Ihre Beschlussempfehlung, meine Damen und Herren von der Koalition, wird an der Realität scheitern. Sie wollen jetzt Voll zugshinweise für die unteren Landesbehörden erarbeiten, in denen darauf hingewiesen wird, dass nach dem Gebührenge setz auf Gebühren verzichtet werden kann, wenn es sich um eine Leistung im besonderen öffentlichen Interesse handelt. Glauben Sie wirklich, dass die Landkreise freiwillig auf die Einnahmen aus Gebühren für die Trichinenuntersuchung bei Frischlingen verzichten, wenn ihnen die Ausgaben nicht von anderer Stelle ersetzt werden? Es ist doch die Kommunalauf sicht, die als erste an die Tür der Landkreise klopft und sie da ran erinnert, dass bei Gebührenverzicht mögliche Einnahmen entfallen. Schon aus diesem Grund läuft Ihr Beschluss ins Lee re.
Wenn die Jäger nicht von der Gebühr für die Trichinenuntersu chung befreit werden, werden sie kaum noch Frischlinge stre cken, denn kostendeckend ist die Sache nicht. Das ist auch nicht eigentlicher Sinn und Zweck der Jagd, sondern unsere Jäger haben einen naturschutzrelevanten Auftrag.
Ein Rechenbeispiel soll die Situation verdeutlichen: Ein Ver marktungspreis von 2 Euro pro Kilogramm würde einem Jäger ungefähr 40 Euro Umsatz pro erlegten Frischling bringen. Da von müssen Sie abziehen: Trichinenschaugebühren zwischen 4
und 10 Euro - je nach Landkreis -, Kosten für die Pacht des Reviers, landwirtschaftliche Unfallversicherung, Hegemaßnah men, Diesel und Munition. Diese Positionen senken den Wert des erlegten Wildbrets schnell auf null. Es ist also unsere Auf gabe, eine Motivation zu schaffen, zusätzlich Frischlinge abzu schießen.
Selbst die Landesregierung gibt in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Kollegin Schwarzenberg zu, dass einer kontinuier lichen Bejagung des Schwarzwildes bei der Prävention der Afrikanischen Schweinepest eine zentrale Bedeutung zukommt. Minister Vogelsänger führt in seiner Antwort weiter aus: Dies gilt insbesondere für die Bejagung von Frischlingen. Vor dem Hintergrund der hohen jährlichen Zuwachsraten von Schwarz wildbeständen und einer zur Verminderung von Wildschäden angestrebten Bestandsminderung sollten zumindest 80 % eines Frischlingsjahrgangs entnommen werden.
Die 300 000 Euro, die die Forderung nach einer Gebührenbe freiung der Jäger das Land jährlich kosten würde, könnten Sie doch aus dem Topf nehmen, aus dem bislang der Zaunbau im Landeswald finanziert wird, denn auf den wird ja zukünftig verzichtet. Ihre unnütze und wirkungslose Beschlussempfeh lung lehnen wir ab. - Vielen Dank.
Das war ein langer Schlusssatz. Vielen Dank. - Wir kommen zur nächsten Rednerin. Zu uns spricht die Abgeordnete Schwar zenberg für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es besteht Konsens, dass wir uns vor der Afrika nischen Schweinepest schützen müssen. Eine Reduzierung des Wildschweinbestandes wäre sicherlich wünschenswert, nicht nur wegen der Tierseuchenprävention. Ich denke, es gibt auch andere Gründe, sich das zu wünschen.
Übrigens kann im Moment niemand die Frage beantworten, was für Deutschland bzw. Brandenburg eine akzeptable Wild schweindichte wäre. Von der CDU wird eine Gebührenbefrei ung vorgeschlagen. Sie soll den Jäger motivieren, mehr Schwarzwild zu erlegen. Die Frage ist: Stehen Aufwand und Nutzen der vorgeschlagenen Gebührenbefreiung für Trichinen untersuchungen in einem sinnvollen Verhältnis?
Die Anhörung hat gezeigt: Die Gebührenerstattung ist mit ei nigem Aufwand verbunden, und zwar so sehr, dass die Land kreise die Organisation nicht übernehmen möchten. Dahinter verbergen sich auch ganz praktische Fragen: Wie kann denn nachgewiesen werden, dass die Probe von einem Frischling un ter 20 Kilogramm stammt? Wie werden Zeiten drohenden Aus bruchs der Afrikanischen Schweinepest definiert? Wie soll die Abrechnung der Gebühr zwischen dem Land und der Trichinen untersuchungsstelle erfolgen? Wer legt die Höhe der Gebühr fest? Schließlich muss man noch sagen, dass strukturelle Mehr kosten für das Land in Höhe von 300 000 Euro anfallen werden.
