Protocol of the Session on June 8, 2016

Jetzt haben Sie noch die Gelegenheit, eine Zwischenfrage zu beantworten. Herr Abgeordneter Schulze, bitte.

Herr Minister, ich wollte Sie nur fragen, ob Sie das gute alte deutsche Sprichwort: „Unrecht Gut gedeihet nicht“ kennen und ob Sie meinen, dass man daraus nicht eine moralische Hand lungsoption für das Handeln der Landesregierung in Branden burg ableiten könnte.

Moralische Kategorien sind das eine, Gesetze und die Beach tung des Grundgesetzes das andere. Insofern verstehen Sie bit te auch meine Sichtweise, die ich darzustellen versucht habe. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Während des Redebeitrags ist eine Kurzintervention angemel det worden. Herr Abgeordneter Gliese, Sie haben jetzt dazu Gelegenheit.

Frau Präsidentin! Verehrter Herr Minister Görke! Liebe Kolle ginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich würde es gar nicht so kompliziert machen und möchte nicht ausführlich auf diese ju ristischen Belange eingehen. Für mich ist der zentrale Punkt: In der Enquetekommission 5/1 zur Aufarbeitung von DDRUnrecht findet sich auch das Land Brandenburg wieder, das nunmehr selbst Unrecht begangen hat. Das hat mittlerweile Schicksale produziert. Einige besonders hart getroffene Bran denburger haben wir heute zum wiederholten Male auf der Tri büne.

Ich erwähnte bereits in meiner letzten Rede im Januar, dass ich es als großen Makel für uns alle als Abgeordnete empfinde, da für Mitverantwortung zu tragen. Ich für meinen Teil kann und werde mich nicht damit abfinden. Ich bitte Sie, verehrte Kolle gen von der Koalition, verehrter Herr Ministerpräsident und verehrter Herr Görke, tun Sie etwas dagegen! - Vielen Dank.

(Beifall CDU, AfD sowie B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Herr Minister, möchten Sie auf diese Kurzinter vention reagieren? - Dann hätten Sie jetzt Gelegenheit dazu.

Sehr geehrter Abgeordneter, ich verstehe Ihre Sichtweise durchaus. Wenn Sie sich einmal meine Biografie als Mitglied des Brandenburger Landtags anschauen, erkennen Sie: Ich ha be eine ganz klare Auffassung zur Bodenreform. Ich habe auch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz abgelehnt. Ich habe aber auch gezeigt, dass es Härtefälle gibt. Wir können auch politische Lösungen finden, die wir aber nur auf der Ebe ne des Bundes erreichen können. Dazu hatte ich schon meine Bitte geäußert, und da sind Sie als Mitglied der CDU-Fraktion und der CDU Deutschland gefordert.

Herr Schulze, Sie hatten gebeten, Ihre verbliebene Redezeit nutzen zu dürfen. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gör ke hat hier ausgeführt, dass das rechtlich alles gar nicht gehe. Ich habe in diesem Hause in den letzten Jahren und Jahrzehnten vieles erlebt, zu dem es hieß, das gehe nicht, das sei rechtlich und verfassungsrechtlich nicht möglich, und am Ende ging es plötzlich doch. Nehmen wir nur die Sache mit dem Kommu nalabgabengesetz, wo es dann der höchstrichterlichen Beleh rung durch das Bundesverfassungsgericht bedurfte. Ich wage vorauszusagen: Wenn wir diesen Weg hier gehen würden, wäre er erfolgreich. Ich glaube nicht, dass die Fraktion der Grünen, die maßgeblich und federführend diesen Gesetzentwurf vorbe reitet haben, dies gemeinsam mit Juristen und Anwälten getan

hat, die ihr Geschäft nicht verstehen. Diese haben auch einen Namen zu verlieren.

Deswegen, Herr Görke, seien Sie bitte nicht böse, wenn ich Ih ren Ausführungen, dass Sie das geprüft und festgestellt hätten, dass es nicht geht, nicht traue. Die Erfahrung hat mich eines Besseren belehrt. Vieles von dem, wozu Sie sagten, es gehe nicht, ging dann doch. Es war an vielen anderen Stellen genau so. Deswegen: Ein wenig Mut zur Entscheidung, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wenn Minister sagen, dass es nicht geht, müssen wir das nicht immer glauben.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe, AfD und B90/ GRÜNE)

