Protocol of the Session on June 19, 2014

ren, weil sie im Grunde die sichtbarste Form staatlicher Hoheitsmacht sind, und dabei völlig ignoriert wird, dass in dieser Uniform womöglich eben auch ein junger Familienvater, eine junge Mutter, ein Bruder, eine Schwester, auch ein Opa oder eine Oma steckt, die ihren Beruf ausüben – einfach ihren Beruf ausüben –, das ist etwas, das mich jedenfalls nicht einfach kalt lässt.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2013 weist 5 918 Dienstkräfte aus, die in Ausübung ihres Dienstes Opfer von Straftaten wurden, allein 4 162 von ihnen durch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Dabei wurden 1 130 Dienstkräfte durch einfache Körperverletzung und 345 Dienstkräfte durch gefährliche oder schwere Körperverletzung geschädigt. Die Zahlen sind im vergleich zum Vorjahr zwar leicht rückläufig, aber sie sind trotzdem viel zu hoch. Vor allem sind sie ein Beleg dafür, dass das Thema Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten in die Mitte der Gesellschaft gehört. Deshalb habe ich bereits vor einem Jahr die Landeskommission gegen Gewalt gebeten, ihre Tätigkeit dahingehend zu erweitern.

Alles andere als rückläufig sind die Zahlen der politisch links orientierten Straftaten in Berlin. Im letzten Jahr wurden bei einem Anstieg von 18 Prozent 1 023 Fälle registriert. Besonders besorgniserregend ist dabei der darin enthaltene Anstieg von Gewalttaten von 67 Fällen im Jahr 2012 auf 276 Fälle im Jahr 2013.

Diese Zahlen zeigen auf erschreckende Art und Weise, dass das Gewaltpotenzial ungebrochen ist. Viel zu häufig wird immer noch – auch unter dem Deckmantel bürgerlichen Protestpotenzials – Gewalt gegen Andersdenkende und Polizeikräfte verübt. Die Gewaltexzesse des vergangenen Wochenendes sind dabei ein weiterer trauriger Höhepunkt und auf das Schärfste zu verurteilen.

Herr Senator! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Kosche?

Wirklich nicht, Frau Kosche! Ihre Fraktion hat bereits zweimal geantwortet und ihren Standpunkt dargelegt. Zum Schutz Ihrer eigenen Fraktion würde ich darauf verzichten, denn Sie haben sich ja mindestens anderthalb Mal in Ihren Wortmeldungen lächerlich gemacht.

[Beifall bei der CDU]

Berlin ist eine weltoffene und tolerante Stadt, aber weltoffen und tolerant, liebe Frau Kosche, heißt eben nicht rechtlos. Recht und Gesetz gelten für jeden. Extremismus – egal, ob Links-, Rechts- oder Ausländerextremismus – ist stets eine Gefahr für die Demokratie. Sowohl die

(Bürgermeister Frank Henkel)

Bilder von vermummten Steinewerfern aus dem linksautonomen Block als auch die Hetze gegen Ausländer und Asylbewerberheime sind einer Hauptstadt nicht würdig. Auch Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten ist unwürdig und inakzeptabel.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Wir müssen entschieden Nein zur Gewalt durch Extremisten und denen sagen, die ihre Lust auf die Verletzung anderer Menschen und die Zerstörung von Sachwerten hinter einer Fassade vermeintlich politischen Widerstand zu verstecken suchen. Lassen Sie uns deutlich machen, dass politisch motivierte Gewalttäter mit ihren Handlungen in unserer Gesellschaft isoliert dastehen!

[Beifall bei der CDU]

Ich fordere alle hier in diesem Haus und alle demokratischen Kräfte auf, gemeinsam die Gewalt zu verurteilen und damit unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten politisch und moralisch zu unterstützen! Ich schließe mich dem Dank an die eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten an, dem Dank für den mutigen und engagierten Einsatz.

[Benedikt Lux (GRÜNE): War es das etwa?]

Allein ihrem konsequenten Vorgehen ist es zu verdanken, dass die Ausschreitungen des vergangenen Wochenendes nicht noch zu Schlimmerem geführt haben. Den eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sei auch von dieser Stelle von mir eine baldige und vollständige Genesung gewünscht. Ich hoffe, dass sie bald wieder wohlauf sind. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Benedikt Lux (GRÜNE): Was, das war‘s? Nicht eine politische Äußerung?]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in zwei Runden nach der Stärke der Fraktion mit je einer Fragestellung an den Senat. Das Verfahren ist Ihnen bekannt. Die erste Frage steht der Fraktion der SPD zu. Herr Kollege Kreins hat das Wort.

Ich erinnere nochmal daran, dass die Frage ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein muss. Sie sollte außerdem eine kurze Beantwortung er

möglichen. Der Apell an den Senat ist, auch möglichst kurz zu antworten. – Bitte schön, Herr Kreins!

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie beurteilt der Senat die neue Entwicklung in der Personenbeförderung, wonach per Smartphone-App innerstädtische Mitfahrgelegenheiten organisiert werden? Teilt der Senat die Befürchtung der Berliner Taxiverbände, dass diese neue Transportkultur zu einer Existenzgefährdung des traditionellen Taxigewerbes führen kann?

Vielen Dank! – Herr Senator Müller antwortet.

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Kreins! Wir sind immer noch in der rechtlichen Prüfung. Es gibt keinen neuen Erkenntnisstand. Wir hatten einige Bedenken bezüglich der Anwendung dieser App. Ich bitte um Verständnis, dass wir noch etwas Zeit brauchen, um eine abschließende Stellungnahme abgeben zu können, wie man am besten mit der App umgehen sollte.

