Wir beginnen mit der Frage 1135 (Jobcenter gehen gegen Nie- driglöhne vor), die die Abgeordnete Lehmann von der SPDFraktion stellt.
Der Presse war in der letzten Woche zu entnehmen, dass sich mindestens zwei Jobcenter - Potsdam-Mittelmark und DahmeSpreewald - im Land Brandenburg verstärkt gegen Niedriglöhne wehren werden. Es werden Jobs von ALG-II-Beziehern überprüft, die trotz Voll- oder Teilzeitbeschäftigung nur ein so geringes Einkommen erzielen, dass sie weiterhin auf ALG-IIBezüge angewiesen sind. Bei sittenwidrigen Löhnen können die Jobcenter Bußgelder gegen die entsprechenden Arbeitgeber verhängen.
Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, das Vorhaben der Jobcenter zu unterstützen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schönen guten Morgen! Frau Lehmann, es sind in der Tat ein paar mehr Jobcenter als nur Potsdam-Mittelmark und LDS. LDS hat gerade auch ein paar mediale Wellen zu dem Thema geschlagen, was ich auch ganz gut finde. Dadurch werden vielleicht auch ein paar andere Jobcenter wach und sagen: Mensch, da können wir ja noch etwas machen. - Generell habe ich vor, das Thema bei der nächsten Runde, die wir mit den Jobcentern in Potsdam haben werden, noch einmal anzusprechen und die anderen Kolleginnen und Kollegen, die es vielleicht noch nicht tun, zu ermuntern, da etwas zu unternehmen.
Es gibt in der Tat von der BA aus Nürnberg eine richtig gute Handlungsanweisung, wie man dagegen vorgehen muss, wie man zum Beispiel Niedriglöhne - also sittenwidrige Löhne - ermittelt, wie die Bescheide zu erstellen und wie die Klageverfahren zu führen sind. Das ist alles dezidiert aufgelistet, und danach kann man auch verfahren. Da müssen wir meines Erachtens nichts mehr machen. Vielleicht ist es aber angezeigt, den Jobcentern an der einen oder anderen Stelle ein wenig Mut zu machen, ein Verfahren anzustrengen.
Es gibt zwei große Hürden und Probleme: Das eine ist die Sittenwidrigkeit. Sie ist festgelegt bei Löhnen, die kleiner als zwei Drittel des branchenüblichen, des tariflichen oder des ortsüblichen Lohns sind. Jetzt haben wir in Brandenburg allein in 27 Branchen Löhne unter 7 Euro und in neun Branchen Löhne mit einem Stundenlohn von weniger als 6 Euro. Jetzt können Sie selber rechnen: Zwei Drittel davon wären dann 4 Euro. Das ist ein Stundensatz, der auch in Brandenburg wirklich sehr selten anzutreffen ist. Daher sind die niedrigen Tariflöhne ein rie
sengroßes Problem, wenn man gegen die Sittenwidrigkeit vorgehen will, da die zwei Drittel eine Dimension darstellen, die erst recht kaum zu erreichen ist.
Der andere Punkt ist, dass die Arbeitnehmer nicht gerade diejenigen sind, die zum Leiter des Jobcenters gehen und sagen: Verklag‘ meinen Arbeitgeber! Hol‘ dir das Geld, das du mir gegeben hast, von ihm zurück. - Denn der Arbeitnehmer hat davon ja nichts. Es ist lediglich Geld, das an das Jobcenter zurückfließen würde. Dem Arbeitnehmer - so denkt er jedenfalls bringt das höchstens Scherereien mit seinem Chef, wenn dieser von dem aufstockenden Amt belangt wird.
Ich meine, generell ist das einzige probate Mittel, das wir schaffen könnten, um dagegen vorzugehen, eine ordentliche Mindestlohnregelung, das heißt ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn in ganz Deutschland. Dieser würde vieles verhindern, beispielsweise, unter die Sittenwidrigkeitsgrenze zu kommen.
Darum sollte es gehen, und darum sollte es insbesondere im September des nächsten Jahres gehen. - Schönen Dank.
Vielen Dank. - Wir sind bei der Frage 1136 (Leitungsfreistel- lung in Kindertagesstätten), die die Abgeordnete Große von der Fraktion DIE LINKE stellt.
In der Kita-Personalverordnung ist im § 4 Absatz 2 vorgesehen, dass für die Wahrnehmung der pädagogischen Leitungsaufgaben an Kindertagesstätten ein zusätzlicher Personalanteil zuzumessen ist. Je nach Anzahl der pädagogischen Mitarbeiter in der Einrichtung liegt dieser zwischen 0,125 und 0,5 Leitungsstellen. Das ist zugegebenermaßen wenig, aber es gibt ihn. In diesem Umfang sind Leitungskräfte von der regelmäßigen pädagogischen Arbeit mit den Kindern freizustellen.
