[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD) – Anja Kofbinger (GRÜNE): Jawohl! – Frank Scheermesser (AfD): Wer sind denn die richtigen Leute?]
Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Den Auf- und Ausbau der digitalen Verwaltung viel transparenter gestalten und weiter vorantreiben – Berliner E-Government-Strategie 2019 bis 2022
In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP. Es hat das Wort der Abgeordnete Herr Schlömer. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei einem der wichtigsten Vorzeigeprojekte der rot-rot-grünen Koalition droht in dieser Legislaturperiode unserer Bewertung nach ein erheblicher Schiffbruch.
Es geht um die zeitgerechte Umsetzung des Berliner E-Government-Gesetzes. Es geht um die flächendeckende Digitalisierung aller Bürger- und Verwaltungsdienstleistungen dieser Stadt. Es geht schlichtweg darum, eine funktionierende, eine bürgerfreundliche und eine nutzerorientierte digitale Verwaltung zum Wohle der Berliner Bevölkerung und der Berliner Wirtschaft zu entwickeln.
Bislang ist wenig, viel zu wenig geschehen. Die Sachstandsberichte im Ausschuss bleiben zu oberflächlich. Einen Einzelplan für IT zu kreieren, ist kein Meisterstück. Zwei Jahre für den Aufbau einer zentralen Abteilung in der Innenverwaltung vorzusehen, geht durchaus schneller. Fast zweieinhalb Jahre nach Verabschiedung des damaligen innovativen E-Government-Gesetzes in Berlin fehlt es an erreichten Meilensteinen. Durchgreifende Erfolgsmeldungen gibt es nicht. Das, was sowieso normal funktionieren müsste, ist allein kein Erfolg. Ein Gesetz ist keine Erfolgsstrategie.
Wir müssen daher leider befürchten, dass unter Beibehaltung der momentanen Umsetzungsrate und der gleichbleibend bescheidenen politischen Hingabe an das Gesetz dessen Umsetzung im angepeilten Zeitrahmen bereits heute schon ausgeschlossen ist. Der vorliegende Antrag soll Ihnen helfen, die derzeitigen Schwächen zu heilen,
er soll Sie darin unterstützen, Handlungsschwerpunkte und strategische Ziele zu benennen, Prioritäten aufzuführen und Maßnahmenprogramme für Öffentlichkeit und Parlament transparent aufzuzeigen. Wir haben durchaus das Ziel und die Absicht, Ihr Projekt zu unterstützen, damit es gelingen kann. Hierfür würden wir uns sehr gern engagieren, lösungsorientiert und sehr kompetent.
Wenn es Ihr Ziel ist, dass der Bund mit seinem Onlinezugangsgesetz und der beabsichtigten Digitalisierung von 535 Verwaltungsdienstleistungen Ihre Aufgaben erledigt, dann ist das so, aber dann sagen Sie es auch offen und deutlich. Auch das kann eine Strategie sein, aber das ist nicht Ihr Erfolg, sondern nur ein Gewinn für Berliner Bürger und Unternehmen.
Es gab schon einmal eine Strategie von 2015 bis 2017. Führen Sie diese doch erneut fort! Setzen Sie eine Strategie bis 2022 neu auf, begleitend zum Gesetz! Folgen Sie unserem Anliegen! Verwaltungsdigitalisierung kann nur dann gelingen, wenn wir gerade nicht in alteingesessenen parlamentarischen Umsetzungsmechanismen verharren, uns im ständigen Parlamentstrott von Frage und Antwort bewegen. Wir müssen die Implementierung neuer Anwendungen, neuer Prozesse und Verfahren schrittweise angehen, Prioritäten setzen, Fortkommen messbar machen, aus Fehlern lernen, Fehler zugeben und permanent auf Rückmeldungen aus den Behörden und Einrichtungen reagieren. Auch das ist Teil der Digitalisierung. Alles ist nunmehr ein bisschen anders.
