Protocol of the Session on August 29, 2002

Der Ort ist natürlich der Ort des Authentischen. Beim Datum sollten wir vielleicht überlegen. Das lässt sich auch im Nachhinein noch tun, zu überlegen, ob man sich für den Geburtstag oder den Tag der Erschießung des Chris Gueffroy entscheidet. Es sollte auch eine Beziehung zu ihm als Person haben. Dies wäre eine schlüssige und gute Lösung, heute hier gemeinsam im Parlament gemeinsam die Errichtung der Tafel zu beschließen.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Für die FDPFraktion hat das Wort Frau Abgeordnete Meister. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Chris Gueffroy wurde am 5. Februar 1989, 9 Monate vor dem Fall der Mauer, bei dem Versuch, vom Ostteil Berlins in den Westen zu gelangen, erschossen. Wir können nur dann aus unserer Geschichte lernen, wenn wir uns ihrer erinnern. Die Mauer war das zu Stein gewordene Zeichen der DDRDiktatur, in der Machterhalt und Ideologie über Menschenrecht und Menschenwürde standen.

Heute sind Ostberlin und Westberlin wieder zu einer Stadt vereint. Ost- und Westdeutschland sind wieder ein Land.

12 Jahre nach dem Mauerfall gibt es hier in Berlin nur noch wenige Reste der Mauer, die an diese Zeit erinnern. Doch vergessen dürfen wir nicht. Ein Gedenkstein für den letzten Mauertoten, ein Denkmal, das neben anderen Gedenkstätten an all das Leid erinnert, welches die Mauer den Menschen in Ost und West zugefügt hat, ein Denkmal, das stellvertretend an über 100 Tote an der Berliner Mauer erinnert, würde auch uns erinnern an unsere Verpflichtung, dass es in diesem Land und von diesem Land ausgehend nie wieder eine solche Diktatur geben darf, ein Regime, welches die Bürger abknallt, die nichts anderes wollten als ihre eigene Freiheit. Auch wir werden diesem Antrag zustimmen. Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Der Ältestenrat hat – wie wir bereits zur Kenntnis genommen – eine Überweisung an den zuständigen Ausschuss empfohlen. Ich entnehme der Debatte aber die übereinstimmende fraktionsübergreifende große Betroffenheit im Saal als Zeichen, dass quer über alle Fraktion der Wunsch besteht, diesen Antrag nicht in den zuständigen Ausschuss zu überweisen, sondern sofort abzustimmen. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Somit lasse ich über den Antrag sofort abstimmen. – Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir diesen Antrag einstimmig so beschlossen. Es ergeht an den zuständigen Senator der Auftrag zur Erstellung eines Gedenksteins für Chris Gueffroy.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 33, Drucksache 15/610:

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS über Kleinstkreditprogramm für Berlin: Stärkung von kleinen und mittleren Unternehmen

Hier war ursprünglich noch eine Beratung vorgesehen. Sie ist inzwischen zurückgenommen worden. Daher können wir zur Abstimmung kommen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie sowie an den Hauptausschuss. – Wer diese Überweisung so vornehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit ist dies einstimmig so beschlossen.

Die lfd. Nrn. 34 bis 38 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 39:

a) Drucksache 15/667:

Antrag der Fraktion der CDU über Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegepolitik im Land Berlin I, hier: Einrichtung einer Schiedsstelle für die häusliche Krankenpflege

b) Drucksache 15/668:

Antrag der Fraktion der CDU über Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegepolitik im Land Berlin II, hier: Ausbildungsplätze in gesundheitsund sozialpflegerischen Berufen sichern

c) Drucksache 15/669:

Antrag der Fraktion der CDU über Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegepolitik im Land Berlin III, hier: Qualitätsoffensive in der Pflege für das Land Berlin starten

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsidentin Michels

d) Drucksache 15/670:

Antrag der Fraktion der CDU über Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegepolitik im Land Berlin IV, hier: Bericht über Situation von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz

e) Drucksache 15/671:

Antrag der Fraktion der FDP über einheitliche Weiterbildung von Pflegefachkräften für leitende Funktionen in Einrichtungen des Gesundheitswesens

Zur gemeinsamen Beratung empfiehlt der Ältestenrat eine Redezeit von bis zu 7 Minuten pro Fraktion. In der Reihenfolge erteile ich zunächst das Wort der Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Hoffmann.– Ich höre gerade, dass man sich verständigt hat, die Redebeiträge zu Protokoll zu geben. Dies gilt bis auf die Abgeordnete Frau Simon von der Fraktion der PDS. Dann hat zunächst Frau Simon das Wort. – Bitte schön!

