Protocol of the Session on January 11, 2018

Gleichwohl könnte man das im Übrigen auch für eine ganze Reihe weiterer Ämter machen. Man könnte auch einmal die Jugendämter vergleichen, die Sozialämter, man könnte die Umwelt- und Naturschutzämter vergleichen. Es ist natürlich immer sinnvoll, das zu evaluieren. Möglicherweise braucht man nicht jedes Mal einen eigenen Antrag im Plenum, vielleicht geht es auch mithilfe eines Berichtsauftrags über den Hauptausschuss an den Unterausschuss Bezirke. Das würde bei manchen Themen reichen. Hauptsache, die Zahlen liegen vor. Ich glaube,

(Carsten Ubbelohde)

bei kleinen Dingen jeweils einen Antrag zu machen, ist etwas zu viel verlangt.

Was ich mir wünsche, ist, dass man künftig Bauen mehr als eine Einheit betrachtet. Damit meine ich Hoch- und Tiefbau. Wir haben in Berlin die aus meiner Sicht etwas absurde Konstruktion, dass der ganze Bereich Hochbau, also alles, was über der Erde stattfindet – Schulen, Rathäuser, Verwaltungsgebäude etc. – bei den Serviceeinheiten für Facility-Management – auch so ein schönes neudeutsches Wort, also bei FM – angesiedelt sind, und die Bereiche für Tiefbau, die früher einmal ein eigenes Amt waren, mit den Grünflächenämtern fusioniert sind, jetzt die Straßen- und Grünflächenämter sind, nur noch Fachbereich Tiefbau, und dort vor sich hin wurschteln. Hoch macht seines, Tief macht seines. Es ist in nahezu keinem Bezirk in der Hand nur eines Stadtrates, meistens sind Tiefbau und Grünflächen bei einem Stadtrat, Hochbau oft bei den Bezirksbürgermeistern. Das macht keinen Sinn. Bauen gehört in eine Hand, denn viele Probleme, die es im Tiefbau gibt, gibt es im Hochbau genauso – und umgekehrt. Vielleicht kann das auch das Ergebnis sein, dass wir wieder ein Bauamt bekommen – von der Straße bis zum Rathaus –, das alle Bauvorhaben bewirtschaftet. Das würde Synergien und Effizienzen nutzen. Auch das könnte ein Ergebnis dieser Untersuchung sein.

[Beifall bei der FDP]

Im Übrigen ist das das süddeutsche Modell. In Bayern und Baden-Württemberg ist es Standard, dass man Bauen einheitlich denkt, auch in den Ministerien. Da kann man manche Synergien nutzen.

Was bei der Untersuchung mitbetrachtet werden muss: Wir schaffen durch neue Einheiten, die zum Beispiel den Schulbau künftig betreuen, auch Konkurrenz bei der Gehaltsstruktur. Das dürfen wir in Berlin immer nicht vergessen, dass gerade die Leute, die in den Hochbauabteilungen in den Bezirken sind, eigentlich Tätigkeiten verrichten, die ob ihrer Qualifikation sehr gefragt sind. Wenn ich gleichzeitig noch eigene GmbHs habe, eine Senatsverwaltung, die auch nicht schlecht bezahlt, und eine Bundesverwaltung in der Stadt habe, die noch besser bezahlt, dann ist das auch der Kampf um zu wenige Köpfe bei diesen Qualifizierten, die wir dort suchen. Das ist ein Thema, das angesprochen werden muss. Wenn in den Bezirken nicht nur diejenigen in den Hochbauabteilungen bleiben sollen, die woanders keine Anstellung finden – ich spitze das einmal zu –, darf das nicht das Ergebnis sein, das dabei herauskommt. Wir müssen schauen, dass wir ein Gehaltsgefüge hinbekommen, damit es sich aus finanziellen Gründen nicht lohnt, vom Bezirk woanders hinzugehen, sondern dass wir auch in den Hochbauabteilungen qualifizierte Leute behalten.

Und wir brauchen dort vor allen Dingen auch Leute, die den jeweiligen Sachverstand für die einzelnen Bauvorhaben mitbringen. Ein herausragendes Baudenkmal kann ich am besten mit einer Architektin im Hochbau sanieren,

die auch Erfahrungen in der Denkmalpflege hat. Wir haben Gott sei Dank in Treptow-Köpenick wieder solche Beispiele. Insofern ist es ein ganzes Themenfeld, das hier zu bearbeiten ist. Die Evaluation ist notwendig. Man muss aber aus den Ergebnissen die richtigen Konsequenzen ziehen. Ich glaube, da gibt es einiges zu vereinheitlichen, zu verbessern, aber auch mal gegen den Strich zu bürsten. Dann könnten auch die Bauabteilungen in den Bezirken noch besser aufgestellt werden. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Hauptausschuss – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 18:

a) Von der Provinz zur internationalen Metropole – Wettbewerbsverzerrungen durch das Ladenschlussgesetz abschaffen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0735

b) Sonntagsöffnung von „Spätis“ ermöglichen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0736

