Protocol of the Session on February 20, 2003

Das ist, ehrlich gesagt, auch kein besonders praktikabler Umgang mit Anträgen – egal, von wem sie kommen.

[Beifall bei der CDU – Zurufe der Abgn. Gaebler (SPD) und Schruoffeneger (Grüne)]

Wenn es schon keine guten Nachrichten aus dem Senat gibt, dann sorgt wenigstens die Regierungskoalition dafür, dass Einzelne sagen können: Seht her! Wir haben den Panda- und den Braunbären und was es noch für Bären gibt

[Doering (PDS): Und den Schimpansen!]

und natürlich auch den Affen eine sichere Heimstatt geboten. – Wunderbar! Beachtliche Form von Haushaltspolitik!

Nun erklären Sie mir mal: Wenn Sie sich also schon nicht in der Lage befinden und sich nicht in der Lage empfinden, strukturelle Nachtragshaushalte aufzustellen, warum machen Sie dann eigentlich für die Jahre 2004/2005 wieder einen Doppelhaushalt? – Das habe ich noch nicht ganz verstanden. Da Ihre Haushalte offensichtlich eine Halbwertzeit von einem halben Jahr haben, sollten Sie vielleicht dazu übergehen, Halbjahreshaushalte zu machen und nicht Doppelhaushalte. Das scheint der Horizont zu sein, in dem Sie finanzpolitisch in der Lage sind zu planen. Sie haben den Haushalt 2002/2003 im Sommer des vergangenen Jahres beschlossen. Und jetzt, zu Beginn dieses Jahres, beraten wir über einen Nachtragshaushalt. Das ist keine nachhaltige Haushaltspolitik. Das werden Sie niemandem weismachen können.

Das Zweite, das ich gelernt habe, ist, dass Sie davon träumen, dass es einen Haushalt geben könnte, der Ihrer Mentalität entspricht, und dass ein solcher Haushalt hier im Hause und bei der Berliner Bevölkerung eine Mehrheit bekommen könnte. Das wird nicht gehen, wenn man gleichzeitig das, was Sie hier verkündet haben, auch nach außen hin immer deutlicher macht. Sollte der Senat bei den Solidarpaktverhandlungen als Gegenleistung für Einkommensverzicht eine Arbeitsplatzgarantie abgeben, dann wollen Sie dagegen klagen, weil Sie inhaltlich dagegen sind. Mich interessiert: Mit welchen Argumenten wollen Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst dazu bekommen, auf Gehalt zu verzichten? – Irgendeine Gegenleistung muss man bringen. Sie sagen: Wenn diese gebracht wird, finden wir das verkehrt, dann würden wir sogar klagen. – Wir werden immer wieder darstellen, wie da Ihre Position ist.

Das läuft unter dem Motto: „Masse statt Klasse“, Herr Kollege Zimmer! Eigentlich steht das, was Sie heute mit Ihren Anträgen „abziehen“, im Widerspruch zu Ihrem Agieren gestern im Hauptausschuss. Viele Berichte, die Sie hier anfordern, hätten Sie gestern schon anfordern können. Dass die CDU keinen weiteren Straßenbahnausbau will, passt auf eine einzige Seite; dafür müssen Sie keine 25 Drucksachen erzeugen, zumal auch kein Zusammenhang zum Nachtragshaushalt erkennbar ist. Sie fordern den Verzicht auf Maßnahmen, die in den Jahren 2006, 2007, 2008 erst aktuell sein werden. Wir sehen den Zusammenhang gar nicht.

Worum es uns geht, Herr Wechselberg, ist nicht, die Frage lokales Wirtschaftswunder schlagwortartig zu diskutieren,

[Liebich (PDS): Doch!]

