Den Antrag Drucksache 15/4670 hatte ich bereits gestern vorab an den Hauptausschuss überwiesen. Die nachträgliche Zustimmung des Hauses hierzu stelle ich fest. Die entsprechende Beschlussempfehlung des Hauptausschusses liegt vor. Für die Beratung der Fraktionen steht eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt für die Grünen der Abgeordnete Schruoffeneger. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem der Hauptausschuss gestern den Senator einstimmig aufgefordert hat, das Geld umgehend zurückzuholen, hat er das dann auch gemacht. Das Geld ist seit gestern Abend wieder auf unseren Konten. Damit ist unser erster Antrag – zurückholen – erledigt. Das Geld ist da.
Der zweite Antrag, die Missbilligung, ist damit allerdings mitnichten erledigt. Dieser Antrag muss weiter aufrechterhalten werden, denn es ist Schaden für das Land Berlin durch die Handlungen des Senators Sarrazin entstanden. Die Rechtsposition des Landes in einer möglichen Auseinandersetzung mit der Landesbank ist deutlich geschwächt. Herr Senator Sarrazin hat sich auch öffentlich auf das Gutachten von PwC berufen. Er hat gesagt, dieses Gutachten ist eindeutig, wir müssen zahlen. Wenn es nun zu einer Auseinandersetzung mit der Landesbank kommt, dann wird diese Bank natürlich mit Freuden das Gutachten des Senats zitieren. Das ist sozusagen das Kronzeugengutachten. Und damit ist unsere eigene Rechtsposition geschwächt. Sie ist auch geschwächt durch Interviews, die Herr Sarrazin noch gestern Früh gegeben hat, wo er formuliert hat: „Sollte wider Erwarten
Sehen wir uns an, wie die Diskussion im Untersuchungsausschuss gelaufen ist. Da bemüht sich die SPD seit Monaten intensiv, alle Schuld von der politischen Seite, von Herrn Strieder, wegzunehmen und zu sagen: Das war alles Schuld der Landesbank. – Und dann kommt ein Senator und sagt: Das glaube ich nicht, ich zahle trotz
dem. – Wie muss sich eigentlich Ihre eigene Fraktion, Herr Senator, fühlen nach diesem Tritt in den Allerwertesten, der die eigene Verteidigungsstrategie und -arbeit der letzten Monate völlig zunichte macht?
keine Zahlungspflicht des Landes eintreten...“ – Damit hat er deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht das Land in der Zahlungsverpflichtung ist.
Wie kommt man eigentlich dazu, in der Senatsfinanzverwaltung ausgerechnet PwC in dieser Frage gutachten zu lassen und das dann auch noch zu einer Entscheidungsgrundlage zu machen? – Der Untersuchungsausschuss hat sich sehr lange mit den Verfehlungen der Landesbank und von PwC befasst. Ich glaube, es gibt eine einhellige Position, die sagt: Die Landesbank hat ihre Pflichten aus dem Bürgschaftsvertrag verletzt, und auch PwC hat seine Pflichten verletzt. – Wenn jetzt nicht gezahlt würde, dann würde automatisch ein Streit zwischen Landesbank und PwC ausbrechen, wer nun welchen Anteil vom Schaden tragen muss. Und ausgerechnet diesen Partner im Geschäft zu beauftragen, das zu begutachten, der natürlich ein Eigeninteresse daran haben muss, dass das Geld fließt, das ist ein so großer handwerklicher Fehler, dass mir völlig unklar ist, wie so etwas passieren kann, es sei denn, man macht das absichtlich.
Und damit – auch wenn das Geld wieder auf unseren Konten ist – hat das Land Berlin Schaden genommen. Wenn es zu einer juristischen Auseinandersetzung kommt, werden uns genau diese eigenen Handlungen der Finanzverwaltung vorgehalten werden.
Der zweite Punkt, der eine Missbilligung unserer Ansicht nach unabdingbar macht, ist der Umgang mit dem Parlament. Am 16. November hat der Hauptausschuss die Absicht des Finanzsenators diskutiert, genau diese 7 Millionen € zu zahlen. Der Hauptausschuss hat eindeutig und einstimmig gesagt: Nein, das wollen wir nicht. – Frau Kolat hat den Senator aufgefordert, keine Zahlung zu leisten und auf jeden Fall den Hauptausschuss vorab zu informieren und das Gutachten zur Verfügung zu stellen. Herr Staatssekretär Schulte hat dies zugesagt. Zu diesem Zeitpunkt lag das Gutachten schon vor. Gut, das kann passieren, dass der Staatssekretär das nicht wusste. Aber zwischen dieser Diskussion und dem Zahlungstermin lagen vier weitere Ausschusssitzungen. Das Gutachten wurde nicht vorgelegt. Die Zahlung wurde nicht noch einmal diskutiert, sondern sie wurde in einer Art Torschlusspanik kurz vor Weihnachten am 22. Dezember von Herrn Sarrazin einfach geleistet. Das ist allerdings eine Missbilligung wert. Denn wenn man im Parlament so miteinander umgeht, wenn sich die Ausschüsse nicht mehr auf die Beschlüsse und Absprachen mit den Senatsverwaltungen berufen und verlassen können, dann ist eine konstruktive Zusammenarbeit in den Ausschüssen und im Parlament kaum noch möglich.