Nur diese Rückkopplung führt zum Erfolg, und das ist ohne Strategie nicht möglich. Letztlich empfehlen wir, über ein externes Strategiecontrolling nachzudenken, auch bei der Verwaltungsdigitalisierung extern Sachverstand hinzuzuziehen, der Fehlentwicklungen aufzeigt, ohne betriebsblind zu sein, ehrenamtlich und kompetent, etwas, was der BER nie hatte, aber dringend gebraucht hätte.
Der Bund nennt es Digitalrat. In der letzten Sitzung haben wir einen Normenkontrollrat vorgeschlagen. Es ist uns gleich, wie Sie es benennen, aber externer Sachverstand hilft sehr. Wir bitten um Ihre Unterstützung unseres Antrags! – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Schlömer! Ich möchte und darf den Antrag mal übersetzen: Die FDP möchte mehr Bürokratie in Form von Papier und Berichten produzieren.
Sie stellen zu Recht die Frage und sagen: Wir wollen mehr und besser kontrollieren. Was passiert eigentlich beim Thema E-Government? Wie wird das E-Government-Gesetz umgesetzt? – Nur, lieber Kollege Schlömer, wie Sie wissen, und Sie sitzen im zuständigen Ausschuss, ist die zuständige Staatssekretärin regelmäßig bei uns im Ausschuss. Sie ist dauerhaft Mitglied im Ausschuss. Genau darüber wird informiert, und da braucht es Ihren Antrag nicht.
Zum Zweiten, lieber Kollege Schlömer: Es gibt eine Drucksache, die rote Nummer des Hauptausschusses 0190, und zwar vom 8. August 2017. Da hat der Berliner Senat regelmäßig berichtet, wie die E-GovernmentStrategie des Landes Berlin aussieht. Schlussendlich, lieber Kollege Schlömer, haben Sie immer die Möglichkeit, Kleine Anfragen an den Senat zu stellen und genau nachzufragen, was Sie konkret wissen wollen.
Wir haben uns im Ausschuss KTDat, der dafür zuständig ist, darauf verständigt, dass wir regelmäßig Berichte der Staatssekretärin und des Senats zum Thema Umsetzung des E-Government-Gesetzes abfordern.
Ich möchte nicht verhehlen, dass ich mir manchmal wünsche, dass die Ergebnisse deutlicher werden und dass man in irgendeiner Weise sieht, wie es da vorangeht. Nur, es ist nun mal im Sinne des Erfinders, und so liegt es beim E-Government, wenn es um Digitalisierung geht, dass einzelne Schritte nach außen hin nicht sichtbar sind. Wir sind gerade in der Ausschreibungsphase. Das heißt, die Projekte der E-Akte werden derzeit öffentlich ausgeschrieben. Da wird es ein entsprechendes Ergebnis geben, und dann soll nach dem, was die Staatssekretärin dargestellt hat, bis zum Jahr 2022 tatsächlich die E-Akte berlinweit eingeführt werden. Ich habe da, lieber Kollege Schlömer, höchstes Vertrauen in meine Staatssekretärin und in den Senat, dass das entsprechend auch passiert.
Ein letzter Satz zu den Leuchtturmprojekten, die Sie hier fordern. Das ist ein bisschen FDP-Terminus: Leuchtturmprojekte, Fortschrittsbeschleuniger, ich weiß nicht, Bunte-Bildchen-Maler. – Ich würde mir beim Thema EGovernment und Digitalisierung für Berlin wünschen, dass wir weniger auf Leuchtturmprojekte setzen, sondern dass wir als Senat erst mal unsere Arbeit machen, die Digitalisierung der Berliner Verwaltung voranbringen und die E-Akte in Berlin einführen. Wenn das geschafft ist, lieber Kollege Schlömer, können wir gern noch ein paar Leuchtturmprojekte umsetzen. Wir werden den Antrag im Ausschuss behandeln. Mal schauen, ob dann
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Sprecher für die Umsetzung des E-GovernmentGesetzes freue ich mich, dass wir uns heute zum zweiten Mal in Folge bei den Prioritäten im Plenum mit der Herkulesaufgabe der Umsetzung des E-Government-Gesetzes beschäftigen. Ich glaube, das ist dem Thema angemessen, und sukzessive erreicht es ja immer mehr die öffentliche Wahrnehmung, das ist gut so. Der vorliegende Antrag der Fraktion der FDP hat einen richtigen und wichtigen Anspruch. Es geht darum, den Senat dazu zu bringen, endlich die politische Führung bei der Digitalisierung der Verwaltung zu übernehmen und politischen Druck in die Sache zu bringen. Die Idee der Entwicklung einer berlineigenen E-Government-Strategie zielt dabei aus meiner Sicht durchaus in die richtige Richtung.
