Protocol of the Session on June 8, 2016

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Hackenschmidt für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wasserstraßennetz erhalten - Wassertourismus und Bin nenschifffahrt weiter stärken: Mit diesem Entschließungsan trag zum Bericht der Landesregierung unterstreichen wir die große Bedeutung des Wassertourismus in Brandenburg. Schon im April 2015 hat sich der Landtag mit seinem fraktionsüber greifen Antrag „Zukunft des Wassertourismus in Brandenburg sichern“ zu diesem Thema deutlich positioniert. In den ostdeut schen Bundesländern sind 120 000 km Fließgewässer, über 5 000 Seen und 1 945 km Ostseeküste eine hervorragende Grundlage dafür. Dieses vorhandene vernetzte Wasserrevier hat herausragende, einzigartige Bedeutung in der Binnenschiff fahrt und für den Wassersport.

Besonders im ländlichen und strukturschwachen Raum ist der Wassertourismus zu einer wichtigen Einnahmequelle gewor

den und Grundlage der Regionalentwicklung in Berlin und Brandenburg. Das zeigen auch die Ergebnisse einer Studie der IHKs Berlin und Brandenburg. 65 Reedereien mit über 186 Schiffen, 128 Kanuverleiher mit mehr als 3 500 Booten und zusätzlich 1 256 Segel- und Motorboote sowie die Charteryachten erwirtschafteten in Berlin-Brandenburg einen Jah resbruttoumsatz von ca. 200 Millionen Euro und sichern 2 124 Beschäftigten direkt ihr Einkommen.

Davon profitieren unter anderem Unternehmen der Hotellerie und Gastronomie, von Camping und Einzelhandel sowie Kul tureinrichtungen und viele Zulieferbetriebe. Wichtige Aspekte sind der Netzgedanke, länderübergreifende Angebote und die Infrastruktur, denn den Gast interessiert die Urlaubsregion, in teressieren nicht bestehende Ländergrenzen.

Im Bericht der Landesregierung wird auf das größte zusam menhängende Wasserrevier Europas in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern hingewiesen - ein Alleinstellungs merkmal in Deutschland, das noch mehr genutzt werden muss. Wasser steht bei den Städten immer häufiger im Fokus der Stadtentwicklung und zeigt tolle Effekte. Senftenberg bei spielsweise ist mit seinem Stadthafen ein attraktives Ausflugs ziel und ein Zielpunkt für Radler.

Beim Wassertourismus zeichnet sich als großes Problem - der Minister hat es gesagt - die Reduzierung der Schleusenzeiten ab. In Brandenburg sind die meisten Fließgewässer Bundes wasserstraßen. Die Schifffahrtsverwaltung kann das Personal nicht aufstocken und zielt auf eine Automatisierung von Schleusenanlagen ab, doch das ist erst für 2022 in Planung. Was passiert bis dahin? Hier ist der Bund mit seinem Bekennt nis zum Wassertourismus gefordert.

Das für Ende 2014 angekündigte Wassertourismuskonzept des Bundes liegt bisher leider nicht vor. Somit kann kein gemein sames, abgestimmtes Vorgehen notwendiger Maßnahmen er folgen. Im September 2015 hat der Bund das Programm „Blaues Band“ - der Minister hat darauf hingewiesen - zur Re naturierung von Fließgewässern und Auen gestartet. Für uns in Brandenburg erwachsen daraus zwei Schwerpunkte, erstens Chancen für die Verkehrspolitik, das heißt, eine Zukunft für die 2 800 km Nebenwasserstraßen, mit Absenkung von Infrastruk turmaßnahmen und notwendigem Rück- und Umbau von Schleusen und Wehranlagen. Zweitens resultieren daraus bei durchgehend ökologisch orientierten Wasserverbindungen Chancen für Freizeit und Erholung und unter dem Aspekt „Ak tiv in der Natur“ eine verstärkt touristische Nutzung.

Brandenburg muss sich bei diesem Prozess im Schulterschluss mit Mecklenburg-Vorpommern und Berlin für den Erhalt der Schiffbarkeit dieser Wasserstraßen und deren Vernetzung ein setzen. Eine konstruktive Begleitung bei der Erstellung des Bundeswassertourismuskonzeptes durch die Bundesländer wä re sinnvoll und hilfreich gewesen; dies erfolgte bisher nicht.