In der Beratung der beiden Anträge beginnt die Fraktion der FDP. Hier hat der Abgeordnete Herr Swyter das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn mein Vorredner Stefan Förster gesprochen hat, brauche ich dieses Pult ausnahmsweise mal nicht hochzustellen, sondern tatsächlich ein Stück runter. Ich möchte diesmal unsere Antragsbegründung fast mit einem Lob nicht nur für diesen Senat beginnen, sondern sogar für die vergangenen Senate, die sich tatsächlich bemüht haben, in Berlin ein sehr liberales Ladenöffnungsgesetz zu etablieren. Das ist schon damals unter Rot-Rot angestoßen worden, und auch die jetzt – das möchte ich ausdrücklich begrüßen – zuständige Senatorin Frau Breitenbach will gegen das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts zur Allgemeinverfügung, was die Ausnahmesonntage von Ladenöffnungszeiten anbetrifft, Beschwerde bei der höheren Instanz einlegen. Auch das begrüßen wir ausdrücklich.

[Beifall bei der FDP]

(Stefan Förster)

Sie sehen an diesen Bemühungen und auch an der jüngsten Rechtsprechung in der Historie: Es steht allerdings eine Grundsatzentscheidung darüber an, dass wir den Sonntag generell freigeben können und nicht jedes Mal die Frage haben, jährlich grüßt die Rechtsprechung, jährlich grüßen Gerichte, die sozusagen Liberalisierungsversuche, selbst kleine Liberalisierungsversuche im Ansatz zunichtemachen. Insofern ist es für uns eine Frage der Lebensqualität in dieser Stadt, für die Verbraucher, und auch der Prosperität dieser Stadt, hier in Berlin, im Besonderen auch im Hinblick auf Tourismus.

Die Rechtslage ist seit Jahren für uns fragwürdig. Sie ist auch übrigens ungerecht. Wir haben ein kompliziertes Regel-Ausnahme-Geflecht. Wir haben komplizierte Regelungen, dass generell geschlossen werden soll, dann wird das bei einigen Geschäften wieder erlaubt und bei anderen Geschäften wiederum nicht erlaubt. Wir haben da wiederum viel Rechtsprechung. Ich komme beim Thema Späti darauf zurück.

Besonders augenfällig wird die schon seit Jahrzehnten ungerechte Rechtslage im Vergleich zu Gaststätten, denn es ist schon merkwürdig, warum ein Kaufverhalten, Shopping am Sonntag als fragwürdiges Konsumverhalten gesehen wird, aber ein Gaststättenbesuch in Ordnung ist. Ich weiß nicht, wo ich so einen Unterschied sehen soll, weder im Arbeitnehmerschutz noch in der Sache an sich, ob man sich ein Schnitzel servieren lässt oder ob man ein Schnitzel kauft.

[Beifall bei der FDP]

Die Situation des Einzelhandels ist dadurch noch schwieriger geworden, dass der Onlinehandel erheblich zugenommen hat, und zwar hat der Onlinehandel seit dem besonders entscheidenden Verfassungsgerichtsurteil 2009 seinen Umsatz in Deutschland von 24,6 auf 73 Milliarden 2017 gesteigert, das heißt, er hat erheblich an Bedeutung gewonnen, das ist eine massive Wettbewerbsverzerrung für den Einzelhandel, weil der Onlinehandel 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr stattfindet, und da sollte der Einzelhandel auch gerade in Berlin nicht zurückfallen.

Wir haben das Grundproblem, dass wir in der Verfassung – und deswegen ist es auch jedes Mal dieses Katz-undMaus-Spiel – eine kritikwürdige, wie ich finde, aber jedenfalls eine bestehende Auslegung des Verfassungsgerichtsurteils haben, im Hinblick auf die Weimarer Verfassung. Wir finden, die Rechtsprechung sollte nicht die Reichweite der Ladenöffnung bestimmen, sondern der Gesetzgeber, und deswegen sprechen wir uns dafür aus, dass wir auch die Voraussetzung mit der Bundesratsinitiative dafür schaffen.

[Beifall bei der FDP]

Arbeitsschutz wird immer dagegen angeführt. Den kann man gewährleisten. Der ist auch gewährleistet. Wir haben Arbeitsschutzgesetze. Wir haben auch Tarifverträge. Ansonsten wäre die Sonntagsarbeit im Pflegebereich, in

anderen Berufen, aber auch in der Gastronomie gar nicht möglich, wenn es nicht Arbeitsschutzgesetze gäbe. Im Gegenteil, für viele Arbeitnehmer ist das auch attraktiv, am Sonntag zu arbeiten, weil es Zuschläge gibt.