Es ist eine Kurzintervention angezeigt worden. Herr Homeyer, Sie haben das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie wundern sich vielleicht, warum ich mich hier zu einer Kurzintervention gemeldet habe. Ich hatte damals die Ehre und auch die Pflicht, im Bodenre form-Untersuchungsausschuss für meine Fraktion als Obmann zu arbeiten. Wir haben uns - Herr Görke war auch dabei -, durch einen Wust von Einzelfällen und Einzelschicksalen ge kämpft. Ich kann mich noch gut erinnern, die Kollegen sicher lich auch, wie Betroffene bei mir im Wahlkreisbüro standen - mit ihren Akten, mit ihren Lebensgeschichten. Ich habe dabei übrigens gelernt, dass es manchmal gar nicht darauf ankommt, als Abgeordneter Lösungen zu haben, sondern einfach einmal zuzuhören. Ich habe dabei sehr viel über die Menschen in Brandenburg und ihr Verhältnis zu Grund und Boden sowie da rüber, was nach dem Krieg geschehen ist, gelernt. Das hat mich sehr beeindruckt.

Ich hatte im Untersuchungsausschuss die Pflicht, einige Kolle ginnen und Kollegen Beamte, auch Verantwortliche aus dem Finanzministerium, zu vernehmen. Ich habe mir gerade wäh rend der Debatte noch einmal meine Abschlussrede ange schaut.

Herr Kollege, kurze Anmerkung: Eine Kurzintervention ist da zu da, dass Sie auf den Vorredner eingehen.

Mache ich, ich komme auf Herrn Görke zu sprechen: Herr Görke, Sie haben gesagt...

Herr Görke war nicht der Vorredner! Der Vorredner war Herr Schulze.

Ja, ich komme auch auf Herrn Schulze zu sprechen.

(Heiterkeit und Beifall CDU, AfD sowie B90/GRÜNE)

Genau das hat mich beeindruckt. Herr Schulze hat mich eigent lich motiviert, hier zu sprechen, weil seine Worte genau in die richtige Richtung gehen. Ich habe die Kollegen aus dem Fi nanzministerium in insgesamt vier Untersuchungsausschüssen vernommen, Herr Schulze, und Sie waren oftmals dabei.

(Heiterkeit CDU, AfD sowie B90/GRÜNE)

Das Ergebnis kennen wir beide sehr genau. Das Vertrauen in das Finanzministerium, lieber Herr Minister Görke, geht, wenn es Ihnen aufschreibt, dass es keine rechtliche Möglichkeit, kei ne Chance gebe, irgendetwas für die Opfer und für die Betrof fenen zu tun, verloren. Vielleicht sollten Sie sich einmal exter nen Sachverstands bedienen. Dann kommen wir hier sicherlich auch zu einer Lösung. Glauben Sie es mir! - Danke schön.

(Beifall CDU, AfD sowie B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Da sieht man einmal, welche Spielräume uns die Geschäftsordnung bietet. Herr Schulze, Sie waren der Vor redner. Sie könnten jetzt zwei Minuten auf diese Kurzinterven tion reagieren. - Das scheint nicht gewünscht zu sein. Dann sind wir am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt mit der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe die Überweisung des Gesetz entwurfs in der Drucksache 6/4216, Neudruck, das sogenannte Bodenreformwiedergutmachungsgesetz an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen - federführend - und zur Mitberatung an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft. Wer diesem Überweisungsantrag seine Zu stimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegen stimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Überwei sungsantrag mehrheitlich nicht gefolgt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Drucksache 6/4216, Neudruck - Bodenreformwiedergutma chungsgesetz - eingebracht von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimment haltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf in 1. Lesung abge lehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungs punkt 10 auf:

Umsetzung des Beschlusses des Landtages Branden burg „Zukunft des Wassertourismus in Brandenburg sichern“ (gemäß Beschluss des Landtages vom 30.04.2015 - Drs. 6/1230-B)

Bericht der Landesregierung

Drucksache 6/3871

Des Weiteren liegt in der Drucksache 6/4297 - Neudruck - ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, der CDU und DIE LINKE vor.

Wir beginnen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesre gierung. Es spricht Herr Minister Gerber.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im vergangenen Jahr hat sich der Landtag fraktionsübergreifend zum Wassertourismus bekannt. Ich bin über die sen übergreifenden Konsens sehr froh, denn er stärkt die Bran che und unterstützt ihre Weiterentwicklung. Den seinerzeit er betenen Bericht hat die Landesregierung dem Landtag nun mehr zugeleitet.

Bevor ich auf den Bericht eingehe, einige grundsätzliche Be merkungen: Der gesamte Tourismus im Land Brandenburg hat sich im vergangenen Jahr erneut gut entwickelt. Wir haben ein Rekordergebnis: 4,6 Millionen Gäste haben über 12,5 Millio nen Übernachtungen im Land gebucht. Das ist deutlich mehr als im Jahr zuvor. An diesem guten Ergebnis hat auch der Was sertourismus seinen Anteil. Nicht umsonst lautet die Mission der Landestourismuskonzeption „Wir machen Lust auf Land“ - mit dem wasserreichsten Kulturraum Deutschlands, der wir nun einmal sind.

