Protocol of the Session on January 26, 2006

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Jahnke das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht munter zu bei dem Thema Geschäftsstraßen!

[Doering (Linkspartei.PDS): Hätten wir nicht gedacht!]

Das ist auch ein wichtiges Thema, sowohl wirtschaftlich – für Gewerbe, für Arbeitsplätze – als auch stadtentwicklungspolitisch, wenn man daran denkt, wie Straßen aussehen, wie sie in den Kiez hineinwirken, welche Rolle sie für die Nahversorgung spielen. Nun stellt sich die Frage, ob man da mit einem bürokratischen Zwangsinstrument weiterkommt. Mich wundert sehr, dass Herr Friederici unser Konzept „aufgeblasen“ nennt, dass er fürchtet, dass wir „einen Papierberg“ vorlegen. Das Gegenteil ist der Fall. Was Sie gelobt haben, was Sie vor einem Jahr vorgelegt haben, das so genannte Standortgemeinschaftsgesetz, das ist tatsächlich ein Papierberg, das schafft bürokratische Zwangsinstrumente. Die Mehrheit der Händlergemeinschaften ist auch dagegen. Wir haben mit ihnen gesprochen. Ich empfehle Ihnen auch, das Protokoll der Anhörung zu lesen, die wir zu diesem Thema im Wirtschaftsausschuss hatten. Sie kommen damit in keiner Weise den Händlern entgegen.

Es ist ein verlockender Gedanke – das gestehe ich Ihnen gern zu –, von allen Grundstücksanrainern, von allen Freiberuflern und auch von den Gewerbetreibenden Beiträge zur Verbesserung des Umfeldes zu erheben. Wenn wir das zwangsweise tun, zur Not mit staatlicher Durchsetzung, kann niemand durch Trittbrettfahrerei die Vorteile in Anspruch nehmen, ohne selbst zu zahlen. Das klingt erst einmal schön. Aber versuchen Sie doch einmal, das durchzusetzen! Das wäre in unserer Rechtsordnung schwieriger als in den USA, und es wäre das Gegenteil von Entbürokratisierung.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Kooperation mit dem Tourismus – auch dies steht in unserem Konzept – ist eine wichtige Sache. Berlin ist nun einmal eine Touristenstadt, die Nr. 3 in Europa. Auch dort sind die Geschäfte ein ganz wichtiger Punkt, die das Bild unserer Stadt prägen.

Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, der in unserer Diskussion im Ausschuss eine wichtige Rolle spielte. Der Kollege von Lüdeke von der FPD hat durchaus gelobt, dass die Koalition auf bürokratische Zwangsinstrumente, wie sie die CDU vorhat, verzichten will und auf die Freiwilligkeit setzt.

[Frau Senftleben (FDP): So ist es bei uns immer!]

Aber er sagte, als er unseren letzten Punkt zur Kenntnis nahm, dass wir, weil wir eine stärkere Profilierung von Standorten erreichen wollten, in die Regale hineinregieren wollten und die Koalition Geschäftsleuten vorschreiben wolle, was sie dort anzubieten hätten und was nicht. – Dies ist ein Missverständnis. Für den Fall, dass sich dieses Missverständnis in der Debatte gleich wiederholt, möchte ich voranschicken: Wir haben in Deutschland, Gott sei Dank, keine Bedarfslenkung, wir haben auch kaum Sortimentsbeschränkungen, sondern in der Tat entscheidet der Markt, was dort angeboten wird, wofür sich Kundschaft findet und wofür nicht. Dennoch ist nicht eine Geschäftsstraße wie die andere und wird auch nicht wie die andere werden. Sie entwickeln ein eigenes Profil.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn von Lüdeke?

Ja, gleich, Moment! – Aber die Profile, die sich entwickeln, sind nicht immer diejenigen, die wir haben wollen. Wir wollen keine Geschäftsstraßen haben, auf denen am Ende nur noch Imbissrestaurants und Spielhallen dominieren. Das werden Sie auch nicht wollen. Da kann man mit solchen Maßnahmen die Geschäftsleute unterstützen, dass sich ein anspruchsvolleres Profil herausbildet, kein Hineinregieren, sondern Unterstützung, Herr von Lüdeke.

Herr von Lüdeke, dann haben Sie jetzt das Wort!

Ich wollte nur wissen, ob Sie zustimmen, dass ich im Wirtschaftsausschuss darauf hingewiesen habe, dass Ihre Stadtentwicklungspolitik in eine

Das soll im Osten gebaut werden. Und dafür haben Sie sogar ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Das war das erste seiner Art in der Geschichte Berlins. Damit haben die falschen Standortentscheidungen eine neue Dimension erreicht.

