Protocol of the Session on December 13, 2012

Die Tangentiale Verbindung Ost – TVO – ist wohl neben der Verlängerung der A 100 und dem Ausbau des Flughafens BER eines der wichtigsten Verkehrsprojekte im östlichen Stadtraum Berlins. Es ist durch Verkehrszählungen im Gutachten der Vössing Vepro GmbH, aber auch durch eigenständige Verkehrszählungen der Anwohner nachgewiesen, dass die Belastungen in der Treskowallee, in der Köpenicker Straße und auf weiteren Nord-Süd-Verbindungen wie dem Hultschiner Damm auf hohem Niveau liegen Damit werden Anwohner mit Lärm und Abgasen belastet. Diese Straßen durchschneiden lebenswerte Wohngebiete und erschweren Schulwege. So wird die Treskowallee/Straße am Tierpark mit durchschnittlich mit 38 000 Fahrzeugen täglich belastet, in der zweispurigen Köpenicker Straße sind es nach Zählungen etwa 22 000 Fahrzeuge.

Bündnis 90/Die Grünen erwecken mit ihrem Antrag den Eindruck, dass man mittels einfacher und kostengünstiger Verkehrslenkungen Stau und Belastungen reduzieren könne – eine Fehleinschätzung, die als Vorwand für eine zukünftige Ablehnung der TVO dienen wird. Bei einer derart hohen Verkehrsdichte wie auf den Nord-SüdVerbindungen im Stadtraum Ost handelt es sich nicht um ein singuläres, sondern um ein strukturelles Problem. Schon deshalb sind die Wirkungen der von Bündnis 90/Die Grünen im Antrag genannten Instrumente, wie Pförtnerampel und adaptive Tempolimits, aufgebraucht. In beiden Bezirken sind mehrfach verkehrslenkende und verkehrsreduzierende Maßnahmen erörtert und angesetzt worden. Das Grundproblem der mangelnden Durchlässigkeit der Nord-Süd-Verbindungen konnte damit aber nicht verändert werden. Auch eine neue Studie, wie von Bündnis 90/Die Grünen gefordert, über derartige Maßnahmen wird kaum Entlastungswirkung haben.

Die TVO hingegen soll den östlichen Stadtraum Berlins vom Verkehr entlasten, den Verkehr aus den Wohngebieten abziehen und bündeln. Im Süden findet die TVO Anschluss an der Spindlersfelder Straße, die bereits seit August 2007 in Betrieb ist. Im Norden wird sie an die dreispurige Märkische Allee angebunden. Hierzu wurden auch die optimalen Anschlussmöglichkeiten in Biesdorf und Karlshorst und die verschiedenen Streckenführungen auf Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit untersucht. Im Rahmen der Prüfung kristallisierten sich eine Variante heraus, die auf den Flächen des derzeitigen Flächennutzungsplanes – FNP – östlich der Bahndamms liegt. Sie wird etwa 25 000 bis 30 000 Kraftfahrzeuge am Tag führen, die die Straßen Am Tierpark/Treskowallee, Köpenicker Straße/Rudolf-Rühl-Allee, Chemnitzer Straße/Kaulsdorfer Straße und Hultschiner Damm/Mahlsdorfer Straße entlasten wird. Hierbei sind Interessen der Anwohner, Umweltschutzbelange und Kostenerwartungen abzuwägen. Sechs Problemlagen ergeben sich direkt oder indirekt aus der Diskussion um die TVO.

Erstens: Belange des Umweltschutzes. Der Biesenhorster Sand wird von Umweltschützern gepflegt und gefördert. Er ist knapp 108 ha groß, ein Offenlandbiotop mit Trocken- und Halbtrockenrasen, und beheimatet für die Vegetation charakteristische Arten. Einige Arten davon sind schützenswert. Vorwiegend die westliche Streckenführung bedeutet eine Gefährdung für dieses Biotop.

Zweite Problemlage: Umgang Bahnkreuz Wuhlheide. Der Bau des Bahnkreuzes Wuhlheide durch die Deutsche Bahn AG ist eine technische und planerischer Herausforderung. Ein schnelle Perspektive für den Umbau gibt es derzeit nicht. Die TVO muss jedoch an dieser Stelle die Bahnanlagen kreuzen.

Drittens: Finanzierbarkeit. Allen untersuchten Varianten liegen zwar sehr gute Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu Grunde, allerdings sind bei Kostenschätzungen von 40 bis 120 Millionen Euro die Mittel, die das Land Berlin für den Bau aufbringen muss, nicht unerheblich.