Was wäre der Nutzen? Da hilft ein Blick nach Bayern. Dort gab es in den letzten Jahren das Projekt „Brennpunkt Schwarz
wild“, in dem alle Möglichkeiten ausgelotet wurden, die Jagd strecke zu vergrößern. Aus dem Abschlussbericht möchte ich zwei Zitate anführen:
„Die Reduktion oder gar Abschaffung der Trichinenun tersuchungsgebühren stellen aber keinen ausreichenden Anreiz dar, um frühzeitig in die Frischlingsklasse einzu greifen.“
„Leider hat sich der Modellversuch, der sich in erster Li nie als Beitrag des Landkreises zur Seuchenprävention und zur Stützung der heimischen Landwirtschaft ver stand, nicht bewährt. Zum einen war keine signifikante Steigerung bei den Frischlingsabschüssen festzustellen, und zum anderen wurde die angebotene und sehr unbüro kratisch gestaltete Rückerstattung nur von einer geringen Anzahl der Revierinhaber in Anspruch genommen.“
Es war also eine gutgemeinte Aktion, aber das Ziel wurde ver fehlt. Vor diesem Hintergrund sind Aufwand und Kosten nicht zu rechtfertigen.
Wir haben in der Anhörung aber auch interessante Beispiele gehört, wie Trichinenuntersuchungen besser organisiert wer den können, beispielsweise aus Teltow-Fläming, wo Mitarbei ter der Kreisverwaltung den Probentransport übernehmen kön nen. An dieser Stelle wollen wir einen Informationsaustausch und entsprechende Hinweise durch das Ministerium für die Landkreise sicherstellen.
Schließlich muss man sagen, dass jeder Kreis frei entscheiden kann, ob er eine Gebührenbefreiung für sinnvoll hält. Übrigens wird das auch in Hessen so gehandhabt, dem einzigen Bundes land mit Gebührenbefreiung. Dort werden die Kosten nicht vom Land erstattet.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Gäste! Vor uns liegen nun die laue Beschlussempfehlung des Ausschusses für Europangelegenheiten, Entwicklungspolitik und Verbrau cherschutz und der Antrag der CDU-Fraktion „Schutz vor Afri kanischer Schweinepest intensivieren und Gebühren für Trichi nenuntersuchungen für Schwarzwild aussetzen“.
Das Problem ist, dass die Afrikanische Schweinepest massiv die Schweinehaltung in Brandenburg und damit unsere Land wirte gefährdet. Denn bekommt ein Schwein in einer der groß en oder kleinen Anlagen in Brandenburg, von denen wir ja nicht gerade wenig haben, diese Form der Schweinepest, muss der ganze Bestand gekeult werden. Den wirtschaftlichen Scha den kann sich jeder vorstellen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete der Koalitionsfrakti onen, was haben Sie sich bei dieser Beschlussempfehlung ei gentlich gedacht? Mit dieser Beschlussempfehlung schützen Sie doch niemanden vor der Afrikanischen Schweinepest, Sie schützen höchstens das Ministerium vor etwas Mehrarbeit. Glauben Sie wirklich, mit irgendwelchen Vollzugshinweisen zur Trichinenuntersuchung der Afrikanischen Schweinepest entgegenwirken zu können? Was bringt eine Prüfung der Vor- und Nachteile der Zulassung einer kleinen Kugel? Aber hier gilt wohl: Wer prüft, muss zumindest nichts entscheiden. Ich frage mich: Wieso haben wir überhaupt eine Anhörung durch geführt, wenn die Landesregierung dann doch wieder nur prü fen soll?
Fangen Sie doch einfach mit der Besetzung der freien Stellen im Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes an. Wenn das getan ist, können Sie die Gebührenordnung des Mi nisteriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz so abändern, dass die Jäger in allen Landkreisen Brandenburgs eine einheitliche Gebühr von 5 Euro für die Trichinenuntersu chung zahlen. Das wäre abrechenbar, übersichtlich und ge recht. Vor allen Dingen ist dieses Modell umsetzbar, denn die Aussetzung der Gebühren wäre mit großen Schwierigkeiten verbunden und wahrscheinlich nicht umsetzbar. Meine Damen und Herren, lichten Sie also bitte den Gebührendschungel, denn so helfen Sie den Jägern Brandenburgs am besten bei der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest. Die Jäger sind es schließlich, die die Seuchenprophylaxe in der Hand haben.
