Protocol of the Session on April 30, 2015

(Lachen AfD)

Ich denke - das möchte ich uns allen mitgeben -, dass wir alle hier Ombudsleute in unseren Wahlkreisen sind, wenn es um die Rechte von Kindern geht. In meinem Wahlkreisbüro liegt ein ganzer Karton mit den schönen kleinen blauen Broschüren „Kinderrechte“. Das können sich Kinder bei mir abholen, und davon wird auch Gebrauch gemacht. Ich denke, jeder, jede von uns sollte unbedingt versuchen - korrespondierend mit dem Prinzip des Genderns -, alles, was wir hier beschließen, mit den Augen von Kindern zu sehen, zumindest aber hinsichtlich Nachhaltigkeit und Enkeltauglichkeit überprüfen. Das ist unsere originäre Aufgabe, dazu sind wir per Verfassung verpflichtet. Trotz alledem denke ich, unser großer Koalitionspartner mag Beauftrage, Beiräte und Ähnliches nicht so sehr. Wir werden also noch eine pädagogische Aufgabe miteinander zu lösen haben.

(Beifall des Abgeordneten Burkardt [CDU])

Ich glaube schon, dass wir noch in dieser Legislatur vielleicht nicht zu einem Beauftragten, schon gar keinem ehrenamtlichen, aber zumindest zu einer Verabredung, wie wir in unseren Verfahren mit Beauftragten und ähnlichen Dingen bezogen auf die Rechte von Kindern umgehen, kommen sollten. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Danke. - Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich Seniorinnen und Senioren von der Arbeiterwohlfahrt Prenzlau. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Als Nächste spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Nonnemacher.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste aus Prenzlau! In ihrem Koalitionsvertrag setzt sich die Lan

desregierung für die nächsten Jahre das Ziel: Kein Kind zurücklassen! Brandenburg beugt vor. - Dieses Ziel liegt auch uns am Herzen, und auf dem Weg dorthin möchten wir heute einen Vorschlag zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes einbringen. Die Landesregierung sieht zentrale Bausteine des Kinderschutzes in den Bildungschancen, der guten gesundheitlichen Versorgung, der Gewaltprävention und dem wirtschaftlichen Wohlergehen, insbesondere der Familien, in denen Kinder aufwachsen. Auch hier stimmen wir voller Überzeugung zu und finden, das alles sind Bausteine, die absolut wichtig für das Fundament eines guten und gesunden Lebens sind.

Trotzdem muss ich hier inhaltlich auf meine Rede zur Situation der Familien im Land Brandenburg vom Dezember 2014 verweisen. In dieser habe ich angemerkt, dass die Steigerung der Verfahren zur Kindeswohlgefährdung im Jahr 2013 um fast 10 % besorgniserregend ist. Wie ich gehört habe, ist die Zahl weiterhin steigend. Sicher liegt das nicht ausschließlich an einer realen Zunahme der Vorfälle, sondern auch daran, dass dankenswerterweise mehr Fälle dokumentiert werden. Dennoch zeigt sich, dass wir noch mehr Instrumente für einen umfassenden Kinderschutz brauchen.

Die riesige Resonanz, die die Petition der Deutschen Akademie für Kinder und Jugendmedizin e. V. zur Einsetzung eines Kinder- und Jugendbeauftragten durch den Deutschen Bundestag hervorgerufen hat, motiviert uns, die Forderung der Opposition aus der letzten Wahlperiode hier erneut vorzutragen. Auch viele Jahre nach Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention haben immer noch viele Kinder und Jugendliche unzureichende Chancen, gesund aufzuwachsen und alle Bildungsangebote wahrzunehmen. Dies gilt gerade auch für Flüchtlingskinder und dort insbesondere für die Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge.

Kinderbeauftragte können als unabhängige Ombudspersonen die Interessen und Rechte von Kindern in vielfältiger Weise kommunizieren und vertreten, nicht nur im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren. Sie sind die Anwälte für die Interessen der nachwachsenden Generation. Sie treten für Kinderschutz ein und haben aufgrund der engen Zusammenarbeit mit Institutionen und Verbänden, die sich für die Belange von Kindern einsetzen, einen breiten Überblick über die Zukunftsfragen von Kindern und Jugendlichen. Kinderbeauftragte lassen ihre Expertise in Legislative und Verwaltungshandeln einfließen.