Vierte Problemlage: Weiterführung im Norden. Um die Dörfer Ahrensfelde, Wartenberg, Malchow, Falkenberg und die Wohngebiete in Hohenschönhausen nicht durch den zusätzlichen Verkehr der TVO zu überlasten, müssen rechtzeitig Ortsumgehungen umgesetzt werden.

Fünftens: Wohnhäuser auf und an der im Flächennutzungsplan vorgesehenen Strecke der TVO. Bei der östlich des Bahndamms führenden Streckenvariante steht eine geringe Anzahl an genutzten Wohnhäuser auf der eigentlich freizuhalten Trasse. Schon der Generalverkehrsplan sah hier den Lückenschluss vor, die nun notwendigen Entschädigungen für die Wohnhäuser sowie die gesetzlichen Bestimmungen zum Lärmschutz sind selbstverständlich, erhöhen aber gleichzeitig die Kosten und führen in der öffentlich geführten Debatte zu teils emotionalen Erörterungen des Sachverhaltes.

Sechste Problemlage: Zeit. Selbst wenn sich heute alle handelnden Akteure über die Streckenführung einig wären, würden sich die weiteren Planungsprozesse, die öffentliche Beteiligung, die Ausschreibung des Baufeldes und der Bau noch Jahre hinziehen. Eine schnelle Lösung, wie von vielen gefordert, ist nicht in Sicht.

Der Antrag macht in gewisser Weise Sinn, denn solange die bestehenden Nord-Süd-Verbindungen im Ostteil Berlins nicht optimal genutzt werden, verbietet sich teurer Straßenneubau. Es ist aber zu bezweifeln, ob man das bei den bestehenden Verbindungen, insbesondere dem Hultschiner Damm und der Verlängerung der Mahlower Straße sowie der Chemnitzer Straße/Kaulsdorfer Straße und der geplanten Tangentialen Verbindung Ost – TVO – mit der Trasse Köpenicker Straße/verlängerte Waldowallee/Rudolf-Ruhl-Allee z. B. durch Pförtnerschaltung oder

andere verkehrslenkenden Maßnahmen langfristig zufriedenstellend hinkommt.

Das Problem dabei ist, dass alle diese drei Nord-SüdVerbindungen auf längeren Strecken durch Einfamilienhausgebiete führen mit der entsprechenden Belastungssituation und Querverkehren. Diese Problematik lässt sich wegen vorhandenem Siedlungsbestand in Biesdorf-Süd, Kaulsdorf und Mahlsdorf nicht befriedigend auflösen, sie ist im Bestand ohne großen Eingriff in bestehende Siedlungsstrukturen ähnlich begrenzt lösbar wie die altbekannte Westberliner Problematik der verkehrlichen Verbindung „im Süden Berlins quer“, da historisch das Berliner Hauptverkehrsstraßennetz ähnlich wie das Bahnnetz tendenziell eher auf die Stadtmitte zuläuft. Allenfalls am Bahnhof Wuhletal ließe sich, allerdings kostenaufwändig, die Situation der Nord-Süd-Querung baulich verbessern. Die im Antrag geforderte Prüfung einer optimierten Verkehrslenkung ist aus Sicht der Piratenfraktion grundsätzlich zustimmungsfähig, und es ist auch unterstützenswert, diese Maßnahmen an besonders belasteten Straßenzügen zuerst zur Anwendung zu bringen.

Zu dem Antrag wird die Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 26 und 27 stehen auf der Konsensliste.

Zu

lfd. Nr. 28:

Karnevalsfonds einrichten

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0677

haben sich die Fraktionen ebenfalls verständigt, die Reden zu Protokoll zu geben.

Meine Fraktion hat den Antrag eingebracht, einen Fonds einzurichten, an den Gruppen, die sich am Umzug des Karneval der Kulturen beteiligen wollen, einen Antrag stellen können, um Zuschüsse zu Sachkosten zu erhalten – eine Sache, die es schon längst geben sollte in dieser Stadt, in der für Fehlplanungen immer genug Geld da ist.