Meine Damen und Herren! Da ich leider keine schriftliche Grundlage für meinen Redebeitrag habe und darum auch nichts zu Protokoll geben kann, muss ich doch von meinem Rederecht Gebrauch machen. Ich möchte kurz zu den einzelnen Anträgen einige stichwortartige Bemerkungen machen. Zunächst komme ich zu dem Antrag, der die Schiedsstelleneinrichtung für die häusliche Krankenpflege betrifft. Eine solche Schiedsstelle könnte sehr sinnvoll sein, zumal wir sie auch im Sozialgesetzbuch XI für den Bereich der Pflegeversicherung haben.

Gerade die Auseinandersetzungen um die häusliche Krankenpflege in den letzten Jahren macht deutlich, dass es hier tatsächlich einen Schlichtungsbedarf zu Gunsten von Patienten und Beschäftigten gibt. Ich würde vorschlagen und hoffe, dass die Antragsteller dem folgen können, dass wir zu dem Thema Schiedsstelleneinrichtung zur häuslichen Krankenpflege eine Anhörung mit allen Beteiligten durchführen. Es ist natürlich hilfreich, wenn man eine solche Einrichtung plant, zu erfahren, ob die Beteiligten dem ihre Zustimmung geben könnten. Wir haben im Land Bayern ein erfolgreiches Schiedsstellenverfahren. Ich schlage vor, dass wir die Betroffenen von dort zu dieser Anhörung hinzuladen.

Der nächste Antrag Drucksache 15/668 beschäftigt sich mit einer Sicherung der Ausbildungsplätze in gesundheits- und sozialpflegerischen Berufen. Auch dieses Anliegen begleitet uns schon über mehrere Legislaturperioden. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Ökonomisierung des Gesundheitswesens und damit einer stärkeren Propagierung des Einsatzes von Hilfskräften in der Pflege und von Krankenpflegehelferinnen in den Krankenhäusern halte ich auch hier eine grundsätzliche Debatte mit dem Ziel, zu einer Profilierung und zu einer Absicherung von ausreichenden Plätzen zu kommen, für erforderlich. Die Koalitionsvereinbarung von SPD und PDS unterstreicht das auch nachdrücklich und zwar aus arbeits-, frauen- und gesundheitspolitischer Sicht. Von daher besteht Konsens.

Ich bitte die Antragsteller aber dringend, ihre Fristsetzung bis zum 31. Dezember 2002 noch einmal zu überprüfen und gebe zu bedenken, dass wir uns im Augenblick in einer deutlichen Umbruchsituation befinden. Wir wissen nicht, was die einzuführenden Fallpauschalenentgelte in den Krankenhäusern und die damit verbundene Fondslösung für die zukünftige Finanzierung des Ausbildungsbereichs konkret bringen. Wir wissen nicht, ob das Altenpflegegesetz so, wie es verabschiedet wurde, in Kraft tritt, weil es dort ein anhängiges Gerichtsverfahren gibt, das noch nicht entschieden ist. Vor allen Dingen befindet sich zurzeit ein neuer Entwurf für die Ausbildung der Krankenpflegeberufe im Verfahren. Auch hier ist alles offen. Im Rahmen solcher Unsicherheiten und schwer einschätzbarer Entwicklungen halte ich den gesetzten Termin zum Jahresende für verfrüht. Wir haben nicht die entsprechenden Entscheidungsgrundlagen für eine klare Bedarfsprognose und eine klare Profilierung in diesem Themenbereich zur Verfügung.

Ich komme zum Antrag Qualitätsoffensive in der Pflege, Drucksache 15/669. Alle Bemühungen, hier die Qualität zu verbessern, sind begrüßenswert. Es gibt allerdings hinreichende gesetzliche Rahmenbedingungen, die das absichern. Hier liegt ein Missverständnis vor, wenn man eine Qualitätsoffensive fordert. Wir haben es vor allem mit Umsetzungsdefiziten zu tun. Der Antrag übersieht auch, dass es klare Aufgabenzuweisungen im Rahmen der Selbstverwaltung gibt. Wir müssen noch einmal sehr genau hinsehen. Vollzugsdefizite gibt es. Die gibt es insbesondere in der Zusammenarbeit zwischen der Heimaufsicht, dem medizinischen Dienst der Krankenkassen und den Pflegekassen. Das ist mehrfach auch öffentlich scharf kritisiert worden. Wir erwägen – so steht es auch in der Koalitionsvereinbarung –, die Heimaufsicht auf die Senatsebene zurückzuholen. Im Kontext des Antrags Qualitätsoffensive sollten wir darüber ausführlich diskutieren.

