Protocol of the Session on June 4, 2020

Die dritte Grundlinie: Wir werden das Auflegen neuer Projekte und Umschichtungen im Haushaltsvollzug restriktiv handhaben und dadurch Puffer heben.

Die vierte Grundlinie: Wir werden Reste und Überschüsse, die sich ergeben, weil coronabedingt Ausgaben nicht getätigt werden können und Projekte liegenbleiben, in einer Rücklage sammeln.

Damit werden wir als fünfte Grundlinie in der Lage sein, Mittel für wirtschaftsstützende und konjunkturfördernde Maßnahmen verfügbar zu machen. Hier liegt sicher eine besondere Verantwortung beim Bund, aber wir wissen um die Besonderheiten Berlins. Der Bund scheint jetzt, ohne alles schon endgültig bewerten zu wollen, vor allem die große Gießkanne ausgepackt zu haben. Steuererleichterungen sind das Stichwort. Das wird bei vielen Berliner Problemen nicht helfen, und wir werden mit eigenem Geld ergänzen müssen, damit uns hier nicht das Rückgrat der Wirtschaft wegbricht.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Deswegen müssen wir hier eigene Mittel einsetzen. Mit den heute zu beschließenden Grundlinien erarbeiten wir uns diese.

Weitere Einzelmaßnahmen werden wir mit dem zweiten oder weiteren Nachträgen diskutieren. Das betrifft auch Handlungsnotwendigkeiten für das nächste Jahr. Wir sind dann auch in der Lage, gegebenenfalls den Finanzierungsrahmen und die Perspektive zu erweitern. Unabhängig davon und weil wir schnelles Handeln ermöglichen wollen, haben wir mit diesem Nachtrag dem Senat weitere 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um Soforthilfen zu verlängern oder zu justieren. Das betrifft die Schwerpunkte mittelständische Wirtschaft, also die jetzigen Soforthilfen IV und V, das sei hier ausdrücklich gesagt, um Missverständnisse zu vermeiden. Das betrifft den Schwerpunkt Hilfe für Familien, den Bereich Hilfe für Soloselbstständige und auch das Thema, wie im Bereich von Gewerbemieten durch öffentliche Unternehmen geholfen werden kann. Wir erwarten vom Senat, dass er hier schnell weiterhilft, nachsteuert, auf Bundeshilfen abstimmt und Lücken füllt, wo es nötig ist. Wir werden darüber hinaus mit weiteren Mitteln für den Ankauf von Immobilien und Grundstücken uns in die Lage versetzen, antizyklisch Gelegenheiten zu nutzen, um die öffentliche Infrastruktur zu stärken.

Mit diesem Setting stellt die Koalition die Weichen für einen finanzpolitischen Weg durch die Krise, der nicht

nur auf Sicht beschritten wird, sondern mittelfristig trägt. Die Grundfrage, wer für die Kosten der Krise bezahlt, wird sicherlich vor allem auf Bundesebene beantwortet werden. Das Gerechteste wäre in der Tat, wenn die Kosten der Krise in einem Bund-Länder-Fonds gebündelt und auch darüber finanziert werden würden. Wir würden uns sehr wünschen, dass der Senat und auch die Koalition in diese Richtung auf Bundesebene aktiv werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU hat das Wort der Abgeordnete Goiny.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Zeiten wie diesen zeigt sich einmal mehr, dass der haushalts- und finanzpolitische Kurs der CDU-Fraktion, den wir hier seit vielen Jahren fahren, richtig ist.

[Beifall bei der CDU – Lachen bei der LINKEN – Steffen Zillich (LINKE): Das zeigt sich eigentlich in allen Seiten! Heiko Melzer (CDU): Er hat recht!]

Wir haben seit 2012 eine Entwicklung in Berlin, die dazu geführt hat, dass wir jedes Jahr Hunderte von Millionen, teilweise Milliarden, Haushaltsüberschüsse erzielt haben. Mit unserer Regierungsbeteiligung im Jahr 2016 haben wir uns dann gemeinsam mit der SPD dazu entschieden zu sagen: Wir wollen investieren und Schulden tilgen. – Für uns war und ist das eine Notwendigkeit zur Entwicklung und zum Aufbau unserer Stadt.