Der Karneval der Kulturen ist neben dem CSD eine der größten Veranstaltungen in Berlin, und auch beim Karneval zeigt sich Berlin von seiner besten Seite: kreativ, multikulturell, selbstbewusst. Nichts und niemand ist beim Karneval anders oder der/die andere außer vielleicht ein paar Touristen, die sich möglicherweise wundern, warum Japanerinnen in der Sambagruppe und Afrikane

rinnen im Dirndl auftreten. Zeitgenössische Musik und Kultur in Berlin sind längst transkulturell, postmigrantisch, crossover, wie immer man das nennen möchte, und in der Idee des Karnevals ist das in idealer Weise repräsentiert. Den Karneval als einen Ausnahmezustand für Stunden oder Tage gibt es in vielen Kulturen weltweit. Im europäischen Kontext steht dabei im Mittelpunkt, dass Herrschaftsverhältnisse umgekehrt werden und Grenzüberschreitungen erlaubt sind: sozial, kulturell, zwischen den Geschlechtern. In anderen Karnevalstraditionen geht es mehr darum, dass die Gesellschaften ihre Kreativität und Vitalität zur Schau stellen und sich selbst feiern.

Beim Berliner Karnevals-Umzug gehen alle diese Elemente eine Mischung ein: Auch viele Kulturen, die keine eigene Karnevalstradition haben, beteiligen sich mittlerweile am Umzug, weil sie die Idee des Karnevals für sich übernommen haben: die Vielfalt der Kulturen in Berlin sichtbar zu machen. Seit 1996 ist die Zahl der am Umzug beteiligten Menschen von ca. 2 200 auf 4 500 angestiegen, das sind zwischen 90 und 100 Gruppen. Ohne diese Gruppen, die sich beim Umzug in Kostümen und auf den Wagen tanzend und mit Musik über die fünf Kilometer lange Strecke kämpfen, die monatelang gemeinsam entwerfen, bauen, nähen, proben, würde es keinen Karneval der Kulturen geben. Das Straßenfest und das riesige Rahmenprogramm machen alleine keinen Sinn, und es ist der Umzug, der die Besucher und Besucherinnen nach Berlin zum Karneval zieht.

Aber während für den CSD schon zweimal eine Besucheranalyse erstellt wurde, gibt es für den Karneval bisher keine einzige. Eine Besucheranalyse wäre für das Einwerben von Sponsoring ein großer Vorteil. Das Karnevalbüro ist zwar vor einigen Jahren auf die Idee gekommen, Gruppen und lokale Sponsoren zusammenzubringen unter dem Motto: „Samba sucht Trecker“ – eine tolle Idee, bei der kleinere Firmen oder der Gemüsehändler aus der Nachbarschaft seinen Wagen zur Verfügung stellen und dafür mit ihrem Schriftzug beim Umzug zu sehen sind –, aber so gut diese Idee ist, sie hilft nur den kleineren Gruppen, und es kann auch kein Ziel sein, den Karnevalsumzug mehr fürs Sponsoring freizugeben und dann statt Karneval eine Parade der Firmenamen zu erleben – keiner will das.

Die Werkstatt der Kulturen bekommt vom Senat 270 000 Euro. Die Organisation von Umzug und Straßenfest kostet 750 000 Euro. 350 000 Euro werden durch das Straßenfest erwirtschaftet, die verbleibende Differenz wirbt das Karnevalsbüro jedes Jahr über Sponsoring ein. Dank an das Karnevalsbüro für diese Leistung!

Die Gruppen aber finanzieren sich ganz alleine. Und hier kommt der Fonds ins Spiel: Die Attraktivität des Karnevalsumzugs steht und fällt mit den fantastischen Formationen und den Wagenaufbauten. Das ist es, was die Besucher an die Strecke zieht, und deshalb kommen Menschen

über Pfingsten nach Berlin. Die künstlerische Qualität und die Aufwändigkeit der Choreografien und Masken, der Dekorationen und Kostüme stehen in einem direkten Verhältnis zum finanziellen Gewinn, den der Karneval für Berlin erbringt. Die Investitionsbank BerlinBrandenburg – IBB – hat in einem Gutachten für die Jahre 2001 bis 2011 ein zusätzliches Bruttoinlandsprodukt von 53,2 Millionen Euro errechnet und schätzt die erhaltenen bzw. geschaffenen Arbeitsplätze in Berlin auf 220. Allein die öffentlichen Einnahmen werden von der IBB mit 4,2 Millionen Euro beziffert. Davon wollen wir einen Teil an die Gruppen geben.

Wir fordern den Senat auf, einen Fonds aufzulegen, bei dem sich Gruppen bewerben können, um finanzielle Hilfe für ihre Sachkosten zu bekommen. Dafür müssen ein Verfahren und Kriterien der Förderfähigkeit entwickelt werden, so dass Highlights erhalten werden und nicht nach einigen Jahren erschöpft aufgeben müssen, aber auch immer wieder neue Gruppen ihre Chance bekommen. Die Auswahl sollte eine wechselnde fachkundige Jury treffen, die den künstlerischen und soziokulturellen Wert der Formationen beurteilt.