sondern es geht um die Frage: Gibt es einen programmatisch richtigen Einsatz, einen zielgerichteten Einsatz von Ressourcen im Haushalt? Ressourcen zielgerichtet einzusetzen, indem man maximale Effekte damit erzeugt, daran glaube ich, das ist richtig. Und ich glaube auch, dass es richtig ist, die wirtschaftliche Entwicklung als eines der Hauptpolitikfelder dabei zu identifizieren. Die Ursache für das Desaster, das wir in dieser Stadt erlebt haben, ist vor allem die mangelnde Kontrolle und die Verselbständigung von Steuerngeldern in Beteiligungen gewesen, in pseudowirtschaftlichen Einheiten – muss man sagen –, die teilweise nicht wirklich am Wirtschaftsleben teilnehmen. Das scheint doch nur ein Beleg dafür zu sein, dass der Staat ein schlechter Unternehmer ist. Daraus muss man auch Schlüsse ziehen. – Da muss man sagen: Wir lassen die Privaten das machen, was privat ist, dann ziehen wir einen Strich, und dann gucken wir, was für den Staat an Aufgaben übrig bleibt. – Das kann man relativ klar entscheiden. Und das sollte man auch tun. Und das sollten gerade Sie auch tun. Gerade nach der Tradition der PDS würde ich erwarten, dass Sie, nachdem Sie offensichtlich auch den programmatischen Wandel vollzogen haben – jedenfalls tun Sie immer so, und ich nehme Sie beim Wort –, konsequent sind. Dann frage ich mich: Warum haben wir noch die ganzen Black Boxes im Land Berlin? Warum ist man noch keinen Schritt weitergekommen? Warum müssen wir uns heute mit Anträgen beschäftigen, in denen wir uns die Frage stellen: Wie gehen wir mit Vergangenheit, aber auch mit Zukunft um? Warum sind wir noch nicht in der Lage, geeignete Controllinginstrumentarien zu schaffen? Warum haben wir noch kein abgestimmtes Konzept für das Beteiligungsmanagement? Warum haben wir noch keine Institution geschaffen, die es diesem Hause ermöglicht, effektive Kontrolle wahrzunehmen? – Das sind die entscheidenden Fragen, die man auch im Zusammenhang mit Haushaltsberatungen beantworten muss. Das ist das, was mich umtreibt, darüber würde ich viel lieber mit Ihnen diskutieren als über Ihren 46-seitigen Nachtragshaushalt, der im Endeffekt an vielen Stellen die falschen Signale setzt, aber an vielen Stellen auch Fragen offen lässt, die eigentlich beantwortet werden müssten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke sehr! – Für die SPD-Fraktion hat nunmehr Herr Wieland das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man Herrn Lindner zuhört, kann man in jeder Haushaltsdebatte etwas lernen.

[Beifall des Abg. Krestel (FDP) – Ritzmann (FDP): So ist es!]

Das eine ist: Kleine Jungen kriegt man zum Sparen, wenn man sie vom Eis träumen lässt. – Herr Lindner, es geht

aber nicht darum, dass angespart wird für ein Eis, sondern dass man den Jungen sagen muss: Ihr könnt euch nicht jeden Tag ein Eis kaufen, wenn das Geld dafür nicht da ist.

Ich gehe kurz auf das ein, was die CDU versucht, mit ihrer Masse an Anträgen darzustellen.

[Hoffmann (CDU): Qualität!]

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Das ist besonders ärgerlich, weil wir an anderer Stelle darüber debattieren, wie man Plenarsitzungen zügiger abhandeln kann. Manche behaupten, man müsse mit den Plenarsitzungen viel früher beginnen. Man überlege sich einmal: Zu jedem Ihrer Anträge hätte es eine Rederunde gegeben. So früh können Sie gar nicht aufstehen, um Ihre Anträge vernünftig behandelt zu bekommen. Wir werden deshalb, Herr Kollege Zimmer, Ihre Anträge differenziert behandeln. Manche Dinge werden wir an die Fachausschüsse überweisen, die können dann eine Stellungnahme abgeben. Wir werden es auch entsprechend im Hauptausschuss beraten. Manche Anträge, die eindeutig aus propagandistischen Gründen auf die Tagesordnung gesetzt wurden, werden wir sofort abstimmen, und natürlich nicht jedes Mal mit Ihnen stimmen, sondern die Anträge ablehnen, damit sie uns im weiteren Verlauf der Haushaltsberatungen nicht aufhalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS – Henkel (CDU): Wie, das war alles?]