Herr Senator, das Problem und unser Missbilligungsgrund ist nicht nur eine einzelne politische Fehlentscheidung. So etwas kann immer passieren. Das Problem, das dahinter steht, ist Ihre Mentalität, Ihre Einschätzung: Ich weiß alles, und das Parlament, na ja, die sind halt da und stören mich manchmal ein bisschen, aber ich muss mich nicht groß kümmern.
Erinnern wir uns an die Debatte um das Hay-GroupGutachten zu Anfang der Wahlperiode. Was interessiert Sie die Landeshaushaltsordnung und das Wettbewerbsrecht, Sie haben das ohne Ausschreibung vergeben. Erinnern wir uns an die Beschimpfung von Eltern in den Kitas. Erinnern wir uns an die Beschimpfung der eigenen Mitarbeiter. Oder erinnern wir uns auch an die Debatte gestern im Hauptausschuss um das Verfahren in Karlsruhe. Ich sage Ihnen, diese Überheblichkeit wird das Land Berlin noch teuer zu stehen kommen. Wer wenige Wochen vor einer entscheidenden Bundesverfassungsgerichtsanhörung die dort arbeitenden Personen, die das Urteil zum Land Berlin vorformulieren und erarbeiten müssen, in ziemlich abfälliger Weise mehrfach als Hilfsarbeiter bezeichnet, für die es nicht lohnt, eine Erwiderung zu schreiben, weil die Richter das sowieso nicht lesen, sondern nur diese Hilfsarbeiter, der schadet dem Land Berlin durch seine Überheblichkeit. Das ist eine Mentalitätsfrage. Das ist in diesem Fall nicht das erste Mal und führt dazu, dass Sie Parlamentsbeschlüsse missachten und Leute beschimpfen. Das ist für uns vielleicht ein parlamentarisches Ritual, aber das ist das Instrument, Herr Wechselberg, das dem Parlament zur Verfügung steht. Deswegen muss man es nutzen, und auch eine Linkspartei sollte davor nicht kneifen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass Herr Schruoffeneger heute einsichtiger ist als gestern im Hauptausschuss, denn da wollten Sie Ihren Antrag nicht zurückziehen und für erledigt erklären.
Über Nacht ist da einiges bei Herrn Schruoffeneger passiert, das ist erfreulich. Deswegen geht es jetzt erst einmal nur darum, diesen Missbilligungsantrag zu beraten.
„Skandal“ schreien die Grünen, „Senator zahlt Tempodrombürgschaft aus!“ Und dann denken die Grünen sicherlich angestrengt einige Minuten nach und bekom
ist aber nicht diese finanztechnische Angelegenheit – war das Geld zwischendurch irgendwo oder nicht –, sondern es geht darum, dass die PwC die Ansicht vertritt – das ist sehr problematisch –, dass eine Sorgfaltspflichtverletzung der LBB nicht erkennbar war und damit von einer Zahlungspflicht des Landes nicht auszugehen ist. – Das ist problematisch. Diese Einschätzung teilen wir ausdrücklich nicht, denn die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses hat eindeutig gezeigt, dass sehr wohl Sorgfaltspflichtverletzungen vorliegen. Die vom Land Berlin übernommene Bürgschaft hatte Auflagen, und die LBB war beauftragt, diese Auflagen zu erfüllen. Hier hat der Untersuchungsausschuss Versäumnisse und Verfehlungen festgestellt, die auf Akten und Zeugenaussagen zurückgeführt werden können. – So weit zu den Fakten.
Das ist auch „erst“ das 12. Mal in dieser Legislaturperiode – falls Sie nicht alle mitgezählt haben. Ich empfehle Ihnen – das geht an alle Oppositionsparteien –, etwas sparsamer mit den Missbilligungsanträgen im Parlament umzugehen, denn je häufiger Sie diese einsetzen, desto mehr entwerten Sie dieses Instrument. Heben Sie sich die Missbilligungsanträge für tatsächliche Skandale auf! – Das ist meine Empfehlung an dieser Stelle an Sie.
Es ist auch auffällig, wenn man sich die Begründung anguckt, dass Sie immer Tatsachen verdrehen, damit Sie irgendeine Begründung haben. Herr Schruoffeneger! Das haben Sie nicht nur in der Begründung des Missbilligungsantrags gemacht, sondern Sie haben auch permanent im Untersuchungsausschuss Tatsachen verdreht und mit falschen Behauptungen gearbeitet. Das machen Sie hier auch – ganz klar!
