Protocol of the Session on December 17, 2015

Bislang beschränkte sich die Polizei dabei auf die Ortung von Handys und die Fahndung nach Kennzeichen. Sie hat bislang weder in Telefonverbindungen eingegriffen noch die spezi fische Kennung von Mobiltelefonen ermittelt. Das veranlasste nun einige Abgeordnete der Opposition zu der Forderung, die se Möglichkeiten ersatzlos zu streichen, da sie ja offensichtlich nicht gebraucht würden. Dies jedoch ist ein Irrtum; das zeigen allein die vergangenen Wochen.

Wir leben in einer Zeit, in der sich Attentäter zu Anschlägen verabreden und Autos als Tatmittel oder Fluchtfahrzeug benut zen. Ich rede von Europa, von Frankreich, von Paris, also von unseren direkten Nachbarn. Auch in Deutschland - das sagte ich gestern bereits - haben wir eine hohe abstrakte Gefährdung. Deshalb ist höchste Wachsamkeit vonnöten und sind auch be stimmte Befugnisse für unsere Polizei unabdingbar. Dazu ge hört auch die Möglichkeit, Telefonate abzuhören, Telefonver bindungen zu unterbrechen oder die Kennung von Mobiltele fonen zu ermitteln.

Die Befugnisse sind kein Garant dafür, dass solche schreck lichen Anschläge wie jüngst in der französischen Hauptstadt grundsätzlich ausgeschlossen oder verhindert werden können. Aber sie sind ein probates Mittel, um es wenigstens zu versu chen. Mit diesen Mitteln kann es der Polizei gelingen, Ge fahren abzuwenden und letztendlich Menschenleben zu retten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht hier um Be fugnisse, die der Polizei schon vor neun Jahren eingeräumt wurden. Sie haben sich über diese vielen Jahre bewährt, gleich wohl gilt per Gesetz noch eine Befristung. Es ist an der Zeit, denke ich, die Befristung aufzuheben und die Befugnisse dau erhaft gesetzlich festzuschreiben. Das sollte nach den durch weg positiven Erfahrungen ein Gebot der Vernunft sein.

Den berechtigten Anspruch der Bürger auf Wahrung ihrer Grundrechte wird die Polizei selbstverständlich stets berück sichtigen. Die Ausübung wird auf das Notwendigste beschränkt und bestmöglich kontrolliert. Dafür sorgt auch der Änderungs antrag der Koalitionsfraktionen.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, diesen Ände rungsantrag anzunehmen sowie die Entfristung vorzusehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Damit schließe ich die Aussprache. Wir kom men nun zur Schlussabstimmung über die Beschlussempfeh lung und den Bericht über das Elfte Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes, die Ihnen in der Drucksa

che 6/2962 vorliegen. Ich darf Sie fragen: Wer möchte dieser Beschlussempfehlung und dem Bericht zustimmen? - Gibt es Gegenstimmen? - Vier Gegenstimmen. Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist das Gesetz in 2. Lesung verab schiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungs punkt 7 auf:

Gesetz zur Änderung des Ersten Gesetzes zur Ausfüh rung des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU der Fraktion DIE LINKE der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 6/2920

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport

Drucksache 6/3081

Zudem liegt in der Drucksache 6/3204 - Neudruck - ein Ent schließungsantrag der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion, der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN und der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER vor.

Die Aussprache wird von der SPD-Fraktion eröffnet. - Herr Abgeordneter Günther, bitte schön.

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter den vielen gegenwärtig zu uns kommenden Flüchtlingen verdient eine Gruppe ganz besondere Aufmerksamkeit: Min derjährige, die allein hier ankommen oder die Flucht in Beglei tung von Freunden, Verwandten oder Bekannten geschafft ha ben, jedenfalls von Personen, die ihnen gegenüber nicht sorge berechtigt sind.

Fanden bisher nur sehr wenige Minderjährige ohne Sorgebe rechtigte den Weg nach Brandenburg - jährlich maximal 100 -, wird zukünftig mit rund 2 000 solcher Kinder und Jugend lichen gerechnet. Das ist eine völlig neue Herausforderung für die Jugendämter, die Jugendhilfeträger, die Landkreise und für uns alle im Land. Angesichts der Anhörung im Bildungsaus schuss und angesichts des Gesetzentwurfs, des Änderungsan trages und des gemeinsamen Entschließungsantrages von vier Fraktionen und der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER bin ich sehr froh, dass fast alle diese Herausforderung stemmen wol len.

Die Jugendämter der Landkreise haben schon Vorarbeit geleistet und seit Anfang November auch minderjährige Flüchtlinge aufgenommen. Jetzt ziehen wir mit dem vorliegenden Gesetz gebungsprozess nach und geben Antwort auf die Frage: Wie können wir diese neue Herausforderung stemmen?