Der Bericht über die Situation von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz betrifft den Antrag Drucksache 15/670. Hier muss ich einfach die CDU rügen, weil sie ganz offenkundig eine Veröffentlichung, die sich genau dieser Thematik annimmt, vom Oktober 01 nicht zur Kenntnis genommen hat, obwohl sie damals Regierungsverantwortung getragen hat.

[Goetze (CDU): Oktober 01? Kann nicht sein, da waren wir im Wahlkampf!]

Dort wurde eine ausführliche Stellungnahme zu eben dieser Fragestellung vorgelegt. Mit dieser Veröffentlichung wurden zwei weitere zu dieser Thematik angekündigt. Darauf sollten wir doch erst einmal warten, bevor wir an dieser Stelle anfangen, Forderungen zu erheben.

Mein letzter Beitrag erfolgt zum Antrag der FDP Drucksache 15/671 – da geht es um das Bedürfnis nach Vereinheitlichung der Weiterbildung. Wenn das Ziel einer Neuregelung sein soll, hier zu einer Höherqualifizierung zu kommen, hat die FDP unsere Unterstützung. Allerdings habe ich meine Zweifel, wenn es ihr im Antrag darum geht, eine Stundenabsenkung unter 1 000 Stunden, die jetzt im Gesetz festgelegt sind, anzustreben. Dafür habe ich kein Verständnis. Der Verweis in der Begründung auf § 80 SGB XI macht deutlich, dass hier offenbar die Zuständigkeiten ein wenig durcheinander gebracht werden. Auch hierzu bedarf es einer differenzierten Debatte im Fachausschuss. Diese Debatte hätte ich mir ohnehin nur dort gewünscht. Ich sah mich aber heute veranlasst, auf Grund der Beantragung von CDU und FDP hier meine Ausführungen mündlich zu machen. – Ich danke Ihnen. [Beifall bei der PDS]

Das Thema Pflege beschäftigt uns schon längere Zeit. Wir haben viele Anfragen gestellt, Anhörungen durchgeführt und Gespräche mit Unternehmensverbänden, paritätischen Einrichtungen und Fachpersonal geführt. Die Bilanz zeigte eine dringende Handlungsnotwendigkeit und die Schwierigkeiten der Kommunikation durch die PDS-Senatorin auf.

Unsere ersten Initiativen liegen seit geraumer Zeit im Ausschuss für Gesundheit und Soziales, und wir werden auf starkes Drängen der CDU-Fraktion hin uns nun bald dieses dringenden Themas auch dort annehmen. Dies geschieht in einer Zeit, wo das Thema Pflege hinsichtlich der sozialen Sicherung und auch unter dem Gesichtspunkt der Entlastung für Familien eine wichtige Bedeutung hat. Denn eine gute Pflegepolitik stärkt das Bewusstsein der sozialen Verantwortung aller und ist in den Kernbereichen eine Politik zur Entlastung der Familien.

Wir wollen hier mit unseren Anträgen auf wesentliche Problembereiche eingehen und den Senat zum Handeln auffordern und gleichzeitig auch Anregungen und Hinweise geben, in welchen Feldern der größte Handlungsbedarf besteht.

Für uns steht dabei die Einrichtung einer Schiedsstelle für die häusliche Krankenpflege mit im Vordergrund. Die aktuelle Situation der gegenseitigen Klageverfahren belastet nicht nur die Gerichte, sondern geht zu Lasten der Patienten. Im Sinne einer patientenorientierten Pflege wollen wir dies verhindern und dazu kommen, im Interesse der Betroffenen schnelle Lösungen zwischen Zahler und Dienstleister zu erreichen. Dies betrifft nicht nur die Streitigkeiten der Vergütungsleistungen, sondern auch die Diskussion der in diesem Zusammenhang stehenden Pflegequalitäten und Prüfrhythmen. Die zunehmende Zahl der ambulanten Pflege braucht aufeinander abgestimmte Verfahren. Weiterhin benötigen wir die Möglichkeit, im Konfliktfall, für die Durchsetzung der Zielstellung, einen mit den notwendigen Eingriffsmodalitäten ausgestatteten Träger der Daseinsfürsorge zu haben.