In dieser Aufzählung steckt ein weiterer Baustein für ein belastbares Lebensfundament: Teilhabe. Schon lange setzen wir Grünen uns dafür ein, die Beteiligungsmöglichkeit und die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen altersgerecht auszubauen und zu stärken. Unser Ziel ist, eine echte Möglichkeit der Mitbestimmung für Kinder und Jugendliche in demokratischen Prozessen zu schaffen. Aber gegenwärtig sind Kinder und Jugendliche in der Mitsprache an der Gestaltung ihrer Lebensräume den Erwachsenen gegenüber unterlegen. Ihre spezifischen Interessen werden nicht verbindlich angehört und auch nicht verbindlich erhoben. Damit sind Kinderinteressen bei uns im Land unterrepräsentiert - das sogar besonders oft bei Zukunftsfragen.

Ich nenne hier nur einmal zwei, dafür aber hochaktuelle: eine solide Haushaltspolitik, um unseren Kindern keine Schuldenberge zu hinterlassen, und eine grüne Zukunft durch die Ener

giewende. Kinder und Jugendliche müssen die Erfahrung machen, dass auch Ihre Bedürfnisse gehört und ernsthaft in demokratische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. So wachsen sie zu Erwachsenen heran, die gelernt haben, für ihre Überzeugungen mit demokratischem und tolerantem Handeln einzutreten. Nur mit ihnen gemeinsam können wir den demografischen Wandel meistern und die wirtschaftliche Zukunft auch in den ländlichen Strukturen sichern. „Kein Kind zurücklassen! Brandenburg beugt vor“ - ein schönes, ein wichtiges Programm, das eine Aufwertung durch einen Landeskinderbeauftragten bzw. eine Landeskinderbeauftragte verdient hat.

Liebe Gerrit Große, ich möchte noch eine Bemerkung anschließen: Du weißt, ich habe in unserer Fraktion eine Menge zu tun. Ich beschäftige mich ausdrücklich nicht mit Exceltabellen, in denen die Wahlprogramme anderer Parteien verzeichnet sind, sondern mache hier genau wie meine Kolleginnen und Kollegen aus der kleinen, aber schlagkräftigen Grünen-Fraktion grüne Politik. - Danke schön.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Große [DIE LINKE])

Danke schön. - Das Wort erhält die Landesregierung. Herr Minister Baaske, bitte sehr.

Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Richtig ist, dass die Rechte des Kindes unumstößlich sind. Ich glaube, dazu können wir alle stehen und das verteidigen wir - Thomas Günther hat es gesagt - jeden Tag vor Ort. Ich glaube, wir alle sind gute Verwalter der Interessen und Rechte der Kinder. Ich freue mich, dass die Rechte der Kinder als Thema immer mehr von irgendwelchen Jugendeinrichtungen wegkommen und zum Querschnittsthema werden, das alle angeht.

Kinderbeauftragte werden das nicht ändern; sie werden es auch nicht verbessern oder verbiegen. Das kann nicht ihr Job sein, weil sie es gar nicht hinkriegen könnten. Kinderbeauftragte gibt es übrigens bisher in Sachsen-Anhalt und - ich glaube Schleswig-Holstein. Sie beziehen sich in Ihrem Antrag darauf, dass es einen Kinderbeauftragten des Bundestages geben soll, und auch die Initiative des Kinder- und Jugendhilfswerks richtet sich an den Bund. Es gibt niemand, der eine Ansiedlung bei den Ländern fordert. Das kenne ich überhaupt nicht. Ich möchte auf das abstellen, was Thomas Günther gesagt hat.

Aber vorab: Nordrhein-Westfalen hatte einmal einen Kinderbeauftragten, hat dessen Stelle aber vor ein paar Jahren abgeschafft, weil er aus Altersgründen nicht wieder angetreten ist.

(Heiterkeit bei B90/GRÜNE)

Dann hat man sich gedacht: So viel hat es nicht gebracht; das brauchen wir nicht mehr. - Wahrscheinlich war es eine Erfahrung, die man dort gemacht hat. Es ist auch auf länderspezifische Gegebenheiten zurückzuführen.