Unsere Gewässer und Wasserstraßen sind ein Pfund, mit dem wir wuchern können und sollten. In Deutschland ist das eines unserer wichtigsten Alleinstellungsmerkmale. Die Landesre gierung ist sich der wirtschaftlichen Bedeutung des Wassertou rismus natürlich sehr bewusst. Er sichert einer Vielzahl von Menschen in unserem Land, und zwar überall im Land, Ar beitsplatz und Einkommen.

Meine Damen und Herren, zum Bericht: Mit seinem Beschluss im letzten Jahr hat der Landtag die Landesregierung gebeten, den Erhalt und die Schiffbarkeit der Wasserstraßen im Land zu sichern. Die Landesregierung unterstützt diese Zielstellung und strebt an, ein Netz an Nebenwasserstraßen für die Regio nalentwicklung und den Tourismus im Rahmen der haushalts mäßig möglichen Angelegenheiten und bei der Würdigung der Ziele der anderen relevanten Politikfelder zu sichern. Gerade der Netzcharakter der Wasserstraßen macht unser Land für Be sucherinnen und Besucher spannend, denn die touristische Attraktivität beruht auf den vielfältigen Fahrmöglichkeiten.

Der Landtag erwartet weiterhin, dass die Landesregierung das Wassertourismuskonzept des Bundes konstruktiv begleitet. Das möchten wir gern - ich sage es ausdrücklich -, nur leider hat das zuständige Bundesverkehrsministerium bisher keinerlei Anstalten gemacht, die Länder einzubeziehen, obwohl wir es angeboten haben. Meine Damen und Herren von der CDUFraktion, nutzen Sie die Gelegenheit, auf Ihren Kollegen Dobrindt einzuwirken. Wir versuchen das Unsere genauso.

(Zuruf von der CDU: Er ist in der CSU!)

- Ja, aber Sie sind Bruderparteien - oder Schwesterparteien!

(Heiterkeit bei der SPD - Zuruf von der CDU: Das ist doch Blödsinn!)

Der Bund entwickelt ein weiteres Programm, das sogenannte Blaue Band. Auf seiner Agenda steht die Renaturierung von Fließgewässern und Auen. Es soll zu einer Absenkung des In frastrukturstandards an den Nebenwasserstraßen führen, die

nicht mehr vom Güterverkehr genutzt werden. Auch hier betei ligt der Bund die Länder wenig; er informiert nur. Der Erhalt von Natur und Umwelt ist auch in diesem Zusammenhang für uns wichtig, aber wir brauchen die Anlagen, damit der Wasser tourismus funktionieren kann. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Natur und Umwelt mit dem Wassertourismus so verknüpft werden, dass alle Bereiche davon profitieren.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, das Thema Schleusenzeiten hat uns im letzten Jahr sehr bewegt; Sie erinnern sich vielleicht. Ge meinsam mit meiner Kollegin Kathrin Schneider haben wir uns an das Bundesverkehrs- und -wirtschaftsministerium gewandt. Das Ergebnis kennen Sie: Die Schleusungszeiten wurden zwar verbessert, indem das Betriebsende an Wochenenden in die Abendstunden verschoben wurde, aber eine Rücknahme der Re duzierung sieht anders aus. Wir müssen am Thema dranbleiben.

Unsere neue Landestourismuskonzeption habe ich eingangs er wähnt, auch, dass sich der Wassertourismus darin wiederfindet. Sie werden in unserer Konzeption weiterhin als wichtige Trei ber der Regionalentwicklung angesehen. Der Bitte des Land tages, diese Initiativen weiterhin zu unterstützen, kommen wir selbstverständlich gern nach. Auf diesem Gebiet arbeitet auch der Landestourismusverband. Er koordiniert mit seinem Netz werk „Aktiv in der Natur“ die Aktivitäten der regionalen Tou rismusverbände. Diese wiederum arbeiten eng mit den wasser touristischen Initiativen zusammen.

Meine Damen und Herren, wir müssen noch ein paar dicke Bretter bohren - ich habe es soeben kurz angerissen. Ich bin aber sicher, wenn alle Beteiligten - vom Bund über das Land bis zu den Initiativen vor Ort - guten Willens sind, werden wir ein großes und attraktives zusammenhängendes Wassertouris musgebiet im Land Brandenburg verwirklichen. Ich bin froh, dass wir im Parlament gemeinsamen Sinnes sind und gemein sam daran arbeiten. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)