An dieser Stelle gebührt der herzliche Dank ausdrücklich den beteiligten Fraktionen und der Gruppe, die an einer zügigen In kraftsetzung der Gesetzesänderung mitgearbeitet haben. Wir werden damit erst einmal Rechtssicherheit haben. Zudem wer den die Jugendhilfeträger rückwirkend die Erstattung vom Land erhalten.

Nach der Anhörung haben wir gemeinsam dort nachjustiert, wo wir erstens zuständig sind - schließlich handelt es sich hier um die Ausführung eines Bundesgesetzes - und es uns zweitens als Fraktionen und Gruppe besonders dringend erschien. Die am häufigsten diskutierte Frage war die nach der medizi nischen Untersuchung. Auf der einen Seite sollte es natürlich die gleiche Qualität wie bei den erwachsenen Flüchtlingen sein, auf der anderen Seite wollte aber niemand die Jugend lichen dafür durchs Land und vielleicht noch zu mehreren Ärzten reisen lassen. Außerdem sollen die in Obhut genom menen Jugendlichen umfassend informiert und beteiligt wer den, was auch explizit im Gesetz stehen soll.

Natürlich werden wir als Bildungsausschuss an dem Thema dranbleiben. Die zugehörige Rechtsverordnung werden wir dann ebenso wie einen umfassenden Bericht über diese große Neuregelung spätestens Ende 2017 beraten.

Was den vier Fraktionen bei diesem Thema noch am Herzen lag, findet sich im Entschließungsantrag wieder. Auf ihn kann ich hier aus Zeitgründen leider nicht eingehen, möchte aber ab schließend folgenden Satz daraus zitieren, der präzise den ge meinsamen Willen formuliert:

„Diesen jungen Menschen“

- also den Flüchtlingen -

„bei uns eine Heimat zu bieten und ihnen trotz ihrer - zum Teil traumatischen - Erlebnisse ein kind- und ju gendgerechtes Aufwachsen zu ermöglichen ist erklärtes Ziel des Landtages.“

Vielen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie vereinzelt CDU)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt die Abge ordnete Augustin. - Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Kollege Thomas Günther hat es in vielen Punkten schon angesprochen: Wenn wir über die Situation von Flüchtlingen sprechen, so meinen wir gerade die Kinder und Jugendlichen, die zudem ohne Erziehungsberechtigten in unser Land kom men, die unsere besondere Fürsorge und Aufmerksamkeit ver dienen. Betreuung, Unterstützung und zum Teil auch familiäre Obhut erfahren diese Kinder und Jugendlichen schon jetzt vor Ort, und zwar durch unsere Sozialbeigeordneten, die vielen Mitarbeiter des Jugendamtes, die vielen freiwillig Engagierten und manchmal auch Paten oder Pflegefamilien. Wir möchten

diesen vielen Menschen, die sich engagieren, an dieser Stelle auch einmal danke sagen.

(Beifall CDU, SPD und der Abgeordneten Schülzke [BVB/ FREIE WÄHLER Gruppe])

Sehr geehrte Damen und Herren, mit der Anhörung im Bil dungsausschuss wurden uns noch einmal wichtige Hinweise gegeben, die durch den Änderungsantrag sehr gut Einfluss auf den Gesetzentwurf genommen haben. Wir freuen uns - Herr Günther hat es schon gesagt -, dass wir über vier Fraktionen hinweg zu einer raschen Einigung gekommen sind.

Uns ist sicherlich bewusst, dass wir - wenn es um das Thema Flüchtlinge geht - unsere Beschlüsse und Gesetze auch auf Praktikabilität, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit überprüfen müssen. Ich weiß - auch das hat Herr Günther schon angespro chen -, dass auf Kreisebene manche Bedenken weiterhin beste hen. Das ist das bereits Erwähnte - die medizinischen Untersu chungen -, aber auch die Frage, wie genau die Kostenabrech nung zwischen Land und Kreis funktionieren wird.

Trotzdem ist es richtig und wichtig, das Gesetz jetzt so zu be schließen. Es ist gut, dass es spätestens in zwei Jahren eine Evaluation vorsieht. Ich würde mir wünschen, dass sich der ko operative Geist, dem wir das rasche Entstehen dieses Gesetzes verdanken, auch auf seine Anwendung überträgt.