Wir haben hier seit 25 Jahren auf Ebene der Kreise oder kreisfreien Städte einen Kinder- und Jugendhilfeausschuss. Auf Landesebene hatten wir einen Landes-Kinder- und -jugendhil

feausschuss. In dieser Legislaturperiode haben wir einen Landes-Kinder- und Jugendausschuss - ohne das Wort „Hilfe“ -, ein großes Gremium, dem 25 Leute angehören, die sich nur um die Rechte und das Wohl von Kindern und Jugendlichen kümmern. Ich glaube, Frau Augustin habe ich in der ersten Versammlung gesehen. Thomas Günther ist mit dabei; von Ihnen, den Grünen, sitzt Frau von Halem in dieser Runde. Das ist ein riesengroßer Ausschuss, der nichts weiter zu tun hat, als sich um die Rechte und Interessen von Kindern zu kümmern.

Diese 25 Leute haben ausdrücklich die Kompetenzen, die Sie dem Landeskinderbeauftragten zusprechen wollen - sogar weitergehende, weil nämlich dieser Ausschuss die Vorlagen schon vor dem Gesetzgebungsverfahren bekommt. Ehe Vorlagen, die Kinder und Jugendliche angehen, ins Kabinett kommen, gehen sie an den Landes-Kinder- und Jugendausschuss. Die Kompetenzen sind umfänglicher als die, die Sie im Antrag der oder dem Landeskinderbeauftragten übertragen wollen. Ich weiß gar nicht, was das jetzt soll.

Gerade wenn die Vielfalt von Themen, die wir bei Kindern immer wieder aufrufen, so groß ist, wie soll sie dann ein einziger Beauftragter überhaupt wuppen? Und den einzelnen Beauftragten neben den Ausschuss zu stellen würde zweifelsohne zu Doppelstrukturen führen, was niemand gut finden kann. Wenn etwas gut geht, freuen sich alle, aber wenn etwas schiefgeht, zeigen zwei Zeigefinger aufeinander. Das bringt uns erst recht nicht weiter. Ich bitte von solchen Initiativen abzusehen.

Stehen Sie vertrauensvoll zur Arbeit, die Sie im Landes-Kinder- und Jugendausschuss leisten können; dort können Sie all die Dinge einbringen. Da sind viele Experten dabei: die Wohlfahrtsverbände, der Städte- und Gemeindebund, der Landkreistag. Viele Experten sind dort und können über Kinder- und Jugendfragen mit einer weitergehenden Kompetenz, einem weitergehenden Befassungsrecht für Kinder diskutieren, als Sie es im Antrag für den Kinderbeauftragten formulieren.

Ich habe Vertrauen in das Landesgremium, das wir geschaffen haben, in die Vielfalt, die dort eingebracht wird. Ich warne davor, das exemplarisch einem überzuhelfen, der dann, wie Sie sagen, quasi eine Allzweckwaffe wird, weil er sich mit Missbrauch, Vernachlässigung und allem, was Kindeswohlgefährdung angeht, beschäftigen soll. Das kann und darf er gar nicht leisten.

Beim Bund ist es etwas anderes. Der Bund hat keinen solchen Ausschuss und deswegen macht es beim Bund Sinn, die Stelle eines Kinderbeauftragten mit einer entsprechenden Verwaltungsstruktur zu schaffen. Wir haben diesen Ausschuss; ihn gibt es auf kommunaler und auf Landesebene. Ich halte das für tragfähiger als einen Ehrenamtler, der letzten Endes doch nur ein Feigenblatt sein könnte. - Danke schön.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Wir danken Ihnen. - Zu uns spricht nun nochmals die Abgeordnete Augustin für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe es bewusst zurückgehalten, einzelne Maßnahmen

zu nennen. Mir war klar, dass Sie ähnlich wie bei unserer Forderung nach einem Landesfamilienbericht - um über die Situation der Familien im Land Brandenburg eine Übersicht zu bekommen - aufzählen würden, wir hätten bereits diese Maßnahme - Herr Günther, Sie haben so vorgerechnet - und in der Verfassung stünde bereits jenes, und wir seien dafür verantwortlich - aber genau das ist der Knackpunkt. Wir wollen doch einen Ansprechpartner haben, der sich gezielt um die Rechte der Kinder kümmert - nicht nur um den Kinderschutz, sondern den großen Komplex, der uns doch allen, wie wir bei verschiedenen Debatten gehört haben, am Herzen liegt und liegen sollte.