Die Zielsetzung muss sein, den Teltow-Kanal und die OderSpree-Wasserstraße wieder in das transeuropäische Wasserstraßennetz aufzunehmen. Dabei gilt es, die Vernetzung von Tourismus, Verkehrswegeplanung, Güterverkehr, Umwelt- und Naturschutz, Kulturerbe und Denkmalschutz zu verdeutlichen. Besonders die gemeinsame Planung von Rad- und Wasserwe gen muss Beachtung finden. Die Zusammenarbeit mit Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und den Woiwodschaften Lubuskie und Zachodniopomorskie zur Sicherung und Entwicklung des

Wasserstraßennetzes ist zu verstärken. Nur gemeinsam können die Länder ihre Position stark vertreten. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem gemeinsamen Antrag. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit Herrn Bommert und seinem Beitrag für die CDU-Fraktion fort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Was gibt es Schöneres, als an so einem sonnigen Tag über küh les Wasser der Havel und der Seen zu sprechen? Es geht nicht besser!

Herr Minister, ein kurzer Hinweis: Sie wissen, wie es in Fami lien manchmal ist. Mit Herrn Dobrindt gibt es im Moment, wie ich glaube, eine kleine Verstimmung. Vielleicht sollte man als Große Koalition in Berlin dafür sorgen, dass alle an einem Strang ziehen.

(Frau Lehmann [SPD]: Wen meint er denn jetzt?)

Meine Damen und Herren, über die Bedeutung des Wassertou rismus brauche ich Ihnen, glaube ich, nichts zu erzählen. Die Zahlen sind bekannt: 33 000 km Fließgewässer, 3 000 Seen, 17 000 Bootsanlegeplätze, fast 200 Millionen Euro Jahresum satz im kommerziell betriebenen Wassertourismus.

Hinter diesen Zahlen steht aber mehr als Freizeit und Erho lung. Dahinter steht regionale Wertschöpfung, das sind Aufträ ge für Handwerker, sind Umsätze im Einzelhandel - vom Tou rismus, von den Gaststätten gar nicht zu reden.

Was viel wichtiger ist: Der Wassertourismus dient dem Erhalt und der Verbesserung der Infrastruktur und damit gerade der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum.

Die Erfolgsgeschichte des Wassertourismus in Brandenburg ist nicht selbstverständlich. Eine solche Entwicklung entsteht nicht von selbst. Sie erfordert eine stetige Anstrengung und den Schulterschluss aller Beteiligten - Unternehmen, Verbände, Vereine und natürlich der Landesregierung. Deshalb haben wir diesen Antrag auch im letzten Jahr zusammen mit den Linken, der SPD und den Grünen eingebracht, um ein gemeinsames Signal zu senden und den Forderungen, die wir als CDU schon lange erheben, Nachdruck zu verleihen.

Nun hat die Landesregierung einen Bericht vorgelegt, der die aktuelle Situation kaum besser hätte beschreiben können. Der Bericht belegt noch einmal eindeutig, wie stiefmütterlich das Thema Wassertourismus von der Bundesregierung - in Teilen leider auch von der Landesregierung - behandelt wird.

Der für Ende 2014 angekündigte Vorlagetermin für das Was sertourismuskonzept des Bundes wurde mehrmals verschoben, und es ist immer noch nicht konkret bekannt, wann es vorge legt werden soll.

Beim Thema Erhalt und Schiffbarkeit der Wasserstraßen ste hen wir dort, wo wir vor genau einem Jahr standen, nämlich

bei der Ankündigung der Landesregierung, sich mit der Bun desebene darüber auseinanderzusetzen.

Auch das Problem mit den verkürzten Schleusenzeiten bleibt weiter ungeklärt. Dem Bund fehlt Personal, der Landesverwal tung fehlen die Ressourcen, und das Problem besteht nach wie vor. Touristen sind verärgert, Hoteliers und Gastwirte fürchten um ihre Kunden. Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind mit dem Boot unterwegs, stehen an einer Schleuse, es ist kurz nach der Kaffeezeit, 18 Uhr - und die Schleuse ist zu, und es geht erst am nächsten Tag weiter. Das kann nicht sein!

