Protocol of the Session on January 26, 2017

dieses Ergebnis nebst einer Empfehlung dem Mitglied des Abgeordnetenhauses und seinem jeweiligen Fraktionsvorsitzenden mitgeteilt.

Von Konsequenzen ist nicht die Rede. Die höchst denkbare Strafe ist ein Fraktionsausschluss.

Im Thüringer Gesetz zur Überprüfung der Abgeordneten auf Stasi-Tätigkeit heißt es hingegen in § 8 klipp und klar:

Nach der Bekanntgabe der Feststellung nach § 7 Abs. 1 beschließt der Landtag, dass der Abgeordnete sein Mandat verliert, wenn aufgrund der Überprüfung zur gesicherten Überzeugung der Mitglieder des Landtags feststeht, dass der Abgeordnete wissentlich als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter mit dem MfS/AfNS zusammengearbeitet hat und deshalb unwürdig ist, dem Landtag anzugehören.

Da ist ausdrücklich von Parlamentsunwürdigkeit die Rede. Und der Thüringer Landtag hat vor genau einem Jahr genau diese Formulierung erneut bestätigt. Von einer solch klaren Regelung sind wir hier in Berlin weit entfernt. Meine Fraktion wird sich deshalb bei dem Antrag der Koalition zum Ehrenrat der Stimme enthalten; nicht etwa, weil wir gegen eine Stasi-Überprüfung von Abgeordneten wären, sondern weil uns die vorgeschlagene Regelung nicht weit genug geht.

Anders verhält es sich mit dem Antrag der FDP. Auch wenn er die Stasi-Überprüfung von Abgeordneten und Beamten miteinander vermengt, fordert er zu Recht die Stasi-Überprüfung der Staatssekretäre und Senatoren. Er bildet damit gewissermaßen die Grundlage des bei der letzten Sitzung in die Ausschüsse verwiesenen Antrags der CDU zum DDR-Unrecht. Die AfD-Fraktion schließt sich beiden Forderungen vom Grundsatz her ausdrücklich an, das heißt: Stasi-Überprüfung ja, und dann damit

einhergehend eine verbindliche Regelung zur Unvereinbarkeit von früherer Stasi-Tätigkeit mit hohen Funktionen im Senat. Etwaige Vermutungen, ob das bereits vollzogen würde, reichen hier auf jeden Fall nicht aus.

Letztlich geht es dabei auch um ein Signal an die Opfer des DDR-Unrechts, von denen viele durch Verrat und Denunziation schwer geschädigt wurden. Unser Ziel muss es sein, der besonderen historischen Verantwortung Berlins gerecht zu werden. Denn einen Schlussstrich kann es auch hier nicht geben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Zillich das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir verhandeln zwei Anträge unter diesem Tagesordnungspunkt, und ich werde getrennt darauf eingehen. Zunächst zum Thema Einsetzung des Ehrenrats: Das ist alles Mögliche, aber sicherlich kein Befreiungsschlag, sondern das ist so etwas wie eine Selbstverständlichkeit. Deswegen muss man daran auch keine Pappkameraden aufhängen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den Grünen]

Wir sind der Auffassung, dass sich das Berliner Verfahren, das seit mindestens 2000 als gemeinsame Auffassung der damals im Haus vertretenen Fraktionen galt, bewährt hat. Ich erinnere kurz daran, dass die Tatsache, dass Mitglieder des Abgeordnetenhauses einer MfS-Überprüfung unterzogen werden sollten, auch in den Neunzigerjahren gemeinsame Auffassung war, dass es nur Unterschiede darin gab, mit welchem Gremium, mit welchen Institutionen überprüft werden sollte. Meine Fraktion hat damals dafür plädiert, das nicht in einem Ehrenrat, sondern in einem Untersuchungsausschuss zu machen. Egal – dieser Ehrenrat hat sich über viele Wahlperioden bewährt, und deswegen sollte er auch wieder eingesetzt werden.