In Ihrer Begründung steht: „Am 22. Dezember 2005 hat der Senator rund 7 Millionen € aus der Bürgschaft für das Tempodrom ausgezahlt.“ – Falsch! Denn aus dem Bericht, der dem Hauptausschuss vorliegt, ist klar ersichtlich, dass es sich hierbei um eine „Zahlung unter Vorbehalt“ handelt
Es handelt sich hier um ein Bürgschaftssicherungskonto. Das hat sich gestern gezeigt, als wir beschlossen haben: Das Geld ist noch am selben Tag auf das Konto des Landes Berlin wieder zurückgekommen.
Ich möchte doch noch mal die Gelegenheit nutzen und insgesamt auf die Atmosphäre im Untersuchungsausschuss zurückkommen. Herr Schruoffeneger! Sie versuchen das immer wieder: Sie können nicht auf der einen Seite mit falschen Tatsachen operieren und auf der anderen Seite so tun, als ob Sie an der Aufklärungsarbeit interessiert sind.
Was ist wirklich passiert? – Der Herr Senator hat die Zahlung sozusagen veranlasst. Er hat gestern im Hauptausschuss deutlich gemacht, was sein Motiv war. Er hat gesagt, dass er weitere Zinszahlungen für das Land vermeiden wollte. – Das ist meiner Ansicht nach für einen Finanzsenator ein nachvollziehbares Motiv. – Er erkannte dabei ausdrücklich den Akt der Hinterlegung nicht als endgültige Zahlungsverpflichtung an, was ihm unterstellt wird. – Auch das wurde vorhin getan. – Ich denke, dass mit dieser Überweisung auf ein Zwischenkonto nicht anerkannt worden ist, dass es einen Anspruch der LBB gibt,
dass das Land Berlin dann auch endgültig die Bürgschaft zahlt. Das ist dann auch mitnichten mit dieser finanztechnischen Aktion passiert.
Allerdings hätten wir ungeachtet dessen erwartet, dass der Herr Finanzsenator uns vorab informiert – da sind wir uns einig –,
wenn im Zusammenhang mit der Tempodrombürgschaft Geld bewegt wird, auch wenn die Zahlung unter Vorbehalt und nicht endgültig war. – Das war gestern eine gemeinsame Feststellung im Hauptausschuss.
Was machen jetzt die Grünen wieder daraus? – Ich komme immer wieder auf sie zurück. – In ihrer Presseerklärung haben sie sogar wieder versucht, den Sachverhalt Landesbürgschaft Herrn Strieder anzuhängen. Herr Schruoffeneger! Ich verstehe nicht, warum Sie an dieser Stelle nicht die eigentlich Verantwortlichen rund um die Landesbürgschaft Tempodrom nennen? Denn dieses Desaster mit der Bürgschaft haben zwei CDU-Staatssekretäre unterschrieben,
und ein CDU-Senator hat im Untersuchungsausschuss die politische Verantwortung übernommen. Sie stellen sich nun hin und trauen sich nicht, das auch einmal klar auszudrücken, und versuchen immer wieder, Strieder in s Spiel zu bekommen. Was geht eigentlich bei den Grünen vor? – Vielleicht sind es die heimlichen „Jamaika“Gedanken bei Herrn Schruoffeneger persönlich.
– wie wir weiter mit dieser Bürgschaft vorangehen. Das war einvernehmlich mit dem Herrn Senator und den anderen Fraktionen im Ausschuss.
Herr Staatssekretär Schulte sagt, Zahlung unter Vorbehalt sei günstiger, weil sonst Verzugszinsen in Höhe von 4,2 % anfielen, also 2 % mehr als bei der Finanzierung über den Kassenkredit.
Frau Kolat! Wie ernst nehmen Sie sich denn selbst noch? Sie lassen sich hier von dem Senator „verarschen“ – um das einmal unparlamentarisch zu sagen –, machen hier die Bettvorlegernummer und sagen, alles sei in Ordnung. – So kann es doch wohl nicht gehen!
Danke schön! – Es erwidert Frau Abgeordnete Kolat. – Bitte sehr! – Ich bitte um die nötige Aufmerksamkeit, denn Frau Kolat hat das Wort. – Bitte, Frau Kolat!
Zusammenfassend bin ich der Ansicht, dass klar ist, dass diese Zahlung des Herrn Senator nur das Ziel hatte, hier Zinszahlungen zu vermeiden. Unserer Ansicht nach darf eine Auszahlung der Bürgschaft nicht erfolgen. Es gibt ausreichend Gründe dafür, warum das Land Berlin dem nicht folgen sollte. Sicherlich wird es einen Rechtsstreit geben. Dem Showantrag der Grünen auf Missbilligung werden wir definitiv nicht folgen. – Danke schön!
Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Abgeordnete Schruoffeneger. – Bitte sehr!