Protocol of the Session on January 26, 2006

Mit diesen Entscheidungen stärken Sie die übermächtige Konkurrenz des Einzelhandels in den Ladenstraßen. Da finde ich es schlicht gesagt eine Frechheit, dass Sie dem Einzelhandel erst die Beine wegschlagen und ihm dann eine Krücke aus Weichgummi in die Hand geben wollen,

Das Erscheinungsbild der Geschäftsstraßen ist nicht nur für uns Berlinerinnen und Berliner, sondern für alle, die in unsere schöne Stadt kommen, ganz erheblich. Wenn wir Geschäftsstraßen haben, die schmutzig sind, die durch Graffiti angeblich verschönert oder eben verunziert werden, wenn wir Geschäftsstraßen haben, wo die Straßenbeläge einen zwingen, 20 km/h zu fahren, falls man überhaupt noch da lang fährt – –

damit er wieder auf die Beine kommt. So wird das nicht funktionieren. Wenn Sie den Einzelhandel in den Ladenstraßen schützen wollen, dann müssen Sie weitere Einkaufszentren verhindern. Dazu fehlt Ihnen der Mut. Sie haben unsere Anträge dazu vor einiger Zeit abgelehnt. Damit ist klar, dass Ihr Antrag lediglich ein PlaceboAntrag für die kleinen Kaufleute ist. Damit werden Sie sich aber nicht schmücken können. Ich denke, das ist durchschaubar.

[Beifall bei den Grünen]

Für die Stärkung der Ladenstraßen ist dieser Antrag zu schwach. Er kann nicht leisten, was er leisten sollte oder suggeriert, leisten zu sollen. Mehr als 90 % der von Ihnen genannten Maßnahmen gibt es schon. Sie sind vernünftig.

[Doering (Linkspartei.PDS): Ist doch schon einmal was!]

Deshalb kann man sie nicht ablehnen. Aber der Antrag löst die Probleme der Ladenstraßen nicht.

[Doering (Linkspartei.PDS): Hat doch keiner behauptet!]

Deshalb werden wir ihm auch nicht zustimmen.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Für die FDP hat jetzt der Herr Abgeordnete Thiel das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Hämmerling! Sie haben etwas Ähnliches gesagt wie Ihre Kollegin Frau Paus. Als der Antrag hier eingebracht wurde, hatten wir auch das Vergnügen, zu einem so selbstverständlichen Antrag reden zu dürfen, zu müssen, zu sollen. Frau Paus, Sie endeten damals Ihre Rede sinngemäß damit: Dieser Antrag ist weiße Salbe: 90 % von all dem, was da gefordert wird, wird bereits praktiziert. Was sollen wir hier eigentlich beschließen?

[Frau Jantzen (Grüne): Das bleibt wahr!]

Sie sind höflicher als ich. Dieser Antrag ist nicht weiße Salbe, dieser Antrag ist eine Nebelkerze. Er soll total vernebeln, dass Sie etwas nicht machen. Sie fordern ein Aktionsprogramm, statt Wirtschaftspolitik zu betreiben. Sie machen in dieser Stadt keine konsistente Wirtschaftspolitik, erst recht nicht für die Geschäftsstraßenansässigen. Das ist Ihr Manko. Jetzt kommen Sie und blähen etwas auf, das selbstverständlich ist, und sagen: Damit wird es den Geschäftsstraßen besser gehen.

Wenn Sie Geschäftsstraßenansässige voll unterstützen wollten, dann müssten Sie zwei Sachen machen: Sie müssten die Attraktivität der Straßen erhöhen

[Doering (Linkspartei.PDS): Ach was!]

und die Rahmenbedingungen für die Gewerbetreibenden dort endlich verbessern.

[Beifall bei der FDP – Doering (Linkspartei.PDS): Ja, und? Wie sehen die aus?]

Das werde ich Ihnen gerne erzählen. Hören Sie zu, dann können Sie etwas lernen.

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP]

[Doering (Linkspartei.PDS): Wollen Sie einkaufen oder Auto fahren?]

Selbstverständlich will ich in Geschäftsstraßen mit dem Auto fahren. – Wir haben eine wunderschöne boulevardähnliche Anlage in Berlin, das ist der Kurfürstendamm.

[Dr. Lindner (FDP): Gammlig!]

Und wie wird er verschandelt? – Durch unsinnig angelegte Busspuren dort.

[Beifall bei der FDP – Frau Oesterheld (Grüne): Was soll der Quatsch?]

Selbstverständlich! Es gehört zu einem Boulevard, dass man dort flaniert, dass man dort aber auch genauso mit dem Auto entlangfahren kann.

[Doering (Linkspartei.PDS): Und wie kommt der Kunde da hin?]

Ich weiß, Sie kaufen mit dem Dreirad ein, Herr Doering. Wir sehen uns in Köpenick immer beim Einkaufen!