Herr Baaske, ich gebe Ihnen nicht Recht, dass das, was wir machen, ausreiche. Ich bin gern im Landes-Kinder- und Jugendausschuss und in anderen Gremien, wo wir uns mit den Rechten von Kindern beschäftigen und den Kinderschutz in den Fokus nehmen. Das ist richtig. Dennoch erreichen uns immer wieder Anfragen und Sorgen, dass Leute, die sich um das Wohl der Kinder bemühen, auf der Suche nach jemandem sind, an den sie sich wenden können - auch im Landes-Kinder- und Jugendausschuss. Das reicht aber oft nicht, weil auch hier ein Ansprechpartner nötig ist. Wir brauchen auch jemanden, der die Landesgesetze aus Kinderaugen überprüft - deshalb unsere Forderung nach einem Landeskinderbeauftragten.

So weit weg voneinander können wir doch gar nicht liegen. In Ihrem ersten Koalitionsvertrag vor fünf Jahren war von RotRot verankert worden, dass auch Sie ein entsprechendes Gesetz formulieren wollen. Es kam nur nie dazu. Genauso wenig verstehe ich heute, warum die Linke im Wahlprogramm schreibt, dass sie einen Landeskinderbeauftragten haben möchte und heute, wenn Ihnen denn unsere Debatte nicht genügend greift, nicht wenigstens mit einem Änderungsantrag kommt. Ich kann nur noch einmal dafür werben.

Wir haben auch gesagt: Wir könnten uns vorstellen, dass wir jetzt mit einem ehrenamtlichen Landeskinderbeauftragten starten, der erst später eine Instanz wie die Gleichstellungsbeauftragte oder der Behindertenbeauftragte wird. Herr Günther, ich gehe davon aus, dass wir Parlamentarier auch verpflichtet sind, uns für Menschen mit einer Behinderung oder für Integration oder Gleichstellung einzusetzen. Trotzdem haben wir einen Beauftragten. Warum soll das nicht für unsere Kinder funktionieren? Das konnten Sie mir heute nicht erläutern.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Der Kinderbeauftragte soll ein erster Schritt sein. Folgerichtig wäre die Bündelung der Maßnahmen in einem Landeskinderschutzgesetz. Ich appelliere noch einmal: Geben Sie sich einen Ruck, stimmen Sie unserem Antrag für einen Landeskinderbeauftragten zu! - Danke.

(Beifall CDU, B90/GRÜNE sowie vereinzelt AfD)

Danke. - Wir sind am Ende der Rednerliste und kommen zur Abstimmung. Die AfD-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrages der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 6/1167 an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Wer diesem Überweisungsantrag der AfD seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag in Drucksache 6/1167, Antrag der CDU-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Landesbeauftragte/Landesbeauftragter für Brandenburgs Kinder. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und begrüße herzlich, für den Fall, dass es noch nicht geschehen ist, Seniorinnen und Senioren der AWO Prenzlau. Herzlich willkommen hier bei uns im brandenburgischen Landtag!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

„Schutzparagraph 112“

Antrag der Fraktion der AfD

Drucksache 6/1193

Ein Entschließungsantrag der CDU-Fraktion liegt in der Drucksache 6/1273 vor. - Zu uns spricht für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Jung.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Die AfD-Fraktion hätte es begrüßt, wenn wir diesen Antrag nicht hätten stellen müssen. Meine Fraktion hätte es begrüßt, wenn wir Gelegenheit gehabt hätten, die entsprechende Initiative unserer brandenburgischen Landesregierung zu unterstützen. Aber leider hat die Landesregierung wieder einmal weder den gemeinsamen Willen, noch sieht sie sich in der Verantwortung, gegenüber unseren Ordnungs- und Rettungskräften das Notwendige und damit Richtige zu tun.