Ich kann darauf verweisen, dass es das eingeübte Berliner Rechtsverständnis ist, das sich nicht so sehr unter dem Einfluss meiner Fraktion herausgebildet hat, dass ein Verfahren eines möglichen Mandatsverzichts automatisch oder durch Landtagsbeschluss, wie es etwa in Sachsen oder Thüringen ist, aus unserer Sicht nur schwer mit der Verfassung zu vereinbaren ist. Aber das ist möglicherweise ein anderes Rechtsverständnis. Deswegen freiwillige Überprüfung, Bewertung und dann natürlich ein politischer Umgang damit, den jeder selbst politisch zu verantworten hat und mit dem jeder selbst sich dann in die politische Öffentlichkeit begibt. Also, wir sollten uns auf ein solches Verfahren wieder verständigen.

Aber ich will trotzdem noch mal sagen, was denn Gegenstand dieses Verfahrens ist und was eben auch nicht, damit das mit den Pappkameraden nicht funktioniert. Es bezieht sich auf eine Zusammenarbeit oder auch eine politische Verantwortung für das MfS, das Ministerium für Staatssicherheit. Das ist in sich auch sachlich gerechtfertigt, weil das Ministerium für Staatssicherheit eine zentrale Rolle im Repressionsapparat der DDR gespielt hat und weil die Verwobenheit mit der gesamten Gesellschaft und die erlebte Repression präsent ist und es deswegen richtig ist, sich damit auseinanderzusetzen. Es ist aber auch andererseits deshalb gerechtfertigt, sich mit dem Geheimdienst MfS zu beschäftigen, weil es aus unserer Sicht zu einem öffentlichen Mandat gehört, dass Wählerinnen und Wähler einschätzen können, was ein Mandatsträger oder eine Mandatsträgerin macht, was sie in ihrer oder seiner politischen Biografie gemacht hat, wie unabhängig sie ist oder war. Geheimdienstliche Konspiration passt aus unserer Sicht zu einem solchen Amt nicht, und deswegen ist es notwendig und richtig, etwaige Tätigkeiten und Beziehungen offenzulegen. Das gilt nicht nur für das MfS, es gilt auch für ehemalige sowjetische Geheimdienste, jetzige chinesische oder sonst irgendwelche Geheimdienste. Aber wir überprüfen hier nur das Ministerium für Staatssicherheit.

Zum Zweiten ist eine solche Überprüfung keine Überprüfung dessen, inwieweit eine Person Verantwortung im Repressionsapparat der DDR getragen hat oder nicht. Denn wir alle wissen, dass das Ministerium für Staatssicherheit dort eine zentrale Rolle einnahm, aber politische Verantwortung durchaus breiter gestreut war, natürlich in der SED, aber auch in anderen Organisationen viel breiter adressiert werden muss, wenn man eine vernünftige Vergangenheitsaufarbeitung macht. Also hier eine Konzentration auf das MfS, nicht Überprüfung auf politische Verantwortung für Prozesse dort. Es ist gleichwohl richtig, dies so zu tun. Aber das bedeutet eben auch, dass es weder ein Befreiungsschlag noch ein Ersatz für politische Auseinandersetzungen und für Aufarbeitung der DDRGeschichte sein kann, einen solchen Ehrenrat einzurichten.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Und deshalb ist es richtig, der Kollege Otto hat es bereits angedeutet, dass wir weiter gehen müssen. Auch die Debatte um Andrej Holm hat gezeigt, wie notwendig sie ist bei der Frage Campus der Demokratie, bei der Frage Unterstützung der Havemann-Gesellschaft, bei der Frage Verlängerung der Tätigkeit von Martin Gutzeit, auch bei der Frage, uns zu entscheiden, inwieweit Überprüfungen und in welcher Art und Weise fortgeführt werden sollten. Das ist eine Aufgabe, die nach wie vor besteht.