Im Bereich Wissenschaft wir darauf gehofft, dass eine Nullrunde bei den Tarifverhandlungen dazu führt, dass den Universitäten mit gutem Gewissen das Geld gekürzt werden kann. Schade daran ist nur, dass ich der Meinung bin, dass die Hochschulverträge etwas mit Planungssicherheit zu tun haben und nicht mit hoffungsfrohen Tarifverhandlungen, von denen wir alle nicht wissen, wie sie enden.

Zuletzt noch einmal zur Kultur. Da haben wir Glück gehabt, dass Herr Flierl die pauschale Minderausgabe nicht komplett in seinem Haushalt auflösen musste, sonst hätten wir bald gar keine Kultur mehr in Berlin. Herr Sarrazin hat aber auch dafür die Lösung zur Hand: Wenn uns nichts mehr einfällt, dann schließen wir die Opern. – Oper hat für ihn offenbar etwas mit pelzbehängten Omis zu tun. Herr Sarrazin! Kommen Sie doch einmal in eine der Berliner Opern! Ich kann Ihnen versprechen, dort gibt es auch noch Sitzplätze, im Gegensatz zu den Münchner Opern, und kommen Sie einmal alle in der Realität an und stellen Sie sich der Situation hier in Berlin. – Vielen Dank!

Danke schön! – Für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Frau Meister das Wort!

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schauen wir ein wenig genauer auf diesen so genannten Sparhaushalt, mit dem wir zunächst einmal 200 Millionen € mehr ausgeben als mit dem ursprünglichen Haushaltsplan, und sehen, was dort passiert, was es für Schwerpunkte gibt und wo es besonders quietscht. Im Bereich Inneres machen man es wie bei den Opern: Es werden zunächst einmal beim LIT die Rücklagen und Gewinne einkassiert. Darüber kann man nachdenken, dann müssen wir uns aber auch überlegen, wie wir mit den Defiziten umgehen, besonders mit den Defiziten im Kulturbereich, die bei der Deutschen Oper schon aufgelaufen sind.

Im Bereich Gesundheit und Soziales wird damit gearbeitet, dass die Kosten zunächst einmal verschoben werden in das nächste Jahr. Es soll nicht in diesem Jahr gebaut werden, sondern im nächsten. Ob es dadurch preiswerter wird? – Davon bin ich nicht überzeugt.

Zum Bereich Schule – wir hören von Ihnen immer wieder, Schule und Bildung hätten Priorität – stelle ich fest: Schade, dass Bildung demnächst in Schulen stattfindet, die keine Dächer mehr haben, weil bei dem Schul- und Sportstättensanierungsprogramm 20 Millionen € fehlen. Das Geld wurde so oft umgebucht, dass hinten nicht die Summe ankommt, die wir vorn eigentlich ausgeben wollen. Wo sind die fehlenden 20 Millionen € geblieben, beziehungsweise, woher sollen sie kommen? – Dafür haben wir aber 9 Millionen € für das Schulschwimmen übrig. Wenn man das auf die Anzahl der Schüler umrechnet, die schwimmen gehen, gewinne ich den Eindruck, dass sie alle ihren privaten Bademeister dabei haben.

[Sen Böger: Das ist Quatsch!]

Oder geht es nur darum, die Bäderbetriebe zu unterstützen? – Aber im Haushalt von Herrn Böger ist noch mehr gemacht worden. Es sind das Landesschulamt und die Senatsschulverwaltung zusammengelegt worden. Dort lesen jetzt immer zwei Mitarbeiter in einem Buch. Das spart 10 000 €. Aber immerhin ist das ein Bereich, in dem man überhaupt noch über 10 000 € nachdenkt, das ist schon einmal lobenswert.

Das macht man im Ressort von Herrn Strieder nicht mehr, das haben wir gestern gelernt. 10 000 € ist eine viel zu kleine Summe, da muss niemand genau nachsehen, wie das Ist des Jahres 2002 aussieht. Wenn dort für das Jahr 2003 sehr viel mehr eingeplant wird, dann handelt es sich dabei um Politik machen, das haben wir gestern von Herrn Strieder gelernt.

