Meine Damen und Herren, auch ich möchte es nicht versäu men, mich für die Zusammenarbeit der vergangenen Wochen zu bedanken. Ich bin sehr froh, dass es den demokratischen Fraktionen gemeinsam mit der Gruppe BVB/FREIE WÄH LER trotz der Eile gelungen ist, mit großer Ernsthaftigkeit und unter Einbeziehung umfassenden externen Sachverstands die
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Frau Johlige, wir brauchen nicht immer extra zu betonen, dass wir auch eine demokratische Fraktion sind. Wir sind es ein fach. Punkt.
Der Gesetzentwurf ist an vielen Stellen unausgegoren. Es gibt Regelungen, die gegen andere gesetzliche Grundlagen versto ßen oder unpraktikabel sind. Wenn ich da an die Diskussion am Montag denke, wird mir das wieder bewusst.
Darüber hinaus sind die Folgen für den Steuerzahler nicht klar, da die Kosten nicht beziffert sind. In der Rubrik des Gesetzes textes „Auswirkungen auf Bürger, Wirtschaft und Verwaltung“ ist von Mehraufwendungen die Rede. Lapidar wird angemerkt, dass diese ab 2016 mit einem Nachtragshaushalt zu decken sind. Ich blicke mit Sorge auf die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen auf unser Bundesland.
Dem Gesetzentwurf liegt keine Kostenkalkulation zugrunde. Es gibt keine Prognose über die künftigen Zuströme. Wie denn auch? - Schon der Ist-Zustand ist nicht wirklich bekannt. Die Bundesregierung hat klargestellt, dass es keine Obergrenze gibt. Also werden die gesetzlichen Grundlagen, die hier ge schaffen werden sollen, bald auch nicht mehr umsetzbar sein.
Der Verwaltungsaufwand wird durch den Gesetzentwurf mas siv erhöht. Jetzt sollen regionale Krankenhäuser für die Erstun tersuchung herangezogen werden können. Darüber hinaus soll es Schwerpunktjugendämter geben. Die Zuweisung eines un begleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen zur Inob hutnahme soll an seinem spezifischen Schutzbedürfnis und Bedarf ausgerichtet sein und muss das Kindeswohl berücksich tigen. Was bedeutet das? Was ist ein spezielles Schutzbedürf nis? Und: „Bedarf“ kann weit ausgelegt werden. Was ist mit dem Kindeswohl genau gemeint? Leider werden Juristen hier eine große Spielwiese finden, obwohl es sich um ein sensibles Thema handelt.
Laut Gesetzentwurf soll ein umfassendes Beteiligungsrecht bei der Zuweisung für unbegleitete ausländische Kinder und Ju gendliche in das Gesetz aufgenommen werden. Daraus werden sich in der Praxis viele Schwierigkeiten ergeben. Darüber hi naus wertet es die Arbeit der Jugendämter ab, die grundsätzlich für die Fürsorge verantwortlich sind; denn es impliziert, dass diese nicht wissen würden, wie richtig zu handeln wäre. Diese diffuse Bestimmung wird nur einem Gefühl gerecht, nämlich dem der Verfasser, gut zu sein. Darüber hinaus trägt sie zu kei ner Verbesserung der Lage der Flüchtlinge bei.
Wer hier im Zusammenhang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen - in Brandenburg sind es im Jahr 2015 bislang 1 165 - von uneingeschränkter Willkommenskultur erzählt, hat die Diskussion in unserem Land nicht begriffen. Zudem schwingt ein moralischer Imperativ mit, der nichts mehr mit der Politik des gesunden Menschenverstandes zu tun hat. Die Entscheidung, wer eigentlich minderjährig ist, obliegt einer In augenscheinnahme, bei der selbst Experten sehr schnell fehlge hen.
Wir hatten an dieser Stelle schon einmal die Diskussion, dass gerade minderjährige Flüchtlinge zu leichten Zielen von Ban denkriminalität werden können. Bleibt die Hoffnung, dass mit der Angleichung an das Bundesgesetz wenigstens das verhin dert werden kann. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Liebe Gäste! Herr Königer, Sie haben dem Namen Ihrer Partei wieder einmal alle Ehre gemacht und eine großartige Al ternative zu dem vorgelegt, worauf wir uns hier geeinigt haben.