Gerade das Thema Schuldenabbau ist eines, das uns mit der jetzigen Koalition immer wieder entzweit. Wir haben es immer für richtig gehalten, dass wir in den Jahren, in denen wir die Möglichkeit hatten, einen deutlichen Beitrag zur Reduzierung der Schulden des Landes Berlin geleistet haben. Wir hatten die Möglichkeit. Wir haben investiert, und wir haben mehrere Milliarden Euro Schulden getilgt. Jetzt sind wir in einer wirtschaftlichen Krise, und dieser haushaltspolitische Kurs, den wir damals gefahren haben, ermöglicht es uns, ein Stück weit besser, jetzt die Krise zu bewältigen. Natürlich geht das jetzt nur, indem wir auch neue Schulden aufnehmen. Man muss ein Stück weit antizyklisch vorgehen, und das ist etwas, das wir als CDU-Fraktion in diesen Zeiten für richtig halten. Deswegen ist es folgerichtig, dass die Koalition jetzt eine Beschlussfassung hinsichtlich der Notlagensituation, was die Schuldenbremse anbetrifft, getroffen hat.

Der erste Nachtragshaushalt, den wir heute beschließen, enthält in der Tat eine Vielzahl von Maßnahmen, die wir

(Steffen Zillich)

politisch auch für richtig gehalten haben. Ich erinnere mich noch an die ersten Wochen der Coronakrise, wie gerade unsere Kollegen gedrängt haben, dass die Beschaffung von Schutzausrüstung koordiniert und vor allem zügig und umfassend erfolgt. Wir finden das richtig, und wir finden es natürlich geradezu dringend notwendig, dass hier im Bereich der wirtschaftlichen Hilfen schnell und umfassend geholfen wird. Die Besonderheiten der Berliner Wirtschaft hat der Kollege Zillich eben schon ausgeführt. Das sehen wir in der Tat auch so.

Insofern: Das, was hier im erste Nachtragshaushalt an Hilfen beschlossen wurde, findet unsere Zustimmung als CDU-Fraktion. Das haben wir hier schon mehrfach gesagt. Ein Großteil dieser Gelder sind Mittel, die der Bund uns zur Verfügung gestellt hat.

Jetzt geht es natürlich auch darum: Wie gehen wir, nachdem wir diese erste Krisenreaktion hatten, weiter damit um, um strukturell den Kurs zu halten? – Insofern ist natürlich klar: Wenn man Schulden machen muss, und das sehen wir in der Tat auch so, dann geht es natürlich auch darum zu gucken, wie wir das in den nächsten Monaten und Jahren organisieren.

Erstens ist es richtig, dass wir uns einen Tilgungsplan wählen, der nicht über Gebühr lang ist. Da gibt es in Deutschland in den Bundesländern unterschiedliche Beispiele.

[Steffen Zillich (LINKE): Das kann man wohl sagen!]

Insofern ist das aus unserer Sicht erst mal richtig. Es geht natürlich auch darum, dass wir schauen, wie wir die verschiedenen Instrumente miteinander zusammenpacken. Wir finden es richtig, dass wir jetzt in Berlin Investitionen tätigen, dass wir ein weiteres Hilfspaket auf den Weg bringen, denn sonst wäre das zu kurz gesprungen.

Wir erwarten aber vom Senat eine Perspektivplanung, die die drei großen Themenfelder abdeckt, und das werden wir mit dem zweiten Nachtragshaushalt diskutieren. Zum einen: Alle Hilfsprogramme, die wir jetzt in Sachen Gesundheitsausstattung beschlossen haben, sind für wenige Monate, nicht mal bis zum Jahresende. Wie schafft es der Senat, bis zum Jahresende oder bis zum nächsten Jahr die entsprechende Gesundheitsausstattung und Vorkehrungen zu treffen? Das Krankenhaus am Messegelände finden wir richtig. Wir glauben aber nicht, dass es sinnvoll ist, einen weiteren Ausbau in der Messehalle 25 zu machen. Wir möchten das Geld lieber in die vorhandene Krankenhausinfrastruktur stecken. Dort ist es besser aufgestellt.