Was machen Sie konkret aus Ihrer Verantwortung für die Sicherheit der einzelnen Geschäftsleute? – Wenn Sie sich einmal die Quote der Ladendiebstähle, die nicht verfolgt werden, und die Dunkelziffer ansehen, dann werden Sie feststellen, dass da eine große Unsicherheit herrscht, weil man nicht mehr weiß, ob es sich noch lohnt, einen Ladendiebstahl anzuzeigen oder nicht; also lässt man es lieber gleich sein. Ich habe Herrn Senator Wolf an anderer Stelle schon einmal aufgefordert, sich endlich in Hinblick auf ein beschleunigtes Verfahren bei der Justiz mit seiner Kollegin Frau Schubert in Verbindung zu setzen. Aber man kann auch gegen Berge sprechen, daran wird sich so schnell nichts ändern.

Ein ganz entscheidender Punkt: Es wurde vorhin gesagt, die Kaufkraft in unserer Stadt sei nicht so, wie wir uns das alle wünschen. – Wir können aber wohl etwas dafür tun, indem wir die Stadt attraktiver machen für Touristen, die hier in der Stadt einkaufen. Aber dazu müssen sie herkommen. Dazu könnten sie beispielsweise als Jetset Flughafen Tempelhof benutzen. Aber damit haben Sie auch Probleme. Heute ist es so: Die Wenigen, die noch Geld haben, gehen zum Einkaufen nicht nach Berlin, sie gehen nach Düsseldorf, nach Brüssel, nach London, nach

Paris. Da wird das Geld ausgegeben, aber nicht in Berlin. Und das ist auch ein Fehler Ihrer Wirtschaftspolitik.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Jahnke?

Aber bitte, Herr Jahnke!

Sie hatten angekündigt, dass Sie uns jetzt Dinge nennen wollen, die man tun müsste, um das Umfeld für Geschäftsleute attraktiver zu machen. Bislang habe ich nur Dinge gehört, die aus der Windschutzscheibenperspektive des Durchfahrenden sind. Ansonsten beschreiben Sie Zustände, die wir zwar beklagen, die aber nicht von uns aus verbessert werden können, wenn Sie Vergleiche mit Düsseldorf ziehen.

Vielen Dank, Herr Jahnke! Ich verstehe sehr wohl, dass Sie die nicht verbessern können, aber wir arbeiten ja daran, dass wir sie verbessern können. Sie könnten Tempelhof die Bedeutung zukommen lassen, die Tempelhof zukommt. Sie können die Attraktivität für Touristen erhöhen, indem Sie beispielsweise auch die Wege gen Osten schneller ausbauen. Wir haben zunehmend kaufmännisch interessante Menschen aus dem Osten, die kommen und hier ihre Weihnachtsgeschäfte tätigen. Aber mit welchen Zumutungen müssen die rechnen?

Was ist mit dem Flughafen Berlin-Brandenburg International? Warum ist es da auch noch nicht weiter? – Ich weiß, Planfeststellungsverfahren. – Was ist mit dem Bürokratieabbau für die, die hier noch arbeiten? – Da kommen Sie wieder mit Ihren 16 Punkten, die Sie erledigt haben – und nicht mehr. – Was ist mit der Forderung, den Gewerbesteuerhebesatz auf ein Niveau, vergleichbar dem im Umland, abzusenken, damit hier mehr Umsatz geschieht? – Das sind alles Punkte, wir haben sie auch in vielen Anträgen gefordert, die Sie schlicht und einfach ignorieren oder politisch nicht wollen.

Dieser Antrag soll ablenken von Ihrem eigenen Untätigsein, von Ihrer nicht vorhandenen Wirtschaftspolitik. Sie nennen ihn großartig ein Aktionsprogramm. Sie wollen ein Aktionsprogramm nicht zur Belebung der Geschäftsstraßen, sondern zur Beschäftigung des Senats. Beides, diesen Antrag und die unnütze Beschäftigung des Senats mit diesem Antrag, lehnen wir ab. Schade, dass wir dazu die Priorität von Ihnen nutzen mussten. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die FDP bei Enthaltung von CDU und Grünen die Annahme des Antrags mit dem neuen Berichtsdatum 30. April 2006. Wer dem Antrag Drucksache 15/4117 mit dem neuen Datum zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Regierungsfraktionen. Die Gegenprobe! – Die FDP.

Stimmenthaltungen? – Die CDU und die Grünen. – Damit ist dieser Antrag angenommen.

Ich rufe auf als Priorität der Grünen

lfd. Nr. 4 b:

a) Dringlicher Antrag

Missbilligung des Senators für Finanzen, Dr. Thilo Sarrazin

Antrag der Grünen, der FDP und der CDU Drs 15/4669 – neu –

b) Dringlicher Antrag und Dringliche Beschlussempfehlung

Sofortige Rückforderung der Bürgschaftszahlung Tempodrom von der Landesbank Berlin

Antrag der Grünen Drs 15/4670 Beschlussempfehlung Haupt Drs 15/4677

Ich weise bereits alle Abgeordneten darauf hin, dass die Fraktion der Grünen zum Missbilligungsantrag gegen Senator Dr. Sarrazin die namentliche Abstimmung beantragt hat.

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Den Antrag Drucksache 15/4670 hatte ich bereits gestern vorab an den Hauptausschuss überwiesen. Die nachträgliche Zustimmung des Hauses hierzu stelle ich fest. Die entsprechende Beschlussempfehlung des Hauptausschusses liegt vor. Für die Beratung der Fraktionen steht eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt für die Grünen der Abgeordnete Schruoffeneger. – Bitte schön!