(Vereinzelt Beifall CDU)

Das Öffnen und Schließen der Schleuse ist - so könnte man fast annehmen - ein hoheitlicher Staatsakt. Ich kann es aus eigenem Erleben schildern. Vor zwei Jahren im Herbst waren wir mit der WIN AG unterwegs und haben uns die Fürstenberger Ge wässer angeschaut. Man kann es sich toller nicht vorstellen: Indian Summer, wir liegen mit dem Boot an einer Schleuse, es war kurz vor 10 Uhr. Vier Boote liegen dort, der Schleusenwär ter kommt heraus, öffnet aber erst - hundertpro! - um 10 Uhr und eine Sekunde die Schleuse. Vorher ist er nicht dazu zu be wegen. Sie bekommen eher einen Standesbeamten abends für eine Trauung als einen Schleusenwärter dazu, die Schleuse frü her oder später, also außerhalb der Öffnungszeiten, zu öffnen.

Solch eine verfehlte Politik ohne Kurs und ohne Kompass ent wertet Investitionen, die im Wassertourismus getätigt werden. Sie schadet dem Wassersport und den Freizeitregionen und da mit dem Image des Landes Brandenburg.

Es ist grob fahrlässig, meine Damen und Herren, Entschei dungen der Bundesebene abzuwarten und Verhandlungen erst aufzunehmen, wenn das Kind vielleicht in den Brunnen gefal len ist. Die Landesregierung darf sich nicht allein auf den Bund verlassen. Gefragt ist kontinuierliche Zusammenarbeit gerade mit den regionalen Akteuren, aber auch mehr Mut zu kreativen Problemlösungen und einem stetigen proaktiven Dialog mit dem Bund.

Folgendes Beispiel - Wasserinitiative Nordbrandenburg: Drei Landkreise - Oberhavel, Ostprignitz, Barnim - und sechs Städ te haben einen Plan geschmiedet und ziehen dort seit 2003 an einem Strang. Ihr Einsatz zeigt mittlerweile viel Erfolg. Bestes Beispiel: Der Lange Trödel wird in der nächsten Woche feier lich eröffnet.

Bei der Schleuse Friedenthal gibt es ein Gemeinschaftsprojekt von Bund, Land, Oranienburg und der WIN AG, wobei man einmal ganz andere Wege gegangen ist, nämlich dass Oranien burg Planer und Betreiber dieser Schleuse und auch der darauf folgenden bis hoch nach Neuruppin sein wird. Das sollte für den Rest des Landes beispielgebend sein, um an der Stelle wei terzukommen.

Wir werden den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Linke unterstützen, und das Land muss sich nachdrücklich dafür einsetzen, dass die erfolgreichen Projekte weiter fortge führt werden können und notwendige Investitionen getätigt werden, um die Potenziale vor Ort nicht abzuwürgen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Löhr für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Sehr verehrte Gäste! Die touristische Hauptsaison hat be gonnen, und wenn wir alle einmal ein paar Schritte zur Havel hinuntergehen, können wir viele Leute auf Tretbooten, in Ru derbooten oder auch auf motorisierten Fahrzeugen sehen. Der magischen Anziehungskraft des Wassers kann sich kaum je mand entziehen.

Die touristischen Zahlen 2015 - Herr Gerber hat sie kurz er wähnt: 12,5 Millionen Übernachtungen mit enormen Steige rungen - greife ich auf und möchte kurz darstellen: Woher kommt denn das Wachstum und wo halten sich die Touristen auf? Die drei stärksten Reisegebiete des Landes identifizieren sich alle mit dem Element Wasser. Da ist an erster Stelle das Seenland Oder-Spree, erst an zweiter Stelle folgt der bekannte und berühmte Spreewald und an dritter Stelle schon das Ruppi ner Seenland, mit immerhin 1,5 Millionen Übernachtungen im vergangenen Jahr. Das heißt, mit 5,3 Millionen oder - anders ausgedrückt - mehr als 42 % der Gesamtübernachtungen haben diese drei von 13 Reisegebieten ein ganz schönes Stückchen zum Kuchen beigetragen, und das gilt es, meine sehr verehrten Damen und Herren, weiter zu stärken, weiter auszubauen.