Die Union fordert den schnellen Start einer Qualitätsoffensive in der Pflege, denn gerade die Qualität muss ein verlässlicher Bestandteil der Zielsetzung einer guten Pflegepolitik sein. Dies bedeutet die Festlegung von einheitlichen Qualitätsstandards und das Einbeziehen eines wirksamen Verbraucherschutzes unter Einbindung der Patienten und der pflegenden Angehörigen im Rahmen eines Qualitätsmanagements.

Ein weiterer Punkt, der ein Stück in die Zukunft blickt, ist die Ausbildungssituation. Hier bedarf es einer Überprüfung der Ausbildungsplatzkapazitäten und der Ausbildungsprofile. Wir brauchen Pflegefachkräfte, um für die Qualität Sorge zu tragen, die den Erfordernissen entspricht. Ich will auch hier noch das Problem der unterschiedlichen Standards in Europa – gerade auch Osteuropas – benennen. Hier braucht es Weiterbildung für Qualität und nicht Marktverdrängung durch Absenkung der Standards zu Lasten der zu Pflegenden. Wir erwarten, wie ich finde auch zu Recht, dass die Finanzierung der Ausbildungsplätze in ausreichendem Maße gesichert werde.

Dass in der Pflegepolitik durch den rot-roten Senat ein weiterer Fehlstart hingelegt wurde, sollte uns alle nicht davon abhalten, jetzt zügig für die Verbesserung der Pflegepolitik im Land Berlin einzutreten. Die CDU-Fraktion wird sich diesen Fragen der Sozial- und Familienpolitik mit Verantwortung stellen.

Nun ist es sicher nicht verwunderlich, dass die Anträge der Fraktion der CDU jetzt gestellt werden, wo sie in der Opposition sind. Es hat sie nämlich niemand gehindert, all diese Dinge in der Zeit umzusetzen, als sie in der Regierung waren.

Wie ihnen ja sicher nicht entgangen ist, hat die Bundesregierung zur Verbesserung der Qualität in der Gesundheitsversorgung Reformen eingeleitet. Für die Qualität der Versorgung insbesondere chronisch Kranker wird mit den vorgesehenen strukturierten Behandlungsprogrammen für ausgewählte Krankheitsbilder, den so genannten Disease-Management-Programmen, der richtige Weg beschritten.

Seit dem 1. Januar 2002 ist das Pflege-Qualitätssicherungsgesetz in Kraft getreten. Kurz darauf haben sich in Berlin und Brandenburg bereits die provisorisch bestehenden, aber nunmehr vorgeschriebenen Arbeitsgemeinschaften nach § 20 Heimgesetz konstitutiert, um die vom Gesetzgeber gewollte intensive Zusammenarbeit zu ermöglichen. Der MDK Berlin-Brandenburg hat seine sich aus dem Pflege-Qualitätssicherungsgesetz ergebenden Anforderungen angepasst. Dabei soll die zeitnahe Durch

führung anlassbezogener Qualitätsprüfungen Priorität vor Stichprobenprüfungen haben, was nicht heißen soll, dass es hier nicht noch Verbesserungen geben kann. Zu dem Antrag, Ausbildungsplätze in gesundheits- und sozialpflegerischen Berufen zu sichern, gebe ich zu bedenken, dass zurzeit 12 000 Menschen in den gesundheits- und sozialpflegerischen Berufen in Berlin und Brandenburg arbeitslos sind. Die Problematik ist, dass viele private Sozialstationen entweder keine examinierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einstellen oder die examinierten schlecht bezahlen. Hier ist erst einmal Handlungsbedarf angesagt. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen der Fraktion der CDU und der FDP. Ihre Anträge beschäftigen sich mit Teilbereichen der Gesundheitspolitik, wenngleich ich nicht verkennen will, dass dies wichtige Teilbereiche sind. Das Ziel einer solidarischen Gesundheitspolitik muss aber sein: Gesundheit für alle, eine sichere medizinische Versorgung ohne Wenn und Aber, keine Zwei-KlassenMedizin!