Lassen Sie mich noch einen Satz zu dem FDP-Antrag sagen. Er fordert zum einen eine Überprüfung von Senatoren und Staatssekretären auf MfS-Tätigkeit. Das findet statt, davon gehe ich aus. Er bezieht sich sozusagen in

(Martin Trefzer)

dem weiteren Regelungsbereich – darauf bezog sich auch die 2002er-Debatte, kann man nachlesen – auf die Frage, inwieweit die Ergebnisse dieser Tätigkeit an das Abgeordnetenhaus übermittelt werden sollen. Da würde ich sagen, darüber kann man reden. Da stellt sich die eine oder andere dienstrechtliche Frage. Ich glaube, wenn, kann es nur solche Ergebnisse betreffen, die als nicht unbedenklich eingestuft werden können. Aber darüber können wir in den Ausschüssen reden. Man muss auch einmal sagen: Der Großteil, der dort gefordert wird, ist etwas, was schlicht normal ist und auch stattfindet, auch im Senat.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Förster das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Zillich! Wenn Sie vor 14 Tagen mit dieser Rede in die Bütt gegangen wären, ich glaube, Sie hätten auch für Ihre Fraktion eine andere Außenwahrnehmung erzielt. Denn das, was Sie gerade hier gesagt haben, ist in vielen Punkten etwas, was man unterstreichen kann und was auch vernünftig ist, im Übrigen wie auch das, was die allermeisten Vorredner hier im Detail gesagt haben. Es ist richtig und gut, dass die Überprüfung auf eine Mitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit jetzt kommt, denn das war auch unser Anliegen, das wir in der letzten Debatte immer wieder hier auf den Schild gehoben haben. Die Transparenz ist vor allen Dingen wichtig, dass die Berlinerinnen und Berliner und damit auch die Wählerinnen und Wähler von uns schlichtweg wissen: Wen haben sie ins Parlament geschickt? Und gibt es Leute, die nach 27 Jahren noch nicht reinen Tisch mit ihrer Vergangenheit gemacht haben? Dafür hatten alle lange genug Zeit. Und wer es bis heute nicht geschafft hat, der ist dann auch unwürdig, in irgendeiner Form ein öffentliches Amt zu bekleiden. Das will ich auch so deutlich sagen.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Richtig ist aber auch, was Herr Zillich sagt: Das Ministerium für Staatsicherheit allein reicht nicht aus. Für die anderen Sachen haben wir keine Überprüfungskompetenz. Aber wer da nicht erfasst ist, kann in anderen Organisationen tätig gewesen sein, das ist klar. Und man muss versuchen, das auch im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung und anderer Möglichkeiten aufzuarbeiten.

Was die Fragen der Senatoren und Staatssekretäre betrifft, ist das ein Thema, wo es zumindest ein Informationsdefizit gibt. Wenn das über all die Jahre gemacht wurde, dann ist die Frage, warum hat das Abgeordneten

haus davon denn nie erfahren. Denn es ist ja jenseits des Einzelfalls, den wir beim letzten Mal diskutiert haben, durchaus interessant, was sich da bei einzelnen Personen möglicherweise noch verbergen kann, ohne dass es dafür einen konkreten Verdacht gibt.