Ist Ihnen, wenn Sie den Saalepark nennen, aufgefallen, dass der Saalepark in einer bestimmten Situation, weil er schneller da war als andere Strukturen, erfolgreich war, dass er aber nicht verhindern konnte, dass erfolgreiche Politik durchaus unter verschiedenen Bedingungen die Innenstädte von Halle und von Leipzig zu deutlich konkurrenzfähigen alternativen Standorten geführt hat, so dass die Betreiber des Saaleparks nicht ohne Sorgen sind?

Richtung geht, wo Sie in die Regale hineinregieren wollen,

[Frau Spranger (SPD): Quatsch!]

und nicht Ihr Konzept, das Sie hier vorstellen, gemeint habe. Darauf war das nicht bezogen.

[Gelächter der Frau Abg. Spranger (SPD)]

Ach so, dann danke für die Klarstellung! – Was wir wollen, sind standortspezifische Lösungen, die Leben in die Bude bringen, die dafür sorgen, dass die Geschäftsstraßen lebendig sind und bleiben. Ich meine, hierfür ist dieses Konzept erst einmal eine gute Grundlage. – Danke sehr!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Danke schön! – Für die Fraktion der Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Hämmerling das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag liest sich wirklich nett. Er ist auch völlig unschädlich. Sie wollen motivieren, moderieren, prüfen, Sie wollen ein Standardwerk und einen Leitfaden erarbeiten und den Dialog zwischen den Verwaltungen führen.

[Doering (Linkspartei.PDS): Ist doch nicht verkehrt!]

Das ist einzigartig, das ist wunderbar, dagegen kann niemand sein.

[Doering (Linkspartei.PDS): Sehen Sie!]

Aber wozu in aller Welt brauchen Sie dafür einen Antrag? Weshalb müssen wir das als Priorität an vorderster Stelle heute behandeln?

[Doering (Linkspartei.PDS): Wozu reden wir über einen Antrag, den Sie zurückgezogen haben?]

Diese Debatte haben Sie inszeniert, weil Sie sich als Retter des Einzelhandels aufspielen wollen. Dabei haben auch Sie von der Linkspartei.PDS mit zum Ladensterben beigetragen. Es sind auch Ihre Standortentscheidungen gewesen, die den Ladenstraßen das Wasser abgegraben haben. Es waren nicht nur jene der großen Koalition, es waren auch die SPD und die Linkspartei.PDS, die zu Gunsten von großflächigem Einzelhandel entschieden haben, obwohl sie genau wussten, dass damit unsere Geschäftsstraßen kaputt gemacht werden. Es ist blanker Hohn, dass Sie sich jetzt mit diesem inhaltsleeren Antrag als Retter der Ladenstraßen darstellen wollen.

[Beifall bei den Grünen]

Rot-Rot hat immerhin vor kurzer Zeit die Standortentscheidung für das zweitgrößte Einkaufszentrum der Bundesrepublik getroffen. Der Saalepark ist das größte, das zweite wäre, wenn es kommt, der Standort an der Landsberger Allee.

[Doering (Linkspartei.PDS): Sind wir noch nicht erste? Oh Gott!]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Pewestorff?

Aber ja, immer gerne.

Bitte!

Was hat dieser Saalepark jetzt mit der Marzahner Lösung zu tun?

[Gelächter bei der Linkspartei.PDS]

Was hat er mit den 119 000 m² zu tun, die Sie den anderen Einzelhändlern als Konkurrenz vor die Nase stellen wollen, Herr Pewestorff?

[Doering (Linkspartei.PDS): Wo gibt es da Einzelhandel?]

Die Frage hat mit dem, was ich angesprochen hatte, überhaupt nichts zu tun.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Sie war ja nett, aber Sie passte einfach nicht zu meiner Argumentation.

[Doering (Linkspartei.PDS): Das stimmt!]

Sie sind auch für das Einkaufszentrum von DEGEWO und Sonae an der Banane am Alexanderplatz verantwortlich

[Zuruf von der Linkspartei.PDS]

und damit im Übrigen auch dafür, dass die City-Ost zur Fußball-WM nur sehr eingeschränkt benutzt werden kann, mit allen negativen Konsequenzen für den Einzelhandel dort.

Auf Ihr Konto geht auch die geplante Erweiterung des Konsumpalastes an der Frankfurter Allee.

[Zuruf des Abg. Pewestorff (Linkspartei.PDS)]

Mit diesen Entscheidungen stärken Sie die übermächtige Konkurrenz des Einzelhandels in den Ladenstraßen. Da finde ich es schlicht gesagt eine Frechheit, dass Sie dem Einzelhandel erst die Beine wegschlagen und ihm dann eine Krücke aus Weichgummi in die Hand geben wollen,