Protocol of the Session on January 20, 2011

(Beifall DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Auch wir wollen keine Agro-Gentechnik in Brandenburg. Die Gesellschaft, das haben die Vorredner gesagt, lehnt diese Produkte mehrheitlich ab. Wenn ich es auf den gentechnisch veränderten Mais herunterbreche, ist festzustellen, dass dieser aus guten Gründen zurzeit eben keine Anbau- und Verbreitungserlaubnis hat.

Sie schreiben zu Recht in Ihrem Antrag, dass die Gefahren für die menschliche Gesundheit, für Natur und Landschaft nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können. Genau deswegen wird uns das Thema über viele Jahre mit bestimmter Sicherheit auch hier im Landtag beschäftigen.

Weswegen Ihr Antrag gerade zu dieser Zeit kommt, kann sich jeder denken. Auf der Grünen Woche stellt Brandenburg landwirtschaftliche Erfolgsmodelle vor. Wir sind das Bundesland, das immer noch führend im Ökolandbau ist. Dieser sichert nicht nur Arbeitsplätze im landwirtschaftlichen und touristischen Bereich, sondern er bindet Menschen an ihre Region, erhöht die Akzeptanz und wirkt identitätsstiftend für die Bevölkerung.

Die steigende Nachfrage, nicht nur in Berlin, nach Brandenburger Qualitätsprodukten aus Ökobetrieben eröffnet unseren Landwirten hier neue Chancen. Produkte aus gentechnikfreien Regionen werden teilweise mit einem eigenen Label vermarktet, um Transparenz zu zeigen und die Gentechnikfreiheit positiv zu besetzen. Diese Chancen werden aber bei einer möglichen Anbauerlaubnis minimiert. Gentechnisch veränderte Organismen im Freilandanbau gefährden nicht nur den Bioanbau, sondern auch den konventionellen Landbau. Regionale Produkte und ganze Regionen können einen Imageschaden erfahren. Die Landwirte, die GVO anbauten - da wird mir Udo Folgart als Bauernpräsident mit Sicherheit Recht geben -, erhielten bisher keine Versicherungen. Die Haftung und die anfallenden Kosten bei möglichen Auskreuzungen hat bedauerlicherweise immer der Landwirt selbst zu tragen.

(Zuruf des Abgeordneten Folgart [SPD])

Die Konzerne ziehen sich aus ihrer Verantwortung zurück und lassen die Landwirte im Regen stehen.

(Beifall DIE LINKE)

Nur sie, die Hersteller und Konzerne, haben ökonomische Vorteile vom Genmaisanbau. Das ist keine Behauptung von mir, sondern das sind die Belege der Studie der Bundesanstalt für Landwirtschaft.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einige Punkte ansprechen, die in den vorhergehenden Redebeiträgen zum Ausdruck kamen. Die Wettbewerbsfähigkeit: Sie ist ein zentraler Fakt in dieser Debatte und darf nicht gefährdet werden. Der Ökolandbau in Brandenburg, der hohe Aufmerksamkeit und finanzielle Förderung erhält, würde Wettbewerbsnachteile erleiden, wenn die grüne Gentechnik Einzug hielte.

(Beifall DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Im Koalitionsvertrag bekennt sich die Koalition ganz klar dazu, den Spitzenplatz im Ökolandbau auszubauen. Gentechnikfreie Regionen - ein Schwerpunkt Ihres Antrags. Dazu sage ich Ihnen ebenfalls: Klar, ja, Rot-Rot steht zu den gentechnikfreien Regionen und wird diese auch unterstützen.

Drittens, Frau Niels: Die Linke begrüßt die Charta, das europäische Netzwerk gentechnikfreier Regionen. Ich sage Ihnen aber auch, wir dürfen nicht die Augen davor schließen, dass diese Charta, so, wie der Zusammenschluss der bisherigen gentechnikfreien Regionen in Brandenburg auf Freiwilligkeit beruht und im Falle einer Anbauerlaubnis von gentechnisch veränderten Organismen erstens...

Frau Abgeordnete Steinmetzer-Mann, lassen Sie eine Frage von Herrn Abgeordneten Dombrowski zu?

Frau Kollegin, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann haben Sie soeben ausgeführt, dass Landwirte, die gentechnisch verändertes Saatgut anbauen, darauf vertrauen können, dass der Hersteller des Saatgutes die Haftung übernimmt. So habe ich das zumindest verstanden.

Wie bewerten Sie folgenden Sachverhalt? Ich fahre privat einen Renault. Wenn ich aus Fahrlässigkeit einen Unfall verursache oder jemandem einen Schaden zufüge, muss dann aus Ihrer Sicht dafür die Firma Renault haften?

(Lachen und Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE - Krause [DIE LINKE]: Der Blödmann, der am Steuer sitzt! - Holzschuher [SPD]: Anwalt fragen!)

Ich finde es unsachlich, diese beiden Sachverhalte miteinander zu vermischen.

(Beifall DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Ich rate Ihnen trotzdem, weiterhin zuzuhören, denn das kann auch Ihnen ein paar neue Erkenntnisse bringen.

(Krause [DIE LINKE]: Vollkasko, Herr Dombrowski!)

Zurück zu meiner Rede: Der Anbau ist trotzdem möglich. Wir haben damit ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommen. Das gebe ich zu bedenken.

Unsere Spielräume im Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen sind im Land sehr begrenzt. Wir wissen auch nicht, wie die Zuständigkeiten in der EU künftig geregelt werden. Deshalb ist es der richtige Weg, den Antrag in Ruhe im Ausschuss zu beraten. Frau Niels, auch Sie sagten, dass gerade zu diesem Punkt noch viel Diskussionsbedarf besteht.

An dieser Stelle möchte ich zum Abschluss noch klar zum Ausdruck bringen, dass sich die damalige Koalition - SPD und CDU, Herr Dombrowski - mit dieser Thematik und in dieser Art und Weise nicht auseinandergesetzt hat. Mit den Roten in der Regierung ist es jedoch möglich geworden, dass positive Aussagen zur gentechnikfreien Region in den Koalitionsvertrag gekommen sind. Wir stellen uns dem Thema der AgroGentechnik. Wer die Debatte zu diesem Thema in den letzten Jahren verfolgt hat, kann einen neuen Umgang feststellen. Dies gilt auch dann, wenn dies manchem schwerfällt. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Steinmetzer-Mann. - Wir setzen die Aussprache nunmehr mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Der Abgeordnete Beyer hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist durchaus ein interessantes Thema. Ich bin ganz froh, dass der uns vorliegende Antrag „Keine Agro-Gentechnik in Brandenburg“ heißt. Als ich zunächst las, dass die Grünen diesen Antrag gestellt haben, befürchtete ich, er könne auch „Keine Technik in Brandenburg“ heißen. Aber ganz so schlimm ist es dann doch nicht gekommen.

(Lachen und Widerspruch bei der Fraktion GRÜNE/B90)

- Es geht ja nur um die Agro-Gentechnik.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

- Es kommt sogar noch besser. Warten Sie einmal ab. Es ist jedoch gleichwohl lohnenswert, sich auch inhaltlich mit dem Antrag auseinanderzusetzen. Sehr spannend ist in der Tat der erste Punkt. Ich will den auch zitieren

„Der Brandenburger Landtag spricht sich bis zur abschließenden Klärung der mit dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen einhergehenden Risiken für einen Verzicht des Einsatzes von gentechnisch verändertem Saatgut, Pflanzen und Futtermittel in der Landwirtschaft aus.“

Das hat mich dazu gebracht, einmal darüber nachzudenken, was wohl passiert wäre, wenn vor ca. 150 Jahren die damaligen Vertretungen bzw. Regierungen beschlossen hätten, man möge doch bis zur abschließenden Klärung der mit Verbrennungsmotoren gegebenenfalls bestehenden Gefahren auf entsprechende Entwicklungen verzichten.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE - Zurufe von der SPD)

Herr Minister Rupprecht, Ihnen wäre dann heute der erste Tagesordnungspunkt entgangen, denn die Allradantriebstechnik wäre nie entwickelt worden. Wahrscheinlich hätte es auch nie Automobile gegeben.

(Beifall CDU - Görke [DIE LINKE]: Panzer haben die schon gehabt!)