Mit vielen Vorhaben, die aus der Flüchtlingssituation entste hen, betreten wir komplettes Neuland. Es ist selbstverständ lich, dass wir auch immer wieder neue Aspekte berücksichti gen müssen. Insofern bin ich auch dankbar, dass wir in den ge meinsamen Entschließungsantrag das Modell der Gastfamilie, das in Trier bereits angewandt wird, als Prüfauftrag übernom men haben.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Hier können wir von den Erfahrungen aus anderen Bundeslän dern profitieren. Da jedes Kind einzigartig, individuell ist, kann die Obhut einer Familie, wenn es die traumatischen Er fahrungen zulassen, von Beginn an die geeignetste Unterbrin gungsform für diese Kinder und Jugendlichen sein.

(Beifall CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, zum Schluss möchte ich auch den Kolleginnen und Kollegen in den Fraktionen meinen Dank für die wirklich konstruktive Zusammenarbeit ausspre chen. Zudem möchte ich unseren Fraktionsreferenten, die un ter Hochdruck und sehr engagiert zusammengearbeitet haben, und nicht zuletzt Herrn Hilliger sowie weiteren Mitarbeitern des Bildungsministeriums dafür danken, dass wir gemeinsam zu einem solch schnellen und guten Ergebnis kommen konn ten.

Auch der gemeinsame Entschließungsantrag, der einige we sentliche Punkte enthält, die uns allen am Herzen lagen, spie gelt den großen Konsens wider. Insofern erübrigt sich der Hin weis, dass wir den gemeinsamen Anträgen selbstverständlich zustimmen werden. - Danke schön.

(Beifall CDU und SPD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abge ordnete Johlige. - Bitte.

Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Auch wenn dies ein Gesetz ist, das wir aufgrund der Dringlich keit sehr schnell bearbeiten mussten, so haben wir es doch sehr gründlich beraten.

Dem bei der Anhörung im Ausschuss zutage getretenen Ände rungsbedarf - beispielsweise bei der gesundheitlichen Erstun tersuchung - tragen wir mit der Beschlussempfehlung Rech nung. Zudem verankern wir im Gesetz eine Evaluierungsklau sel, die uns in die Lage versetzt, regelmäßig zu prüfen, ob die getroffenen Regelungen fach- und sachgerecht sind. Vor allem bei einem solch sensiblen Bereich wie der Unterbringung, Versorgung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge ist dies angezeigt. Es ist auch deshalb angezeigt, da deutlich mehr Kinder und Jugendliche zu uns kommen werden als bisher und damit alle Akteure im Land sowie in den Landkreisen und kreisfreien Städten auch ein Stück Neu land betreten und aktuell unter Hochdruck geeignete Struk turen aufbauen.

Mit diesem Gesetz gehen wir den ersten Schritt. Weitere Schritte sind im Entschließungsantrag vorgezeichnet. So ist die Entwicklung fachgerechter und landeseinheitlicher Standards für das Clearing-Verfahren eine wichtige Aufgabe der kom menden Monate, die die Akteure der Jugendhilfe gemeinsam zu leisten haben.

Auch auf Bundesebene wird es darauf ankommen, den nun ge gebenen Rahmen weiterzuentwickeln. Es bedarf hier einheit licher Standards vor allem im Bereich der Alterseinschätzung. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass wir als Linke die begleitende Verhaltensbeobachtung durch geschultes Fach personal während der Clearing-Phase für das sinnvollste Ver fahren halten. Bei allen Verfahren der Alterseinschätzung wird in Einzelfällen eine Restunsicherheit bleiben. Hier stehen wir klar zu dem Grundsatz „im Zweifel für die Minderjährigkeit“.

Meine Damen und Herren, diese Kinder und Jugendlichen be dürfen unseres besonderen Schutzes. Zugleich sind vor allem sie - weil sie ihre Familie verloren haben - auf Integration an gewiesen. Deshalb ist es richtig, dass wir mit dem Entschlie ßungsantrag darauf hinwirken, bestehende Sozialbindungen - ob nun zu Verwandten oder auch zu anderen Kindern und Ju gendlichen, beispielsweise durch eine gemeinsame Fluchter fahrung - besonders zu berücksichtigen. Es ist auch richtig zu betonen, dass bei der Unterbringung die Möglichkeit der ge sellschaftlichen Teilhabe beachtet werden soll. Deshalb ist es auch richtig, dass wir prüfen werden, welche Modelle für die Integration in Familien fachlich geeignet sind.

Meine Damen und Herren, auch ich möchte es nicht versäu men, mich für die Zusammenarbeit der vergangenen Wochen zu bedanken. Ich bin sehr froh, dass es den demokratischen Fraktionen gemeinsam mit der Gruppe BVB/FREIE WÄH LER trotz der Eile gelungen ist, mit großer Ernsthaftigkeit und unter Einbeziehung umfassenden externen Sachverstands die