Wir haben vorhin gehört, dass es wirksame Medikamente ge gen diese Seuche nicht gibt; insofern bleibt nur die Jagd. Die viel zu großen Schwarzwildbestände sind aber nicht nur ein Problem in Bezug auf die Seuchenprophylaxe, das darf man nicht vergessen, sie schaden zum Beispiel auch unseren Bauern durch die vielen Flurschäden, die sie anrichten.
Schwarzwild muss auch in den Gebieten bejagt werden, in de nen es jetzt noch nicht bejagt werden darf, auch wenn es schwerfällt und manchem tatsächlich weh tut. Schwarzwild ist nicht dumm: Es merkt, wo es gejagt wird und wo nicht, und zieht sich sofort in die Gebiete zurück, in denen es nicht gejagt wird. Dort wird es sich weiter vermehren und irgendwann wie der herauskommen; dann haben wir die gleiche Situation wie vorher.
Unser Entschließungsantrag „Gefahren durch steigende Schwarzwildbestände nicht verkennen“ greift genau dieses Problem auf. Deshalb legen wir Ihnen ans Herz, ihm zuzustim men. - Vielen Dank.
Wir setzen die Aussprache mit dem Abgeordneten Jungclaus fort. Er spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Ab geordnete! Auch wenn die vorherigen Redebeiträge es ein biss chen vermuten lassen: Zum Glück sind wir hier in Branden burg noch nicht so weit, dass wir den Wald vor lauter Wild schweinen nicht sehen. Dennoch ist der hohe Wildschweinbe
stand in Brandenburg nicht unproblematisch und gilt zu Recht als einer der Risikofaktoren für die Ausbreitung der Afrika nischen Schweinepest.
Im Agrarausschuss hat die Expertenanhörung allerdings auch deutlich gemacht, dass sich diese Krankheit derzeit nicht nach Westen ausbreitet, sondern auf Ostpolen und das Baltikum konzentriert. Das sollte uns nicht davon abhalten, aktiv zu wer den, und nicht dazu verleiten, die Hände in den Schoß zu legen und einfach abzuwarten, bis das erste infizierte Wildschwein vor der Haustür steht.
Die Zielrichtung des CDU-Antrags ist für uns aber zu kurz ge griffen, und Sie machen es sich auch etwas zu leicht. Sie wol len einfach nur die Landesschatulle öffnen, um den Jägerinnen und Jägern die Gebühren für die Trichinenuntersuchung zu erstatten. Dabei ist noch nicht einmal die zentrale Frage Ihres Antrags - wie Sie die Zeit eines drohenden Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest definieren - geklärt. Ist das Ihrer Ansicht nach jetzt schon der Fall oder erst, wenn der erste Nachweis 50 Kilometer vor der brandenburgischen Grenze er folgt?
Dass sich der Abschuss von Frischlingen derzeit schlichtweg nicht lohnt, hat die Jägerschaft ebenfalls deutlich herüberge bracht. Ebenso interessant war, zu erfahren, dass die Gebühren zwischen den Landkreisen extrem voneinander abweichen: Teilweise liegen sie doppelt so hoch wie im Nachbarkreis. Deshalb halten wir es für sinnvoll, dass hier ein Erfahrungsaus tausch organisiert wird, um die Gebühren in allen Landkreisen auf ein Mindestmaß zu senken.
Die Experten haben auf eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten hingewiesen, den Wildschweinbestand in Brandenburg zu re duzieren. Hierzu zählen beispielsweise der verstärkte Abschuss von Bachen und Leitbachen sowie die strikte Einhaltung des im Jagdgesetz verankerten Fütterungsverbotes. Auch die Anla ge von Jagdschneisen in großen Maisschlägen wurde als eine wichtige Maßnahme benannt; schließlich stehen Maisfelder bei Wildschweinen als Futterparadies wie auch als Versteck hoch im Kurs.
Wir halten es deshalb für den besseren Weg, nicht nur an den Symptomen herumzudoktern, sondern einen umfassenden Maß nahmenplan zu erarbeiten, der eine Vielzahl dieser Aspekte aufgreift und mit Jagdverbänden sowie unteren Behörden ab gestimmt wird. Hierbei gilt es dann aber auch, Finanzierungs quellen jenseits des Landeshaushaltes einzubeziehen.