Noch ein paar Worte zum Späti, weil dieser Antrag zur Bundesratsinitiative ein längerer Weg ist. Das wissen wir. Den kürzeren können wir schon für die Spätis gehen, für die Spätverkaufsstellen. Da haben wir uns erlaubt, einen klugen Gedanken der Grünen zu recyceln. Ich hoffe, Sie freuen sich ebenso wie wir, ihn wiederzusehen, dass wir eine klare Definition für Spätverkaufsstellen schaffen und diese gleichstellen mit Bäckereien oder Tankstellen. Wir sehen die Nähe eher bei denen gegeben als bei großen Supermarktketten. Insofern kann man schon sehr schnell eine Erleichterung und Entbürokratisierung für Spätverkaufsstellen schaffen. Wir finden, es würde Bürokratie abbauen, und vor allen Dingen sind die Ressourcen der Bezirke, die mit der Kontrolle von Spätis befasst sind und mit viel Bürokratie und Abgrenzungsfragen, woanders besser aufgehoben. Deshalb empfehlen wir, diesen Gedanken von 2016 – ich glaube, das war auch im Wahlprogramm der Grünen – tatsächlich rasch umzusetzen. Nutzen Sie die Gelegenheit! Die Wirtschaftssenatorin, die jetzt hoffentlich nur zufällig nicht da ist, kann das ja dann auch ihrerseits umsetzen.

Ich komme zum Fazit: Wir haben einen Antrag formuliert, um eine Initiative über den Bundesrat anzustoßen, damit auch eine Debatte über eine überfällige Reform der Ladenöffnungszeiten am Sonntag zu eröffnen, und den Spätis können wir viel schneller helfen. Deshalb freue ich mich auf eine gute Beratung im Ausschuss. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Abgeordnete Herr Jahnke das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP nimmt die Backen hier mal wieder ziemlich voll. „Von der Provinz zur internationalen Metropole“ heißt es etwas großspurig in der Überschrift des Antrages. Und dann geht es gerade mal um angebliche „Wettbewerbsverzerrungen durch das Ladenschlussgesetz“.

[Beifall von Franziska Becker (SPD)]

Hier kann der FDP zunächst einmal begrifflich auf die Sprünge geholfen werden. Seit November 2006 gibt es ein Berliner Ladenöffnungsgesetz, mit dem das bis dahin geltende Ladenschlussgesetz auf Bundesebene hier für uns abgelöst wurde. Die Föderalismuskommission hatte gerade erst kurz zuvor den Weg für diese landesgesetzlichen Regelungen geöffnet, und Berlin war das erste

(Florian Swyter)

Bundesland, das davon Gebrauch machte – Sie haben das hier auch lobend erwähnt – und ein Ladenöffnungsgesetz initiiert hat, das so liberal war, dass die damalige FDPFraktion sogar davon überrascht gewesen sein dürfte, dass man von Montag 0 Uhr bis Sonnabend kurz vor Mitternacht sowieso jeden Laden, egal welcher Größe, welcher Branche offen haben kann. Wie Sie wissen, machen allerdings die wenigsten von so umfassenden Öffnungszeiten dann auch wirklich Gebrauch, aber das hat andere Gründe.

[Zuruf von Florian Swyter (FDP)]

Nun bleibt also als Profilierungsfeld für eine sich liberal schimpfende Partei gerade noch das schmale Fenster der Sonntagsöffnungszeiten. Ich bin der Meinung, wir haben hier im Gesetz eine sehr gute Kompromisslösung zwischen allen Beteiligten gefunden, denn nicht allen in der Gesellschaft ist es etwa so wichtig oder sie finden es gut wie die FDP, dass man rund um die Uhr shoppen können muss und dass die Läden immer offen haben müssen, dass der Sonntag und Feiertag sozusagen keine Rolle mehr spielt. Ich nenne die Kirchen. Die haben immerhin erfolgreich geklagt, dass nicht alle Adventssonntage z. B. offen sein dürfen, hatten wir in den ersten Jahren des Gesetzes auch hier anders geregelt. Oder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, selbstverständlich ist eine sozialdemokratische Partei auch daran interessiert, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier zu unterstützen und nicht unnötige Arbeitszeiten zu verlangen.

Das Gericht – das haben wir nun gerade in dem angesprochenen Urteil ja gesehen – setzt da ziemlich enge Grenzen. Sie sehen kein öffentliches Interesse daran, z. B. bei der Grünen Woche, bei der ITB, bei der Berlinale berlinweit zu öffnen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Swyter?

Nein! – Ich finde es richtig, dass der Senat dagegen Beschwerde eingelegt hat,

[Beifall von Thomas Isenberg (SPD)]

weil tatsächlich meines Erachtens auch ein öffentliches Interesse besteht, bei solchen Anlässen für die Gäste hier offen zu haben. Aber bitte schön, wir sehen hier, die Politik ist da nicht schlechten Willens, sondern in der Tat, andere gesellschaftliche widerstrebende Interessen, und wir versuchen, das Mögliche hier durchzusetzen.

[Beifall bei der SPD]

Ähnliches gilt auch für die Spätis, wenn man da die Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenfrage versucht außen vor zu lassen, indem z. B. ein Späti definiert werden könnte als ein inhabergeführtes Geschäft, dass man sagt,

wenn sich der Inhaber dort selber hinstellen mag, dann soll dies möglich sein. Das ist eine Sache, über die man vielleicht diskutieren kann. Aber ansonsten ist der Arbeitnehmerschutz eine ganz wichtige Frage, die man nicht außen vor lassen kann. Wir werden diese Anträge im Ausschuss diskutieren, und ich freue mich darauf. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU spricht die Abgeordnete Frau Seibeld. – Bitte schön, Sie haben das Wort!