Ich freue mich als Bündnisgrüne sehr, dass wir das in der knap pen Zeit so gut geschafft und uns sowohl auf den Antrag als auch auf den Entschließungsantrag geeinigt haben. Ich freue mich, dass in dem Antrag bzw. in dem Gesetz die Partizipation von Jugendlichen sowie das Benehmen bzw. die Berichts pflicht gegenüber dem Landtag festgeschrieben sind, sodass wir hier auch sehr schnell wieder über das Thema diskutieren können; denn das ist etwas, was uns die aktuelle Situation lehrt: Wir müssen imstande sein, sehr flexibel zu reagieren. Wir müssen uns auch eine gewisse Fehlerfreundlichkeit zuge stehen und erkennen, dass wir Dinge einfach neu formulieren müssen.
Ich freue mich auch über den Entschließungsantrag, der vier Punkte enthält, die uns Bündnisgrünen besonders wichtig wa ren, nämlich unter anderem, dass es Standards für Clearing gibt und bei der Altersfeststellung - wie es jetzt hier heißt - im Zweifel das Kindeswohl im Vordergrund stehen soll. Wir alle wissen genau, dass sich dahinter die Forderung auf Bundesebe ne verbirgt, im Zweifel für die Minderjährigkeit zu entschei den.
Wir freuen uns auch, dass Teilhabe am gesellschaftlichen Le ben ein Grundsatz ist, der den Kommunen nahegelegt wird - in dem Wissen, dass eine Unterbringung in städtebaulich inte grierter Lage, wie es im Landesaufnahmegesetz auch schon einmal formuliert wurde, an die Grenzen der Konnexität stie ße.
Ein letzter Punkt: Informations- und Beratungsangebote für Flüchtlinge sollen laut dem Entschließungsantrag geprüft wer den. Auch das ist ein guter Schritt. Ob aus diesem Schritt eines Tages eine Ombudsstelle werden kann, wird man sehen.
Ein ganz wichtiger Punkt ist aus meiner Sicht noch übrig: die Frage nach dem Recht auf Beschulung. Auch darüber haben wir in diesem Zusammenhang diskutiert. Das gehört inhaltlich nicht hierhin, ist aber auf jeden Fall ein wichtiger Punkt, wenn wir über minderjährige unbegleitete Flüchtlinge reden. Das muss ins Schulgesetz aufgenommen werden, in dem bislang kein Recht auf Beschulung verankert ist. Es muss in unser aller Interesse sein, dass junge Menschen, die hierherkommen und die bei uns üblichen Schuljahre noch nicht absolviert haben, das Recht auf Beschulung erhalten - auch wenn sie über der Altersgrenze sind.
Dem Dank an alle beteiligten Ministerien, konkurrierenden Fraktionen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter usw. schließe ich mich ausdrücklich und gerne an. Ich denke, wir werden noch manches gemeinsam zuwege bringen.
Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Derzeit sind etwa 1 200 der avisierten 2 000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Land - das ist schon eine er quickliche Zahl. Täglich werden es mehr. Derzeit verläuft die Verteilung der Jugendlichen auf die unterschiedlichen Stati onen im Land Brandenburg ganz gut.
Mein großes Dankeschön geht heute insbesondere an die Frak tionen von Grünen, Linken, CDU und SPD sowie an die Grup pe BVB/FREIE WÄHLER, die den Entschließungsantrag un terstützt, für die zügige Einbringung und Verhandlung dieses Antrags und dieses Gesetzentwurfs. Ich habe gemerkt, dass es Ihnen nicht darum geht, ein Bundesgesetz zu erfüllen, sondern darum, eine menschliche Aufgabe zu erfüllen, nämlich dafür zu sorgen, dass die Jugendlichen, die vor Verfolgung und Ver treibung geflohen sind, hier eine neue Heimat finden. Das ist uns und auch Ihnen - das hat man gemerkt - extrem wichtig. Sie haben mit uns an einem Strang gezogen und gesagt: Wir wollen schnell daran arbeiten und das als Landtag einbringen. So konnten wir uns den langen Weg über die Regierung sparen.