Nirgendwo gibt es mehr Seen, Flüsse und Kanäle als hier, vor den Toren der größten märkischen Stadt, Berlin; in Zahlen: 33 000 km Fließgewässer und 3 000 Seen. Es ist bereits er wähnt worden: Ein Schwerpunkt im Landestourismuskonzept ist deutlich der Wassertourismus.

Die weitere Entwicklung des Wassertourismus ist somit ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Entwicklung der insbesondere etwas entfernter von Berlin liegenden Regionen. Schön wäre es - das Wassertourismuskonzept des Bundes oder das Bundesprogramm „Blaues Band“ wurden genannt -, wenn wir an dieser Stelle etwas vorankämen. Aber, Herr Bommert, ich habe Sie gerade so verstanden, dass Sie sich mit Herrn Gerber ein Stück weit verabredet haben und die Koalition auf Bundesebene da ein Stück weit unterstützen wollen. Da bin ich guter Dinge.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht natür lich nicht nur um die touristische Entwicklung, sondern wir re den auch über die Bedeutung für die Binnenschifffahrt. Wir re den über ökologischen und ökonomischen Warentransport. Wir reden über die notwendige Entlastung der staugeplagten und oftmals maroden Straßen und Brücken im Land. Es geht auch um Klimaschutz, es geht um Lärmreduzierung. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Wasserstraßen liegen an Regionalen Wachstumskernen. Somit ist auch deren Ent wicklung mit dem Erhalt und dem Ausbau von Wasserstraßen ganz eng verbunden.

An der Stelle möchte ich daran erinnern: Wir haben hier noch nicht alle unsere Hausaufgaben erledigt, Stichwort Ersatzneu bau der Schleusen Kleinmachnow und Fürstenwalde. Hier sind

noch Aufgaben aus der vergangenen Legislaturperiode offen. Die Pflege der 600 km Landeswasserstraßen ist eine Aufgabe von Dauer. Bei den genannten Punkten - der Zusammenarbeit mit Polen oder der engeren Verknüpfung des Netzes mit Ber lin - haben wir noch einiges zu tun.

Ich finde es richtig, dass wir im Antrag sagen, wir wollen die Wertschöpfung, die mit den Wasserstraßen, die mit dem Tou rismus verbunden ist, etwas genauer erfassen. Das heißt, dass wir prüfen wollen, inwieweit wir die Übernachtungsstatistik auf das Wasser ausweiten können.

Ich komme zum Schluss. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind auf gutem Wege, aber es gibt noch viel zu tun. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Schade fort. Sie spricht für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Gäste! Wassertourismus - hier wurden viele wertvolle und beeindruckende Zahlen genannt, auf die ich erst einmal nicht weiter eingehen will. Ich finde es aber klug, wenn sich die Landesregierung für den Erhalt und die Schiffbarkeit der touristisch genutzten Wasserstraßen einsetzt, spielt doch der Tourismus in Brandenburg eine ganz herausragende Rolle. Wir hoffen nur, dass die Landesregierung das mit etwas mehr Erfolg tut als bei den Schleusenzeiten.

Schauen wir uns die Landestourismuskonzeption an, stellen wir fest, dass der Wassertourismus nicht oder nur am Rande erwähnt wird. Das erwähnte Handlungsfeld 4 befasst sich mit Infrastruktur und vernetzter Mobilität. Begrenzte öffentliche Ressourcen würden aber eine Fokussierung und Aufgabentei lung erfordern. Das war‘s aber auch schon im Großen und Ganzen.

Im letzten Landestourismuskonzept konnte man konkretere Ziele nachlesen. Das ist im neuen Konzept leider nicht der Fall. Es ist eher ein Leitfaden für die kommunal Verantwortlichen, eine schwammige Absichtserklärung - mehr nicht. Genau das ist der Punkt. Die Abstimmung und Koordination von Mobili tätsketten und Verkehrswegen besteht als Aufgabe der Landes regierung auch länderübergreifend. Welche Aufgaben und Pro jekte werden mit wem abgestimmt? Zu welchem Zweck und in welchem Zeitraum? Es ist nicht ersichtlich, mit welchen Maß nahmen, Projekten und Schwerpunkten sich das Land grund sätzlich beschäftigt.

Weitere Aufgaben sind die Förderung und Modernisierung der Infrastruktur. Was muss dringend modernisiert werden und was bedarf einer besonderen Förderung?