Was dann aber genauso wichtig ist – darauf habe ich beim letzten Mal auch schon hingewiesen –: Nicht nur das Landesparlament, sondern auch die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen sollten das machen. Mein Heimatbezirk Treptow-Köpenick macht das seit vielen Jahren regelmäßig. Nach meiner Kenntnis – korrigieren Sie mich, wenn ich da falsch liege – hat noch keine der anderen elf BVVen in dieser Wahlperiode so etwas beschlossen. Und dann sage ich auch: Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Rot-Grün, Sie stellen ja auch in fast allen Bezirken eine Mehrheit. Dann bringen Sie doch auch dort genau diese Anträge ein, damit es auch dort Transparenz gibt. 160 Abgeordnete zu überprüfen ist gut, aber 660 Bezirksverordnete zusätzlich zu überprüfen, wäre noch besser.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das Kapitel historische Forschung hat auch Kollege Otto vorhin angesprochen, und er ist ja – das will ich anerkennend sagen – als einer der wenigen, die direkt aus der Bürgerrechtsbewegung kommend noch heute hier im Parlament sind, jemand, der es auch sehr authentisch und glaubwürdig vertreten kann. Was die historische Forschung betrifft, sind wir vielleicht mittendrin, in manchen Teilen noch eher am Anfang, aber auf keinen Fall am Ende der Auseinandersetzung und der Aufarbeitung. Ich habe beim letzten Mal schon darauf hingewiesen: Auch die Verstrickung des alten West-Berlin mit der Staatssicherheit ist ein Themenfeld, das in weiten Teilen noch nicht aufgearbeitet ist. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir auch heute noch im Senat oder in Landesbehörden Leute mit West-Sozialisation und West-Biografie haben, die für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet haben. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Wir wissen es nur nicht, weil eben auch die Überprüfungsmechanismen zum Teil lückenhaft sind, sie ab einer gewissen Dienstebene nicht stattfinden oder weil diejenigen es geschafft haben, diese Sachen gut zu verstecken oder zu verheimlichen.

Stichwort Normannenstraße, das Sie angesprochen haben: Vollkommen d’accord! Da werden Sie auch die Unterstützung der FDP-Fraktion haben. Das ist ein wichtiger Gedenkort, der bisher in der Außenwahrnehmung unter Wert lief und wo auch mehr gemacht werden muss im Sinne der historisch-politischen Aufarbeitung und der geschichtlichen Wahrheit und Klarheit.

Was auch in den Bezirken sehr unterschiedlich gehandhabt wird – und Gedenkkultur ist ja neben der Landesebene in sehr vielen Fällen nun mal bezirkliche Zuständigkeit –, sind z. B. Informationstafeln, Hinweistafeln,

(Steffen Zillich)

die auf Gebäude hinweisen, wo Repressionen stattgefunden haben. Das können Gebäude sein, die der NKWD genutzt hat, das können die SED-Kreisleitungen sein, das können die MfS-Kreisdienststellen sein. Auch da sage ich: In Treptow-Köpenick gibt es an all diesen Gebäuden entsprechende Tafeln, die darauf hinweisen und die gerade auch den jüngeren Generationen die Gelegenheit geben, sich damit auseinanderzusetzen. Denn – Sie haben es gesagt, Herr Otto – es reicht ja nicht, sich auf die Gnade der späten Geburt zu berufen. Das reicht nie, wenn man mit Geschichte konfrontiert wird. Es muss jede Generation aufs Neue fragen, wie es dazu kommen konnte und welche Verantwortung möglicherweise auch die eigenen Vorfahren haben, um daraus jedenfalls die entsprechenden Lehren und Schlüsse zu ziehen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Otto (GRÜNE)]

Alles in allem – und das will ich abschließend sagen – hoffe ich, dass das jetzt der Auftakt zu einer ernsthaften Debatte war, die wir in vielen Facetten und in vielen Details in den nächsten fünf Jahren beständig führen müssen und wo es noch sehr viel aufzuarbeiten gilt. Aber wir müssen auch gemeinsam sehen, dass wir da zu Ergebnissen kommen, die dann auch langfristig Bestand haben, sodass wir diese Debatte so in fünf Jahren nicht noch einmal zu führen brauchen, weil es dann selbstverständlich ist und einfach weitergeht. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 18/0091, wird die Überweisung an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Zum Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/0099, wird die Überweisung federführend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung und mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, Digitale Verwaltung, Datenschutz, Informationsfreiheit und zur Umsetzung von Artikel 13 Abs. 6 GG sowie § 25 Abs. 10 ASOG empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.3:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 18

Senkung der Grunderwerbsteuer für selbst genutztes Wohneigentum

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0067

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0067-1 Neu

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier die Kollegin Dr. Brinker. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist oftmals hilfreich, in die Berliner Verfassung zu schauen, und so auch hier, denn im Artikel 28 der Berliner Verfassung steht Folgendes – ich zitiere –:

Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.