Das Spektrum derjenigen, die hierherkommen, ist breit: Mitun ter sind es Kinder; aber auch viele Jugendliche sind dabei. Das Durchschnittsalter liegt bei 16 Jahren. Das Spektrum der 16- bis 17-Jährigen ist ebenfalls breit: Manche sind Analphabeten, andere haben ihr Abitur in der Tasche. All das muss man hier erst einmal aufnehmen und dann in der Tat, Frau von Halem, sehen, wie es weitergeht.
Es besteht übrigens auch für diejenigen, die hierherkommen, Schulpflicht. Bis zum Alter von 18 Jahren gilt zumindest die Berufsschulpflicht. Wenn sie danach einen Ausbildungsvertrag bekommen, haben sie bis zum Ende der Ausbildung wieder das Recht auf Schule; das räumen wir ihnen ein. Wenn wir damit
nicht weiterkommen, müssten wir über eine Erweiterung der Schulpflicht bis zum Alter von 20 oder 21 Jahren nachdenken. Aber von einer Verweigerungshaltung merke ich zurzeit nichts, ganz im Gegenteil: Die jungen Leute, die hierherkommen, sind hochmotiviert und wollen etwas. Sie sind nicht Tausende Kilo meter geflohen und barfuß, in Sandalen über Stock und Stein gestolpert, um hier auf der faulen Haut zu liegen. Das tun sie nicht; das merkt man ihnen an. Sie wollen möglichst schnell Deutsch lernen und dann weitermachen. Insofern habe ich kei ne große Angst, dass wir am Schulgesetz hinsichtlich der Pflicht oder des Rechts auf Schule etwas ändern müssen. Sollte es so sein, wäre ich dazu aber bereit.
Vorgaben für ein landesweites Clearing können wir momentan nicht machen. Ich habe viele Einrichtungen besucht und weiß: In der Regel dienen normale Kinderheime der Erstaufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Das wird so nicht weitergehen können; die verfügbaren Plätze werden dafür nicht ausreichen. Wir haben derzeit an Schulen und Kindergär ten um die 2 bis 3 % Flüchtlingskinder. Jedoch wissen wir, dass 2 000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kommen werden, die dann 4 100 Kindern gegenüberstehen, die schon in den Heimen sind; das ist schon fast die Hälfte. Wir können sie beim besten Willen nicht in den jetzigen Strukturen unterbrin gen. Es ist angezeigt, auf Familien zuzugehen, betreutes Woh nen und ähnliche Angebote zu schaffen. Die Jungs und Mädels, die ich kennengelernt habe, sind durchaus in der Lage, damit klarzukommen - nach einer Eingewöhnungszeit und unter sozialpädagogischer Betreuung. All das muss ein gutes Clearing bringen.
Ich möchte allen Fraktionen, möchte dem Bündnis danken, auch den Mitarbeitern der Verwaltung und vor allem denen, die in der Landesverteilstelle Tag und Nacht am Telefon sitzen und sich die Ohren heiß telefonieren, um zu klären: Wer kann nachts oder abends um 20 Uhr noch schnell Kinder aufneh men? Wer kann da und da ein paar Mädchen unterbringen? Das ist eine Herkulesaufgabe. Genauso ist es bei den Jugendämtern, die jetzt Gewehr bei Fuß stehen und Sonderschichten leisten müssen, um die Jungs und Mädels zu verteilen. Ich habe große Achtung vor dem, was die Beteiligten da leisten. Ich hätte nicht gedacht, dass das so gut klappt; aber es klappt derzeit wirklich noch ganz gut. Ein großes Dankeschön!
Als Erstes rufe ich die Beschlussempfehlung und den Bericht in Drucksache 6/3081, Änderungsgesetz zum Ersten Gesetz zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe, zur Abstimmung auf. Wer möchte der Be schlussempfehlung und dem Bericht zustimmen? - Gibt es Ge genstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Enthal tungen ist das Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.