Wir haben grundsätzlich das Problem in dieser Stadt: Die Kreativen auf allen Gebieten, aber auch die Projekte und Initiativen, die die Stadt lebenswert und attraktiv machen, die innovativ sind und einen enormen sozialen sowie kulturellen Gewinn schaffen, sind nicht die, die von dieser Arbeit dann auch profitieren. Unser Antrag ändert das nicht umfassend, aber er bietet die Lösung für eines der konkreten Probleme. Deshalb bitten wir um Ihre Zustimmung für unseren Antrag.

Wer kennt ihn nicht, und wer weiß ihn nicht zu schätzen, den Karneval der Kulturen, der seit nunmehr 17 Jahren unsere Stadt in jedem Frühling mit seinem bunten Treiben und vielfältigen künstlerischen Darbietungen bereichert? Er ist nicht nur Parameter für eine tolerantes und weltoffenes Berlin, sondern auch Beweis und immer neuer Höhepunkt der Völkerverständigung und des friedlichen und konstruktiven Miteinanders der verschiedenen Kulturkreise unserer Stadt und unseres Landes. So hat der Karneval der Kulturen aber auch nicht nur Ausstrahlungs- und Anziehungskraft in Deutschland und Europa, sondern findet als Völkerfest weltweite Beachtung und Anerkennung.

Diesem Highlight des Berliner Kulturjahres soll mit dem vorliegenden Antrag zur Einrichtung eines Kulturfonds Rechnung getragen werden. Der Karneval dient nämlich nicht nur der barrierefreien soziokulturellen Unterhaltung und Bildung für jeden, sondern ist für Mitte Mai jedes Jahres zu einem starken Wirtschaftsfaktor für Berlin geworden, wie die in der Antragsbegründung angeführte Studie der Investitionsbank Berlin ausführt. Sie listet auch alle Branchen auf, die direkt vom Karneval profitie

ren, das will ich jetzt nicht noch einmal tun. Die überaus positiven wirtschaftlichen Zahlen und die konstant hohen Besucherzahlen von insgesamt regelmäßig weit über einer Million, bedeuten, für sich genommen, noch einmal zusätzliche statistische Argumente, die wir bei unserer Entscheidung beachten sollten, dem Karneval und seinen Hunderten ehrenamtlichen Darstellern und Organisatoren mit einem entsprechend ausgestatteten Fonds unter die Arme zu greifen, ohne die Institution „Karneval der Kulturen“ dabei zu vereinnahmen.

Noch ein Wort zum Musicboard: Dass dieses hier als Förderquelle ungeeignet ist, lässt sich trotz der Vielzahl der beteiligten Popmusik am Karneval schon allein mit der zu niedrigen Budgetierung begründen, auch wenn sich die nun damit operierende neue Leiterin des Musicboards, Katja Lucker, ohne Zweifel große Verdienste um den Karneval der Kulturen erworben hat. Als Piraten möchten wir, dass die Politik die notwendigen Rahmenbedingungen für eine freie Entfaltung von Kunst und Kultur schafft und die Vielfalt Berlins durch geförderten Freiraum erhalten bleibt. In diesem Sinne begrüßen wir den vorliegenden Antrag ausdrücklich.

Zu dem Antrag wird die Überweisung federführend an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Ich komme zu

lfd. Nr. 29:

Europacity Heidestraße sozial und nachhaltig gestalten!

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0678

Ich habe den Antrag vorab an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung hierzu feststellen. Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Es wird zusätzlich die Überweisung des Antrags an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 30 bis 32 stehen auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 33 war Priorität der Fraktion der SPD unter der Nummer 4.3. Die Tagesordnungspunkte 34 und 35 stehen wiederum auf der Konsensliste.

Ich komme zu

(Präsident Ralf Wieland)

lfd. Nr. 36:

Richtungsunabhängiger Einzelfahrschein im VBB

Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0699

Der Antrag soll vertagt werden. – Widerspruch höre ich nicht, dann ist das so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 37 war Priorität der Fraktion Die Linke bzw. der Piratenfraktion unter Nr. 4.1 und Nr. 4.2.

Ich komme zu

lfd. Nr. 38:

Eine Meldepflicht für Überwachungskameras im Land Berlin

Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0701