Ich frage die Landesregierung: In welchem Umfang wird in den Kindertagesstätten von dieser Leitungsfreistellung Gebrauch gemacht?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Große, die Kita-Personalverordnung regelt die Freistellung nur für einen Teil der Leitungsaufgaben, für die pädagogischen Leitungsaufgaben. Hinzu kommt ein zweiter Anteil von organisatorischen Leitungsaufgaben.
Die Freistellung für die organisatorischen Leitungsaufgaben ist nicht in der Kita-Personalverordnung festgelegt, sondern liegt in der Verantwortung der Träger. Das MBJS hatte in der Vergangenheit nur in Einzelfällen Kenntnis über die Freistellung für Leitungsaufgaben, und zwar aus dem Erlaubniserteilungs
verfahren des Landesjugendamtes oder aus Rückfragen von Eltern. Auch die Bundesjugendstatistik konnte über die Frage der Leitungsfreistellung in den Kindertagesstätten keinen Aufschluss geben, denn in der Statistik wurden nur vollständig freigestellte Leitungskräfte aufgeführt.
Seit dem Jahr 2011 ist das jedoch anders. Seither wird der Zeitumfang für einen oder zwei Arbeitsbereiche der Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter erhoben. Damit wird der Zeitumfang für pädagogische und organisatorische Leitungsaufgaben abgebildet. Aufgrund der Veränderungen in den Erhebungsmerkmalen konnten die Ergebnisse des Jahres 2011 allerdings noch nicht abschließend bewertet werden. Wir gehen aber der Frage, die Ihre Anfrage impliziert, nach, ob tatsächlich im ausreichenden Maße Leitungsfreistellung erfolgt. Sobald die Daten vollständig erhoben sein werden, haben wir einen Überblick, ob in allen Kindertagesstätten der mögliche Rahmen der Kita-Personalverordnung ausgeschöpft wird. Sollten Kitas die Leitungsfreistellung für pädagogische und organisatorische Leitungsaufgaben nicht erfüllen, werden wir mit den Trägern Gespräche aufnehmen und gemeinsame Lösungen erarbeiten. Darüber werde ich Sie auch im Ausschuss informieren.
Wir kommen zur Frage 1137 (Frankreich-Reise des Minister- präsidenten), die der Abgeordnete Bretz von der CDU-Fraktion stellt.
Herr Ministerpräsident, Sie reisten ja vor Kurzem ins benachbarte Frankreich. Ausweislich der Presseberichterstattung und der Berichterstattung in den Pressemitteilungen der Staatskanzlei war das zentrale Thema Ihrer Reise die Energiepolitik.
Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Welche konkreten Ergebnisse konnten Sie von dieser Reise aus Frankreich nach Brandenburg mitbringen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Bretz, wir waren vor 14 Tagen für zwei Tage mit einer Unternehmerdelegation in Frankreich. Das Themenspektrum dieser zwei Tage war relativ breit gefächert. Wir haben sehr interessante und auch ertragreiche Gespräche mit französischen Unternehmen gehabt. Die Brandenburger Unternehmen waren ausweislich ihrer eigenen Auskunft sehr zufrieden mit dem, was sie anbahnen und abschließen konnten. Es standen Fragen der Kultur und Wissenschaft auf der Tagesordnung.
Aber, Sie haben völlig Recht, die Frage der Energiepolitik zog sich wie ein roter Faden durch diese Reise. Das fing beim französischen Ministerpräsidenten an, der großes Interesse an der Themenstellung hatte: Wie leitet man eine Energiewende ein und wie setzt man sie Stück für Stück um? - Es hatte sich bis zu ihm herumgesprochen, dass Brandenburg über eine Energiestrategie verfügt, die sehr breit gefächert ist, mit einem sehr guten Mix aufgestellt ist und in der Bundesrepublik Anerken
nung findet. Ihm war der Ausspruch vom Bundesumweltminister durchaus bekannt, dass man von Brandenburg etwas lernen könne.
Aber noch spannender als beim Ministerpräsidenten war die morgendliche Diskussion im Montaigne-Institut, das in Paris sehr angesehen ist, mit der französischen Umwelt- und Energieministerin. Dort hat man bereits ein gemeinsames Ministerium geschaffen. Es waren alle Konzernspitzen, die in Frankreich auf dem Energiesektor wesentlich sind, anwesend. Natürlich hat der deutsch-französische Dissens zur Atomenergie, der ja kein Geheimnis ist und den ich von deutscher Seite auch vollinhaltlich mittrage, eine Rolle gespielt. Daraufhin gab es dann eine zweistündige sehr sachliche, sehr vernünftige und gründliche Diskussion, weil man sich in Frankreich auf den Weg gemacht hat, nicht aus der Atomenergie auszusteigen, aber den Anteil des Atomstroms um 20 bis 25 % Stück für Stück zu reduzieren.