Als Zweites rufe ich den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER in Drucksache 6/3204, Neudruck - Für eine gute Unterbringung und zügige Integrati
on von minderjährigen Flüchtlingen - zur Abstimmung auf. Wer möchte diesem Entschließungsantrag zustimmen? - Ge genstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Enthal tungen ist der Entschließungsantrag angenommen.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! In 2. Lesung beraten wir heute über das Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes und des Landes beamtengesetzes. Dazu liegen uns eine Beschlussempfehlung und ein Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommunales vor; darin wird die Zustimmung zum Gesetz empfohlen.
Die Debatte über die vorgeschlagene Gesetzesänderung war relativ überschaubar. Die vorgeschlagene Aufhebung der Höchstaltersgrenzen für die Wählbarkeit sowie für die Amts ausübung war weitgehend unumstritten, die angehörten kom munalen Spitzenverbände haben zugestimmt. Demnach soll zukünftig die auf die Vollendung des 62. Lebensjahres festge legte Höchstaltersgrenze für die Wählbarkeit zur hauptamt lichen Bürgermeisterin oder zum hauptamtlichen Bürgermeister sowie zur Landrätin oder zum Landrat entfallen. Entspre chend soll die bisherige Regelung, nach der die genannten Personen spätestens mit Ablauf des Monats, in dem sie das 70. Lebensjahr vollenden, in den Ruhestand treten müssen, entfallen.
Meine Damen und Herren! Nicht einig waren sich der Land kreistag Brandenburg und der Städte- und Gemeindebund je doch bei der Bewertung der vorgeschlagenen Absenkung des Mindestalters für die Wählbarkeit zum hauptamtlichen Bürger meister oder zum Landrat: Der Landkreistag hat auch dieser Änderung zugestimmt und darin eine begrüßenswerte Erweite rung der kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten gesehen. Er hat darauf hingewiesen, dass in anderen Bundesländern Ge setzesänderungen gleicher Art bereits umgesetzt worden sind und dort keine negativen Erfahrungen gemacht wurden. Der Städte- und Gemeindebund dagegen hat die beabsichtigte He rabsetzung des Mindestalters von 25 auf 18 Jahre nicht befür wortet. Er hat erhebliche Bedenken vorgetragen: Insbesondere wurde infrage gestellt, ob die für die erfolgreiche Amtsaus
übung bestehenden Anforderungen an die Persönlichkeit - per sönliche Reife, Führungskompetenz, Lebenserfahrung - im Al ter von 18 Jahren überhaupt erfüllt werden können. Es sei da her die Gefahr zu sehen, dass mit einer Herabsetzung des Min destalters die Aufgabenerfüllung der Kommunen durch struk turelle Defizite der Führungskräfte erschwert oder gar gefähr det wird. Der Städte- und Gemeindebund hat allerdings nicht dargelegt, was ihn davon ausgehen lässt, dass all die gefor derten Kompetenzen ab einem Alter von 25 Jahren quasi auto matisch biologisch gegeben sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer 18 Jahre alt ist, kann in den Deutschen Bundestag und den brandenburgischen Landtag, als ehrenamtliche Bürgermeisterin oder ehrenamt licher Bürgermeister sowie als Mitglied der kommunalen Ver tretung gewählt werden. Ich teile die Ansicht, dass die Bürge rinnen und Bürger, mithin die Wählerinnen und Wähler sehr wohl in der Lage sind, einzuschätzen, ob eine 23-jährige Be werberin oder ein 19-jähriger Bewerber für ein herausragendes Amt geeignet ist - nur dann werden sie diese Person wählen. Auch die Wahlvorschlagträger werden sich gut überlegen, wel che Kandidatinnen und Kandidaten mit welchen persönlichen, sozialen und Führungskompetenzen sie ins Rennen schicken.
Der Innenausschuss hat sich mit den vom Städte- und Gemein debund vorgetragenen Bedenken auseinandergesetzt, folgt ih nen im Ergebnis jedoch nicht. Ich bitte daher um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf. - Vielen Dank.