Vielen Dank! – Kollege Kreins! Wünschen Sie, eine Nachfrage zu stellen?

[Ole Kreins (SPD): Nein, danke!]

Dann hat der Kollege Gelbhaar die Möglichkeit nachzufragen. – Bitte schön!

Herr Senator Müller! Ich habe nur die simple Nachfrage: Haben Sie mit den Taxiverbänden und Uber schon einmal direkt über diesen Konflikt geredet?

Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Gelbhaar! Ja, natürlich! Wir sind direkt in Gesprächen. Staatssekretär Gaebler führt sie selbst mit den Taxiverbänden. Dazu gibt es natürlich auch eine bundesweite Abstimmung, denn es ist nicht nur in Berlin ein Thema, wie man mit dieser Infrastruktur umgehen soll und sich koordinieren kann. Dazu gibt es Gespräche mit den Betroffenen, mit den Verbänden.

(Bürgermeister Frank Henkel)

Vielen Dank!

Dann kommen wir zur nächsten Frage. Sie kommt von der CDU. – Herr Kollege Ludewig, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie bewertet der Senat aus gesundheitspolitischer Sicht die Wirksamkeit und den Erfolg des Berliner Schlaganfallmobils STEMO?

[Heidi Kosche (GRÜNE): Ganz aktuell!]

Herr Senator Czaja!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Ludewig! Wir beurteilen gemeinsam mit der Innenverwaltung, die für den Rettungsmitteleinsatz und damit das STEMO – Schlaganfall-Einsatz-Mobil – zuständig ist, die Erfahrungen als sehr positiv. Die Einsatzzeiten konnten gemeinsam mit der Berliner Feuerwehr im Rahmen dieses Forschungsprojekts verbessert werden. Die Zeitspanne zwischen dem eigentlichen Schlaganfall und der Behandlung wurde um 25 Minuten verkürzt. Aus gesundheitspolitischer Sicht sind wir sehr zufrieden mit den Ergebnissen, die das Forschungsprojekt STEMO in Berlin gebracht hat.

[Zuruf von den PIRATEN: Hurra!]

Vielen Dank! Haben Sie eine Nachfrage, Herr Kollege Ludewig? – Bitte schön! Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Senator! Wie schätzen Sie die Chancen ein, das STEMO – gerade aufgrund seiner besonderen Erfolge – dauerhaft zu erhalten?

Herr Senator, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Herr Abgeordneter Ludewig! Das ist eine wichtige Frage. Das Forschungsprojekt ist Ende Mai 2014 ausgelaufen. Wir haben daraufhin Gespräche mit den Krankenkassen begonnen, um eine Weiterfinan

zierung im Rahmen der Rettungsmittel zu verabreden. Diese Gespräche waren leider nicht erfolgreich. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Wir haben dann gemeinsam mit der Innenverwaltung verabredet, dass das STEMO weiter als Noteinsatzfahrzeug eingesetzt wird. Es hat aber eine teurere Ausstattung, sowohl personell als auch materiell. Diese Differenzkosten können bislang aus der Fortführung eines Forschungsprojekts von der Charité getragen werden. Wenn dieses Forschungsprojekt ausgelaufen ist und man es als Rettungsmittel in das Berliner Rettungsdienstgesetz aufnehmen wollte, was wir gemeinsam für richtig erachten, dann wäre es erforderlich, eine flächendeckende Versorgung in Berlin zu ermöglichen, denn nur so kann es ins Rettungsdienstgesetz aufgenommen werden. Dies würde bedeuten, dass man mindestens zwei zusätzliche Fahrzeuge bräuchte. Diese Fahrzeuge sind nicht günstig. Sie kosten jeweils rund 1 Million Euro. Das entspricht drei Noteinsatzfahrzeugen. Sie müssten beschafft und aufgebaut werden. Das war bislang eine Manufakturarbeit, weil das nicht industriell gefertigt werden kann, sodass dafür ein Vorlauf nötig wäre. Wenn der Haushaltsgesetzgeber der Innenverwaltung die Möglichkeit gibt, diese Anschaffung vorzunehmen, wäre es sicherlich sinnvoll, dafür auch jetzt schon mit den Beratungen zu beginnen, weil Vorlaufzeiten erforderlich sind. Da ich aber weiß, dass sowohl von der SPD als auch von der CDU sowie aus der Sicht derer, die sich für Rettungsdienste einsetzen, und jener, die für Gesundheitspolitik verantwortlich sind, das für richtig erachtet wird, gehe ich davon aus, dass sich die Koalition mit dieser Frage auch schon jetzt beschäftigen wird. Es ist eine Ausgangsvoraussetzung dafür, dass es im Rettungsdienstgesetz aufgenommen und weitestgehend rechtssicher gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden kann, damit es das flächendeckend in Berlin gibt.

Die Frage ist noch, wo dann die Einsatzorte lägen. Das ist mit der Feuerwehr zu besprechen. Einer der Einsatzorte könnte am Krankenhaus Neukölln sein, weil er auch in unmittelbarer Nähe eines großen Einzugsgebiets, aber auch der Autobahn liegt. Ein weiterer Standort könnte die Feuerwache in der Nähe von Pankow sein, weil auch dort durch die Stadtautobahn die Erschließung Berlins in dem Teil, für die dieses STEMO zuständig wäre, gut möglich wäre.