Ein dritter Punkt war die nachmittägliche Debatte in der Nationalversammlung mit Regional- und Kommunalvertretern. Im Rahmen dieser Diskussion wurde ein sehr werthaltiger Vertrag zwischen der Firma ENERTRAG in Dauerthal und zwei französischen Auftragspartnern unterzeichnet. Das war auf der einen Seite wirtschaftlich sehr erfolgreich, aber auch die Debatte, die sich daraus ergeben hat - es ging um Photovoltaik und ein Hybridkraftwerk, wie es in der Uckermark bereits steht -, war eine sehr interessante Sache.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, vielen Dank für die doch sehr umfassende und freundliche Antwort.
Sie haben erklärt, dass Sie von den Erfahrungen in Brandenburg berichten konnten, Sie haben Ihre eigene Energiestrategie erwähnt. Meine Frage ist: Sehen Sie denn aufgrund dessen, was Sie mit der Ihnen innewohnenden Überzeugungskraft herüberbringen konnten, eine Chance dafür, dass Frankreich sagt: Jawohl, die in Brandenburg haben das so toll gemacht, dass wir beherzt zugreifend auch in Frankreich eine Energieversorgung ohne Atomkraft sicherstellen können. Hat Ihr Gespräch dazu einen Beitrag geleistet und sehen Sie eine Chance, dass das von französischer Seite zu erwarten ist?
Deshalb würde ich mir nicht anmaßen, zu denken, dass ein drei-, vierstündiges Gespräch mit einem Brandenburger Minis
terpräsidenten dazu führt, dass man die französische Regierung, die in ihrer Vorstellung fest verankert ist - das ist wiederum im französischen Genmaterial verwurzelt - , davon abbringen kann, dass Atomenergie etwas Sinnvolles ist. Aber alleine das stundenlange Nachfragen und intensive Diskutieren hat gezeigt, dass in Frankreich ein Denkprozess im Gang ist. Für die französische Volkswirtschaft ist das Vorhaben, in den nächsten Jahren 20 bis 25 % mehr regenerativen Strom im Land zu erzeugen, schon eine kleine Revolution. Wir haben versucht, dieses schrittweise Umdenken zu katalysieren, und vielleicht ist uns das auch ein wenig gelungen.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, ich setze Ihr Einverständnis voraus, dass wir die drei Fragen zum Thema Verockerung zusammenfassen. Wir beginnen mit der Frage 1138 (Stu- dien des LMBV zur Eisenhydroxid- und Sulfatbelastung der Lausitzer Gewässer), die für den Abgeordneten Jungclaus die Abgeordnete Niels stellen wird.
Der „Lausitzer Rundschau“ war am 3. Dezember zu entnehmen, dass die Lausitzer Mitteldeutsche Bergbau- und Verwaltungsgesellschaft, die LMBV, am 8. Januar 2013 auf einer Informationsveranstaltung in Spremberg den ersten Teil einer Studie zur Eisenhydroxid- und Sulfatbelastung der Lausitzer Gewässer vorstellen wird. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass die Studie nicht an Dritte herausgegeben wird und auch nicht im Internet veröffentlich werden soll. Insofern würden wichtige Informationen nicht transparent.
Daher frage ich die Landesregierung: Warum sollen die Studien der LMBV zur Eisenhydroxid- und Sulfatbelastung der Lausitzer Gewässer der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung gestellt werden?
Wir setzen mit der Frage 1139 (Verockerung/Gefahr für den Spreewald - Bereitstellung von Daten und Fakten) fort, die der Abgeordnete Schippel von der SPD-Fraktion stellt.
Ich will den Vorspann abkürzen. Ich bin Mitglied dieses Aktionsbündnisses. Wir waren bei der Gründungsveranstaltung von Mitarbeitern des Landes, also von Prof. Freude und dem Leiter des Bergamtes, über die Aussagen, die dort hinsichtlich der Zurverfügungstellung und dem Veröffentlichen dieser Studien getätigt wurden, angenehm überrascht.
Bei der zweiten Veranstaltung waren wir dann aber enttäuscht, als es seitens der LMBV hieß, diese Studien würden vorerst nicht veröffentlicht. Letzten Endes resultieren daraus die Aussagen der Landesregierung - so muss ich es an der Stelle sagen -, dass sich das bis zum II. Quartal 2013 hinziehen soll. So lange können wir nicht warten. Wenn der braune Schlamm erst einmal mit der Schlammwalze eingearbeitet ist, bekommen wir ihn nicht mehr heraus. Insofern meine herzliche Bitte, bei der Antwort daran zu denken, dass hier Eile geboten ist.
Die Frage 1140 (Aktionsbündnis „Klare Spree“) zum gleichen Thema stellt der Abgeordnete Dr. Hoffmann. Bitte sehr!
In Raddusch wurde das Aktionsbündnis „Klare Spree“ gegründet. Aufgabe dieses Bündnisses, dem auch Tourismusverbände und Kommunen angehören, ist es, das Bewusstsein der Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Behörden für das Verockerungs- und Sulfatproblem in der Spree und ihren Zuflüssen einschließlich des UNESCO-Biosphärenreservates Spreewald zu schärfen.