Leider wurden unsere entsprechenden Vorschläge im Aus schuss nicht berücksichtigt. Die von SPD und Linken in ihrer Beschlussvorlage vorgelegten Maßnahmen gehen unserer Auf fassung nach in die falsche Richtung. Mit der Aufforderung an die Landkreise, bei Bedarf von einer Gebührenbefreiung Ge brauch zu machen, schieben Sie den Schwarzen Peter letztend lich nur weiter. Wir werden die Beschlussempfehlung deshalb ablehnen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der CDU wurde von einer Anhörung begleitet. Dort waren sehr unterschiedliche Interessenverbände anwesend. Man konnte sehr wohl anhand der Aussagen der Vertreter fest stellen, dass es bei weitem nicht zu allen Dingen eine einheit liche Auffassung gibt. Deswegen lassen Sie mich auf die wich tigsten Dinge hinweisen:
Das Hauptrisiko der Einschleppung des Erregers der Afrika nischen Schweinepest besteht im Eintrag von kontaminierten Tieren und Tierbestandteilen durch Lkw-Verkehr, Pkw-Verkehr und Warenverkehr und nicht durch die Wanderung der Schwei ne. Wir überwachen das seit einem Jahr sehr gewissenhaft. Was stimmt, ist, dass die Intensität der Afrikanischen Schweinepest in den baltischen Republiken und in Nordwestpolen drastisch zugenommen hat. Das Monitoring besagt aber gleichzeitig, dass es keinerlei Westwärtsbewegung gegeben hat.
Alle, die sich mit Tierseuchenverhältnissen auskennen, sagen, dass es keinen gesicherten Zusammenhang zwischen Wild schweindichte und Ausbreitungsdynamik gibt. Natürlich - das ist eine Binsenweisheit - wäre bei einem kleineren Tierbestand die Wahrscheinlichkeit einer Direktübertragung von Tier zu Tier geringer.
Im vergangenen Jagdjahr vom 01.04.2014 bis zum 31.03.2015 sind - ich habe diesbezüglich meinen Kollegen Vogelsänger befragt - ca. 70 000 Wildschweine erlegt worden. Sie können nun natürlich sagen: Das Land will sich hier einen schlanken Fuß machen, weil es nicht bezahlen will. Wer kommunale Selbstverwaltung will, der muss dann auch mit ihren Folgen leben. Nach § 20 Nr. 2 Gebührengesetz können die Landkreise eine Gebührenreduktion oder -erhöhung genehmigen. Das ob liegt ihrer Zuständigkeit. Dann muss man diese Forderung eben an die Landkreise herantragen.
Was stimmt, ist - Kollegin Schwarzenberg hat es schon ge sagt -, dass in Bayern der Erlass zur Befreiung von Gebühren für Trichinenuntersuchungen bzw. die Erstattung der Kosten bei Wildschweinen unter 20 kg nicht dazu geführt hat, dass mehr Tiere gejagt worden sind. Insofern ist diese Problematik Teil eines Gesamtkomplexes. Dazu gehören auch die Vor- und Nachteile der Zulassung einer kleinen Kugel. Wir haben uns mit dem Kollegen Vogelsänger - sein Ministerium ist als oberste Landesbehörde zuständig - verständigt, dass von seiner Seite Vorschläge erarbeitet werden. Es gibt also einen ganzen Katalog, den man betrachten muss, und nicht die eine Variante. Daher machen wir das so. Das Wichtigste ist, dass kontinuier lich ein Monitoring durchgeführt wird.
Ferner ist die Problematik der Besetzung der Stelle des Landestierarztes angesprochen worden. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass bei Besetzungsverfahren die Wahrscheinlichkeit von Kon kurrentenklagen generell drastisch erhöht ist. Demzufolge ist es besser, im Vorfeld möglichst alle Tatbestände, die zu einer Kon kurrentenklage führen können, auszuräumen. Ich kann Ihnen sa gen, dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Januar die Ent scheidung über die Besetzung fällt und die Stelle mit relativ ho her Wahrscheinlichkeit im Februar besetzt wird. - Danke.
Ich schließe die Aussprache, und wir kommen zu den Abstim mungen. Ich rufe zunächst den Änderungsantrag in der Druck sache 6/3213 der AfD-Fraktion auf. Ich darf Sie fragen: Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? - Gibt es Gegen stimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Änderungs antrag abgelehnt.
Ich rufe die Beschlussempfehlung und den Bericht in der Drucksache 6/3168 - Schutz vor Afrikanischer Schweinepest intensivieren und Gebühren für Trichinenuntersuchungen für Schwarzwild aussetzen - auf. Wer möchte der Beschlussemp fehlung und dem Bericht zustimmen? - Gibt es Gegenstim men? - Stimmenthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen.