Protocol of the Session on January 20, 2011

Dennoch will ich daran erinnern, dass das Landwirtschaftsressort und der Landesbauernverband schon frühzeitig und gemeinsam aufgrund des einseitigen Haftungsrisikos für die Landwirte keine Anbauempfehlung für gentechnisch veränderte Pflanzen gegeben haben. Dass Gentechnik in der Landwirtschaft mit Problemen verbunden ist, wissen wir aus eigener Erfahrung hier in Brandenburg seit den ersten Freisetzungen und dem folgenden kommerziellen Anbau.

Dass die kritische Einschätzung zu den behaupteten Vorteilen gentechnisch veränderter Pflanzen berechtigt ist, hat sich für mich bestätigt. Dass gentechnisch veränderte Organismen nicht gänzlich aus der Futtermittelproduktion herausgehalten werden können, ist ebenso eine Tatsache.

Selbstverständlich kann sich eine Stadt oder ein Landkreis oder das Land Brandenburg für gentechnikfrei erklären. Wir sollten aber aufpassen, dass man nicht falsche Erwartungen aufbaut und ihnen nachgeht: Heute erklären wir uns dann für gentechnikfrei, und morgen bauen Landwirtschaftsbetriebe wieder gentechnisch behandelten Mais an, und zwar auf mehreren tausend Hektar, oder gar Stärkekartoffeln oder andere Konstrukte.

Frau Ministerin, lassen Sie eine Frage der Abgeordneten Blechinger in dieser Angelegenheit zu?

Ja, klar.

Bitte, Frau Blechinger.

Frau Ministerin, ist Ihnen bekannt, dass die Säuglingssterblichkeit in Mexiko gesunken ist, seit man dort gentechnisch veränderten Mais zu Nahrungszwecken verwendet?

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE)

Frau Blechinger, Sie werden verstehen, dass ich darauf nicht antworte.

(Senftleben [CDU]: Das verstehe ich überhaupt nicht!)

- Das glaube ich. Es ist mir sehr verständlich, dass Sie das nicht verstehen.

Zu einzelnen Punkten des Antrags will ich in diesem Zusammenhang gleichwohl wie folgt eingehen: Im Internet findet jeder Interessierte zum Beispiel bereits die Bezugsquellen für gentechnikfreies Soja. Saatgut wird - im Rahmen eines bundesweiten Monitorings - auf Gentechnikanteile schon seit Jahren auch in Brandenburg untersucht. Das gilt auch für Lebensmittel und Futtermittel. Das ist im Übrigen ein interessantes Thema. Das hatten wir heute schon einmal. Es geht darum, wie wir unsere Futtermittel untersuchen.

Nicht zuletzt will ich sagen, dass nicht zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen jetzt schon keine Chance auf eine Blüh- oder Erntezeit haben, weil unsere Überwachungsbehörden - so gut es ihnen möglich ist - genau dies verhindern. Denn sie passen gut auf.

Ich muss aber - wie meine Vorgänger - an dieser Stelle immer wieder an Folgendes erinnern: Es gibt keinen rechtlichen Spielraum für gentechnikrechtliche Regelungen des Landes. Das muss ich hier feststellen; das können wir bedauern, es ist aber eine Tatsache. Ob es uns gefällt oder nicht, die Landesregierung kann sich lediglich auf Appelle an alle Wirtschaftsbeteiligten beschränken, Konflikte mit den Nachbarn, die Belastungen in der Lebensmittelkette und in der Umwelt zu vermeiden sowie für verursachte Schäden letztendlich auch geradezustehen.

Ich möchte noch etwas zur Initiative gegenüber dem Bund oder mit dem Bund sagen. In der Bundesregierung wie auch im Bundesrat ist das Thema Agro-Gentechnik genauso umstritten wie in den meisten der Bundesländer. Das Angebot der EUKommission, den Mitgliedsstaaten eine Wahlfreiheit einzuräumen, ob sie den Anbau auf ihrem Territorium zulassen wollen oder nicht, wurde vom Vertreter der Bundesregierung im Agrarministerrat gleichwohl sehr stringent zurückgewiesen.

(Folgart [SPD]: Richtig!)

Auch ein Teil der Bundesländer steht diesem Vorschlag sehr skeptisch gegenüber. Gleichwohl, meine Damen und Herren, haben wir uns im Bundesrat dafür stark gemacht, gentechnikfreie Regionen rechtssicher einrichten zu können. Sie wissen, dass es bisher kein positives Ergebnis gibt. Für die gentechnikfreien Regionen wäre eine entsprechende EU-Regelung zweifellos von Vorteil, weil dies zu einem nationalen Anbauverbot führen würde. Eine Regelung durch einzelne Bundesländer ist im Ergebnis keine wirkliche Problemlösung. Denn das eine Land kann sich entscheiden, gentechnikfrei zu sein, aber das andere baut gentechnisch veränderte Pflanzen an. Zum Beispiel blüht der Gentechnikraps auch über die Grenze hinweg.

Derzeit ist nicht erkennbar, meine Damen und Herren, dass der zuständige EU-Kommissar bei seinem Vorschlag bleibt. Auch

da ist also schon großes Schwanken angesagt, und es wird sich wohl auf einen Rückzug hin bewegen. Wir setzen uns aber immer wieder im Bundesrat und in den Ministerkonferenzen kompromisslos für alles ein, was einen Fortschritt in der Richtung bietet, die gerade beschrieben worden ist.

Ich möchte Ihnen abschließend sagen: Meine Unterstützung haben Sie, wenn es darum geht, die heimische und damit die gentechnikfreie Futtermittelerzeugung für Pflanzeneiweiße weiter auszubauen. Das scheint mir in vielen Fragen der sinnvollere Weg zu sein, als immer neue Maismonokulturen zur Biogaserzeugung anzulegen. Hier muss es einen guten Abwägungsprozess geben.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte Ihnen auch versichern: Sollte es zu einem Anbau von Amflora oder anderen Stärkekartoffeln in Brandenburg kommen, haben wir auch ohne Zustimmung der Bundesregierung bereits jetzt die rechtlichen Möglichkeiten, Vermischungen und Einträge in die Futter- und Lebensmittelkette wirksam zu unterbinden. Auch darauf ist bereits eingegangen worden.

Meine Damen und Herren, ich kann Ihren Antrag insoweit unterstützen, als ich sage, dass wir alle Möglichkeiten über den Bundesrat nutzen werden, an Bundesregierung und EU zu appellieren, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Dafür stehen wir, das werden wir immer tun. Natürlich kommen wir auch unseren Überwachungspflichten und Kontrollmöglichkeiten nach, um Verunreinigungen zu verhindern und, wenn das nicht möglich ist, diese zu beseitigen. Das ist eine Garantie, sie ist zugesichert, und in diesem Zusammenhang danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Von der Abgeordneten Blechinger ist eine Kurzintervention angemeldet worden. Dazu erhält sie jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Ministerin Tack, ich bedaure sehr, dass Sie sich nicht in der Lage sehen, eine Fachfrage zu beantworten.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Anlässlich eines Besuchs im ZALF wurde ich darüber informiert - ZALF Müncheberg ist Ihnen sicherlich ein Begriff -, dass mit dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen bei Mais auch eine Pilzerkrankung bekämpft wurde, die in Mexiko zu einer hohen Säuglingssterblichkeit geführt hatte, und dass aufgrund des Anbaus der gentechnisch veränderten Pflanzen diese Pilzerkrankung bekämpft und damit die Säuglingssterblichkeit signifikant gesenkt werden konnte. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Frau Ministerin, möchten Sie darauf reagieren? - Das ist nicht der Fall. Dann hat die einbringende Fraktion noch einmal Gelegenheit zu einem Beitrag. Frau Abgeordnete Niels von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort.

Wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Brandenburg sind nicht die Einzigen, die vollkommen verstanden haben, dass es sich beim Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen um einen freiwilligen Zusammenschluss handelt. Das hat auch die CDU in Thüringen verstanden, und das wissen die SPD in Thüringen sowie die SPD und die Grünen in Nordrhein-Westfalen. Insofern weiß ich gar nicht, Herr Folgart, wie Sie darauf kommen, von einem „ideologischen Antrag“ zu sprechen. Ich habe mir die Anträge Ihrer Kollegen in den anderen beiden Bundesländern angesehen. Es ist gar kein so großer Unterschied. Vielleicht haben Sie sich etwas an unserer Überschrift gestört. Aber unsere gesamten Ausführungen sind doch recht fachlich. Insofern bin ich dadurch getröstet, dass Sie doch in Ihrer Rede dargestellt haben, dass dies eine persönliche Ansicht ist, und ich kann gut unterscheiden zwischen dem Koalitionsvertrag und einer persönlichen Ansicht.

Ich bedanke mich recht herzlich für die Ausführungen der Kollegin Steinmetzer-Mann und von Frau Ministerin Tack. Ich bin besonders froh, von Frau Ministerin Tack gehört zu haben, dass auch sie sieht, dass sich die behaupteten Vorteile der AgroGentechnik im Moment nicht bestätigt haben.

Nun komme ich zu den Kommentaren von Herrn Dombrowski, nur zu wenigen. Es waren ja sehr viele Ausführungen. Ich verstehe auch gar nicht, warum man sich so um meine Emotionen kümmert. Bei mir ist weder Freude zu dämpfen noch eine Angst zu besänftigen, Herr Folgart und Herr Dombrowski. Ich habe einen ganz sachlichen Antrag eingebracht. Sie sagen, dass wir Forschung betreiben müssen. Ja, okay. Nur, haben Sie einmal davon gehört, dass beispielsweise norwegische Forscher in der Lage waren, auf die Philippinen zu fliegen und dort an Forschungsprojekten teilzunehmen? Ich frage: Warum sollen wir auf landeseigenen Flächen gentechnisch veränderte Organismen anbauen?

(Folgart [SPD]: Ein anderes Klima! - Weitere Zurufe)

- Ja, genau, das andere Klima. Es gibt doch verschiedene Klimazonen auf dem Globus, die mit Brandenburg vergleichbar sind. Aber wir diskutieren das nicht zu Ende.

Ein Maiskolben hat 50 Millionen Pollen. Es gibt weltweit bereits genügend Studien, die Aussagen darüber treffen, wie weit sich diese Pollen verbreiten. Man hat sogar in Wildkräutern schon die Marker von gentechnisch verändertem Mais gefunden. Dass hier also ein Risiko besteht, ist verbürgt. Das diskutiere ich nicht weiter. Aber manchmal passiert es, dass ich irgendwie von meinem Konzept abkomme.

Frau Abgeordnete Niels, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Goetz zu?

Nein, Herr Goetz, später. Ich bin jetzt froh, dass ich den Faden auf meinem Zettel wiedergefunden habe.

Die freie Entscheidung, Herr Dombrowski und Gregor Beyer, wollen wir auch. Wir wollen, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher, Imker, die gentechnikfreien Honig produzieren wollen, und Landwirte dafür entscheiden können, gentechnikfrei zu produzieren. Im Moment weiß aber niemand, welcher

Kriterien man bedarf. Deswegen haben wir gesagt: Wir wollen einen Dialogprozess - das ist ein Punkt unseres sehr sachlichen Antrags -, in dem die Landesregierung mit Informationsveranstaltungen und im Austausch mit Verbänden, mit Forstleuten und mit Landwirten dafür sorgt, dass ein Maßnahmenkatalog geschaffen wird, um genau zu diesen Kriterien zu kommen.

Jetzt nehme ich die Zwischenfrage von Herrn Goetz an.

Jetzt hat er nicht mehr auf den Knopf gedrückt. - Jetzt hat er doch gedrückt, sehr spät. Bitte, Herr Abgeordneter Goetz.

Frau Präsidentin, im Rahmen des Bürokratieabbaus hatte ich angenommen, dass ein einmaliges Drücken genügen würde. Aber es kann auch zweimal sein.

Frau Kollegin Niels, Sie hatten gesagt, dass finnische Forscher imstande seien, ihre gentechnischen Forschungen nicht in Finnland, sondern auf den Philippinen auszuführen. Haben Sie jetzt ernsthaft das Sankt-Florians-Prinzip propagiert, also: „Heiliger Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ andre an“? Es hörte sich für mich so an, als ob wir alles, was möglicherweise nach Ihrer Auffassung gefährlich sein sollte, lieber ganz weit weg in der Dritten Welt machen sollten, um selbst verschont zu bleiben. Ist das ernsthaft Ihr Ansatz?

Meine Güte! Sie sollten einfach mal den Antrag lesen. Wir fordern ein Eiweißprogramm für Brandenburg - Frau Tack sagt, sie unterstützt uns darin -, weil wir eben nicht wollen, dass hier gentechnisch manipuliertes Soja oder andere entsprechende Organismen importiert werden. Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßen nicht, dass 90 % der GVO weltweit angebaut werden, also außerhalb Europas, und dass das Problem exportiert wird.

Es waren norwegische Forscher auf den Philippinen. Zu diesem Punkt werden wir noch eine intensive Ausschussdiskussion führen. Ich möchte jetzt zu dem Thema „Gute Demokraten“ kommen. Gregor Beyer hat die Auffassung, dass gute Demokraten gern in Ausschüssen diskutieren. Ich meine, dass gute Demokraten nach bestem Wissen und Gewissen handeln. Da frage ich mich oft, ob es im Moment an Wissen mangelt, Gregor, weil der Einsatz von Herbiziden - Glyphosat ist ein Wirkstoff, das Produkt von Monsanto, das dazu gehört, heißt Roundup in genau demselben Maße und mit viel Einsatz auf Feldern mit gentechnisch manipuliertem Mais vorgenommen wurde. Es hat sich da also überhaupt nicht bestätigt, dass man dort etwas von diesen Herbiziden herunterfährt. Insofern auch noch die nächste Einlassung zum Verbrennungsmotor...

(Unruhe im Saal)

Nein, auf den Verbrennungsmotor springe ich jetzt nicht auf; das ist mir eigentlich zu viel gewesen. Ich werde hier einen Punkt machen.

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist abgelaufen, Sie können nirgendwo mehr draufspringen. - Vielen Dank, Frau Abgeordnete Niels.

Dies war der letzte Redebeitrag in der Debatte zum Thema „Keine Agro-Gentechnik in Brandenburg“. Wir kommen zur Abstimmung.

Die SPD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE beantragen die Überweisung des Antrags in Drucksache 5/2672 - Neudruck -, eingebracht von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, „Keine Agro-Gentechnik in Brandenburg“, an den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft. Wer dem Überweisungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist diesem Antrag Folge geleistet worden.