Das wäre sicher eine interessante Vorstellung, denn ich würde den Ministerpräsidenten gerne einmal in einer Kutsche vorfahren sehen. Das wäre dann bestimmt so gekommen.

(Zurufe von der SPD: Ja! Vor dem neuen Landtag!)

- Wunderbar, vor dem neuen Landtag.

Zur Sache: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gebe aber zu, dass diese Vergleiche etwas hinken. Vielleicht kann man das auch spaßig werten. Aber das führt doch gleichwohl auf den Kern der Debatte zurück. Das ist der entscheidende Punkt. Bei jeder Technologie sind wir gut beraten, Vor- und Nachteile ehrlich zu prüfen und dann in einem Abwägungsprozess zu entscheiden, ob wir diese Technologien anwenden wollen oder nicht.

Es gibt viele Aspekte zu bedenken. Das ist durchaus so. Die Vorredner haben das teilweise schon angesprochen. Wollen wir beispielsweise Abwanderungen ins Ausland bei verschiedenen Techniken? Hat die Gentechnik nicht gegebenenfalls auch Vorteile, über die es nachzudenken lohnt? Ich erwähne den geringeren Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln und den geringeren Verbrauch von Ressourcen. Hier nenne ich beispielsweise Wasser. Herr Kollege Vogel weiß das. Das ist mit Sicherheit kein unbedeutendes Thema für Brandenburg. Wollen wir von der Spitzenforschung abgekoppelt werden? Es wäre sicher interessant, was man den Wissenschaftlern in Golm dazu sagt bzw. was man von Ihnen dazu hörte. Darüber könnten wir nachdenken.

Ich gestehe aber auch, dass es sogar den einen oder anderen Aspekt in dem Antrag gibt, und zwar von den Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der nachdenkenswert ist. Das betrifft mit Sicherheit den Aspekt der gentechnikfreien Zonen. Auch ich habe mich in der Vergangenheit einmal für eine solche Zone engagiert.

Aus meinem liberalen Selbstverständnis heraus ist es eine Selbstverständlichkeit, wenn so etwas freiwillig geschieht. Solche freiwilligen Zusammenschlüsse akzeptiere ich. Wenn Regionen freiwillig für sich entscheiden, dass sie etwas nicht wollen, dann ist das in Ordnung. Dann können sie einen anderen Weg gehen. Das kann und muss man sogar akzeptieren. Aber wir wollen eben keine staatliche Bevormundung. Vielmehr sollen die Regionen das frei entscheiden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Liberalen wollen Akzeptanz für Zukunftstechnologien. Wir wollen nicht, dass das grundsätzliche „Dagegen sein“ als Maßstab der Politik genommen wird. Wir wollen, dass die Chancen für die Zukunft im Vordergrund stehen.

Natürlich stimmen aber auch wir der Überweisung zu, weil es gute Tradition und Sitte ist, dass Demokraten immer in Fachausschüssen - gerne auch kontrovers - miteinander reden. Ich habe im Übrigen auch die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass die Kolleginnen und Kollegen auf der linken Seite des Hauses gegebenenfalls doch noch zu der einen oder anderen Einsicht gelangen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Landesregierung. Die Ministerin Tack hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Argumente sind ausgetauscht. Ich will kurz und zusammenfassend auf einige Punkte in Ihrem Antrag eingehen. Elf Punkte gibt es, und ich werde nun summarisch etwas dazu sagen.

Ich habe hier im Landtag - einige Vorredner sind darauf schon eingegangen - zu diesem Thema schon sehr viele Debatten erlebt. Sie sind meistens so ausgegangen, wie wir auch heute vermutlich wieder auseinandergehen werden.

Dennoch will ich daran erinnern, dass das Landwirtschaftsressort und der Landesbauernverband schon frühzeitig und gemeinsam aufgrund des einseitigen Haftungsrisikos für die Landwirte keine Anbauempfehlung für gentechnisch veränderte Pflanzen gegeben haben. Dass Gentechnik in der Landwirtschaft mit Problemen verbunden ist, wissen wir aus eigener Erfahrung hier in Brandenburg seit den ersten Freisetzungen und dem folgenden kommerziellen Anbau.