Sehen wir uns als nächstes den Bereich Finanzen an. Dort gibt es die legendäre fiscus GmbH. Sie erinnert ein wenig an das Tempodrom, denn auch dies scheint ein schwarzes Loch zu werden, in das wir erst Geld hinein

werfen und dann die letzten sind, die davon weglaufen. Die anderen Bundesländer sind uns da anscheinend voraus. Es wird im Bereich Finanzen gehofft, dass über die Konzessionsabgabe der Berliner Wasserbetriebe auf einmal richtig viele Einnahmen fließen. Irgendwie ist bei der Erstellung des Nachtragshaushalts aber festgestellt worden, dass wir dafür noch gar kein Gesetz haben. Anstatt die Einnahmen auf Null zu stellen, sind sie halbiert worden. Vielleicht bekommen wir ein halbes Gesetz?

[Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Eßer )Grüne)]

[Beifall bei der FDP]

Danke schön! – Für die PDS-Fraktion hat nunmehr das Wort der Herr Abgeordnete Krüger. – Wenn Herr Körting ihn freigibt – bitte!

[Pewestorff (PDS): Frei lässt! – Dr. Augstin: Er hat Freigang!]

Was den kleinen Wortwechsel mit dem Kollegen Körting betrifft, kann ich nur sagen, dass er mich sehr ermutigt hat, hier noch einmal Stellung zu nehmen.

[Gelächter bei der CDU und der FDP]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist an der Zeit, ein wenig zum Ausgangspunkt und zum Anlass der heutigen Debatte zurück zu kehren, nämlich zu den Ursachen des Nachtragshaushalts. Wir haben Steuerausfälle von fast einer halben Milliarde Euro, und wir haben im laufenden Haushaltsjahr Mehrkosten in den Sozialetats der Bezirke in Höhe von fast 290 Millionen € auszugleichen. Die Opposition muss die Frage beantworten, was sie an Stelle der Regierung getan hätte. Da haben wir vom Kollegen Zimmer ein laut vernehmliches Bedenken über die Neuverschuldung gehört, die – um Herrn Schruoffeneger zu zitieren – „ein Schluck

Ich tue Ihnen diesen Gefallen gern und stelle für die PDS-Fraktion fest: Das Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flughafen Schönefeld zum internationalen Flughafen wird fortgesetzt. Im Planfeststellungsverfahren ist auf einen bestmöglichen Schutz der Anwohner vor Lärm und anderen schädlichen Umwelteinflüssen hinzuwirken. Mit dem Abbruch des Privatisierungsverfahrens entstehen für das Ziel der Koalitionspartner, den internationalen Verkehrsflughafen zügig zu realisieren, neue Rahmenbedingungen. Das betrifft auch die Finanzierung, für die wir eine gründliche Prüfung und keinen Blankoscheck, wie Sie ihn vorschlagen, für nötig erachten.

Die FDP hat heute in Gestalt des obersten Discounters für das Landesvermögen, Dr. Lindner, das Lied der Privatisierung gespielt. Wir können, Herr Dr. Lindner, mit dem Vorwurf, dass dieser Senat und diese Koalition gerade nicht unter der Billigflagge der Ausverkaufspolitik segeln, sehr gut

aus der Pulle“ gewesen sei. Ich frage Sie: Hätten wir diese halbe Milliarde Euro zusätzlich auf die Schultern der Berlinerinnen und Berliner, auf die sozialen Infrastrukturen der Stadt ablasten sollen? – Wir haben, denke ich, hier den richtigen Weg gewählt.

Die Opposition darf auch einer zweiten Grundsatzfrage, die über den Nachtragshaushalt hinausreicht, nicht ausweichen. Wie bauen wir das strukturelle Defizit in Höhe von 2 Milliarden € ab,

[Zuruf von der CDU: Durch vernünftige Wirtschaftspolitik!]

das zwischen den laufenden Ausgaben und den laufenden Einnahmen besteht? Mit anderen Worten: Wie ertüchtigen wir diese Stadt, nur das auszugeben, was wir auch durch Einnahmen belegen können? – Es ist schon bemerkenswert, dass sich alle Oppositionsfraktionen in der traurigen Gemeinsamkeit vereinen, genau zu dieser Frage zu schweigen.

[Eßer (Grüne): Was?]

Sie haben sich auch heute entschieden, dafür unzuständig, unzugänglich und unzulänglich zu sein.