten wird, gefährdet das gegebenenfalls die Sicherheit, die Gesundheit und das Leben von Menschen. Das muss also geregelt werden. Das muss auch zeitnah geregelt werden. Im Regelfall ist das die Aufgabe des Hauseigentümers, das ist wahr, aber Sie wissen genauso gut wie die anderen hier im Haus, dass das Betreten des Gebäudes durch den Hauseigentümer im Moment ausgeschlossen ist, weil es zu entsprechenden Gewalttätigkeiten kommt. Es ginge nur mit Unterstützung durch die Polizei.

Die Schwierigkeit – und da muss ich Ihnen wieder recht geben –, die Polizei entsprechend zu bewegen, solche Untersuchungen durchzuführen, besteht darin, dass der Hauseigentümer keinen Vertreter hat, der vor den Gerichten offiziell anerkannt worden ist. Es gibt einen Anwalt, der behauptet, er sei dieser Vertreter, aber er ist mehrfach, ich glaube, vor wenigen Wochen zum dritten Mal beim Landgericht Berlin unterlegen. Ihm ist offiziell mehrfach bescheinigt worden, dass er diese Vertretungsvollmacht nicht in vollem Umfang vorlegen kann, und das ist ein erhebliches Problem bei der Durchsetzung von

geltendem Recht in der Rigaer Straße 94. Dazu hat sich der Senat schon mehrfach geäußert. Selbstverständlich schützen wir die Situation in der Rigaer Straße 94. Selbstverständlich vollstrecken wir Durchsuchungsbefehle, gar keine Frage, aber um eine nachhaltige Lösung bei diesem Haus überhaupt in Angriff nehmen zu können, brauchen wir einen handlungsfähigen Eigentümer, und der ist nicht gegeben.

Vielen Dank!

Die nächste Frage geht an Herrn Abgeordneten Zeelen. – Sie haben das Wort – bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Die Linke lehnt den Einsatz der Bundeswehr bei wichtigen Kontaktnachverfolgungen zur Eindämmung der Coronapandemie mit dem Hinweis auf die NS-Zeit ab. Wie bewertet der Senat diese unglaubliche Verunglimpfung von Soldaten, die seit Monaten in den bezirklichen Gesundheitsämtern einen wichtigen Beitrag zur Überwindung dieser schweren Gesundheitskrise in Berlin leisten?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Ich habe das schon an anderer Stelle öffentlich deutlich gemacht, dass ich glaube, dass wir zum einen solche Vergleiche, wie Sie sie angesprochen haben, nicht ziehen sollten, denn sie sind unangemessen und deplatziert. Sie sind in Richtung unserer Bundeswehr formuliert einfach falsch.

Zweitens: Wir sollten die Hilfe, die uns von der Bundesebene angeboten wird, annehmen.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Ich habe selbst mit der Bundeskanzlerin darüber gesprochen. Wir haben im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz direkt miteinander Kontakt gehabt, um Dinge miteinander absprechen und vereinbaren zu können. Ich habe noch mal, wie auch schon im Vorfeld, der Bundesverteidigungsministerin gegenüber deutlich gemacht, dass wir uns sehr über das Engagement der Bundeswehr in Berlin freuen.

[Beifall von Heiko Melzer (CDU) und Paul Fresdorf (FDP)]

Wir haben viel Unterstützung bekommen zum Beispiel auch beim Aufbau des Notfallkrankenhauses. Wir haben an vielen anderen Stellen bereits personelle Unterstüt

zung gehabt, wenn ich es richtig im Kopf habe, auch bei den Flughafentestungen – ich bin nicht ganz sicher, ob die da auch geholfen haben –, oder bei einer anderen Situation, wo wir personelle Unterstützung brauchten. Wenn wir weiterhin Kräfte einsetzen können zur Nachverfolgung zum Beispiel der Infektionsketten, zum Aufarbeiten der abgegebenen Listen, alles solche Tätigkeiten, die auch mit geschulten, verwaltungserfahrenen Personal der Bundeswehr gut zu bewältigen sind, dann würde ich mich weiterhin über die Unterstützung sehr freuen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Herr Zeelen, Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage. – Bitte schön!

Vielen Dank für die klaren Worte, Herr Regierender Bürgermeister! – Die aktuellen Infektionszahlen steigen an. Die Kontaktnachverfolgung wird wichtiger. Ich frage den Senat: Wie wird die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr in den nächsten Wochen und Monaten sich weiterentwickeln? Was sind unsere Wünsche an die Bundeswehr?

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

Frau Kalayci, bitte! – Frau Senatorin, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Zeelen! Die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr ist seit der ersten Stunde der Pandemie sehr gut gewesen. Bei der Bewältigung dieser Pandemie haben wir in zahlreichen Bereichen sehr gut mit der Bundeswehr zusammengearbeitet – sehr unkompliziert, sehr kurze Wege. Der Regierende Bürgermeister hat es schon erwähnt. Beim schnellen Aufbau des Notfallkrankenhauses in der Jafféstraße hat die Bundeswehr mitgeholfen. Als wir Lagerkapazitäten gebraucht haben, was die Schutzkleidung angeht, hat die Bundeswehr mitgeholfen. Auch bei Teststellen haben sie mitgeholfen.

[Heiko Melzer (CDU): Die Frage war aber eine andere, Frau Senatorin!]

Das heißt, diese unkomplizierte und schnelle Unterstützung in der Vergangenheit ist der Grundsatz, die Basis dafür, selbstverständlich, jetzt wo die Zahlen steigen, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ganz konkret haben

(Senator Andreas Geisel)

wir Anfang dieser Woche 180 Soldatinnen und Soldaten mehr bekommen für Berlin für die Kontaktnachverfolgung. In dem Moment, in dem die Zahlen gestiegen sind, haben wir unkompliziert diese Zusage bekommen.

Ich habe sehr schnell übers Wochenende auch mit den Bezirken koordiniert, was den Einsatz angeht. Ich kann Ihnen widerspiegeln, dass die Bezirke sehr gut aufgestellt sind, die Soldatinnen und Soldaten zu empfangen, sie einzuarbeiten, sie zu schulen und auch einzusetzen. Das läuft nach meiner Einschätzung reibungslos. Was die Zukunft angeht, wenn wir noch mehr Personal brauchen, werden wir natürlich noch mehr abfordern, keine Frage. Da sehe ich die Offenheit nach wie vor. Die Bundeswehr ist aber nicht die einzige Stelle, bei der wir Unterstützung abfordern. Sowohl das RKI als auch der MDK haben Personal bereitgestellt. Auch dort haben wir Anträge gestellt, dass wir noch mehr Personal zur Unterstützung der Gesundheitsämter bekommen. Sie sind noch dabei, das Personal für uns zusammenzustellen. Aber auch da erwarte ich in Kürze zusätzliche personelle Verstärkung für die Gesundheitsämter.

Die zweite Nachfrage geht an den Abgeordneten Gindra. – Sie haben das Wort – bitte!

Danke, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Bei den engen Grenzen, die gesetzt werden für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren, hat der Senat versucht, zivile Hilfsorganisationen, studentische Kräfte in diesem Bereich anzuwerben, die auch die Möglichkeiten haben, diese Verfolgungsaufgaben wahrzunehmen? Ich bin sehr irritiert, dass in Kampfanzügen die Gesundheit gepflegt wird.

[Beifall von Katalin Gennburg (LINKE) – Tim-Christopher Zeelen (CDU): Ungeheuerlich! Schämen Sie sich!]

Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Ich bin sehr irritiert über Ihre Frage.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der AfD und der FDP]

Ich bin noch irritierter über die Haltung, die aus dieser Frage spricht.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der AfD und der FDP – Zuruf von Tom Schreiber (SPD)]

Wenn uns die Bundeswehr wie auch in anderen Ländern hilft mit Soldaten, mit Verwaltungsmitarbeitern auch der Bundeswehr, wenn sie uns hilft, eine weltweite Krise besser zu meistern, bin ich dafür sehr dankbar. Und das ist kein Kampfeinsatz im Inneren oder ein sonstiger Einsatz im Inneren.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der AfD und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ich wiederhole es gerne noch mal: Ich bin auch heute noch mal zum Telefonieren verabredet mit der Kanzlerin. Ich werde es an jeder Stelle deutlich machen, dass wir diese Hilfe auch weiterhin sehr gerne annehmen.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Dr. Turgut Altuḡ (GRÜNE)]

Die nächste Frage geht an den Abgeordneten Daniel Buchholz. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Hat die Verkehrsverwaltung heute den Neubau der Mühlendammbrücke im Bezirk Mitte europaweit ausgeschrieben, obwohl es nicht nur vom Baustadtrat Ephraim Gothe, sondern auch von mehr als einem Dutzend Institutionen und Verbänden aus dem Bereich Verkehr, Stadtentwicklung und Geschichte erhebliche Kritik an der Dimension des Neubaus gibt?

Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Abgeordneter! Wir sind in enger Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen als Dienstleister für uns, um diesen Wettbewerb durchzuführen. Das soll in diesen Tagen ausgeschrieben werden. Hintergrund der Ausschreibung für einen Ersatzneubau der Brücke ist, dass die Brücke sehr sanierungsbedürftig und neubaubedürftig ist. Und von den Verkehrszahlen her können wir es zwar verantworten, von heute drei Fahrspuren für den motorisierten Individualverkehr auf zwei Spuren zu gehen, aber bei den erwarteten Verkehrsprognosen und auch bei den Verkehrs- und Stadtentwicklungsprojekten, die dort in der Nähe geplant sind, wäre eine Reduzierung auf eine Spur nicht möglich. Die Straße wird künftig dem Umweltverbund den stärksten Gehalt einräumen mit einer Straßenbahnspur zweiläufig in der Mitte, einer Busspur an der Seite – zu Beginn jeweils eine kombinierte BusRad-Spur. Wenn der Bus wegen der Straßenbahn nicht mehr benötigt wird, wird es eine breite Radspur geben,

(Senatorin Dilek Kalayci)