Wir möchten darüber hinaus, dass die wirtschaftlichen Hilfen eine Struktur bekommen, denn eines ist natürlich klar: Wenn es uns nicht gelingt, die Berliner Wirtschaft wieder flottzumachen, dann werden wir es nicht schaffen, nachhaltig zeitnah wieder Steuereinnahmen zu generieren. Wir müssen dafür sorgen, dass die Berliner Verwaltung wieder funktioniert, und wir erwarten vom Senat,

ein Anliegen, das eine große Zahl von Menschen in dieser Stadt betrifft, nämlich die Klärung der Frage: Wie organisieren wir das nächste Schuljahr und die Kinderbetreuung? – Hier geht es darum, dass wir mit den vorhandenen Geldern und mit den zusätzlichen Hilfsprogrammen, die aufgelegt werden, tatsächlich die richtigen politischen Entscheidungen treffen, denn es geht auch immer darum, dass Haushaltspolitik ein gestaltendes Element hat. Da, das muss man schon sagen, überrascht ein bisschen die etwas unklare Haltung, die die Finanzverwaltung, der Finanzsenator, hier an den Tag legt hinsichtlich der Frage: Machen wir einen, machen wir zwei Nachtragshaushalte? Wird gespart? Wird verschoben?

Ich glaube, der Berliner Finanzsenator ist inzwischen einer der wenigen in Deutschland, der meint, man müsse jetzt nicht Schulden aufnehmen und nicht investieren, sondern eher versucht, noch das Letzte aus diesem Haushalt rauszuquetschen. Das finden wir ein bisschen merkwürdig, weil es mir als Haushaltspolitiker darum gehen muss, dass ich hier wieder Einnahmen dieser Stadt generiere. Das ist etwas, was wir momentan nicht feststellen können, dass das aus der Finanzverwaltung eine entsprechende Priorität bekommen hat. Insofern würden wir auch gerne mal für die Beratung zum zweiten Nachtragshaushalt von der Koalition wissen, wie sie sich hier tatsächlich einlässt. Was soll denn jetzt der Kurs sein? Muss an der Stelle weiterhin das Parlament das Korrektiv sein, das dafür sorgt, dass wir hier eine Finanzpolitik im Land Berlin machen, die uns tatsächlich nach vorne bringt? Insofern finden wir es richtig, dass wir jetzt hier im Rahmen des Nachtragshaushalts beschlossen haben, dass es keinen Freibrief für die Finanzverwaltung gibt, am Parlament vorbei große finanzielle Entscheidungen zu treffen.

Die Ideen, die da im ersten Entwurf standen, sind mit der Entscheidung der Koalition wieder korrigiert worden. Also auch das ist aus unserer Sicht eine richtige Entscheidung. Ich will damit sagen, wir wollen eine Haushaltspolitik, die nicht kurzatmig ist, die an langen Linien Grundsätze berücksichtigt. Dazu gehört für uns, dass das Thema Investitionen und solide Haushaltspolitik Vorrang hat. Sobald wir die Möglichkeit haben, wollen wir auch wieder dazu zurückkehren. Der Tilgungsplan im Rahmen der Kreditaufnahme ist für uns dazu ein richtiger Weg und ein richtiger Beitrag. Aber für uns ist auch klar, dass wir in diesen Zeiten auch investieren müssen, dass wir Hilfsprogramme gerade auch für die Berliner Wirtschaft auflegen müssen. Und da fordern wir, dass das mit Nachdruck ideologiefrei und effizient vom Senat umgesetzt wird. Insofern werden wir auch die weiteren Haushaltsberatungen – Kollege Zillich hat das schon angekündigt –, die wir noch in diesem Jahr hier haben, zumindest nach der Sommerpause und bis in den Herbst hinein, von unserer Seite begleiten. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion der SPD hat das Wort der Abgeordnete Schneider.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Beratung steht handwerklich der erste Nachtragshaushalt, politisch stehen natürlich Grundentscheidungen an. Das sieht man auch an dem Unterschied und an der Besonderheit, dass wir gleichzeitig heute auch noch, wenn auch ohne Beratung, den zweiten Nachtragshaushaltsentwurf des Senats mit einer etwas anderen Linienvorgabe auf der Tagesordnung haben.

Ich will Ihnen verdeutlichen, warum die Koalitionsfraktionen sich darauf verständigt haben, jetzt zur Feststellung der Haushaltsnotlage zu kommen – nach meiner Erinnerung war das sogar nahezu einvernehmlich – und warum wir jetzt Kreditermächtigungen beschließen und nicht erst in zweiter Lesung des zweiten Nachtrags im September. Wir sehen Justierungsbedarf, insoweit mit der FDP und CDU gemeinsam, zum Beispiel im Bereich der Förderung der mittelständischen Wirtschaft vor dem Hintergrund der Vermeidung von Insolvenzen, der Vermeidung von Arbeitslosigkeit und strategisch mit der Erwartungshaltung, Steuereinnahmen perspektivisch zu stabilisieren. Das Wort „sofort“ setzt aber voraus, dass der Senat auch sofort handelt. Die Erwartungshaltung der SPD-Fraktion ist der kommende Dienstag, damit das Wort „sofort“ auch einen wesentlichen Auslebungscharakter hat und nicht erst im Oktober die Justierung der Wirtschaftshilfen stattfinden kann. Deshalb ist es erforderlich, dass die FDP ihre Position überprüft, wenn sie diesen inhaltlichen Punkt mitträgt, auch die Kreditermächtigung stattfinden zu lassen. Denn sonst müssten Sie uns erklären, wie Sie 500 Millionen bereitstellen wollen, um die mittelständische Wirtschaft zu unterstützen. Aber diesen Widerspruch werden Sie sicherlich in Ihrem Redebeitrag zur Genüge auflösen.

Es stehen auch andere – da hat der Kollege Zillich das Zutreffende gesagt – strategische Entscheidungen an. Wir haben 2001 und in der Vergangenheit, das macht uns nicht glücklich, harte Entscheidungen im Parlament diskutiert und treffen müssen, die ich nach wie vor nicht bewerte, weil ich nicht dabei war. Was ich mir aber herausnehme – das werden wir im zweiten Nachtrag diskutieren –, die entsprechenden Sparvorschläge des Senats, angekündigt ist eine Absenkung um 1 Milliarde Euro, zu bewerten, was ich für aus heutiger Sicht überlegenswert halte. Aus heutiger Sicht halte ich für überlegenswert, ob es wichtig ist, für über 1 Milliarde Euro konsumtive Ausgaben im Jahr private Immobilien anzumieten zu Verwaltungszwecken, damit ein echter Marktteilnehmer zu sein, zu verdrängen und Mietpreise zu erhöhen, wenn wir gleichzeitig Bestandsgebäude haben, die nicht saniert sind. Das gepaart mit dem fast schon schamlosen Drang,

dass jetzt jeder Verwaltungsmitarbeiter ein 30

Quadratmeter-Einzelzimmer hat, offenbart ein Einsparpotenzial – die Größenordnung habe ich definiert. Und da bin ich sehr gespannt, wann sich der Senat auf den Weg macht, dieses strategische Themenfeld zu adressieren. Wir wollten ja auch über Einsparungen reden und nicht nur über die Heranziehung von Sparbüchsen wie der Konjunkturrücklage.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Zweiter Punkt: Wir müssen uns vor dem gerade skizzierten Hintergrund ohne Hektik entscheiden, ob wir die von mir als Fehler identifizierten Fragen wiederholen. Und da hilft es mir nicht, wenn wir jetzt kleine Murmeln durch die Presse kullern und über die eine oder andere Rückstellung des einen oder anderen Investitionsprojekts nachdenken. Die SPD-Fraktion und die Koalitionsfraktionen sehen das wie der Bund und, ich glaube, wie die ganze Welt. Es ist jetzt die Zeit für Investitionen, es ist die Zeit für beschleunigte Investitionen und nicht die Zeit für deren Ausbremsung. Da sind wir völlig klar sortiert.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Und wir stehen auch – das ist der letzte Punkt, der mir wichtig ist – zu der Frage, die die Bundesregierung jetzt in ihren Koalitionsgesprächen erörtert. Da kann man Einzelfälle kritisch diskutieren. Wenn ich mal an die Umsatzsteuer denke, die bei uns mit 5 Milliarden Euro veranschlagt ist, 4,995, und auch im Ist um mehrere 100 Millionen verfehlt wird – das kostet uns ja locker 1 Milliarde Euro in Berlin. Darüber kann man trefflich streiten. Aber klar ist auch: Kleinliche Debatten sind nicht zielführend. Der Bund stellt doppelt so viel Geld bereit, um die Welt zu retten – um mal meine eigenen Worte zu benutzen –, als das in der Finanzkrise 2009 folgende vonstattenging. Und das gilt für uns in gleicher Weise. Da erfinden wir doch das Rad nicht ein zweites Mal.

Wenn ich mir aber vorstelle, was da diskutiert wurde bei der Entlastung der Kommunen, und die Schätzung der Finanzverwaltung zugrunde lege, dass wir da statt mit 2,5 Milliarden Euro vielleicht mit 30 Millionen dabeigewesen wären, sage ich zwei Dinge. Erstens: Ja, wir stehen solidarisch an der Seite der Kommunen und gönnen denen das ohne Neid. Aber zweitens zeigt es eben auch, dass alle Konjunkturprogramme, die in der Debatte oder jetzt beschlossen sind, an Berlin substanziell vorbeigehen können. Und deshalb haben wir die Entscheidung getroffen, eigene Vorsorge zu treffen und haben als Maßstab uns da auch nicht allein gefühlt. Brandenburg 3 Milliarden Kreditaufnahme mit der Restscheibe aus 2019, übertragen auf Berliner Verhältnisse bei der Zugrundelegung der beiden Haushaltsvolumina, also der Wirtschaftskraft, würde das bedeuten, wir müssen 8 Milliarden Kredite aufnehmen. Nordrhein-Westfalen hat Haushaltsvorsorge mit 25 Milliarden Euro getroffen; übertragen nach Berlin heißt das 11 Milliarden – bei 80 Milliarden Haushalt in

NRW. Und Sachsen hat Haushaltsvorsorge mit einem Sondervermögen getroffen in der Größenordnung von 7 Milliarden, 6 Milliarden allein Kreditaufnahme; übertragen nach Berlin müssten wir sogar 12 Milliarden Euro Kredite aufnehmen. Also es ist nun mitnichten so, dass 6 Milliarden hier zu hoch gegriffen sind. Und wer das aufschreibt, versteht die Materie einfach nicht. So deutlich will ich das mal in Richtung der einen oder anderen Wortmeldung in der Öffentlichkeit sagen. Der versteht von der Volkswirtschaft nichts.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten – –

Ich gestatte nie Zwischenfragen, wie Sie ja wissen. Und bei der Linie will ich auch bleiben. – Wenn wir das also auf unsere Maßstäbe übertragen, dann haben wir sehr vorsichtig agiert – durch folgende Intervention: Wir haben das SIWA mit über 3 Milliarden Euro. Das ist weitestgehend investiv gebunden. Da kann man über die eine Kegelbahn oder die andere Tischtennisplatte reden, jedenfalls nicht mit mir – wer immer sich da berufen fühlt. Aber die 3 Milliarden sehen wir auch als Investitionsanschubmanöver. Deshalb ist da ein Vorhängeschloss davor.

Wir wissen auch, wir geben es zu, dass der Haushalt überveranschlagt ist, und zwar nicht nur bei der Konjunkturrücklage oder bei 100 Millionen Euro pauschalen Minderausgaben für Ausgaben, sondern generell überveranschlagt. Wir gemeinsam – es gab auch keine Einsparungs- und Absetzungsvorschläge aus der Opposition – haben das über Jahre in Kauf genommen. Das ist unsere stille Reserve. Wir verhalten uns nicht anders als jedes Wirtschaftsunternehmen weltweit. Insoweit brauchen wir da auch keine Belehrung.

Zusammen kommen wir auch unter Betrachtung der Konjunkturpakete, z. B. die Umsatzsteuerkomponente anbelangend, auf einen validen, gesunden Haushalt. Wir sind vorbereitet, Berlin besser werden zu lassen, als wir jetzt dastehen, mit Verlaub, und zwar alle drei Fraktionen und auch die sie tragenden Parteien.

Eine letzte Botschaft von mir an die Landesbeteiligungen: Lasst euch nicht dabei erwischen, jetzt irgendwelche Investitionsprojekte anzuhalten, politisch! Dann habt ihr keine Rückendeckung und keinen Vertrauensbeweis der Regierungsfraktionen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Frau Abgeordnete Dr. Brinker.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schneider! Ihr flammendes Plädoyer für quasi unendliche Schulden sollten Sie vielleicht auch mal dahin gehend überdenken, wie hoch unsere Pro-Kopf-Verschuldung ist. Die Debatte hatten wir schon mal kurz im Hauptausschuss. Die Pro-KopfVerschuldung Berlins wird durch Ihre Art der Politik wieder in exorbitante Höhen getrieben. Da sieht der Ländervergleich, den Sie hier so schön gezeichnet haben, schon wieder ganz anders aus. – Das nur zu Beginn!

[Beifall bei der AfD]

Es ist mittlerweile eingetreten, wovor das ifo-Institut vor drei Monaten gewarnt hat. Der aus unserer Sicht zu weit gehende Shutdown hat mittlerweile einen volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe angerichtet. Deutschland hat infolgedessen über 7 Millionen Kurzarbeiter, millionenfache Arbeitslosigkeit droht, und das, obwohl die Ansteckungsrate laut offizieller Statistik seit 21. März, also zwei Tage vor Ausrufung des Lockdowns, bereits unter dem R-Wert eins lag.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): So ist es!]