Die zeitlichen Vorgaben zur Umsetzung des E-Government-Gesetzes sind eng. Zum 1. Januar 2023 soll etwa die E-Akte in Berlin eingeführt sein – ein ehrgeiziges, ein überaus ambitioniertes Ziel. Wir alle wollen daran arbeiten, dass dieses Ziel auch erreicht wird. Aber ab und an, und das sage ich ehrlich, kommen einem jetzt schon Zweifel, ob das Ziel vom Senat auch mit der notwendigen Ernsthaftigkeit verfolgt wird. Konkreten Anlass zu dieser Sorge gibt mir das, was wir jetzt in der vergangenen Sitzung des KTDat am Montag erlebt haben zum Themenfeld Dokumentenprüfgeräte. Das wächst sich aus meiner Sicht wirklich zu einer Posse aus. Wir stellen hierzu fest: Die Berliner Bürgerämter sind immer noch nicht mit diesen Prüfgeräten ausgestattet; angestrebt wird jetzt ein Probebetrieb in Echtzeit mit jeweils zwei – zwei – Testgeräten pro Bezirk bis Juni. Dieser Probebetrieb soll dann wieder kritisch beäugt werden. Das kann nicht ernsthaft der Plan sein.
Jetzt anders als die hochkomplexe Einführung eines E-Government in Berlin mit all diesen technischen Schnittstellen in Hard- und Software – scheitert der Senat ja ganz offenkundig schon in der Einführung eines technisch abgeschlossenen Systems, das nur gekauft werden muss und das nach Schulungen sofort einsetzbar ist. Wenn das nicht geht, dann mag man sich gar nicht ausmalen, wie das laufen könnte bei der Umsetzung einer E-Government-Strategie oder bei der Einführung eines E-Government in Berlin. Jetzt ist die Frage: Ist das Führungsversagen, oder fehlt es am politischen Willen? – Ich
Zum Antrag der FDP: Ob es jetzt einen solchen Antrag zur Dokumentation einzelner Teilschritte wirklich
braucht, darüber kann man streiten. Es handelt sich hierbei eigentlich um politische Forderungen, die sich bei einer konkreten Umsetzung des E-Government-Gesetzes eigentlich von selbst ergeben müssten. Aber genau diese Umsetzung läuft eben nicht in dem notwendigen Tempo ab, der Kollege hat es ja angesprochen, und die Dinge, die klar definiert auf der Agenda stehen, müssen jetzt endlich abgearbeitet werden. Für ein weiteres Warten und Zaudern ist jedenfalls keine Zeit.
Es liegt nicht an fehlenden Gesetzen und Konzepten, und es liegt auch nicht am fehlenden Engagement der Mitarbeiter am ITDZ – also, Frau Smentek: Sorgen Sie dafür, dass die Sache endlich Fahrt aufnimmt! Gerne verweise ich bei dieser Gelegenheit erneut auf die vier zentralen Herausforderungen, die die IT-Staatssekretärin aufgrund des Zeitdrucks gleichzeitig zu bewältigen hat.
Erstens: Sie muss die ihr zugeordnete IKT-Abteilung zügig aufgabenbezogen aufbauen und organisieren und hierfür neues, qualifiziertes Personal finden, was angesichts des IT-Fachkräftemangels nicht einfach ist.
Zweitens: Sie muss die bestehenden analogen und digitalen Verwaltungsprozesse evaluieren, technologisch und strukturell optimieren und anschließend in die neue digitale Verwaltungslandschaft integrieren.
Drittens: Die IKT-Staatssekretärin muss die veraltete ITAusstattung in eine neue, zeitgemäße, technologisch hochwertige und nachhaltige IT-Infrastruktur überführen.